Schulbroschüre 2021-22

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Zum Stück

Suche nach dem „perfekten“ Ötzi-Auftritt

Die Schauspielerin und der Nachbar, der Detektiv, begeben sich auf Spurensuche: Wer war Ötzi? Und wie sprach Ötzi? Die Schauspielerin muss es wissen, sonst kann sie Ötzi nicht spielen. Endlich eine Hauptrolle! Doch halt! Die Hauptrolle spielt eigentlich immer die Katze. Sie ist der Star. Sie sitzt doch nicht umsonst auf der Theaterprobe und träumt im warmen Licht der Scheinwerfer von leckerem Himbeereis. Himbeereis ist die beste Erfindung der Menschen, findet sie. Was hingegen der schrullige Nachbar, der Detektiv, in seinem Theaterlabor über Ötzi herausfinden möchte, kommt der Katze spanisch vor. Wenn dieser etwas von Kupferbeil und Klimawandel vor sich hinmurmelt, versteht sie manchmal nur Miau. Plötzlich hat die Schauspielerin eine Idee: Wie wäre es, wenn sie alle drei den Ötzi spielten?

Ina Tartler: Ist ein Theaterstück über Ötzi nicht ein Ding der Unmöglichkeit? Joachim Gottfried Goller: Am Anfang haben wir uns schon die Frage gestellt, wie man Ötzi überhaupt auf die Bühne bringen kann? Es gibt ja inzwischen so viele Bilder, Filme, Geschichtsbücher, auch im Südtiroler Archäologiemuseum erfährt man natürlich so viel über Ötzi. Aber genau um diese bekannten Bilder geht es uns nicht in diesem Stück. Wir erzählen nicht die historische Geschichte des Ötzi nach. Es hat uns interessiert, wie sich die Frage nach Ötzi heute stellen lässt? Und vor allem in welchem Zusammenhang? Wir im Theater sind doch so frei und so fantasievoll, warum nicht nochmals fragen: Hm, vielleicht kann Ötzi auch ganz anders gewesen sein, als wir ihn uns die ganze Zeit vorstellen? Und das finde ich eine ganz tolle Möglichkeit, wirklich von Grund auf nochmals loszuforschen, mit den Mitteln des Theaters und zugleich auch mit den Mitteln der Wissenschaft, die sich da begegnen und dann gemeinsam etwas Neues entwerfen. Und das ist, glaube ich, ein sehr, sehr schöner Vorgang. Deshalb würde ich sagen: Genauso wie es unmöglich erscheint, Ötzi darzustellen, genauso möglich ist es eigentlich.

Die Dramatikerin Anah Filou führt die jungen Zuschauer*innen sprachverspielt und liebevoll heran an wichtige Themen unserer Gegenwart. Sie spannt den Bogen von der Kupferzeit ins Heute und blickt mit Kinderaugen auf unsere sich verändernde Natur und Lebenswelt. Ihr Stück „Am Hafen mit Vogel“ wurde für den Mülheimer KinderStückPreis 2020 nominiert.

Anah Filou *1989 lebt in Wien. Hat Philosophie und Kunstwissenschaft in Linz und Szenisches Schreiben in Graz studiert. Ist derzeit Stadtschreiberin von Marburg. Uraufführungen am Theater Drachengasse Wien, am Hessischen Landestheater Marburg und am Theater Überzwerg Saarbrücken. Mit „Am Hafen mit Vogel“ (Regie: Carola Unser) nominiert für den KinderStückePreis der Mülheimer Theatertage 2020. „Ötzi und das Eis oben“ ist ihre erste Zusammenarbeit mit den Vereinigten Bühnen Bozen. Joachim Gottfried Goller *1992 aufgewachsen in Kastelruth. Nach seinem Engagement als Regieassistent am Münchner Volkstheater und dem Studium der Geschichte in München studiert er seit 2018 Regie an der Universität Mozarteum Salzburg. Seine Inszenierung „Die Hermannsschlacht“ wurde zum Körber Studio Junge Regie 2020 eingeladen. In den letzten Jahren entstanden Arbeiten für mehrere Südtiroler Bühnen, u.a. für die Dekadenz Brixen, das Theater in der Altstadt in Meran und das Rotierende Theater sowie für den digitalen Raum, z.B. für das Goethe-Institut Hanoi. An den VBB inszenierte er 2019-20 „Europas längster Sommer“ als Klassenzimmerstück und 2020-21 als digitale Live-Performance.

Sie spielen im Stück die Rolle der Schauspielerin, fragen sich schon gleich zu Beginn, wie es gehen soll, so ohne Eis und Schneegestöber den Ötzi zu spielen? Viktoria Obermarzoner: Um ihre Fanatsie und die Fakten, die die drei Figuren (die Schauspielerin, die Katze, der Nachbar der Detektiv) gemeinsam über Ötzi sammeln, auf die Bühne zu bringen, benutzt die Schauspielerin alles, was sie findet oder ihr im wahrsten Sinne des Wortes „im Weg“ liegt. Die Bühnen- und Kostümbildnerin Michaela Mandel hat uns eine super Spielwiese als Bühne hingezaubert, wo sich ganz viele Möglichkeiten auftun, um schlussendlich zum „perfekten“ Ötzi-Auftritt zu gelangen. Was ich besonders toll finde, ist der sehr freche und verrückte Kleidungsstil meiner Figur und dass die Schauspielerin zum Beispiel so viele Schuhe hat. Außerdem finde ich an meiner Rolle ganz, ganz toll, dass sie keine Angst oder Scham vor neuen Situationen hat. Sie springt andauernd ins kalte Wasser, stellt sich neuen Fragen, sucht die Herausforderung und forscht nach der richtigen Herangehensweise für ihre Rolle. Das macht sie alles mit einer großen Offenheit und einer riesigen Spielfreude. Und das macht sie auch so sympathisch. Sie treibt ihre Mitspieler auch immer an, gemeinsam weiter zu probieren. Letztlich entsteht über das Experiment „Ötzi-Spielen“ viel Spaß auf der Bühne und eine entzückende Freundschaft zwischen den dreien.

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