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vorteilhaftere Verrechnungssteuer-Rückerstattungsmöglichkeit hat.

Der Verkauf sämtlicher Aktien durch die in Paraguay ansässige Person an eine inländische Gesellschaft zu einem über dem Nennwert liegenden Verkaufspreis kann aus der Sicht des BGer als Erwerb eines vollen Portemonnaies oder als sog. Anwendungsfall der Altreservenpraxis angesehen werden. Zum Zeitpunkt der Transaktion verfügte die D. SA über Altreserven im Umfang von CHF 636 174. Diese Altreserven wären im Falle einer Ausschüttung vor der Transaktion nicht zur Rückerstattung der Verrechnungssteuer berechtigt gewesen, da zwischen der Schweiz und Paraguay kein DBA vorliegt.

Die Altreservenpraxis ist nicht mit einer Steuerumgehung gleichzusetzen, sie kann jedoch ein starkes Indiz dafür sein. Immerhin wies das BGer darauf hin, dass die Voraussetzungen einer allfälligen Steuerumgehung auch bei Vorhandensein von Altreserven im Einzelfall zu prüfen sind, da Art. 21 Abs. 2 VStG eine Objektivierung der Voraussetzungen für eine Steuerumgehung nicht zulässt. Hierbei hat das BGer insbesondere im vorliegenden Fall auf das Fehlen einer wirtschaftlichen Rechtfertigung für den Verkauf einer inländischen Gesellschaft durch eine in Paraguay ansässige Person hingewiesen. Der Erwerb der Anteile durch die A. SA an der D. SA wurde durch das BVGer als Vorinstanz nicht als Steuerumgehung betrachtet, sondern als Teil einer Entwicklungsstrategie der A. SA., die auf den Erwerb von verschiedenen Treuhandgesellschaften ausgerichtet war. Die Barmittel der D. SA hätten gemäss Argumentation der A. SA ursprünglich der Akquisition neuer Gesellschaften dienen sollen. Tatsächlich wurden diese Akquisitionen jedoch durch neue Darlehen finanziert. Die vorhandenen Barmittel wurden nicht für die Akquisitionen eingesetzt. Entsprechend lehnte das BGer diese Argumentation ab. Mit dem anschliessenden Entscheid der A. SA zur Liquidation der D. SA, dem Entziehen von Personal sowie der nachfolgenden Fusion, überzeugte das Argument einer geplanten Entwicklungsstrategie nicht und weist gemäss BGer auf einen Kauf eines vollen Portemonnaies hin.

Die durch das BVGer angeführte analoge Anwendung von Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG im Hinblick auf die Überschreitung der Frist von fünf Jahren zwischen Veräusserung der D. SA und der Dividendenausschüttung im 2010 wird aus Sicht des BGer verworfen. Der Zeitablauf heile eine Steuerumgehung nach Art. 21 Abs. 2 VStG nicht. Eine Anwendung von Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG sei auszuschliessen, da

96 BGer A-2433_2021 vom 16. November 2021. zwischen der indirekten Teilliquidation und der Ausschüttung von Altreserven ein grundlegender Unterschied besteht. So führt die zeitliche Einschränkung bei der indirekten Teilliquidation zu rückwirkenden Steuerfolgen beim Verkäufer, als Folge davon ist ein entsprechendes Nachsteuerverfahren zu eröffnen. Hingegen treten bei den Altreserven die Rechtsfolgen erst nach der Verweigerung der Rückerstattung beim Käufer ein, nicht bereits beim Kauf eines vollen Portemonnaies. Mit diesem Entscheid bestätigte das BGer die Altreservenpraxis der ESTV und lehnte die durch das BVGer analoge Anwendung von Art. 20a Abs. 1 lit. a DBG ab.

Insbesondere beim Erwerb von Gesellschaften im internationalen Verhältnis ist die Altreservenpraxis zu beachten, da diese unter Umständen zu unerwarteten steuerlichen Mehrbelastungen im Sinne einer Abweisung der Rückerstattung der Verrechnungssteuer durch die ESTV bei einer späteren Dividendenausschüttung führen kann. Es ist weiter zu beachten, dass im Grundsatz eine Heilung der Altreserven durch Zeitablauf offenbar nicht möglich ist. Entsprechend ist diese Thematik im Rahmen eines Verkaufsprozesses / einer Due Diligence sorgfältig zu prüfen.

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a) Verrechnungssteuer DBA CH-DE – Frist Antrag

Die im DBA Schweiz und Deutschland festgelegte Frist für die Einreichung des Antrages zur Rückerstattung der Schweizer Verrechnungssteuer ist nur unter strengen Voraussetzungen wiederherstellbar. Zudem ist dem Antrag stets eine Ansässigkeitsbescheinigung beizulegen.

Mit dem Urteil vom 16.November 2021 96 hat das BGer eine Ablehnung eines Rückerstattungsantrages der Verrechnungssteuern durch die ESTV sowie die Nichtbehandlung einer Fristwiederherstellung beurteilt.

Konkret hatte die Steuerpflichtige den Antrag für die teilweise Rückerstattung der Verrechnungssteuer auf eine Dividendenausschüttung vom 22.April 2016 am 30. Dezember 2019 eingereicht, ohne eine Ansässigkeitsbescheinigung beizulegen. Die ESTV hat im Gegenzug den Antrag auf Rückerstattung der Verrechnungssteuer abgelehnt, da dieser ohne Bescheinigung einem Formmangel unterläge.

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