VISIER 03/2023 Leseprobe

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■ Stoeger-Baureihe STR ■ Tisas ZIG PC1911 Las Vegas 2023 Test: Strasser RS 700 Legend in .308 Winchester Stoeger: IPSC-Flinte M3000 im Praxistest Feinwerkbau: Match-Gewehr 900 Alu im Check Gut und günstig? Revolvergewehre von Sylvester H. Roper SHOT Show 3 03/2023 € 6,90 Medienpartner Österreich: € 7,80 Luxemburg: € 8,20 Niederlande: € 8,20 Belgien: € 8,20 Slowenien: € 9,20 Schweiz: CHF 11,50 Dänemark: DKK 75,00 Ungarn: HUF 3.990,00 G13142 www.all4shooters.com 4191314206908 03

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Nach der Messe ist vor der Messe

Für die gesamte Waffenbranche gilt: Frühjahr ist Messezeit. Jeder Hersteller versucht gerade, sein Angebot ins rechte Licht zu rücken und sowohl die bewährten Produkte als auch die Neuheiten einem möglichst großen Publikum vorzustellen. Doch der eigentliche Startschuss zum Messemarathon fällt nicht im Frühling, sondern traditionell bereits im Winter. Alljährlich pilgern im Januar zehntausende Aussteller, Händler und Journalisten zur SHOT Show in die USA, wie schon in den vergangenen (und wohl auch künftigen) Jahren hieß der Veranstaltungsort Las Vegas. VISIER hat in dieser Ausgabe die wichtigsten Neuigkeiten von der weltgrößten Waffenmesse für Sie zusammengetragen. Begleitet wird der Bericht von unseren Online-Kollegen bei all4shooters.com, die neben ihren persönlichen Ansichten von dem US-Event auch die Eindrücke von deutschen Branchenvertretern in Las Vegas zusammengestellt haben (siehe QR-Code Seite 7). Das alles geht freilich auch zwei, drei Nummern kleiner als die amerikanische Mammutveranstaltung. In den Januar und Februar fallen auch die Dortmunder Messe Jagd & Hund, die Hohe Jagd & Fischerei in Salzburg und zwischen diesen beiden Messen aus dem deutschsprachigen Raum auch die European Outdoor Show (EOS) in Verona. Speziell aus europäischer Sicht bildet die Nürnberger IWA freilich zugleich den Abschluss und den Höhepunkt der Messe-Saison. Anfang März werden auf der zweitgrößten Waffenmesse (nach der SHOT Show) Unternehmen aus aller Welt dem internationalen Fachpublikum alle Neuheiten rund um Waffen, Schießsport und die Jagd vorstellen – den ausführlichen Bericht zur IWA gibt es wie gewohnt in der kommenden Ausgabe.

Und noch ein Wort in eigener Sache: Alles Gute, Uli! Denn Ulrich Eichstädt, Urgestein der Redaktion, mit Matthias S. Recktenwald für gut drei Jahre als Doppelspitze in der Chefredaktion und als VISIER-Redakteur (fast) ein Mann der ersten Stunde, geht in den wohlverdienten Ruhestand, übrigens der erste aus dem Team, der von seiner aktiven Zeit bei VISIER hinüber in diesen für ihn neuen und hoffentlich noch lange gesunden Lebensabschnitt wechselt. Aber keine Bange: Ulrich Eichstädt wird sich auch als Rentner nicht allein der Rosenzucht widmen oder täglich das Landhaus neu dekorieren. Als leidenschaftlich an den Themen Druckluft- und Kleinkaliber-Sportwaffen interessierter Experte wird er auch weiterhin diesen wichtigen Part für die Zeitschrift betreuen.

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Startschuss | EDITORIAL
VISIER. de | 3 März 2023 VOLLMANTEL
GECO®, GECO bullet names or logos are registered trademarks. Abgabe nur an Erwerbsberechtigte. WHERE EXCITEMENT STARTS geco-ammunition.com

Stoeger-Überraschungspaket

Vier neue Polymerpistolen aus der STR-Modellreihe in 9 mm Luger: preisgünstig, gut verarbeitet und konkurrenzfähig.

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Die Legende geht weiter Test der neuen Strasser RS 700 Legend, ein Remington-kompatibler Geradzugrepetierer.

8

Feines Werkzeug:

Feinwerkbau 900

Test des neuen Pressluft-Matchgewehrs aus Oberndorf: Gelingt damit der Sprung an die Spitze der Olympia-Sportgewehre?

Wie war Las Vegas?

SHOT Show-Report: Die heißesten Neuheiten der weltgrößten Waffenmesse in den USA – Kurz- und Langwaffen, Optik, Munition, Trends und Typen.

64

Die Antwort aus der DDR

Youngtimer-Test: Ziegenhahn-Sportpistole Modell IV in .22 long ri e.

26

M 1911 mal auf türkisch

16 38

Wie gut ist die Tisas ZIG M 1911? Test einer hochwertigen Browning-Pistolenkopie.

Trommel-Wirbel um die Roper-Gewehre:

Wer steckte hinter der „Roper Repeating Ri e Company“? Die Gewehre und Flinten mit Revolvertrommel und ihre spannende Entstehungsgeschichte.

76 4 | VISIER. de INHALT | In dieser Ausgabe März 2023

News

all4shooters-News 6

SHOT Show 2023 in Las Vegas 8

Reportage: Neue Kurz- und Langwaffen, Optik und Munition von der weltgrößten Waffenmesse.

Test & Technik

Stoeger STR in 9 mm Luger 16

STR-9F, STR-9S, STR-9 OR und STR-9C OR.

Tisas ZIG M 1911 26

Türkische 1911-Pistole in .45 ACP.

Strasser RS 700 Legend 32

Geradzugrepetierer in .308 Winchester.

Feinwerkbau 900 38

Match-Pressluftgewehr in 4,5 mm.

Stoeger M 3000 M3k 46

Selbstlade inte im Kaliber 12/76.

Sammeln & Selbermachen

Ziegenhahn Mod IV 64 Youngtimer-Test der DDR-Sportpistole.

US-Hilfswaffen 70 Erster Weltkrieg: Kurzwaffen für England.

Geschichte & Geschichten

Roper-Revolverwaffen 76 Mehrladegewehr und - inte mit Trommel.

Recht

Waffengesetz-Verschärfung 84 Entwurf vorerst gestoppt – eine Analyse.

VISIER vor Ort

Museum 108 auf dem Flugplatz Berlin-Gatow.

CZ 550 Magnum für Großwild 52

Repetierbüchse in .375 H & H und .416 Rigby.

Übungsmunition, Teil 1 58

Simunition, Force-on-Force und UTM.

Hier geht‘s zu all4shooters:

Militärhistorisches
Namen & Nachrichten Jagd & Hund in Dortmund 102 CAS-Europameisterschaft 104 Nachruf: Klaus Walther 104 Ständige Rubriken Startschuss 3 Leser werben Leser 69 Marktseiten 90 Leserbriefe / Service 99 Termine 100 Impressum 107 Vorschau 114 März 2023

Shooting Hunting Outdoor Trade Show in Las Vegas

It‘s ShowTime!

Auf der SHOT Show 2023, der weltgrößten

Waffenmesse in Las Vegas vom 16. bis 20. Januar, präsentierten über 2400 Aussteller aus 115 Ländern eine wahre Flut an Neuheiten bei Kurz- und Langwaffen, Optik, Munition und Zubehör.

Weinen aus Platzgründen gestrafften Überblick. Über 80 (!) Videos von der Fachmesse nden Sie über den QR-Code bei all4shooters.com, wo unsere „Scouts“ Tanja und Marijan Loch vor Ort und das gesamte europäische Team von VS Medien auch weitere Infos zusammengestellt haben. Die Auflistung erfolgt nach Waffenarten und darin alphabetisch.

Kurzwaffen:

Beretta kehrt mit der 80X Cheetah im Kaliber .380 zu den fürs verdeckte Tragen konzipierten Kompaktpistolen zurück: Single-/Double-Action-Abzug mit schlankem, ergonomischem Griffstück, skelettierter Hahn und 13 + 1 Schuss. Der Schlitten ist „optics ready“ für die Aufnahme von Rotpunktvisieren, dazu ein beidseitiger Sicherungs- und Entspann-

hebel und ein Edelstahl-Lauf von 99 mm. Die Beretta 92 XI SAO Launch Edition ist eine Full-Size-Pistole mit Single-Action-Abzug in 9 mm Luger. Das VertecM9A4-Griffstück mit geradem Griffrücken fasst Double-Stack-Magazine mit 10, 15 und 18 Patronen. Mit der MRDSOption können Rotpunktoptiken montiert werden. Die Beretta 92 XI SAO kommt mit Cerakote-Keramik-Finish

und in einer neuen Farblinie mit Standard- und Limited-Edition-Varianten.

Glock , Pionier bei den Polymer-Dienstpistolen, stellt mit der G47 MOS (für „Modular Optic System“ ) seine bisher interessanteste 9 x 19 Full Size vor und bringt zudem die G20 in 10 mm Auto sowie die G21 in .45 Auto. Die G47 kombiniert das Griffstück des G45 „Crossover“Modells mit dem kürzeren Dust Cover und dem typischen Schlitten der Glock G17 Gen5 MOS. Die G45 wiederum ist eine Kombination aus langem G17Griffstück für 17 Patronen und kurzem G19-Verschluss. Somit bietet die G47 die Möglichkeit, wahlweise einen G17- oder G19-Schlitten einzusetzen. Mit dem Performance Trigger bietet Glock erstmals einen hauseigenen Match-Abzug als Zubehör an, in den USA für nur 99 Dollar erhältlich als Zubehör.

März 2023 8 | VISIER. de NEWS | Produkt-Neuheiten
Unser Team Tanja und Marijan Loch mit Georg Loichinger (links) von der IWA.

Nun kommt auch Savage Arms mit Single-Action-Ganzstahlpistolen nach Bauart der Colt M 1911. Das schlanke einreihige Griffstück der Savage 1911 mit G-10-Griffschalen, Handballensicherung für hohe Schusshandposition und beidseitiger Dreh ügelsicherung gibt es ohne und mit Montageschiene. Der Verschluss beherbergt einen 5”/127 mm langen Stainless-Steel-Lauf sowie eine Teleskop-Schließfedereinheit.

Pistolen in Subkalibern wie 4,6 x 30 und 5,7 x 28 sind hier für den Zivilmarkt verboten, in den USA aber beliebt. Die neue Smith & WessonM & P 5.7 mm mit Drehlaufverschluss etwa: Im Schuss hält das gasdruckgesteuerte System so lange dicht, bis das Geschoss die Gasentnahme erreicht hat, was Funktion und Präzision verbessern soll. Der 5“ (127 mm) lange Lauf ist mit Mündungsgewinde und Abdeckblende ausgestattet. Das

Glocks

mit einem G45-Griffstück und der Option, mit einem G17- oder G19- Schlitten neu kombiniert zu werden.

Polymer-Griffstück fasst Magazine mit 22 Patronen. Die Abzugseinheit mit acher Abzugszunge samt integriertem Sicherungselement besitzt ein internes Schlagstück und nicht das klassische Schlagbolzenschloss von S & Ws M & PPistolenbaureihe. Der Verschluss mit

hinteren und vorderen Greifrillen weist auf der Oberseite eine mechanische Visierung sowie gewichtsreduzierende Ausschnitte auf und kann mit Mini-Red Dots aufgerüstet werden. Die aus dem S & W Performance Center stammende Match-Pistole M & P 9 M 2.0 Competitor

Flott, außer in Deutschland: die S & W M & P 5.7 für die Patrone 5,7 x 28. Der Drehverschluss nutzt den Gasdruck zur Bewegung. Rückkehr zu den kompakten Taschenpistolen: Beretta 80X Cheetah mit 13 + 1 Patronen in .380 und schon „optics ready“. G47 MOS 1911 DS Prodigy von Springfield Armory: 17 oder 20 Patronen in 9 mm Luger durch ein schmales Griffstück und „optics ready“
VISIER. de | 9 März 2023 Produkt-Neuheiten | NEWS
Nichts geht mehr: Die 1996 eingeführte Polymer-Pistole Walther P99 gibt es (nur in den USA) in der limitierten Final Edition. Fotos: Tanja und Marijan Loch, Hersteller

Die Türken kom Test: Vier neue Polymerpistolen in 9 mm Lug

März 2023 16 | VISIER. de TEST & TECHNIK | Stoeger Pistolen-Modellreihe STR Kaliber 9 mm Luger

men! er von Stoeger

Es waren schon einige türkische Lang- und Kurzwaffen für Jagd- und Sport- wie auch Verteidigungszwecke im Test. Viele bislang in VISIER getesteten „Türken“ haben gut bis sehr gut abgeschnitten. Ob das den Stoeger-Pistolen auch gelingt, steht hier:

VISIER. de | 17 März 2023 Stoeger Pistolen-Modellreihe STR Kaliber 9 mm Luger | TEST & TECHNIK
Fotos: Marcus Heilscher

Test: Türkische ZIG M 1911 Kaliber .45 ACP Auf hohem

Türkische Handfeuerwaffen haben in der letzten Zeit oft überdurchschnittlich gut in Tests abgeschnitten. Ob in der Türkei auch gute Klone der M 1911 A1 gefertigt werden, wird hier beantwortet:

26 | VISIER. de März 2023 TEST &
| Tisas ZIG M 1911 .45 ACP
TECHNIK

hohem Niveau

Wenn sich der Verschluss von einer M 1911 A1 nur mit einigem Kraftaufwand öffnen lässt, gibt es dafür mehrere Möglichkeiten: Es zieht ein Mädchen oder ein Schreibtischtäter daran. Oder die Pistole hat relativ enge Passungen. Letzteres eröffnet zwei weitere Möglichkeiten: Entweder hat das Teil auch ein gutes Reset-Verhalten, also im Verschluss-Zustand sitzen alle Teile immer dort, wo sie sich auch vorher zur Schussabgabe befanden. Dann sitzen auch die Treffer meist an den selben Stellen. Oder, trotz enger Passungen zwischen Verschluss und Griffstück, rumpelt der Lauf irgendwo zur Verriegelung im Verschluss umher, und auch die Mündungsbuchse gewährt großzügige Alternativen zur Führung des Laufes. Nun, der erste Eindruck beim Befingern der Tisas war schlichtweg „ eng “. Dazu auch ein Bearbeitungsniveau, welches Schwaben mit „ sauber verschafft “, also höher als Standard, bezeichnen. Der Lauf sitzt mündungsseitig so eng, dass schon sehr stark gedrückt werden muss, um etwas Spiel wahrzunehmen. Der Verschluss hat kein Höhenspiel auf dem Griffstück, und nur leichtes Seitenspiel. Schon nach kurzer Zeit meldet sich die Hand. Die dicken G-10-Griffschalen steigern die Breite des Griffes auf gut 34 Millimeter. Eine Daumenmulde unterstützt je nach Handschuhgröße deutlich den sicheren Zugriff: für Rechtshänder. Wer linkshändig schießt, merkt immerhin – nichts. Die Kuhle wird von der Zeigefingerwurzel nicht wahrgenommen.

Kleinteilkunde: Der Waffe liegen zwei achtschüssige Magazine bei. Eines stammt von Mec-Gar, das andere von Act-Mag. Zwar kommen beide aus Italien, aber ein blanker Metallzubringer und ein schwarzer aus Kunststoff sorgen für den Kaltstart des Fragengenerators: Hat eine Firma nicht genug geliefert? Wird gerade der Zulie-

ferer gewechselt? Oder greift jemand mal in diese, mal in jene Kiste? So viel vorab, irgendwelche Funktionsstörungen gab es während des Tests keine, und beide Magazinhersteller zählen zu den „ Guten “. Der doppelseitige Sicherungsfl ügel läuft leichtgängig und rastet definiert. Wegen der dicken Griffschalen muss beim Eindrücken des Magazinauslösers etwas umgegriffen werden. Wen der daraus resultierende, geringe Zeitverlust stört, findet im Zubehör zur 1911 genügend Längeres zur Auswahl. Zum Beispiel bei (atlas-shooting.de) ab 25 Euro. Die üppige Palmarballen-Sicherung wackelt, aber nicht viel, und geht in ein längsgerilltes Schlagfedergehäuse über. Die Vorderseite des Griffstücks ist glatt, aber dies ist wegen der sehr viel Haftung vermittelnden Griffschalen kein Beinbruch. Und selbst der mit knapp 2300 Gramm gemessene Abzugswiderstand kann relativiert gesehen, oder besser, gefühlt werden. Die Auslösecharakteristik ist über jeden Zweifel erhaben: Kein Kratzen, kein Kriechweg, und plötzlich fällt der Hammer. Lediglich ein Triggerstop, der könnte noch hinzu. Das Schließfedergehäuse läuft in Nuten einer PicatinnySchiene aus. Die Greifrillen zum Handhaben des Verschlusses finden sich an dessen Vorder- und Rückseite. Die Visierung, Kimme wie Korn, ist lediglich seitlich verstellbar. Kimme und Korn sitzen in Schwalbenschwänzen und sind zusätzlich mit Madenschrauben gesichert. Die auf seitlich driftbaren Visieren nahezu obligatorischen weißen Punkte finden sich auch hier. Das Visierbild ist klar und scharf, theoretisch reicht es zum Präzisionsschießen aus, dazu später mehr. Die mattschwarze Oberfl äche ist einer QPQ-Vergütung geschuldet. So etwas kann an günstigen 1911ern eher selten vorausgesetzt werden. Auch nicht das hochwertige (Fluna Tec) Waffenöl und Reinigungssolvent, wie hier beiliegend.

März 2023 VISIER. de | 27 Tisas ZIG M 1911 .45 ACP | TEST & TECHNIK
Fotos: Marcus Heilscher, Robert Riegel

Geradezug-Büchse, Remington 700-kompatibel

Ausbaufähig

Am 1. Dezember letzten Jahres

enthüllte die Firma Strasser ein sehr lange sehr gut gehütetes

Geheimnis unter dem kernigen Slogan „The Rebirth of a Legend“: die RS 700.

Die Erfolgsgeschichte des österreichischen Unternehmens beginnt im Bereich Jagdwaffen vor fast zwei Jahrzehnten mit der RS 05. Weiter ging es mit der RS 14, einem Geradezugrepetierer aus dem namensgebenden Jahr 2014. Daraus resultierende Weiterentwicklungen waren 2016 die Evolution, die RS Solo und seit 2020 dann noch moderner die AVA-Tahr und selbstverständlich auch auf den Kohlefaser-Zug aufspringend die RS 14 Unic Carbon. Der neue, unter der Ägide von Firmenchef

Mathias Strasser und dem technischen

Leiter Martin Skrivanek lancierte Gera-

dezug-Repetierer RS 700 trägt weiterhin die unverkennbare Strasser-Handschrift, schafft aber spielend den Spagat zur Short Action-Version der Remington 700. Und der gelingt so:

Verschluss und Lauf: Technisch basiert die neue RS 700 zu weiten Teilen auf der Strasser RS 14, einem bei Bedarf komplett „ auf links “ umrüstbaren Geradezugrepetierer mit Radialelementverschluss. Am Schlösschen steht im gespannten Zustand gut sichtund fühlbar die Schlagbolzenmutter hervor. Rechts sitzt der kurze, gekröpf-

te Kammergriff. Damit die Waffe in jeder Position geöffnet oder geschlossen werden kann und um einem Verkanten vorzubeugen, integriert Strasser eine „ Carobronze “-Führung in den Systemkasten. Der Verschluss der Testwaffe glitt leichtgängig „ wie auf Schienen “ im System. Dank seiner „ PlasOx “-Ober ächenbeschichtung erfolgt das Öffnen und Schließen ohne Kraftaufwand. So geht das Repetieren des Geradezüglers schnell und üssig von der Hand. Die Verriegelung erfolgt durch das Einspreizen von vier massiven Radialelementen aus vergütetem Stahl im Lauf. Nur bei

März 2023 32 | VISIER. de TEST & TECHNIK | Geradezug-Repetierbüchse Strasser RS 700 Legend

Strassers Geradezugverschluss läuft auch in der RS 700 butterweich und es gibt ihn auch als Variante für Linkshänder.

hundertprozentiger Verriegelung durch den zwangsgesteuerten Mechanismus kann ein Schuss abgegeben werden. Strasser wirbt hier mit einem Höchstmaß an Sicherheit, das auch extremen Gasdrücken Stand halten soll. Dass dem so ist, wurde durch einen unabhängigen Gutachter bei der ersten Vorstellung der RS 700 eindrucksvoll bewiesen. Auch mit Drücken von weit über 5500 Bar hielt der Verschluss (siehe VISIER 12/2022).

Für Deutschland wird der Lauf im Kaliber .308 Winchester in der Sonderlänge von 20 Zoll (510 mm) angeboten. In Öster-

reich werden die 308er mit einer Lauflänge von 22 Zoll bedient. Die Läufe werden mittels Plasmanitrierung vergütet, eine anschließende Oxidation sorgt für den schicken, ebenmäßigen Farbton. Weiterhin sehr auffällig ist die Laufmutter im Remage-Design. Wer sich für eine RS 700 entscheidet, aber gern einen anderen Lauf einbauen möchte, muss etwas nacharbeiten lassen. Das „ Fat Bolt “-Design der RS 700 hat einen etwas größeren Durchmesser am Verschluss als das Original. Bei den Abzügen setzt Strasser auf die US-Marke Timney und verbaut deren „ Elite Hunter “.

Dieser bietet einen Abzugswiderstand von 2,5 lbs (rund 1130 g). Der Direktabzug steht sehr trocken und bricht klar. Die Zweistellungssicherung wirkt ähnlich wie bei der Remington 700 nur auf den Abzug und wie bei den US-Büchsen kann der Verschluss der Strasser RS 700 auch im gesicherten Zustand betätigt werden. Zunächst wird Strasser die neuen Geradezügler nur als komplette Waffen anbieten. Später dann können optional auch nur die Systeme an sich gekauft werden. Wie auch bei den anderen Waffen aus dem Hause Strasser wird zur normalen Herstellergarantie die

März 2023 VISIER. de | 33 Geradezug-Repetierbüchse Strasser RS 700 Legend | TEST & TECHNIK
Die getestete Strasser RS 700 Legend kommt ganz traditionell mit einem Nussbaumschaft. Alternativ offeriert man die neue Baureihe aber auch mit einem MDT Chassis- oder dem hauseigenen AVA-Tahr Polymerschaft. Fotos: Carola Rathjens

Zehn-Kämp

38 | VISIER. de März 2023 TEST & TECHNIK | Feinwerkbau 900
Für Zehnen und Zehntel: Feinwerkbau legt nach

fer

Westinger & Altenburger, besser bekannt als „Feinwerkbau“, legte mit dem neuen Pressluft-Matchgewehr 900 einen Frühstart in die Saison 2023 hin: Während andere Hersteller große Fachmessen oder internationale Wettkämpfe für die Premieren neuer Modelle nutzen, kam das FWB 900 schon zu Weihnachten. Und wie kam es an?

Die Luft ist dünn an der Weltspitze der besten Luftgewehr-Schützen. Egal, wie sehr man auch die Scheiben verkleinert, die Schusszeiten kürzt und die Ringe in Zehntel teilt – schon nach kurzer Zeit drängeln sich die TopSportler wieder auf den Medaillenplätzen. Die Zehntelring-Wertung in den Finalkämpfen der jeweils besten acht aus der Quali kation (in der früher auf „ ganze Ringwerte “ gezielt wurde) sollte eigentlich die Leistungen stärker differenzieren. Das klappte aber nur bedingt, also führte der

Weltverband ISSF (und damit auch der Deutsche Schützenbund) die Zehntelwertung auch schon im Quali kationsVorkampf ein, damit die Abstände zwischen ähnlich guten Schützen größer würden. Die Zehntelwertung bedingte auch eine psychologische wie tatsächliche Änderung im Schießablauf. Denn während es früher ausreichte, den Zehnerpunkt (nur 0,5 mm!) nur zu tangieren, braucht man nun satte Zehner ab 10,5 aufwärts. Denn um ein typisches internationales Finale überhaupt zu erreichen, brauchen Frauen wie Männer heute Ergebnisse von 630 Ringen aufwärts, was bei 60 Wertungsschüssen einem Schnitt von 10,5 Ringen entspricht. Der aktuelle Weltrekord bei den Männern, den der Inder Rudarankksh Patil

reichen, brauchen Frauen wie Männer nem Schnitt von 10,5 Ringen entspricht.

bei der Weltmeisterschaft 2022 in Kairo aufstellte, liegt bei 633,9 Ringen. Der Rekord bei den Frauen, die inzwischen das gleiche Programm wie die Männer absolvieren, liegt sogar bei 634 Ringen, also 10,56 Ringen im Schnitt. Luftgewehr-Schießen auf Olympia-Niveau ist heute Hochleistungssport. Die Athleten versuchen, jeden einzelnen Schuss in exakt gleicher Manier zu absolvieren, ungewöhnliche oder unnötige Bewegungen zu vermeiden. Durchweg alle Meisterschützen arbeiten heute mit einem seitlich aufgestellten Stativ, auf dem das Gewehr in den Pausen zwischen den Schüssen abgelegt wird. Das Einsetzen der Schaftkappe an der Schulter, der Druck der Wange auf die Schaftbacke, das Laden des nächsten Diabolos, der Weg der Mündung in den Zielbereich, das Abziehen und das Nachhalten zur Schussanalyse – das alles bleibt stets gleich. Infolgedessen versuchen auch die Hersteller, ihre Pressluftgewehre auf Höchstleistung zu trimmen.

VISIER. de | 39 März 2023 Feinwerkbau 900 | TEST & TECHNIK
Fotos: Marcus Heilscher

Nach bewährtem Rückstoßlader in 12/76

Stoeger Industries bietet neben weiteren Modellen auch eine besonders sportliche Selbstlade inte mit dem bewährten Inertia-System an. Da stellt sich die Frage: Was kann die M3000 M3K-Synthetic im Kaliber 12/76 auf dem Schießstand?

46 | VISIER. de März 2023 TEST & TECHNIK | Selbstladefl inte Stoeger M 3000

bewährtem Rezept

Stoeger? Da war doch was. Stimmt. Vielen an Schusswaffen Interessierten ist der Name Stoeger Industries ein Begriff, jedoch meist in Verbindung mit Druckluftwaffen. Das Unternehmen wurde bereits 1924 in den USA gegründet und ist dort sowohl als Hersteller wie auch als Waffen-Importeur aktiv. Seit dem Jahr 2000 ist Stoeger eine hundertprozentige Tochter von Benelli USA, wobei dieses Unternehmen wiederum im Besitz der Beretta Holding ist. Vor diesem Hintergrund ist es dann auch nicht weiter verwunderlich, dass in der Stoeger-Selbstladefl inte das von Benelli entwickelte „ Inertia Driven“ -System zum Einsatz kommt. Schließlich hat sich dieses Rückstoßla-

der-Design mit dem typischen Drehkopfverschluss seit Jahrzehnten in unzähligen Selbstladefl inten bewährt.

wie hundertlich hat sich dieses

Auch wenn man es vermuten könnte: Nein, die Stoeger Flinte stammt nicht aus Italien. Sie wird bei einem StoegerAbleger in der Türkei hergestellt. Dies lässt natürlich auf einen günstigen Preis und eine gute Ausstattung hoffen. Die Stoeger M3000 M3K-Synthetic wird im Karton geliefert. Zum Lieferumfang gehören diverse Shims (Zwischenstücke) zum Anpassen des Hinterschafts in Schränkung und Senkung und zwei zusätzliche Wechsel-Chokes sowie eine Bedienungsanleitung auf Englisch. Das ist nicht gerade üppig, aber zweckmäßig. Beim Auspacken gab es keine böse Überraschung, eher im Gegenteil: Die Flinte wirkt bereits auf den ersten Blick überraschend hochwertig. Und auch bei näherer Betrachtung fällt nichts

Negatives auf – sehr gut. Heute bei Selbstladefl inten fast schon selbstverständlich: Die M3000 M3K hat einen Stahlschrot-Beschuss und ist für das starke Kaliber 12/76 ausgelegt. Das Leichtmetall-Systemgehäuse ist an der Oberseite mit mehreren Bohrungen zum Anbringen einer Montageschiene versehen. An der Unterseite fällt die großzügig erweiterte Ladeöffnung auf. Das sogenannte „Easy Load“-Gehäuse soll das Laden bzw. Nachladen deutlich erleichtern. Dazu später mehr.

ist nicht gerade üppig, aber zweckmä-

Die mattschwarzen Oberfl ächenbeschichtungen des Systemgehäuses und des 71 cm langen Laufes passen hervorragend zum ebenfalls mattschwarzen

Kunststoff-Schaft mit seiner leicht angerauten Oberfl äche. Der Lauf trägt eine ventilierte Laufschiene mit der gleichen Farbgebung, handwerklich alles sehr schön gemacht. Ein rotes Leuchtkorn auf der Laufschiene bildet die schlichte, aber durchaus kontrastreiche Visierung. Nur die glänzend schwarze Oberfl äche des zehn Patronen fassenden Röhrenmagazins will optisch nicht so recht dazu

März 2023 VISIER. de | 47 Selbstladefl inte Stoeger M 3000 | TEST & TECHNIK
Fotos: Marcus Heilscher

Zylinderverschluss-Repetierer in .375

H&H und .416 Rigby

März 2023 52 | VISIER. de TEST & TECHNIK | Repetierbüchse CZ 550 Magnum

Die CZ 550 Magnum hat sich über Jahrzehnte hinweg einen erstklassigen Ruf als preisgünstige, aber sehr zuverlässige Repetierbüchse für die Jagd auf Großwild erarbeitet. Der Autor fasst seine langjährigen Erfahrungen mit zwei tschechischen Repetierern in den Kalibern .375 H & H Magnum und .416 Rigby zusammen.

ede | 53 März 2023 Repetierbüchse CZ 550 Magnum | TEST & TECHNIK
VISIER.
Fotos: Marcus Heilscher
58 | VISIER. de März 2023 TEST & TECHNIK | Übungsmunition Übersicht, Teil I

Übungsmunition im Vergleich - Teil I

Mehr als Paintball!

Wirklichkeitsnahe Ausbildung von Einsatzkräften mit Schusswaffen, egal ob Militär oder Behörden, enthält unauflösliche Widersprüche. Dieser Artikel stellt die Systeme Simunition, Force-On-Force und UTM vor. Wie unter gesundheitlichen Prämissen realitätsnah geübt wird, steht demnächst in Teil II:

Schwere Verletzungen oder gar der Tod eines Teilnehmers sind in Übungen nicht akzeptabel. Zum einen sind Ausbilder und Auszubildende der Fürsorge der Behörde (Dienstherr) anver-

traut, zum anderen würde der Ausbildungserfolg gefährdet. Ausbildung hat zum Ziel, Fähigkeiten zu steigern. Diese bestehen aus körperlichem und handwerklichem Können, Auffassungsgabe

und dem emotionalen „ Wollen “ des Lerninhalts. Verletzungen aber gefährden den Ausbildungserfolg. Zur Ausbildung der Selbstverteidigung mit Hand und Fuß, Stock und Messer reichen Schutzkleidung und Gummiwaffen, wie „ Red Knife “ und „ Red Gun “ auf dem Aufmacher. Realitätsnah heißt hier, die enge Balance zwischen blauen Flecken und dem Ausfall des Teilnehmers zu wahren. Der Unfall schläft nicht, und Menschen handeln auch unter gewolltem Stress emotional und unvernünftig. Sie sollen lernen, damit umzugehen. Die Schießausbildung steigert das Gefahrenpotenzial. „ Einsatz “ heißt immer Bewegen, Kommunizieren und Anwenden je nach Lage – und mittendrin der Gebrauch tödlicher Hilfsmittel wie Gewehr und Pistole. Schon Übungen im überschlagenden Vorgehen auf der Schießbahn bergen Gefahren. Diese steigern sich in Gebäuden und Rundumfeuer (180°). Jäger kennen es: Bei Bewegungsjagden können neben Wild noch Treiber, Waidgenossen, aber auch Passanten und Hunde auftauchen.

Es war einmal: Das Ausbildungsdilemma lösen verschiedene Trainingssysteme, als Klassiker das Holzgewehr. Solches gab es schon bei Preußens, zum Exerzieren.

Von l.: 9 x 19 mm FMJ, dann die Üb-Munition: 9 mm CQB, 9 mm Securi Blank, 9 mm FX und 9 mm UTM MMR.

Verschossen: 9 mm UTM MMR und eine 9 mm FX.

März 2023 VISIER. de | 59 Übungsmunition Übersicht, Teil I | TEST & TECHNIK
Fotos: Karsten Stern

Klassenfeind

Vor einem halben Jahrhundert entstand in Suhl eine sportliche Selbstladepistole. Und was damals den technischen Höchststand widerspiegelte, verblüfft auch als sammelwürdiger Youngtimer noch heute in einigen Details.

64 | VISIER. de März 2023 SAMMELN & SELBERMACHEN | Ziegenhahn-Standardpistole Mod. IV

Bei allen Unterschieden zwischen Ost und West, zwischen BRD und DDR – es gab Gemeinsamkeiten, auch im Schießsport. So war in den 1970ern die Disziplin „Standardpistole“ hüben wie drüben fest etabliert und gehörte zu den international beliebten Programmen. Die Ansprüche an die Waffen stiegen in beiden Lagern, stetig wurden Sportwaffen neu konstruiert und an die Bedürfnisse der Sportler angepasst. Nun sollte die Leistungsfähigkeit des sozialistischen Systems der DDR auch in sportlichen Erfolgen sichtbar sein und die verwendeten Sportgeräte aus heimischer Fertigung kommen. Und so kam es zur Standardpistole Mod. IV.

Die Waffe:

Die Waffenstadt Suhl sowie das benachbarte Zella-Mehlis waren zu Anfang des 20. Jahrhunderts der Ideenpool des deutschen Waffenbaus. Das betraf auch sportliche Kurzwaffen. Zunächst lag das Augenmerk auf Einzellader-Pistolen im Kaliber .22. Dann aber kamen nach und nach Wettbewerbe mit Selbstladepistolen auf. So entwickelte die Firma Walther in Zella-Mehlis in den 1930er Jahren die Olympia-Pistole, eine sportliche 22er mit Masseverschluss und Einsteckmagazin. Dieser Waffentyp bildete die Basis für diverse andere Sportpistolen, die ab 1945 entstanden. In den 1950er Jahren begann der junge Büchsenmacher Rolf Ziegenhahn (siehe Kasten) mit Entwicklung und Fertigung von Sportpistolen. In Ziegenhahns Suhler Werkstatt entstand nach mehrjähriger Entwicklung die erste Waffe des Modells Standardpistole IV. Die „4“ steht für das vierte von ihm konstruierte Pistolenmodell – heute ist dieser einstige Klassenfeind ein Youngtimer mit einigen technischen Finessen.

1971 entwarf Ziegenhahn das erste Muster der Waffe, nach einigen Änderungen kam das Serienmodell von 1974 bis 1981. Die Seriennummern des Modells IV begannen bei der Vorserie mit 6300 für den Prototypen und gingen bis 7082; diese vermutlich letzte Waffe wurde 1982 gefertigt. Jedoch wurden die Seriennummern nicht folgend vergeben. Insgesamt soll es rund 750 Stück gegeben haben. Ungefähr ab 1974 wurde ein Schlittenfang serienmäßig eingebaut. Etwas Besonderes war die Waffe mit Seriennummer 6822 – diese Waffe war in Duo Tone ausgeführt und voll ächig graviert. Überliefert ist, dass Egon Krenz, Stellvertreter des Vorsitzenden des Staatsrates, diese Waffe zum 50. Geburtstag durch den Vorsitzenden der Gesellschaft für Sport & Technik (GST) überreicht worden sein soll; über die GST lief in der DDR sämtlicher Schießsport. Der Vertrieb der „normalen“ Waffen erfolgte durch die Büchsenmacher-Handwerks-Genossenschaft Suhl (BÜHAG). Geliefert wurde die Waffe in einem handwerklich angefertigten Koffer mit zwei

Ziegenhahns Standardpistole Mod. IV auf dem Originalkoffer, dazu ein Wimpel von der 44. WM im Sportschießen und eine alte Schachtel 22er Patronen.

VISIER. de | 65 März 2023 Ziegenhahn-Standardpistole Mod. IV | SAMMELN & SELBERMACHEN
Fotos: Michael Hammer, Ziegenhahn & Sohn Jagdwaffen e.K.

Revolver und Pistolen fürs britische Militär:

Rüstungshilfe

Colt New Service, Kaliber: .455 Webley, Kapazität: 6 Patronen, Lauflänge: 5,5 Zoll, Finish: poliert und brüniert, Hahn blank. Gecheckerte Griffschalen aus schwarzem Hartgummi jeweils mit Colt-Schriftzug.

Smith & Wesson Hand Ejector Mark I, Triple Lock, Kaliber: .455 Webley, Kapazität: 6 Patronen, Lauflänge: 6,5 Zoll. Finish: poliert und brüniert, Hahn und Abzug buntgehärtet. Gecheckerte Holzgriffschalen mit goldfarbenem S & W-Medaillon.

Smith & Wesson Hand Ejector Mark II, Kaliber: .455 Webley, Kapazität: 6 Patronen, Lauflänge: 6,5 Zoll. Finish: poliert und brüniert, Hahn und Abzug buntgehärtet. Gecheckerte Holzgriffschalen mit goldfarbenem S & W-Medaillon.

M 1911, Kaliber .455 Self-Loading Pistol Cartridge Mark I, Kapazität: 7 + 1 Patronen, Lauflänge: 5 Zoll, Finish: brüniert, gecheckerte Holzgriffschalen mit je zwei als „Double Diamonds“ bekannten Rauten um die Schraubenlöcher.

März 2023 70 | VISIER. de SAMMELN & SELBERMACHEN | US-Kurzwaffen für Großbritannien

aus Übersee

Im

Als das Vereinigte Königreich Großbritannien im August 1914 auf Seiten des als „Entente“ bekannten Bündnisses mit Frankreich und Russland im „Great War“ eintrat, war sich niemand bei den für die Beschaffung zuständigen Stellen bewusst, welche Mengen an Waffen und Kleinwaffen für diesen modernen Krieg nötig werden sollten. Dieses Problem betraf nicht nur das Mutterland Großbritannien, sondern auch Australien, Neuseeland, Indien und Kanada. Aus all diesen Ländern des britischen Empire wurden Truppen zum Kampf auf den europäischen Kontinent geworfen. Was Kleinwaffen/Infanteriewaffen betraf, so gab es staatliche Fabriken für Langwaffen in Australien (Lithgow), Indien (Ishapore) und Kanada (Long Branch) –es existierten in den genannten Ländern aber keine Produktionsstätten für Kurzwaffen. Deren Beschaffung musste das Mutterland allein bewältigen. Weil sich da aber schon früh ein Mangel abzeichnete, schauten sich die Verantwortlichen anderweitig um. Schnell wurden sie bei den Fabriken Colt und Smith & Wesson in den (bis 1917 noch neutralen) Vereinigten Staaten von Amerika fündig. Prompt erging vom britischen Kriegsministerium der Auftrag, entsprechende Einkäufe an Pistolen und Revolvern einzufädeln. Die Wahl der Beschaffer fiel auf drei Waffenmodelle:

1. Revolver Colt New Service, zu haben in diversen Kalibern, darunter .45 Colt,

2. Revolver Smith & Wesson Hand Ejector, Kaliber .44 Special,

3. Pistole Colt M 1911, Kaliber .45 ACP. Diese Modelle befanden sich in Produk-

tion. Sie konnten kurzfristig und unkompliziert für die Briten in deren gewünschten Kalibern .455 Webley und .455 Webley Automatic umgebaut beziehungsweise hergestellt werden.

Colt New Service:

Im Jahr 1898 eingeführt, war dies ein Revolver, der es bis zu seinem im Zweiten Weltkrieg liegenden Fertigungsende auf (jeweils nach Zählweise) über ein Dutzend Varianten, mindestens elf Kaliber und Serien-Laufl ängen zwischen 2 und 7 ½ Zoll brachte. Zum Zeitpunkt des Kaufvertrags zwischen Briten und Amerikanern stand er bereits bei der kanadischen Polizei in mehreren Provinzen in Dienst; zuvor war er bereits im Burenkrieg (18991902) bei kanadischen Truppen im Einsatz gewesen. Die Briten kauften die relativ schwere Waffe mit 5,5-Zoll-Lauf; sie kam mit links ausschwenkbarer Trommel, die sich im Uhrzeigersinn drehte. Die Seriennummern befanden sich am Lauf und am Schwenkarm, sie waren aber nur bei ausgeschwenkter Trommel sichtbar. Die Griffschalen bestanden aus Hartgummi mit beidseitigem „COLT “-Schriftzug oben. Dieser Revolvertyp wurde 1915 offiziell als „Pistol, Colt, .455 inch w/ 5.5 inch barrel Mark I (L)“ in Großbritannien eingeführt und in die „List of Changes“ (LOC) aufgenommen, also in das offizielle Register über alle Handwaffen nebst Zubehör in den Streitkräften. Die LOC umfasste auch Veränderungen respektive Modifizierungen. Der Buchstabe „L“ in der Typenbezeichnung des Revolvers steht für „Land Service“ (= Heer). Der Revolver wurde nach dem Krieg ausgemustert,

zwecks Reserve eingelagert und auch an Privat verkauft. Viele dieser Revolver auf dem heutigen Sammlermarkt tragen den typischen britischen Ausmusterungsstempel in der Gestalt von zwei aufeinandertreffenden Pfeilspitzen. Die Kaliberangabe befindet sich auf dem Lauf hinten links.

Smith & Wesson Hand Ejector:

Dabei handelte es sich um das Modell 1905 mit „N“ -Rahmen. Der Revolver ließ sich leicht auf das britischerseits gewünschte Kaliber .455 Webley adaptieren, er hatte einen 6,5-Zoll-Lauf und schöne Holzgriffschalen mit Fischhautschnitt und eingelegten S & W-Medaillons. Er wurde ebenfalls im Jahr 1915 angenommen, seine Bezeichnung bei den Briten lautete „Pistol, Smith & Wesson, .455 inch w/ 6.5 inch barrel, Mark I (L)“. Hier sei allerdings eine Besonderheit genannt: Es gab diesen Revolvertyp als „Mark I“ und später als „Mark II “, beides wurde in der LOC aber unter einer Nummer aufgeführt. Der Mark I hatte eine dreifache Trommelverriegelung ( „Triple Lock“ ), während die Ausführung Mark II eine vereinfachte Zwei-PunktTrommelverriegelung besaß. Man erkennt den Mark I sofort an seinem Äußeren, da seine Auswerferstange in einer Art Rahmen unter dem Lauf liegt. Der Mark II hatte dieses Element nicht. Er bildete somit eine Vereinfachung und kostete damit auch weniger in der Fertigung. Die Trommel drehte sich, wie bei Smith & Wesson-Revolvern üblich, gegen den Uhrzeigersinn. Vom Mark I ging nur eine begrenzte Menge an die Briten,

Ersten Weltkrieg importierte Großbritannien Kurzwaffen für das Militär: Der folgende Artikel bietet für den Sammler eine geraffte Übersicht zu den aus den USA bezogenen Modellen, mit Blick auf Nomenklatur, Ausführungen und Liefermengen.
März 2023 VISIER. de | 71 US-Kurzwaffen für Großbritannien | SAMMELN & SELBERMACHEN
Fotos: Armin Spickermann. Union Jack und Stars and Stripes: kjpargeter, freepik.com

Roper-Revolverwaffen: Trommel w irbel

Etwas ganz anderes schaffen, dies war eine Triebfeder hinter diesen mehrschüssigen Waffen mit dem Trommelmagazin. Und dann einte die Männer dahinter das Interesse an motorgetriebener Fortbewegung und mechanischer Tüftelei jedweder Art.

76 | VISIER. de März 2023 GESCHICHTE & GESCHICHTEN | Mehrladegewehr und -fl
inte System Roper

Mitte der 1860er Jahre kannte wohl jeder US-Soldat den Namen der Firma, welche die von Christopher Miner Spencer (1833-1922) entwickelten Repetierer fertigte. Diese Waffen mit dem Sieben-Schuss-Röhrenmagazin im Kolben genossen im US-Bürgerkrieg (1861-65) einen Ruf wie Donnerhall. Aber aus Sicht des Erfinders gab es einen Schönheitsfehler: Die Spencer

Repeating Rifl e Company aus Boston, Massachusetts trug zwar seinen Namen, aber er hatte daran keinen geschäftlichen Anteil. Wie Roy M. Marcot im Buch „Spencer Repeating Firearms“ ausführte, betätigte er sich da als Firmenchef, Mechaniker und Handelsreisender, war aber weder Aktionär noch Direktor. Als nach dem Krieg die Beschaffungsaufträge sanken, „wurde C. M. Spencer nicht

VISIER. de | 77 März 2023 Mehrladegewehr
& GESCHICHTEN
Auf diesem Patent vom 10. April 1866 basierte das Roper-Waffensystem.
und -fl inte System Roper | GESCHICHTE
Fotos: Marcus Heilscher, Archiv

Als Deutschland fl ie Zu Besuch in Berlin-Gatow:

Ein Stück deutscher Geschichte am Rande von Berlin, exakt das bietet das Militärhistorische Museum Berlin-Gatow. Aber was den Besucher dort erwartet, verschlägt sicherlich den meisten die Sprache – versprochen.

Als es wieder zurück nach BerlinMitte ging, war der Schweiß in Strömen ge ossen. Zufriedenheit und tolle Einblicke in die deutsche Luftfahrtgeschichte waren der Lohn für einige Stunden Gehen, Lesen, Fotogra eren und Lernen. Außerdem ruhten nun in der Kamera viele hundert Bilder, um die eigene Sammlung an Technikaufnahmen zu ergänzen. So ging im Sommer 2022

ein sehr schöner und vor allem beeindruckender Museumsbesuch zu Ende. Aber wohin hatte es mich da verschlagen?

Berlin quillt regelrecht über von Museen aller Art und zu jedem Zweck. An nahezu jeder Ecke scheinen sie zu liegen. Neben den bekannten Ausstellungen wie dem Pergamon-Museum oder dem Bode-Museum gibt es das DDR-Museum, das

Schwule Museum und andere. Wer nun aber auf der Suche nach militärhistorischen Museen ist, der muss schon etwas genauer suchen. Doch es existiert auch so eins. Etwas außerhalb, am Rande der Stadt im Bezirk Spandau, schlummert eine besondere aeronautische Schau, auf die mich eine ehemalige Kollegin aufmerksam gemacht hat: Seit dem Jahr 1995 beherbergt der ehemalige Flugha-

108 | VISIER. de März 2023 VOR ORT | Militärhistorisches Museum Flugplatz Berlin-Gatow

gen lernte

Ein Starfighter mit besonderem Zusatz (siehe Seite 110).

Gatow spielte 1948 während der „Berlin-Blockade“ eine wichtige Rolle – dieser wird auch gedacht.

fen (siehe Kasten auf Seite 112) das Militärhistorische Museum Berlin-Gatow, das sich der militärischen Luftfahrt und der Luftkriegsführung in Deutschland verschrieben hat.

Schon beim Anfahren auf den Flugplatz fallen die Großexponate in Form von Flugzeugen, Hubschraubern und anderem Gerät auf, das dort einträchtig auf dem Gelände steht. Die erste Überraschung gab es aber sogleich am Eingang: Der Eintritt kostet nichts – das ist für Berlin ungewöhnlich, aber umso mehr einen Besuch dieser Ausstellung wert.

Rundgang I. Teil: Nach dem Durchgang auf das Gelände hat der Besucher die Wahl, wohin er sich wendet. Meine Wahl el auf einen dreiteiligen Besuch, der mit der Route links herum begann, um mir dort die ersten Flugzeuge anzusehen. Und hier reiht sich (deutsche) Luftfahrtgeschichte der jüngeren Vergangenheit aneinander. Eine RF-84F „Thunder ash “ (Aufklärer) steht einträchtig neben Modellen wie einer Fiat G.91 „Gina“, einer SU-22 M4 (Jagdbomber und Aufklärer der NVA), einer Dassault „Super Mystére“ B.2 (Jagdugzeug der französischen Luftstreit-

kräfte), einer Transall und anderen Modellen aus den letzten Jahrzehnten. Diese Maschinen wirken stellenweise klein und schmächtig, andere dafür umso größer, wenn man vor ihnen steht. Denn die Maschinen werden nur durch eine dünne Absperrkordel von den Besuchern getrennt, wenn denn überhaupt eine solche da ist. Und wie es der Zufall wollte, war gerade Personal an der Transall damit beschäftigt, die Maschine zu kontrollieren. Das bot mir die Gelegenheit, um einen Blick in die Maschine zu bitten. Wann hat man schon einmal eine solche Möglichkeit? Nur

Flugabwehrsystem Patriot – aktuell wieder in aller Munde wegen des Krieges in der Ukraine. „You can’t miss Gatow“ – so hieß eine Sonderausstellung zur Geschichte des Flugplatzes.
März 2023 VISIER. de | 109 Militärhistorisches Museum Flugplatz Berlin-Gatow | VOR ORT
Fotos: Alexander Losert

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