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3 Entstehung der Steuerforderung bei Gutscheinen

ESTV kam zum Schluss, dass die A. AG dadurch von der MWST ausgenommene Umsätze erzielt hat, was keinen Anspruch auf Abzug der damit zusammenhängenden Vorsteuern gibt. Folglich forderte sie die A. AG. auf, Vorsteuerabzugskorrekturen im Wert von CHF 402774 zuzüglich Verzugszins zu bezahlen.

Die A. AG erhob dagegen zuerst Einsprache, dann Beschwerde beim BVGer, die gutgeheissen wurde. Dagegen erhob die ESTV Beschwerde beim BGer.

Dem BGer zufolge können eigene zurückgekaufte Aktien nicht mehr als Aktiven bilanziert werden, sondern bloss noch einen negativen Eigenkapitalposten bilden. Sie können also nur als Kapitalentnahme (Auszahlung von Eigenkapital) verstanden werden. Daher gilt auch die Veräusserung eigener Aktien nicht als Übertragung eines Vermögenswerts, sondern ist als Einlage in ein Unternehmen durch den Erwerber zu betrachten, ähnlich wie eine Kapitalerhöhung. Dabei investieren die Käufer beim Verkauf eigener Aktien direkt in die Gesellschaft, wie bei der Ausgabe neuer Aktien. Wirtschaftlich betrachtet unterscheidet sich die Veräusserung eigener Aktien folglich nicht nennenswert von der Ausgabe neuer Aktien im Rahmen einer Kapitalerhöhung.

Das BGer führte weiter aus, dass man zwar Aktien als Anteile an Gesellschaften im Sinne von Art. 21 Abs. 2 Ziff. 19 lit. e MWSTG betrachten könne, aber, wenn man von dieser Bestimmung auf den Leistungscharakter der Übertragung aller Arten von Aktien schliesse, würden sogar Umsätze aus der Ausgabe neuer Aktien in den Anwendungsbereich der MWST fallen. Dies stünde im Widerspruch zur Rechtsprechung, zur herrschenden Lehre und zur Rechtslage in der Europäischen Union (EU). Der Europäische Gerichtshof (EuGH) gehe dabei in konstanter Rechtsprechung davon aus, dass der blosse Erwerb, das blosse Halten und der blosse Verkauf von Aktien grundsätzlich keine wirtschaftlichen Tätigkeiten seien, die von der MWST erfasst werden.

Für das BGer war deshalb nicht ersichtlich, weshalb die Mittel, die einer Aktiengesellschaft für den Verkauf eigener Aktien zufliessen, keine Einlage in ein Unternehmen gemäss Art. 18 Abs. 2 lit. e MWSTG sein sollen. Aus diesen Gründen hielt es fest, dass der Verkauf eigener Aktien und die dafür zugeflossenen Mittel Nicht-Entgelte gemäss Art. 18 Abs. 2 lit. e MWSTG darstellen und daher nicht in den Anwendungsbereich der MWST fallen. Die von der ESTV vorgenommene Vorsteuerkorrektur war deshalb rückgängig zu machen.

45 BVGer A-2587 / 2020 vom 10. August 2021. Die ESTV unterscheidet im Hinblick auf den Zeitpunkt der Versteuerung zwischen Wert- und Leistungsgutscheinen. Erstere werden bei deren Einlösung versteuert und letztere bereits bei deren Verkauf, wenn nicht ausdrücklich erwähnt wird, dass der Gutschein auch für eine andere Leistung eingelöst werden kann. In diesem Sinne betrachtet die ESTV Leistungsgutscheine als Vorauszahlungen. 45

Im Urteil A-2587 / 2020 vom 10. August 2021 hatte das BVGer den Fall der A. GmbH, eine Anbieterin von Outdooraktivitäten, zu beurteilen. Die A. GmbH verkaufte Gutscheine, wobei es sich zum einen um Gutscheine handelte, die auf einen durch den Käufer bestimmten Betrag in Schweizer Franken lauteten, und zum anderen um Gutscheine für eine bestimmte Aktivität aus dem Angebot der A. GmbH.

Die A. GmbH versteuerte sämtliche verkauften Gutscheine in jenem Zeitpunkt, in dem sie von den jeweiligen Inhabern eingelöst wurden. Dieser Auffassung folgte die ESTV anlässlich einer Mehrwertsteuerkontrolle nicht und nahm eine Unterscheidung zwischen Wert- und Leistungsgutscheinen vor. Nach der Auffassung der ESTV handelt es sich bei Leistungsgutscheinen um Vorauszahlungen, die im Zeitpunkt der Rechnungsstellung resp. der Vereinnahmung zu versteuern seien, wenn der Gutschein für eine bestimmte Aktivität ausgestellt wurde. Bei den Wertgutscheinen, die über einen bestimmten Geldbetrag lauteten, teilte die ESTV die Auffassung der A. GmbH, dass diese erst im Zeitpunkt ihrer Einlösung zum massgebenden Steuersatz der damit bezahlten Leistung zu versteuern sind.

Das BVGer schützte die mehrwertsteuerliche Qualifikation der ESTV von Leistungsgutscheinen, sodass diese bereits im Zeitpunkt des Verkaufs und nicht erst bei Einlösung der MWST unterliegen. Es hielt hierzu fest, dass in Leistungsgutscheinen die zu erbringende Leistung klar und detailliert (Art der Leistung und Ort der Ausführung) beschrieben und damit dem Käufer ein verbrauchsfähiger wirtschaftlicher Wert eingeräumt wird. Entsprechend war es für das BVGer nicht relevant, dass beim Kauf des Gutscheins der Zeitpunkt der Leistungserbringung noch nicht bestimmt ist. Auch spiele es für die mehrwertsteuerliche Qualifikation keine Rolle, dass die Leistung erst nach einer entsprechenden Buchung, d. h. Absprache zwischen Leistungserbringer und -empfänger, erbracht werden kann. Massgebend sei der Tatbestand, dass beim Wertgutschein das Preis-

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