Brienz Info Mai 2021

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KOLUMNE

Warum der Garten und die Musik nicht in die Waschmaschine gehören Von zufriedenen Momenten und warum Glück nichts mit Perfektionismus zu tun hat. und bin glücklich auch dann, wenn ich Änderungen im Garten vornehmen muss, weil die eine oder andere Naturschönheit überbordet.

Doris Wyss Ringgenberg

Für mich ist es keine Illusion, wenn ich sage, dass Garten und Musik bei mir zusammengehören. Gut, ein Skeptiker wird mir antworten: «Glück kommt vor der Einsicht». Natürlich, ein Garten macht viel Arbeit. Ein Musikinstrument zu erlernen, braucht viel Zeit. Nach dem Fahrplan eines Skeptikers wäre ich jetzt bei der Planung meines Gartens und bei meinem Wunsch, ein Musikinstrument zu erlernen, glücklich. Sobald ich meine Garten- und Musikpläne in die Tat umsetze und zur Einsicht komme, müsste ich traurig und frustriert sein. Bei mir ist das nicht so. Ich kann stundenlang in meinem Garten arbeiten

Mein Garten hat sich mit mir verändert. Vor mehr als 30 Jahren habe ich drei Haselnussbüsche, einen Goldregen und einen Jasminstrauch gepflanzt. Mit viel Wasser, Kompost und «Chüderle» wurden sie schnell gross und stark. Nachdem ich mehrere Jahre Berge von Ästen entsorgen musste, die Handbaumsäge stumpf wurde und meine Arme nach getaner Arbeit nur noch jammerten, musste ich handeln. Ich pflanzte zwei Blutpflaumen-Bäume, die sich freundlicherweise sehr gut in die Höhe entwickelten, wo in fast jedem Garten ja genügend Platz vorhanden ist. In der Breite hielten sie sich zurück, was mir sehr entgegen kam und mir viel weniger Arbeit machte. Auch in der Musikwelt erlebe ich wunderschöne, glückliche Momente, obwohl ich meinem Traum, Klavier spielen zu lernen, vor 20 Jahren aufgab. Ich dachte, das schaffe ich locker, weil ich in ganz jungen Jahren mit Vergnügen Xylophon gespielt hatte.

Gut, im Teenageralter sah ich dieses Musikinstrument dann von einer anderen Seite an und beschloss, meine zwei krummen Xylophon-Schläger einer Grillparty am See zu spenden. Die Schläger konnte ich ohne grossen Aufwand dorthin transportieren und sie eigneten sich vorzüglich als kleine Spende beim Anfeuern. Weil man beim Klavier spielen und Xylophon spielen «so richtig schön hämmern kann» sollte es also keine Probleme geben, das neue, unbekannte Tasteninstrument zu erlernen. Nach ein paar unvergesslichen Klavierstunden, von denen ich Knicke in den Pupillen bekam, musste ich aufgeben. Der Grund: Ich hatte die Klavierpedale nicht eingeplant. Ich beschloss zielstrebig mein künstlerisches Können in den Garten zu verlegen, wo mir garantiert keine Pedale begegnen würden, ausser jemand parkiert sein Velo in meinem Garten. Auf Musik und Gesang muss ich trotzdem nicht verzichten, Knopf an und ich habe all meine Lieblingsmusik im Ohr. Von Modern Jazz über Tom Waits, Édith Piaf, Billie Eilish, Stephan Eicher, Schlager (nur bedingt), Classic, Naturjodel und Orgelmusik höre ich gerne alles und viel.

«Wenn es im Garten und in der Musik die Melancholie nicht geben würde, würde die Amsel rülpsen.» Doris Wyss

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