Hotelier 03/22 (Komplett)

Page 40

UNTERNEHMEN SZENISCHES

Jeder soll nach seiner Ferien-Facon glücklich werden: Aktiv von früh bis spät …

Faule Ferien in der «Kraftstation» Hotel

F

Hilmar Gernet

erien als bezahlte freie Zeit für Arbeitnehmer haben sich arbeitsrechtlich seit der Mitte des 19. Jahrhunderts entwickelt. Freie Zeit – Freizeit und Ferienzeit – wurde nicht mehr als «Restkategorie» der produzierenden Zeit verstanden, die es zu füllen galt. Ferien sollten genutzt werden, um eigenen Interessen zu frönen, um eigene Wünsche zu erfüllen. Dazu gehörte auch das Reisen um des Reisens willen. Als wichtig erachtet wurden zudem die Erholung oder die «Präservativkur», die gesundheitliche Vorsorge, wie es 1874 in einer Publikation des neuen Kurhauses Langenbruck hiess. Demokratisierung des Hotels Das Hotel als «Kraftstation» war bis in die Mitte des 20. Jahrhunderts der Ort, wo es sich am besten «auftanken» liess. Es war der Ort «jenseits des Alltags», wo «potentiell die Regeln der Rollenverteilung zwischen (Ehe-)Mann und (Ehe-)Frau zur Disposition stehen» konnten. Das Hotel als «einzig angemessener, respektabler Ort des Ferienaufenthalts» für breite Kreise konnte diese Position lange verteidigen. Der Angriff erfolgte unter den Schlagworten «Demokratisierung des Hotels» oder «Ferien für alle». Anfänge setzten die Bahnbeamten. Sie errichteten bereits 1898 die «Erholungsstation Schweizerischer Eisenbahner» oberhalb von Vitznau auf der Grubisbalm. Die Ferienheime der Eisenbahner wurde kontinuierlich ausgebaut und 1930 vom Schweizerischen Eisenbahnerverband mit dem Hotel Sonloup (VD) um Wintersportaktivitäten erweitert.

40

Hotel-Plan gegen rote Zahlen Einen Coup landete Gottfried Duttweiler im Jahr 1935 mit seiner Idee «Hotelplan». In einem Inserat in verschiedenen Tageszeitungen, umgeben von Werbung für Schoggi-Osterhasen, Mayonnaise und Schüblig, skizzierte Duttweiler seine Vision, wie Hotelbetriebe aus den roten Zahlen zu führen sind. Der MigrosGründer wollte, dass ein «lebensvoller, wenn möglich atemberaubender Betrieb» in die Hotels einzog. Sein Hotel-Plan war gross gedacht: Die Hotels sollten ­Ferienparadiese für «Millionen lebenshungriger ­Menschen mit kleinem Portemonnaie» werden. Er wollte Ferien «für jedermann und für jedermann nach seinem Gusto» ermöglichen. Konkret beschrieb er die «Gusto» mit einem breiten Hotel-Angebot: «­Für den einen ‹faule Ferien› im Liegestuhl, für die jungen, büromüden Menschen fröhliche ‹Betriebs­ ferien› mit Blechmusik und Alpenquartett, Touren, Paddelboot und Baden etc. und abends ein fröhlicher Tanzbetrieb.» Kosten sollte eine Ferienwoche 50 bis 60 Franken pro Person. Mit diesen Ideen öffnete er die Hotels für «Millionen lebenshungriger Menschen». «Institution Hotel» Die Konkurrenz für das Hotel wuchs weiter durch Ferienwohnungen, Zelt, Campingplätze, Feriendörfer, Bed and Breakfast, Wohnungstausch etc. Über die Zeit betrachtet erscheint die Popularisierung der Ferien wie der «permanente Versuch einer Eroberung» des Hotels. Dennoch, resümiert Beatrice Schumacher, kön­­ne die «Institution Hotel» ihre «besondere Bedeutung» weiterhin beanspruchen.


Turn static files into dynamic content formats.

Create a flipbook

Articles inside

VDH am Puls der Zeit

3min
pages 96-97

Fragen von Karl Wild an Franziska Richard

2min
pages 106-108

beste Hotels

4min
pages 100-102

Anton Mosimann – Lieblingskoch von Königin Elisabeth II.

3min
pages 98-99

Bundesrat gegen Quersubvention von Hotels durch Zweitwohnungen

6min
pages 92-95

Nach der Krise ist vor der Krise – wann ist der richtige Zeitpunkt für einen Umbau?

2min
page 91

Hotelbau, Hotelarchitektur, Innenausbau und Ausstattung

1min
page 90

Forbes-Five-Star-Award für Dolder, The Chedi und des Bergues

3min
pages 85-87

Attraktive Ausbildung näher am Arbeitsmarkt

3min
pages 88-89

Neues Pilotprojekt mit digitalen Sprachassistenten

3min
pages 82-84

Bierselig träumerisch oder redselig weinwitzig

1min
pages 80-81

So rösten wir Spitzenkaffee mit starkem Charakter

2min
page 79

Juhui Ferien, aber es gibt rechtliche Stolpersteine

3min
pages 76-77

myclimate-Fonds investiert in den Regionen

1min
page 78

Sopranistin und Wirtschaftsförderer als Quereinsteiger im Piemont

3min
pages 74-75

«Sonder-BAR»

5min
pages 72-73

Neuer General Manager im Grand Hotel Les Trois Rois

1min
page 65

Hermitage soll ein nachhaltiger Hotspot werden

4min
pages 60-64

Hard Rock im Hotel – und im Blut

3min
pages 66-67

Eine Oase im Appenzellerland – Hotel Heiden

1min
pages 70-71

Neue Direktorin im Hyatt Place Zurich, The Circle

1min
page 58

Bellerive au Lac Zürich mit neuem Direktor

1min
page 59

Alles neu macht der Sommer

5min
pages 52-57

Faule Ferien in der «Kraftstation» Hotel

2min
pages 40-41

Ferien sind ein Menschenrecht

3min
pages 42-45

«Wer seine Ferien nicht nimmt, ist unfähig»

1min
pages 46-47

«Zeitmanagement ist eine Kernkompetenz»

2min
pages 48-49

kurz & knackig

9min
pages 6-11

«Man braucht die Insel und den Freiraum»

2min
pages 50-51

People

9min
pages 12-23

Sechs wichtige Auszeichnungen

4min
pages 24-25
Issuu converts static files into: digital portfolios, online yearbooks, online catalogs, digital photo albums and more. Sign up and create your flipbook.