Zeitung Vinschgerwind 20-21 vom 07.10.2021 Bezirk Vinschgau Südtirol

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Vinschgerwind 20-21

Kolping: politisch handeln Adolph Kolping ist kein Politiker. Äußert er sich in seiner Korrespondenz oder in Ansprachen zu Politik als Mittel der Willensbildung, bleibt sein Urteil sogar ausgesprochen kühl. Ungeachtet dessen ist er zweifellos ein politischer Mensch, sowohl innerhalb der Kirche wie außerhalb. Kolping war im Wortsinn ein Kümmerer für die Gesellen seiner Zeit. Sind wir es heute für „unsere“ Mitglieder und Anvertrauten? Kolping TAT etwas für seine Gesellen, er redete nicht nur. Dieses Kolping- Gen durchzieht die Verbandsgeschichte auf internationaler und örtlicher Ebene und wirkt bis in unsere Tage hinein. Dabei spielt es keine Rolle, ob durch die Hilfe für andere in der Öffentlichkeit große Meriten zu erwerben sind. Oft passiert vieles eher im Verborgenen, was es nicht minder wertvoll macht. Entscheidend ist, dass Möglichkeiten zur Mitwirkung auch genutzt werden. So kann oft auf dem vielbeschworenen kleinen Dienstweg etwas erreicht werden und die Palette ist vielfältig, wo Kolpingmitglieder mit ihrer Expertise, mit Rat und Tat zur Seite stehen. Kolping wollte seine Gesellen als tüchtige Staatsbürger sehen und sie animieren politische Verantwortung zu übernehmen, wenn dies ihnen damals auch oft verwehrt blieb. Wie ist es heute? Uns wäre es heute möglich: tun wir es? Letzten

Endes setzt wohl nur unser Terminkalender dem eine Grenze. Kolping bewegte sich immer in einer besonderen Nähe zur Politik, als sich für das Allgemeinwohl einsetzender Mensch. Dieser Auftrag gilt auch heute! Otto von Dellemann

Der Mond, kein Alleskönner Laas - Auf Einladung der Diskussionsplattform SkepTisch hielt Astrophysiker David Gruber im Laaser Josefshaus einen kurzweiligen Vortrag zum Thema „Die Kraft des Mondes“. Dabei wurden scharfe Grenzen zwischen Wissenschaft und Volksglauben gezogen. SkepTisch will weiterhin Daten und Fakten unter die Leute bringen. Von links David Frank, Mathias Lechthaler, Redner David Gruber, Moderator Damian Eberhöfer, Marian Eberhöfer

Foto: Maria Raffeiner

Kolping im Vinschgau

07.10.21

von Maria Raffeiner

D

ie Macher von SkepTisch wollen die Diskussionskultur im Tal zu stärken. Ihrem Konzept treu, die Wissenschaft aus dem Elfenbeinturm zu holen, luden sie zum 3. Mal zu einem Austausch. 2020 waren sie erstmals mit einer Veranstaltung zum Klimawandel aufgetreten, die viel Zuspruch bekam. Während der Lockdowns hatte das Forum ein digitales Gespräch mit Fachleuten rund um das Erkennen von Fakten/Fake News organisiert. Um den Mond unter die Lupe zu nehmen, trat ein renommierter Redner auf. David Gruber aus Bozen war als Astrophysiker in der Forschung tätig, bevor er das Planetarium in Gummer leitete und die Stelle des Direktors am Naturmuseum in Bozen antrat. Für den Vortrag in Laas durchforstete er eine Reihe von Studien, die nicht immer die Schlüsse enthielten, die sich das Publikum erwartet hätte. Es ging so manches Licht auf. Zunächst erläuterte Gruber die Mondphasen, bedingt durch die Reflexion des Sonnenlichtes je nach Position. Eine Wirkung des Mondes auf die Erde gibt es, denn seine Anziehungskraft beeinflusst die Gezeiten. Ebbe und Flut sind das Ergebnis von physikalischen

Kräften, die Druck ausüben. Wenn große Gewässer vom Einfluss des Mondes bewegt werden, lässt sich dieser Einfluss dann auch auf den Menschen übertragen, wo wir doch mehrheitlich aus Wasser bestehen? Nein, sagt Dr. Gruber. Das sei ein populärer Trugschluss, dafür seien wir zu klein. Auch der Kalterer See reiche nicht aus. Es brauche große Ozeane dafür. Gruber nahm das junge Publikum ein, komplexe Dinge mit Witz und Alltagsbildern zu erklären. Bei Behauptungen über die Kraft des Mondes befragte er die Zuhörer:innen. Die Hände schnellten nach oben, wenn es um den Zeitpunkt des Friseurbesuchs oder den Zusammenhang von Schlaf und Mondzyklus ging. Und doch bleibt die Botschaft des Abends: Es lässt sich aus wissenschaftlicher Sicht keine Begründung für diese Behauptungen herleiten. Der Zeitpunkt von Geburten oder der Menstruationszyklus hätten genauso wenig mit dem Mond zu tun, Operationen verliefen nicht erfolgreicher oder weniger ideal. Aus Sicht der Wissenschaft würden Pflanzen nicht schneller oder besser wachsen und das Wetter schlage nicht nach Mondphasen um. Aus astronomischphysikalischer Warte habe der Mond all diese Einflüsse nicht.

Um die weit verbreiteten Meinungen zu widerlegen, zitierte Gruber Studien, verglich und erklärte die Ergebnisse. Wenn trotzdem einmal etwas zusammenfalle, sei das die statistische Korrelation, Zufälle seien immer möglich. Alles, was nicht wissenschaftlich untersuchbar sei, gehöre in das „Reich der Legenden“. Er verwies zudem auf die Gefahr, dass sich rund um den Mond einiges gut vermarkten lasse. Noch eine Botschaft: Wir nehmen nach dem Selektionseffekt wahr. Es kann also sein, dass wir öfters schlecht schlafen, es bleibt uns aber tiefer im Gedächtnis, wenn wir den Mond deutlich sehen. Aha, Vollmond. Und schon sei dem Mond und seiner imposanten Erscheinung eine kausale Wirkung zugewiesen. Den Neumond sehen wir nicht, so machen wir ihn auch nicht verantwortlich und vergessen schnell wieder. Im Leben würden wir uns eben lieber an die Treffer als an die Nieten erinnern, nahm Gruber die Andichtungen mit Humor. SkepTisch spricht die Vinschger:innen an und macht sie mit jedem Auftritt näher mit dem wissenschaftlichen Argumentieren vertraut. Wer den Mond-Abend nachsehen möchte, findet ein Video auf der Facebookseite von SkepTisch.


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