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2 Besteuerung von elektronischen Plattformen im Besonderen

Im Bereich des Versandhandels sollen elektronische Plattformen wie Internet-Marktplätze frühestens ab dem 1. Januar 2024 selbst als Leistungserbringer gelten und nicht mehr die Unternehmen, die ihre Produkte über diese Plattformen vertreiben.

a) Aktuelle Rechtslage zum Versandhandel in der Schweiz

Aktuell ist die Rechtslage so, dass Versandhandelsunternehmen die Voraussetzungen für die obligatorische Steuerpflicht erfüllen, wenn sie jährlich für mindestens CHF 100000 einfuhrsteuerbefreite Kleinsendungen vom Ausland in die Schweiz liefern (Art.7 Abs.3 lit. b MWSTG). Wenn sie dafür eine elektronische Plattform nutzen, die Gegenstände aber im eigenen Namen verkaufen, wird die Lieferung ihnen zugeordnet; die Plattform gilt dann lediglich als Vermittlerin.

b) Beantragte Neuregelung

Wie oben erwähnt, sind in der Schweiz ausländische Versandhandelsunternehmen, die Gegenstände in die Schweiz liefern, dann steuerpflichtig, wenn sie jährlich mindestens CHF 100 000 Umsatz aus sogenannten Kleinsendungen erzielen. Ziel ist, Wettbewerbsgleichheit zwischen ausländischen und inländischen Anbietern durch diese Versandhandelsregelung zu schaffen. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass diese angestrebte Gleichheit nur unzureichend erreicht werden kann. Der Grund dafür ist, dass Stand August 2021 nur 350 Versandhandelsunternehmen bei der ESTV registriert waren, und dass davon auszugehen ist, dass ein Grossteil der Anbieter weniger als CHF 100 000 Umsatz aus Versandhandelslieferungen in die Schweiz erzielt und deshalb in der Schweiz nicht steuerpflichtig wird.

Mit der geplanten Neuregelung sollen deshalb die Plattformen neu als Lieferanten der mit ihrer Unterstützung verkauften Gegenstände gelten und dafür die Mehrwertsteuer entrichten. Wenn die Sendungen, deren Verkauf von der Plattform ermöglicht wurde, entsprechend gekennzeichnet sind, muss die Einfuhrsteuer nicht mehr dem Bundesamt für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) entrichtet werden. Neu kann sie in der Steuerabrechnung mit der ESTV deklariert werden und zugleich wieder als Vorsteuer in Abzug gebracht werden. Damit dieses Verlagerungsverfahren angewendet werden kann, darf gegen die Plattform keine administrative Massnahme angeordnet worden sein.

Die ESTV erhält die Befugnis, administrative Massnahmen gegen Versandhandelsunternehmen und Online-Plattformen zu verfügen, wenn sich diese zu Unrecht nicht als Steuerpflichtige eintragen lassen oder ihren Abrechnungs und Zahlungspflichten nicht nachkommen. Auf diese Weise soll die bestehende Lücke in der Erhebung der Mehrwertsteuer auf importierten Waren weitgehend geschlossen werden. Diese Möglichkeit, administrative Massnahmen einzuleiten, soll neu nicht mehr nur auf ausländische, sondern auch auf inländische Plattformen und Versandhandelsunternehmen anwendbar sein. Ausserdem sollen sie nur noch bei sogenannten Kleinsendungen zur Anwendung kommen. Bei den Grosssendungen (Sendungen mit einem Steuerbetrag von mehr als fünf Franken) wird immer die Einfuhrsteuer erhoben, sodass der Bund keinen Steuerausfall erleidet und administrative Massnahmen nicht gerechtfertigt sind.

Die neue Regelung beschränkt sich auf die Lieferung von Gegenständen. Bei den grössten Plattformen, die digitale Inhalte und elektronische Dienstleistungen anbieten, geschieht dies in der Regel im eigenen Namen. Dadurch gelten sie bereits als Leistungserbringer und wären von der Neuregelung nicht betroffen.

Bei anderen Arten von Dienstleistungen wie der Beherbergung oder den vor Ort verbrauchten Leistungen (Verpflegung, Freizeit usw.) rechtfertigt sich ein Abweichen von den geltenden Zuordnungsregeln nicht, da es in diesem Bereich aus Sicht der Mehrwertsteuer keine besonderen Probleme gibt. Das ist insbesondere der Fall, wenn sich die Leistungserbringer und die Objekte, die mit der Mehrwertsteuer in Zusammenhang stehen (z.B. die Ferienwohnung, die vermietet wird), im Inland befinden und damit für die ESTV besser zugänglich sind als ausländische Plattformen. Ein Einbezug solcher Dienstleistungen würde ausserdem den gesamten Sharing Economy- und Gig Economy-Bereich abdecken. Dieser würde normalerweise nicht monetäre Transaktionen und Transaktionen zwischen Privatpersonen ohne unternehmerische Tätigkeit umfassen. Auch wenn man annehmen würde, dass diese Personen eine unternehmerische Tätigkeit ausüben, würde ihr Umsatz in der Regel die Grenze von CHF 100 000 pro Jahr, die für die obligatorische Unterstellung erforderlich ist, nicht erreichen.

Darüber hinaus besteht künftig eine Auskunftspflicht für Online-Plattformen in Bezug auf Unternehmen,

die Lieferungen oder Dienstleistungen auf der Plattform anbieten. Damit lassen sich die Personen einfacher ermitteln, die insbesondere im Bereich von Beförderungs- und Beherbergungsleistungen die Umsatzgrenze für die Mehrwertsteuerpflicht überschreiten und sich als mehrwertsteuerpflichtige Personen registrieren lassen müssen (Art. 73 Abs. 2 lit. e E-MWSTG 48).

48 Entwurf Teilrevision des Bundesgesetzes über die Mehrwertsteuer vom 24. September 2021, BBl 2021, 2364 ff.

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