Otmar Elsener

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Otmar Elsener RORSCHACH BAND 3

OTMAR ELSENER

GESCHICHTEN ZWISCHEN SEE UND BERG

BAND 3

Appenzeller Verlag

Dieses Buch wurde ermöglicht dank der finanziellen Unterstützung von:

Kultur St. Gallen Plus Stadt Rorschach

Gemeinde Rorschacherberg

Gemeinde Goldach

Ortsbürgergemeinde Rorschach

Würth Management AG

Albin Pedrotti Stiftung

St. Galler Kantonalbank Rorschach die Mobiliar Rorschach

Meier Markus

© 2025 by Appenzeller Verlag

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Film, Radio und Fernsehen, fotomechanische Wiedergabe, Tonträger, elektronische Datenträger und auszugsweisen Nachdruck, sind vorbehalten.

Verlagshaus Schwellbrunn, Appenzeller Verlag AG Im Rank 83, 9103 Schwellbrunn verlag@appenzellerverlag.ch

Verlagsauslieferung in die EU: HEROLD Fulfillment GmbH, Daimlerstrasse 14, DE-85748 Garching service@herold-fulfillment.de

Umschlagbilder vorne: Ansicht Rorschach Anfang 20. Jahrhundert, Ansichtskartensammlung Josef Göldi-Herbst (1927 – 2000)

Klappe vorne und hinten: Ansicht Rorschach und Berg vom See her, Fotoarchiv der Stadt Rorschach Umschlag Innenseiten: Rorschach Bäche Karte, Bauamt Rorschach

Redaktion: Marcel Elsener, Roman Elsener Gestaltung: Adrian Elsener

Gesetzt in Franklin Gothic Demi und Minion Pro, gedruckt auf 120 g/m2 Lessebo Smooth Natural FSC

Herstellung: Verlagshaus Schwellbrunn ISBN 978-3-85882-913-9 appenzellerverlag.ch

INHALTSVERZEICHNIS

7 Einleitung

ORTE & BAUTEN

11 Bäche prägen die Landschaft und das Gewerbe

25 Der Megg und seine Mühle bei Mörschwil

29 Die frühen Bauzeugen der Schulgeschichte

35 Der Knast namens «Café Sutter»

41 Im Sonnenhof trafen sich Schlittler und Bauern

45 Wie die Naturfreunde zum Kaienhaus kamen

AM SEE

51 Das erste Kornschiff beendet die Hungersnot

55 Dampfrösser mit Eisenfüssen

65 Das Schiff, das zweimal sank

71 Landgang für einen Schiffsmast

ZWEITER WELTKRIEG

77 Nazis im einstigen Nobelhotel

87 Herberge für eine junge Französin

93 Das Erbarmen des Offiziers an der Tessiner Grenze

99 Die Nacht der «schwarzen Schiffe»

GEWERBE & INDUSTRIE

107 Ältester Gewerbeverein der Schweiz

113 Warum der Kaiser von Japan einen Rorschacher ehrte

123 Toggenburger schafft Nähfaden-Imperium

133 In ihrem Fotoatelier fanden sich alle Familien der Stadt ein

141 Mit Chytils Kühler über die Alpen

147 Vom P-16 zum Learjet: Hans-Luzius Studers Lebenswerk

151 Englische Familie findet Ostschweizer Vorfahren

KULTUR & GESELLSCHAFT

157 Der mittelalterliche Illuminator

161 Zum Tod verurteilt, enthauptet und verbrannt

165 Die Totenglocken läuteten Tag für Tag

171 «Herre, engagiere» und «Berteli, pfusch»

177 Begnadete Sopranistin und Musiktherapeutin

179 Der Gewerbelehrer, der die Stadtkultur prägte

183 Jugendkrawall um Schnulzenrocker

187 Der lange Abschied der vielen Italiener

193 Mit neunzig Büchern eine Bibliothek aufgebaut

FREIZEIT & TRADITIONEN

201 Die Anstalt der Naturturner und Sonnenanbeterinnen

205 Vom Fischerdorf zur Industriestadt: Die Millenariumsfeier

219 «Allzeit bereit» und «Tapfer und treu»

227 Bräseler, Grüchtlifischer, Hasegüsler, Maartflöö

233 «Silveschter, Bettneschter, schtand uf…»

237 Ausflug an die Expo: On va distribuer des Schüblig?

EPILOG

242 Das Trampeln der Füsse auf dem Badhütte-Steg

ANHANG

250 Personenregister

253 Bildnachweis

254 Quellen und Literatur

255 Dank

256 Autor

EINLEITUNG

Leserinnen und Leser meiner Rorschach-Bücher fragen mich oft, wie ich zu Geschichten komme und ob ich noch viele auf Vorrat habe. Schon von Jugend auf war ich an Geschichten interessiert und konnte mich stundenlang in die Abenteuer der Entdecker und Eroberer versenken. Eigene Erinnerungen ergänzen sich beim Lesen in Büchern, Zeitungen, Zeitschriften und Chroniken, die längst Vergangenes aufleben lassen.

Nach einem langen Leben blicke ich mehr zurück als in die Zukunft. Es reizt mich stets, Vergangenes lebendig zu machen, zu erzählen, was vergessen ist. Ich bin kein gelehrter Historiker, wie es Louis Specker war. Mit meinen Geschichten möchte ich Menschen und Geschehnisse nahebringen, die in der Regel nicht in Geschichtsbüchern zu finden sind, sondern Vergängliches schildern, das einst bewegt hat, sei es freudig oder schrecklich – jedenfalls Erstaunliches und Wissenswertes, auch am Rand der grossen oder offiziellen Geschichte.

Das Millennium 2000 liess das Millenarium, an dem sich Rorschach 1947 zum 1000-Jahr-Jubiläum selbst feierte, ganz vergessen. So drängte es mich, in diesem Band nicht nur damaligen Zeitzeugen, sondern den heutigen Generationen mit Text und Bildern zu erzählen, wie sich in unserer Stadt einst alles um jenes Fest drehte.

Da ich in jungen Jahren in die USA ausgewandert war, lernte ich, was es heisst, als Immigrant in einem fremden Land zu leben. So konnte ich die Gefühle der Flüchtlinge und Einwanderer verstehen, wie ich sie in den Kapiteln über ein französisches Mädchen während der Kriegsjahre oder über den Gastarbeiter Antonio Cannizzaro beschreibe.

Meine Bücher sind von den Bildern vieler Fotografen wie DanielJohan Stieger oder die in diesem Band porträtierten Paul und Hans Labhart bereichert worden. Im vorliegenden dritten Buch finden sich zudem viele Fotos aus dem Archiv des im Februar 2025 verstorbenen Hobbyfotografen Werner Seiler, der ab 1972 mit wachem Blick das Leben und die Veränderungen in der Region Rorschach festhielt.

Ich freue mich, wenn Sie sich vom Kaleidoskop der Geschichten zwischen See und Berg überraschen lassen.

Otmar Elsener

Der oft umgestaltete Hafenplatz an einem winterlichen Regentag im 1984. Der Verkehrsfluss hat dem Platz längst seine einstige Bedeutung als Treffpunkt entzogen. Pendler eilen vorbei, während einige Männer den Arbeitern zuschauen, die den Bauplatz für den Ersatz des 1935 von Emilio Togni erstellten Kiosk bearbeiten.

ORTE & BAUTEN

Die Bäche – hier der östliche Schlossbach – haben Tobel in den Berg gegraben und fliessen zum Teil auf blankem Fels.

Bäche prägen die Landschaft und das Gewerbe

Bäche fliessen seit Urzeiten vom Rossbüchel durch die Gemeinden Rorschacherberg, Rorschach und Goldach und münden im Bodensee. Ihr ungestümes Rauschen ist nur noch selten zu hören.

Die prähistorischen Anlagen, die Burgen und Schlösser sowie die Mühlen und Wirtschaften, die den Bächen am Rorschacherberg einst ihre Namen gaben, sie sind verschwunden. Das Plätschern der Bäche im Sommer und ihr Rauschen an Regentagen sind in Rorschach verstummt, einzig der Mühletobelbach und der Burgbach im Osten der Stadt sowie der Goldacher Dorfbach sind noch bis fast zum See lebendige und nur teils zugedeckte Gewässer.

Die auf dem Stadtgebiet in Schächte verbannten Bäche werden jeweils ein Thema, wenn bei starkem Regen ein voller Bach den Einlauf verstopft oder Schachtdeckel aufdrückt, sich das Wasser einen Weg über die Strassen sucht und die Feuerwehr ausrücken muss. Bei solchen heftigen Gewittern sieht man, wo die Bäche münden: Ihr Wasser zieht eine schlammige gelbe Spur in den See.

Offen durch Wiesen und Gärten gesprudelt

Auf der farbigen Rorschachkarte von 1877 ist zu erkennen, wie damals die Bäche, welche die obere Bahnlinie und Brücken unterquerten, noch offen durch Gärten und Blumenwiesen bis zur Rorschacher Hauptstrasse flossen und erst kurz vor dem Seeufer unter der Seelinie eingedeckt waren. Den Bächen entlang zogen sich Wege.

Geradezu idyllisch erscheint der Fussweg entlang des Haiderbachs, beginnend bei der Engelapotheke über den baumbestandenen

Lindenplatz und die Schmittenbrücke beim Amtshaus, dann durch Wiesen mit Obstbäumen hinauf bis zur heutigen Kreuzung Paradiesstrasse/Haldenstrasse.

Einige Bäche tragen bis zum See den gleichen Namen, andere haben von der Quelle bis zur Mündung mehrere Bezeichnungen. Das tiefe Tobel westlich des Restaurants Rossbüchel ist schon seit Jahrhunderten als Mühltobel bekannt, weil hoch über dem Weiler Hüttenmoos eine Mühle stand, die auch dem Mühltobelbach den Namen gab. Der Bach gleich östlich davon wurde Burgbach genannt, weil er durch ein Tobel fliesst, das an die prähistorische Wehranlage nordwestlich des Weilers Hof grenzt. Weiter unten nach dem Autobahndurchlass ist westlich vom Bach ein Hügel, genannt Burg, auf Karten eingezeichnet, auf dem ebenfalls prähistorische Töpfereien gefunden wurden.

Strom dank Weihern

Oben am Berg, zwischen Bauernhof Wanne und Kolprüti, fliessen der Wannenbach und der Bollenbach, der zuweilen Krähtobelbach hiess, zum Schulbach zusammen. Dieser wiederum hiess Jahrhunderte lang auch Mühlbach, weil sein Wasser drei äbtische Mühlen betrieb. Diese Bäche füllten nicht nur drei Stauweiher, die sich östlich von

Nach heftigen Gewittern sieht man, wo die Bäche in den See münden: Ihr Wasser zieht eine schlammige gelbe Spur.

Mariaberg befanden, sondern später ebenso den Wannenweiher, der Rorschach von 1895 bis 1961 mit Strom versorgte. Das Druckrohr, das vom Weiher zum Elektrizitätswerk der Stadt Rorschach führte, war noch lange am Bach vom Seminarweg aus sichtbar.

Ebenfalls Strom gewonnen wurde aus einer Leitung von den Weihern beim Seminar Mariaberg. Diese wurden später aufgefüllt und die Bäche in Röhren gelegt. Nur der oberste Weiher blieb bis heute erhalten und ist nun ein kleines Naturerholungsgebiet, weil der Bach vom Bauernhof Kreuzacker bis zum Weiher wieder offengelegt wurde.

Die durch die Auffüllung gewonnenen Freiräume dienten dem Lehrerseminar und der Sekundarschule als Spielplatz und wurden später zu Parkplätzen. Nördlich der Seminarstrasse wird der Bach wieder als kleiner Wasserfall sichtbar und sprudelt weiter bis zum Gebäude der ehemaligen Hubmühle. Dort, nördlich der heutigen Promenadenstrasse, drehte das Wasser die Räder einer Säge und von zwei Klostermühlen (inzwischen Dachdecker Streule).

Das Wasser des Wannenweihers trieb einst die Turbinen des ersten Rorschacher Elektrizitätswerks an.

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