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Anästhesie Journal d'anesthésie Journal 3232(2) (3)2021 2021Fachteil Fachteil
Stellenwert der Lokoregionalanästhesie in der onkologischen Brustchirurgie Dr. Alexandra Othenin-Girard & Prof. Dr. Eric Albrecht Abteilung für Anästhesiologie, Universitätsspital Lausanne, Universität Lausanne, Lausanne, Schweiz
Die Brustoperation ist sowohl in der Onkologie als auch in der Rekonstruktion ein häufig durchgeführter Eingriff. Die im Brustbereich operierten Patient*innen leiden postoperativ häufig unter starken Schmerzen. Nach einer Brustoperation treten außerdem häufig Übelkeit und Erbrechen auf (1). Bei diesen Patient*innen ist das Risiko für chronische Schmerzen höher, welche oftmals mit dem Schweregrad akuter Schmerzen zusammenhängen (1, 2). In diesem Zusammenhang ist eine Lokoregionalanästhesie besonders interessant, da sie einerseits postoperative Schmerzen lindert und andererseits die Einnahme von Opiaten und somit das Auftreten von Übelkeit und Erbrechen verringert wird. Lange Zeit stellten thorakale Periduralanästhesie, Paravertebralblockaden und Interkostalblockaden die Standardverfahren dar. Die Weiterentwicklung und der zunehmende Einsatz von Ultraschall führte zur Beschreibung und Durchführung neuer Blockaden, auch periphere Rumpfwandblockaden genannt. Diese zeichnen sich durch die Injektion eines größeren Volumens an Anästhetikum in die Muskulatur aus, wodurch die darin verlaufenden peripheren Nerven betäubt werden (3, 4). Diese Techniken, bei denen die Injektion in einiger Entfernung zu kritischen Strukturen wie dem Rückenmark oder dem Brustfell erfolgt, gelten als sicherer als die vorhergehenden (4). Kenntnisse über die Anatomie des Thorax und des Brustbereichs sind für die Wahl der geeigneten Lokoregionalanästhesie für den entsprechenden Eingriff essentiell (2, 4). Postoperative Schmerzen beschränken sich nicht auf Hautveränderungen, sondern können ebenso von tieferliegenden Strukturen wie Muskeln oder Faszien herrühren.
In diesem Artikel wird die Anatomie der Brust sowie verschiedene Techniken der Lokoregionalanästhesie beschrieben und ihre Anwendung je nach chirurgischem Eingriff besprochen. Innervation der Brust (Abbildung 1) Innervation der Brust sowie der Haut- und Unterhautgewebe Der 2., 3., 4. und 5. Interkostalnerv stellen die sensible Innervation der Brust sicher. Sie gehen von den ventralen Ästen der Spinalnerven aus und verlaufen in den Interkostalraum. Auf Höhe der Axillarlinie spalten sie sich in einen lateralen und einen anterioren Ast auf. Der laterale Ast innerviert die lateralen Quadranten der Brust und der Alveolen. Er perforiert die internen und externen Interkostalmuskeln sowie den Musculus serratus anterior. Der anteriore Ast innerviert die medialen Quadranten der Brust und des Sternums. Er perforiert die Faszien der externen Interkostalmuskeln in der Nähe des Sternums. Diese lateralen und anterioren Äste bilden ein Nervennetz mit häufigen Anastomosen und folgen demnach nicht der strikten Segmentierung von Dermatomen. Neben den Interkostalnerven wird der obere Bereich der Brust durch den superklavikulären Nerv des superfiziellen Plexus cervicalis innerviert. Innervation der Brustwand Die Muskeln der Brustwand, mit Ausnahme der durch die Interkostalnerven innervierten Interkostalmuskeln, werden vom Plexus Brachialis innerviert. Der laterale Nervus pectoralis, welcher von den Ästen C5-C7 ausgeht, innerviert den
oberen Bereich des Musculus pectoralis major. Der mediale Nervus pectoralis, welcher von den Ästen C7-T1 ausgeht, innerviert den unteren Bereich des Musculus pectoralis major sowie den Musculus pectoralis minor. Beide Nerven entstehen in der Axillarregion. Der laterale Nervus pectoralis verläuft in der Ebene zwischen dem Musculus pectoralis major und minor, wohingegen der mediale Nervus pectoralis tiefer im Musculus pectoralis minor verläuft und anschließend einen anterioren Ast für den unteren Bereich des Musculus pectoralis major bildet. Der Musculus serratus anterior wird durch den Nervus thoracicus longus, ausgehend von den Wurzeln C5-C7, innerviert. Der Musculus latissimus dorsi wird durch den Nervus thoracodorsalis innerviert, welcher von C6-C8 ausgeht. Obwohl diese Nerven nicht für die Inner-
Abbildung 1: Innervation der Brust Auszug aus: Eric Albrecht, Sébastien Bloc, Hugues Cadas, Véronique Moret. Manuel pratique d'anesthésie locorégionale échoguidée, 2. Ausg., S. 244. Copyright © 2019 Elsevier Masson SAS. Alle Rechte vorbehalten.