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Allhier zum Weyherhüsli

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Editorial

Editorial

Ferienzeit gleich Reisezeit? Mit dem Auto nach Süden stauen? Transithallenidylle auf internationalen Flughäfen? Und immer wieder vertraute schweizerdeutsche Dialekte an touristisch vermarkteten Hotspots? Ferienzeit gleich Reisezeit? Völlig out. In sind hingegen UHU-Ferien in der Hauptferienzeit. (ums Huus ume). Selbstverständlich lockt auch die «Amriswiler Riviera», das dorfeigene Strandbad in Uttwil. Wozu in die Ferne schweifen, wenn der Amriswiler Ferienprospekt «Lebenswertes Amriswil» auf der Gemeindekanzlei aufliegt, in alle Länder der Welt verteilt wird und Hunderte von Touristen anlockt?

Alles Sehenswerte in Amriswil ist mit Wort und Bild aufgeführt. Ein Vierfarbenprospekt, der New York mit seiner «Big Apple»-Werbung in nichts nachsteht. Alles? Nein, das Weiherhüsli über dem Ziegeleiweiher fehlt. Dabei ist dieses Riegelhaus

mit dem vorgelagerten Garten und den farbenfrohen Blumen eine Augenweide. Sogar Busunternehmen machen für ihre Gäste oftmals einen Fotostopp am Weiher. Erbaut wurde das Kleinod 1923. Die damalige Umgebung des Ziegeleiweihers war, bedingt durch den Tonabbau, eine sumpfige Einöde. Kein einladender Ort und vom Dorf abgeschnitten. In jahrelanger Arbeit hat der Erbauer und spätere Ehrenbürger Lehrer Hermann Gremminger die Böschung des Weihers mit Unterstützung des Bauamts befestigt und den Stufengarten angelegt. So entstand allmählich das einmalige Bijou.

Offenbar musste sich die Familie Gremminger harsche Kritik gefallen lassen: «Allhier zum Weyerhüsli» steht über dem Hauseingang geschrieben, flankiert von den Versen: «Bhüet Gott das Hus zu aller Zit vor böse Müler Hass und Striit. En jede baut halt wie’s im gfallt. Die Wisheit isch scho zimlech alt. So lönd ihr Tadler s’ Hus in Rue, s’ isch üs, nöd eu. Drum laufed zue!»

Amriswiler Anzeiger, Marktplatzgeflüster, 15. Juli 1989

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