Urbane Künste Ruhr Magazin #7

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Über unsAbout us

Die im Magazin gezeigten Collagen nutzen Bilder aus dem Archiv der Fotografin Evelyn Dragan als Ausgangspunkt für ein maschinelles Träumen. Dafür haben die Gestalter Florian Lamm und Jakob Kirch einen selbstlernenden Algorithmus generiert, der eine Komposition imaginiert. Ihre Rolle verän dert sich damit vom Arrangeur hin zum flanierenden Selek teur. Und eine fabulierende, ausschweifende Maschine schafft für uns den Übergang zum Ruhr Ding: Schlaf (2023).

IrenaHaiduk Healing Complex (2018—ongoing)NicoleWermers Emscher Folly KatjaAufleger The Huddle Ausstellungseröffnung in der ehemaligen Kirche St. Bonifatius in Gelsenkirchen-ErleFeierlicheEröffnung des 21. Kunstwerks am Emscherkunstweg an der Kläranlage Duisburg-Alte Emscher in DuisburgEröffnungHamborn derskulpturalen Installation im Rahmen der Ruhrtriennale 2022 auf dem Vorplatz der Jahrhunderthalle im Westpark Bochum Fr.Fr.Do.17Uhr17.30UhrExhibition opening in the former church of St. Bonifatius in Gelsenkirchen-Erle Inauguration of the 21st sculpture along the Emscherkunstweg at the DuisburgAlte Emscher sewage treatment plant in OpeningDuisburg-Hambornofthesculptural installation as part of the Ruhrtriennale 2022 on the forecourt of the Jahrhunderthalle in the Westpark VeranstaltungenBochum.undTermine online unter Further events and dates online at www.urbanekuensteruhr.de OpeningsEröffnungen 11.8. 24.6. 3.6.

Urbane Künste Ruhr is a polymorphous decentralized institu tion for contemporary art in the Ruhr region. It works together in cooperation with local and international partners to initiate projects in public spaces, exhibitions, residency programmes and events. Along with the Ruhrtriennale, Tanzlandschaft Ruhr and Chorwerk Ruhr, Urbane Künste Ruhr is part of Kultur Ruhr GmbH, whose proprietors are the State of North Rhine-West phalia and the Regional Association Ruhr and whose headquar ters is located in Bochum. Our magazine, which informs about all activities of Urbane Künste Ruhr, is published every six months. In addition to providing an overview of our programme, it deals with the Ruhr Area and the topic of art in public space in a variety of ways in the form of academic, essayistic or popcultural contributions.

Urbane Künste Ruhr ist eine vielgestaltige, dezentrale Institu tion für Gegenwartskunst im Ruhrgebiet. Wir initiieren Pro jekte im öffentlichen Raum, Ausstellungen, Residenzprogram me und Veranstaltungen, oft in Zusammenarbeit mit lokalen und internationalen Kooperationspartner*innen. Neben Ruhrtriennale, Tanzlandschaft Ruhr und Chorwerk Ruhr ist Urbane Künste Ruhr ein Teil der Kultur Ruhr GmbH mit Sitz in Bochum, deren Gesellschafter und öffentliche Förderer das Land Nordrhein-Westfalen und der Regionalverband Ruhr sind. Das Urbane Künste Ruhr Magazin erscheint halbjährig, informiert über all unsere Aktivitäten und setzt sich auf viel fältige Weise in Form von wissenschaftlichen, essayistischen oder popkulturellen Beiträgen mit dem Ruhrgebiet und dem Themenfeld Kunst im öffentlichen Raum auseinander.

Prefix and Suffix Against the Rest of the Rear-ViewTheWorkplaceTheWorldMostBeautifulonEarthPastintheMirrorTheUnemployedofMarienthalFatigueandSupplyWeNeedtoTalkAboutHomelessnessShowYourselftoBeVulnerableKatjaAufleger’s The Huddle From BernePark to Zuflüsse (tributaries) Different Ways ofinside-outsitedasparkhotelEntering Трирокимиговоримо про Велосипедивійну Extractions TrackSeaWhatSoilOnChangeInfrastructuresImprintUndergroundfromofSculptingwithremains.MonstersontheBed 2 Präfix und Suffix gegen den Rest der Welt BrittaPeters 8 Der schönste Arbeitsplatz auf Erden DeanKissick 11 Realität im Rückspiegel 12 Die Arbeitslosen von Marienthal Anna-LisabethMayer 16 Fahrräder SerhijZhadan 17 Zeigt euch verwundbar IudithaBalint 21 Wir müssen über Obdachlosigkeit reden DanielTalesnik 25 The Huddle von Katja Aufleger NoraSdun 27 Ermüdung und Versorgung 28 Seeungeheuer im Gleisbett JörnEtzoldund BrittaPeters 33 Infrastrukturen der Veränderung BenyWagner 36 Absorption 37 Über das Gestalten mit Erde AsadRaza 40 Was bleibt TimPickartz 44 Von BernePark bis Zuflüsse Emscherkunstweg 48 dasparkhotel: inside-outsite MarijkeLukowicz 50 Zu Gast bei Urbane Künste Ruhr 51 Verschiedene Arten der Einfahrt JuliaLübbecke 53 Untertagebuch GuyKönigstein 56 Seit drei Jahren reden wir über den Krieg SerhijZhadan 57 Impressum

Während viele noch mit dieser Situation hadern, begann Russland im Februar 2022, den schwelenden brutalen und grausamen Krieg gegen die Ukraine durch eine weitere direkte Invasion auszuweiten, die un glaubliches Leid verursacht und uns bis ins Mark erschüttert. Auf der Entscheidungsebene hat das rein gar nichts mit Schicksal zu tun. Es ist die Politik des russischen Präsidenten und seiner Gefolgsleute, die zu diesem Krieg geführt hat. Allein den durch den Krieg verursachten menschlichen Geschichten von Flucht und Vertreibung, aber auch von Gewalt und Verhaftungen unter den widerständigen Kräften Russ lands haftet etwas Schicksalhaftes an. Denn diese Leben hätten auch ganz anders verlaufen können. Waren wir bis vor Kurzem noch voller Hoffnung, dass sich mit dem Beginn des Frühlings eine kollektive Aufbruchsstimmung entwickeln könnte, fällt uns der Glaube daran nun zunehmend schwer.

In der deutschen Sprache hat das Wort Los eine Doppelbedeutung, die sowohl das Schicksal meint als auch ein sportliches oder kollektives Aufbruchssignal: Los jetzt, let’s go! Atmosphärisch trifft diese inhaltliche Gemengelage auch auf das vorliegende Magazin zu. Nach zwei Jahren Pandemie mag sich angesichts der nach wie vor hohen Inzidenz trotz stufenweiser Lockerungen keine richtige Euphorie einstellen. Die sozialen, gesundheitlichen und wirtschaftlichen Schäden durch das Coronavirus überall auf der Welt sind beträchtlich. Ganz zu schweigen von den Langzeitfolgen, die wir noch nicht kennen. Unser aller Los be steht darin, dass wir uns nach und mit der Pandemie neu erfinden müs sen. Und das erfordert einige Überwindung. Na los, versuchen wir es.

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Präfix und Suffix gegen den Rest der Welt

Britta Peters

Britta Peters ist seit Januar 2018 Künstlerische Leiterin von Urbane Künste Ruhr, zuvor war sie Kuratorin der Skulptur Projekte Münster 2017. Die Kulturwissenschaftlerin etablierte das temporäre und durch die Region wandernde Ausstellungsprojekt Ruhr Ding und den permanenten Skulpturen pfad Emscherkunstweg als zentrale Formate der Ruhrgebietsweit arbeitenden Institution.

Editorial

Britta Peters is the Artistic Director of Urbane Künste Ruhr since January 2018; previously she has been curator of Skulptur Projekte Münster in 2017. The cultural researcher established the temporary exhibition Ruhr Ding, that takes place in various moving venues, and the permanent sculpture trail Emscherkunstweg as main artistic formats of the decentralized institution within the Ruhr area.

Vielleicht lässt sich so ausprobieren, wie man die Men schen dazu verführen könnte, Geld und Besitz nicht mehr so wichtig zu nehmen. Es gibt ja das Konzept von Allgemeingut, und ich finde, es sollte für alles eine Art Bibliothek geben. Das habe ich mit meinen Studierenden besprochen. Es wäre großartig, wenn wir eine Bibliothek für Wohnungen und eine Bibliothek für Kleidung hätten, Bibliotheken für alles, die allen zur Verfügung stünden. Der Healing Complex bietet die Chance, auszuprobieren, was Kunst bewirken kann, denn in diesem Rahmen ist vieles möglich. Man kann eine Backstube nutzen, ohne selbst Bäcker*in zu sein. Die Tatsache, dass alles möglich ist, kann wirklich Türen öffnen, und ich bin sehr gespannt, was passieren wird.

to build is a best-practice model of a place that doesn’t waste energy, that we’ll insulate with soil, and we’ll collect rainwater, we’ll use solar power for the ovens, we’ll heat it with geothermal energy. I want to show that it’s possible and I think gov ernments should subsidise these types of places. Not to cause any guilt for anyone; I just think this is the way it should be.

Yes. Competitive. There’s a huge baking community in Germany. Amateur baking is, I think, a point of pride in every culture. There’ll be awards, but the point is to have a monthly contest with the oven, and for people to get to know each other. The judg ing is beside the point. It’s to bring people to the place, to ask them if they would use a place like this. We’ll have an exhibition period of several months this summer, during which we’ll figure out if there’s a need for this sort of place in the area and how it could be realised. Later, if we determine that there is, we will build it.

I wish for myself to have the most beautiful work place on Earth, where everything that one does inspires more work of that kind, and also together ness and a right to poetry. In the end, what we want

What’s your dream outcome?

made by taking rubbings], so they’ll be able to rub notes that are valid in the sauna ad hoc, to rub their own money and create a currency.

I think coronavirus has severed connections of a certain kind and this is a great opportunity to tie those things back together in a different way. There could be a real use for a place to rest, to make and hopefully to think of healing as a practice and a right, really. I guess I’m also thinking about myself, and what I wish upon myself, I wish upon others.

What do you wish upon yourself?

keine Energie verschwendet wird: Ich wünsche mir, dass wir die Backstube mit Lehm dämmen, Regenwasser sammeln und den Ofen mit Solar- und geothermischer Energie heizen. Ich will beweisen, dass das möglich ist, und meiner Meinung nach sollte so etwas staatlich subventioniert werden. Ich will keinem ein schlechtes Gewissen machen, aber ich wäre dafür.

Tell me about the baking contests. Will they be competitive?

seduce people away from money and away from accumulating wealth. There’s an idea of common use: I think everything should be a library. I’ve been talking to my students about it. It would be great if we could all have a library of apartments, and a library of clothing, and a library of everything. So this is a good place to see what art can do, because the frame of art allows for many other things. One is allowed to have a bakery without really being a baker. The fact that there can be anything can really open doors, and I’m interested in what will happen here.

Dean Kissick10

Dean Kissick is New York Editor of Spike Art Magazine. In his monthly column The Downward Spiral he examines the culture of a hysterical society.

Einen sowohl ökologisch als auch ökonomisch autarken Ge meinschaftsraum zu schaffen. Ich habe nie dadurch gelernt, dass mir jemand etwas erzählt hat; man musste mir immer zeigen, dass etwas möglich ist. Im besten Fall also ... Ich meine, die ganze Welt steht auf dem Spiel. Und die Menschen müs sen dazu verführt werden, anders zu leben und Dinge anders wertzuschätzen. Dies ist ein Test, ob Kunst zu diesem Prozess beitragen kann.

Was wäre dein Traumziel?

To make a self-sustaining, both ecologically and economically, common space. I’ve never learned from someone telling me something; I always have to be shown that it’s possible. So the best case … I mean, the world is at stake right now. And people have to be seduced into wanting to live differently and to value things differently; this is a test to see if art can be of use in that process.

Anna-Elisabeth Mayer lebt und arbeitet als Schriftstellerin in Wien. Für ihren Roman Fliegengewicht wurde sie mit dem Literaturpreis Alpha 2011 ausgezeichnet. 2015 erhielt sie den Reinhard-PriessnitzPreis. Zuletzt erschien von ihr Am Himmel (Schöffling & Co, 2017).

Anna-Elisabeth Mayer lives and works as a writer in Vienna. She was awarded the Alpha Literature Prize in 2011 for her novel Fliegengewicht. In 2015 she received the Reinhard Priessnitz Prize. Her most recent publication is Am Himmel (Schöffling & Co, 2017).

aus: Serhij Zhadan, Warum ich nicht im Netz bin. Gedichte und Prosa aus dem Krieg. S. 82-83. Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe. © Serhij Zhadan, 2016. © Suhrkamp Verlag Berlin 2016.

Leutners Fahrradfabrik wurde im Jahr 1915 von Riga nach Charkiw verlegt, als die Stadt an die Deutschen zu fallen drohte. Dann, nach dem Bürgerkrieg wurde daraus das Charkiwer Fahrradwerk, das seinen Vehikeln merkwürdige Chromteile beigab.

Велосипеди ВелосипеднийзаводЛейтнерабулоперевезено зРигидоХаркова1915року,коливиниклазагроза

Schon Anfang der Zwanziger gründete sich in den Werkhallen ein Fußballclub, dem die Brüder Mezhlauky vorstanden bissige rote Kommissare, in Charkiw geboren, im Terror aufgewachsen und wie andere später zerrieben im schwarzen Schnee der Dreißiger.

Вже

Serhij ZhadanСЕРГІЙ ЖАДАН

Serhiy Zhadan (*1974 in the Luhansk region/eastern Ukraine) is one of the defining figures of the young scene in Kharkiv since 1991. He published twelve volumes of poetry and seven prose works. Amongst others, he has been awarded the Jan Michalski Literature Prize and the Brücke Berlin Prize 2014. The author lives in

Fahrräder здачімістанімцям.Потім,післяГромадянської, найогобазістворенобулоХарківськийвелосипедний, якийіштампувавсвоїмашиниздивовижними хромованимидеталями. напочаткудвадцятихпримайстерняхзаводу було

створенофутбольнукоманду,якоюопікувалися братиМежлауки—грізнічервонікомісари, 16

Serhij Zhadan (*1974 im Gebiet Luhansk/Ostukraine) gehört seit 1991 zu den prägenden Figuren der jungen Szene in Charkiw. Er publizierte zwölf Gedichtbände und sieben Prosawerke und wurde unter anderem mit dem Jan-Michalski-Literaturpreis und dem Brücke-Berlin-Preis 2014 ausgezeichnet. Der Autor lebt in Charkiw.

Kharkiv.Textauszug

Zeigt euch verwundbar

Iuditha Balint

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Dr. Iuditha Balint ist seit Juli 2018 Direktorin des Fritz-Hüser-Instituts für Literatur und Kultur der Arbeitswelt in Dortmund. Die Literatur- und Kulturwissenschaftlerin setzt sich unter anderem mit der Literatur der Arbeitswelt, Literatur und Ökonomie sowie Klasse auseinander. Iuditha Balint ist Mitherausgeberin des 2021 erschienen Sammelbandes Brotjobs & Literatur

Dr. Iuditha Balint is the director of the Fritz Hüser Institute for Literary and Cultural Work Studies in Dortmund since July 2018. In addition to literary and cultural work studies, the literary and cultural theorist is interested in literary economics as well as expressions of class. Iuditha Balint is co-editor of the anthology Brotjobs & Literatur, that was published in 2021.

Daniel Talesnik ist seit 2017 Kurator am Architekturmuseum der Technischen Universität München. Nach der Ausstellung Zugang füralle (2019) über architektonische Infrastrukturen in São Paulo, widmete er die Ausstellung Who's Next? (2021/2022) den Themenfeldern Obdachlosigkeit, Architektur und Stadt.

Daniel Talesnik is a curator at the Architekturmuseum of the Technische Universität München (TU Munich) since 2017. After his exhibition Access for All (2019) about São Paulo’s Architectural Infrastructures, he dedicates the exhibition Who’s Next? (2021/2022) to the topics of Homelessness, Architecture, and Cities.

Mit The Huddle zeigt Katja Aufleger als diesjährigen Beitrag von Urbane Künste Ruhr zur Ruhrtriennale eine skulpturale Installation bestehend aus drei Baggern an der Bochumer Jahrhunderthalle. Nora Sdun ist Autorin, Verlegerin und Lektorin beim Textem Verlag, Hamburg, und dort u.a. Mitherausgeberin des Magazins Kultur & Gespenster und der Schriftenreihe Kleiner Stimmungs-Atlas in Einzelbänden

Nora Sdun26

mit spreche ich für uns alle, momentan sind wir hier ja nur zu dritt, aber wir sind viele. Wir sind keine Trendroboterchen mit designtem Kindchenschema und allseits abgerundeten Ecken, die zu vertuschen versuchen, dass sie überhaupt eine Arbeit verrichten. Und obendrein sofort kleinlaut stoppen, sobald sie sich zum Beispiel als Staubsaug- oder Rasenmäh roboter zwischen zwei Stuhlbeinen verklemmen und dann jämmerlich piepsen.

Was wir besprechen, wenn wir unsere Köpfe zum Huddle zusammenstecken, weiß kein Mensch.

With The Huddle, Katja Aufleger is showing a sculptural installation consisting of three excavators at the Jahrhunderthalle in Bochum as this year‘s Urbane Künste Ruhr contribution to the Ruhrtriennale. Nora Sdun is an author, publisher and an editor at Textem publishing house in Hamburg, where she is co-publisher of the magazine Kultur & Gespenster (culture & ghost) and of the monograph series Kleiner Stimmungs-Atlas in Einzelbänden (A small atlas of moods in single volumes).

„Das cute Objekt hat Macht über seinen Guardian. In der hyperkommodifizierten Realität können wir den cuten Au gen, dem cuten Blick nicht entkommen, er sucht sich uns. Die dummen Roboterhunde, der glupschäugige Avatar eines VTubers, der Wolf auf den Cornflakes-Schachteln. Überall simulieren wir hilflose Wesen wie eine umgedrehte, globale Pareidolie, in der nicht Gesichter in zufälligen Mustern her beihalluziniert werden, sondern die Welt zugekleistert wird mit Wesen, die uns anstarren, damit wir uns nicht so einsam fühlen. Der Niedlichkeit können wir nicht entkommen.“

Ich sage ja nicht, dass wir Leuten absichtlich den Kopf abreißen. Für eine dem Menschen ähnliche Kurzschlusshand lung fehlt uns ohnehin die nötige Wut. In der Unklarheit un serer Anliegen vibriert eine Beunruhigung, ob sich hier eine Maschinenspezies aus den Abhängigkeiten und Klassifikati onsweisen zu entfernen gedenkt. Mit Pierre Bourdieu gespro chen sind wir Emporkömmlinge, haben den Aufgabenbereich unserer Maschinengruppe verlassen. Wir sind die Patenkinder der Readymades und haben uns von der funktionalen Ein deutigkeit emanzipiert. Wir performen. Man vergleicht uns sogar mit Balletttänzer*innen oder Storchenfamilien, die klappernd in ihren Nestern stehen.

Rudi Nuss, Unwesen der Asche oder: von der niedlichen, to ten Welt schreiben, in: Kapsel Magazin, 2021.

Wir sind da anders. Wir nehmen keine Rücksicht auf Ge genstände oder Körperteile, die in unseren Radius geraten und uns zu stoppen versuchen. Wir sind von robuster Natur und müssen Verletzungen nicht fürchten. Anders als diese Plastik freunde, die noch nicht einmal im Regen stehen können.

InKooperationmitdemInstitutfürTheaterwissenschaft der Ruhr-Universität Bochum (RUB) galt die dreiteilige Veranstaltungsreihe Ermüdung und Versorgung im Frühjahr dieses Jahres den Themen „Schlaf“ und „Inf rastruktur“. Auch der Stoffwechsel in der Natur lässt sich als eine Infrastruktur des Körpers und der Pflan zen begreifen, für die Ruhephasen eine entscheidende Rolle spielen: Sie sind schlichtweg unerlässlich. Das Ruhrgebiet verbunden und zerschnitten von ursprünglich industriellen Transportwegen und gekennzeichnet durch eine maximale Verwertungslogik von Natur und menschlicher Arbeitskraft liefert die perfekte Aus gangssituation, um sich der ästhetischen Gestalt der häufig als selbstverständlich wahrgenommenen Struk turen zu widmen. Von Ver- und Entsorgung über Ermüdung und Kollaps bis hin zum erfolgreichen Senden und Empfangen. Während Dr. Jörn Etzold, Professor für Theaterwissenschaft an der RUB, und Britta Peters, künstlerische Leiterin von Urbane Künste Ruhr, sich ge meinsam an einem dialogischen Einstieg versuchen, steigen wir mit dem Künstler, Filmemacher und Autor Beny Wagner hinab in die historischen Untiefen von Metabolismus, Ökonomie und Ackerbau.

Wandersalon Ermüdung VersorgungundFatigueand Supply

The Ruhr Area connected and dissected by what were originally industrial transport routes and characterised by a logic that entails the ultimate utilisation of nature and human labour provides the perfect starting point for devoting oneself to the aesthetic form of the structures that are often perceived as a given. From supply and disposal to fatigue and collapse, to successful transmission and recep tion. While Dr. Jörn Etzold, Professor for Theatre Studies at RUB, and Britta Peters, Artistic Director of Urbane Künste Ruhr, under take an introductory dialogue, we descend into the historical depths of metabolism, economics and agriculture with artist, filmmaker and author Beny Wagner.

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In cooperation with the Institute for Theatre Studies at the Ruhr Uni versity Bochum (RUB), the three-part event series Ermüdung und Versorgung (Fatigue and Supply) in the spring of this year focused on the topics of “sleep” and “infrastructure”. Nature’s metabolism can also be understood as an infrastructure of the body and plants, for which periods of rest play a decisive role: they are absolutely essential.

Jörn Etzold ist Professor für Theaterwissenschaft an der Ruhr-Universität Bochum und u. a. Autor von Die melancholische Revolution des Guy-Ernest Debord (2009), Flucht. Stimmungsatlas in Einzelbänden (2018) und Gegend am Aetna. Hölderlins Theater der Zukunft (2019).

Dear Don’tBritta,worry about the delay. We don’t have fibre optic yet either, even though very nice workers laid the cables to the house last summer.

Um ein weiteres Beispiel zu nennen: Die Emscher, die eigentlich gar nicht mehr in ihrem Bett bleiben, sondern Rich tung Lippe fließen möchte, wird zum Rhein gepumpt als „Renaturierung“. Einige Halden glühen noch immer: Am Ab raumgestein befinden sich Kohlereste, die nicht abgetrennt wurden, und durch den Druck des Gesteins, verstärkt durch die Kegelform, entzündet sie sich: Sie brennt jahrzehntelang, Kohlenmonoxid entweicht. Ohne diese teils monströsen Ein griffe gäbe es aber auch keine Datenautobahnen für unsere post-fordistische Kommunikation und wer weiß, welchen Seeungeheuern eine Mail aus Amerika auf ihrem Weg zu uns begegnet ist?

AbdouMaliq Simone examines compositions of people who have little access to state infrastruc tures of “general public service”. The essay de scribes a walk through the inner city of Johannes burg. It talks about making things, coming to terms with things with or against one another. I believe that Simone addresses something very im portant here for the Ruhr Area as well: infrastruc tures are not only pipes and cables, but also the neighbour watching from the window, making sure the children do not stray too far from home, or co-workers on the bus to the mine. These infra structures are severely affected by structural change, but some endure nonetheless. During the pandem ic, they changed radically once again. The social infrastructure on Bahnhofstrasse in Herne is dif ferent today than it was in the 1970s, when Mc Donald’s was somehow “modern”.

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Dear Jörn, Just very briefly: I read your message in a magically punctual ICE train, despite people on the tracks. All is good, more soon! Best, Britta daher rührt wahrscheinlich dein Befremden. Denn eigentlich stammt er ja tatsächlich aus dem Eisenbahnbau, bevor die NATO ihn in den 1950er-Jahren in den allgemeinen Sprach gebrauch brachte: Infrastruktur hießen Ende des 19. Jahrhun derts Arbeiten, die den Boden planierten, um dann Schienen legen zu können. Sie betreffen das, was unter der Struktur liegt, und sie zugleich ermöglicht und bestimmt. Daran finde ich zum einen interessant, dass dieser Boden immer jemandem ge hört Infrastrukturen stehen also immer in einem Zusammen hang mit Eigentum. Aber besonders muss ich hier an den Boden im Ruhrgebiet denken. Denn ganz abgesehen vom trau rigen Zustand der Schienenwege, ist es hier ja gar nicht so sicher, dass der Boden nicht einfach unter uns zusammenbricht. Hier wird die Infrastruktur in ihrer ganzen Fragilität greifbar. Der Eingang des Ruhr Museums in Essen, 24 Meter über der Erde und über eine Rolltreppe erreichbar, liegt heute in etwa auf der Höhe, wo früher der Erdboden war. Die menschlichen Infra strukturen benutzen und verändern die nicht-menschlichen, die „elemental media“, von denen John Durham Peters schreibt.

The entrance of the Ruhr Museum in Essen, which lies 24 metres above ground level and is accessible via an escalator, is now approximately at the level of where the ground used to be. Human infrastruc tures use and change non-human infrastructures; the elemental media as John Durham Peters writes.

Jörn Etzold is a professor of Theatre Studies at the Ruhr University Bochum. He is author of Die melan cholische Revolution des Guy-Ernest Debord (2009), Flucht. Stimmungs atlas in Einzelbänden (2018) und Gegend am Aetna. Hölderlins Theater der Zukunft (2019).

Lieber Jörn, nur ganz kurz: Habe deine Nachricht in einem auf magische Weise pünktlichen ICE gelesen, trotz Menschen im Gleisbett. Passt alles, bald mehr! Liebe Grüße, Britta

To give another example: the Emscher, which actually no longer wants to remain in its bed, but wants to flow towards Lippe, is pumped to the Rhine as a means of “renaturation”. Some slag heaps still glow: there is coal residue on the waste rock that was not removed, and due to the pressure of the rock, which is intensified by the conical shape, it ignites. It burns for decades; carbon mon oxide escapes. But without these in part colossal interventions, there would be no data highways for our post-Fordist communication and who knows what sea monsters an email from America has en countered on its way to us?

A text like Simone’s also shows how much the concept of infrastructure has expanded in the meantime and that is probably where your feel ing of alienation comes from. After all, the term “infrastructure” actually comes from railway con struction before NATO introduced it into general language use in the 1950s: near the end of the 19th century, “infrastructure” meant work that planed the ground in order to be able to lay railway tracks. This work is concerned with what lies beneath the structure, at the same time making it possible and determining it. On the one hand, I find it interest ing that the ground always belongs to someone so infrastructure is always linked to ownership. But what particularly comes to mind for me is the ground in the Ruhr Area. Because, despite the sad state of the railways, it is not so certain that the ground is not simply collapsing beneath us. Here infrastructure becomes tangible in all its fragility.

Jason Moore, Capitalism in the Web of Life: Ecology and the Accumulation of Capital. London: Verso 2015.

thermodynamische Energieschöpfungsmaschinen aufzufas sen. Die Auswirkungen des metabolischen Denkens jener Zeit auf die letzten beiden Jahrhunderte auf unserem Planeten sind kaum zu überschätzen. Metabolismus lieferte zunächst die Antwort auf Fragen nach dem natürlichen Ursprung des Lebens, wurde aber schnell zum Mittel dafür, den Lebenspro zess auf die gewünschten Ziele hin anzupassen, und hat dabei die Beschaffenheit des Lebens selbst verändert.

beit führte zu einem genauen Verständnis des chemischen Austauschs zwischen Pflanzen und Boden, anders gesagt, ihres „Metabolismus“ (von Liebig wurde in den 1850er- und 1860er-Jahren zu einem wichtigen Vermittler des Metabolis mus-Konzepts). Er selber kritisierte die kapitalistische Aus weitung landwirtschaftlicher Produktion aus ökologischen Gründen heftig, doch seine Entdeckungen über das Gleich gewicht von Phosphat und Nitrogen als Voraussetzung für Bodenfruchtbarkeit ermöglichten eine Düngerrevolution, die das Ausmaß und das Tempo dieser Produktion erst recht be schleunigte. Das Wissen über die metabolischen Abläufe zwi schen Pflanzen und Boden führte zur aktiven Beeinflussung und Anpassung dieser Prozesse. Letztendlich legte von Lie bigs Arbeit den Grundstein für die Erfindung synthetischer Düngemittel, die im Lauf des 20. Jahrhunderts die Oberflä che unseres Planeten veränderten.6

Je mehr ich über dieses Übersehen nachdenke, desto merkwürdiger erscheint es mir, dass Marx, dessen gesamte geschichtlich-materialistische Philosophie auf der Untrennbarkeit von Ideen von ihren historisch bedingten Beziehungen beruht, das Konzept des Metabolismus — zu seiner Zeit so neu, dass es kaum in den allgemeinen Wortschatz übergegangen war— behandelte, als wäre es eine universelle Konstante jenseits von Historizität.

Die breite Öffentlichkeit wurde damals durch große landwirt schaftliche Krisen in ganz Europa und Amerika in Atem ge halten, ähnlich wie heute durch das Thema Klimawandel. Die industrielle Produktion zwang die Landwirte dazu, dem Bo den immer mehr abzuringen, was zu rapide sinkenden Ertrags raten führte. Dies wurde als „Bodenerschöpfung“4 bezeichnet, ein Begriff, der die zunehmende Gleichsetzung von Land und Körpern als energieproduzierende Maschinen klar zum Aus druck brachte. Bis zur industriellen Revolution (und mehr oder weniger seit Anbeginn des Agrarismus) war die Landwirtschaft im Gleichgewicht gewesen, hatte der Ertrag in etwa dem Abfall entsprochen, der dem Boden als Dünger zurückgegeben wurde. Die schnelle Vergrößerung urbaner Zentren steigerte die Nach frage nach Lebensmitteln in bisher nie dagewesenem Ausmaß. Die stetig wachsende Arbeiterschaft musste ernährt werden. Der Kreislauf aus Ertrag und Abfall zerbrach. Urbane Zent ren produzierten mehr Abfall, als sie bewältigen konnten, wäh rend die Ackerböden, die sich geografisch immer weiter von den Städten entfernten, nicht länger die Nährstoffe bekamen, die sie zur Wiederherstellung ihrer Fruchtbarkeit benötigten.5 1837 wurde Justus von Liebig, oft als Gründervater der organischen Chemie bezeichnet, von der British Association for the Advancement of Science beauftragt, die Chemie von landwirtschaftlich genutzten Böden zu erforschen. Seine Ar

4 Jonathan Bellamy Foster, Marx’s Ecology. Materialism and Nature, New York: Monthly Review Press 2000.

Beny Wagner ist Künstler, Filmemacher, Forscher und Schriftsteller. Er arbeitet mit bewegten Bildern, Texten, Installationen und Vorträgen. Derzeit ist er Doktorand an der Archaeologies of Media and Technology Research Group der Winchester School of Art der Southampton University.

Beny Wagner

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Karl Marx interessierte sich sehr für von Liebigs Arbeit und nutzte sie in DasKapital, geschrieben in den 1860er-Jahren,

6 Jonathan Bellamy Foster, Marx’s Ecology. Materialism and Nature (2000).

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Ian Angus, Cesspools, Sewage, and Social Murder: Environmental Crisis and Metabolic Rift in NineteenthCentury London (2018), in: Monthly Review Vol. 70 (3) (online), verfügbar unter: murder/#lightbox/1/org/2018/07/01/cesspools-sewage-and-social-www.monthlyreview.(eingesehenam07.02.2022).

Um einige der Auswirkungen von metabolischem Denken in der Praxis zu verstehen, bietet sich ein Blick auf die indus trialisierte Landwirtschaft ab Mitte des 19. Jahrhunderts an.

um einen Riss im Metabolismus zwischen Mensch und Natur zu beschreiben. Dieses Konzept, heute als „metabolischer Riss“ bezeichnet, wurde in letzter Zeit in den Debatten um die katastrophale (Des-)Organisation der globalen Systeme durch die kapitalistische Produktion wiederbelebt. Diese Aneignung marxscher Theorien traf auf Kritik und Überar beitungen. Das offensichtliche Problem ist dabei die Positio nierung von Mensch und Natur als getrennte Einheiten, die sich entweder verbinden oder auseinanderreißen lassen. Der Umwelthistoriker Jason Moore schlägt vor, eher an eine „Ver schiebung“ als an einen „Riss“ zu denken, denn wie wir in zwischen nur zu gut wissen, können wir den Menschen nie mals ganz von seiner Umwelt lösen.7 Mich interessiert in diesem Zusammenhang, dass eine „metabolische Verschie bung“ immer noch nicht die Frage stellt, was Metabolismus eigentlich ist.8

Beny Wagner is an artist, filmmaker, researcher and writer. He works with moving image, text, installation and lectures. He is currently a PhD candidate at the Archaeologies of Media and Technology Research Group at Winchester School of Art, Southampton University.

Zur Ironie des Metabolismus gehört, dass er so oft zur Beschreibung von Prozessen verwendet wird, die menschli chen Erfindungen vorausgingen (was einst als natürlich be zeichnet wurde). Dabei hat er das Eingreifen in chemische Aus tauschprozesse, die unsere Körper in die Umwelt einbetten, erst ermöglicht und damit das Leben auf unserem Planeten unwiderruflich verändert. Während die Idee des Metabolis mus uns einlädt, über die zwingende Abhängigkeit unserer Körper von unserer Umgebung nachzudenken, steht der Be griff doch gleichzeitig im historischen Kontext der industriel len Expansion in Europa und der kapitalistischen Regulie rung materieller Abläufe. Wir können wir die Stoffe, Ströme und Rhythmen neu betrachten, die alles Lebendige jenseits ihres Nutzens vereinen?

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In seiner Arbeit verfolgt der Künstler Asad Raza (*1974 in Buffalo, USA) oft einen dialogischen Austausch und bewegt sich jenseits disziplinärer Grenzen. Dabei begreift er Kunst als aktive, sinnliche Erfahrung und kombiniert menschliche, nicht-menschliche Akteur*innen und Objekte.

In his work artist Asad Raza (*1974 in Buffalo, USA) often explores dialogic exchange and rejects disciplinary boundaries. Raza conceives of art as a metabolic, active experience combining human, non-human beings, and objects in his projects.

Sophie Eine Besucherin hat etwas ganz Interessantes ge sagt. Sie bezeichnete die Erde als eine Projektionsfläche. Das fand ich einen schönen Begriff, denn da sieht wirklich jede*r was anderes drin. Ich habe das dann auch so stehenlassen, sonst hätte ich ja direkt die Projektionsfläche eingetrübt.

Anton Ich nehme mir auch Erde mit, klar. Aber die Men schen, zu denen man Beziehungen aufgebaut hat, sind mir viel wichtiger. Wenn ich an unsere Gespräche denke und die Erfahrung, die wir gemacht haben.

Marie D. Es wäre schon interessant zu wissen, was aus der Erde wurde, wie die Geschichten weitergehen.

Anton Ich habe von Anfang an darüber nachgedacht, wie der letzte Tag sein wird. Es gibt diese Helikopter-Kunst: Der*die Künstler*in kommt, macht etwas und dann ist er*sie wieder weg. Ich bin mir noch nicht sicher, was am Ende von Absorption bleibt. Ich habe mir vorgestellt, wie wir die Erde hier rausschüppen und irgendwo hinbringen.

Reneé Ich habe ganz viel von der Erde in meine Blumen töpfe zu Hause gemacht. Und all die Energie lebt jetzt in mei nen Pflanzen weiter.

Asad Ich habe noch nicht oft über das Ende einer Er fahrung nachgedacht. Aber etwas, das mir wirklich in Erinne rung geblieben ist, war dieses letzte Essen, das von den Culti vators selbst organisiert wurde. Ich hatte meine Tochter dabei, wir hatten ein gutes Essen und die Dekoration mit den Chili schoten, die Martin gezüchtet hatte, war schön. Ich spürte eine Atmosphäre von vielen verschiedenen Menschen, die

Angelika Ich habe tolle Menschen kennengelernt. Für mich ist es auch ein großes Geschenk, dass unsere Gruppe aus un terschiedlichen Generationen kommt.

Claus Am Anfang weiß man nichts voneinander. Aber im Laufe der Arbeit kommen dann doch ganz viele persönli che Sachen zum Tragen. Die machen die Menschen aus, mit denen man da zusammenkommt. Das musste sich entwickeln.

Martin: Das ist das Prinzip der Nostalgie etwas wird dann besonders wertgeschätzt, wenn es nicht mehr zugänglich ist.

Angelika Gegen Ende haben Martin, Anton und ich ge sprochen und gesagt, dass wir doch nicht so auseinanderren nen können, wenn Absorption endet. Wir hatten auch mal überlegt, für die letzte Nacht Zelte aufzubauen. Es war klar, wir müssen zusammen einen Abschluss haben. Locuratolo Ich fand es total schade, dass ich beim Abschlussessen nicht da sein konnte. Ich habe auch gar nicht so auf dem Schirm gehabt, dass Asad noch mal wieder kommt.

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Marie D. Die Idee, Erde zu verschenken, mochte ich sehr gerne. Mich hat dennoch überrascht, wie viele Erde mitge nommen haben und auch wiederkommen wollten, um sich noch mehr zu holen.

Angelika Ich denke, es wäre schön, wenn das weitergehen würde.

Petra In dieser Erde steckt unsere Arbeit, ein Stückchen von uns. Dieses Geschenk anzunehmen war eine Wertschät zung für uns und unsere Arbeit.

Tim Pickartz Was bleibt.

Ein Moment, in dem wir erfolgreich waren

Anton I was thinking from the start about what the last day would be like. There’s this helicopter art: The artist comes in, does something and then they’re gone. I’m not sure what will remain of Ab sorption in the end. I imagined how we might shov el out the soil here and bring it somewhere.

Angelika I met some great people. For me it was also a great gift that our group was made up of dif ferent generations.

Edanur Ichwerdeesdefinitivvermissen,hierherzukommen. Wolfgang Wirklich schade ist, dass das, was zwischen den Menschen passiert ist, jetzt so abbricht. Aber das ist ja auch sonst im Leben so, dass es solche Bruchstellen gibt.

Claus At the beginning, you don’t know any thing about each other. But in the course of the work a lot of personal things come up. That’s what distinguishes the people you meet. It was a process.

Martin That is the principle of nostalgia some thing is particularly valued when it is no longer ac cessible.

Asad Right! The exhibition was officially over, but the experience was not. We managed to create a moment there that felt meaningful and nourishing. Just like your unofficial party in the rooms of Absorption. I can’t remember anything like this ever happening before. And doing it on your own accord led to an even richer feeling. No one else arranged it. You invited yourselves.

sich umeinander und um die gegebene Situation kümmern wollten. Das fühlte sich wie ein Moment an, in dem wir damit erfolgreich waren. Auch wenn der Moment erst kam, nach dem die ganze Sache vorbei war.

Marie D. It would be interesting to know what became of the soil, how the stories continue.

Asad Richtig! Die Ausstellung war offiziell vorbei, aber die Erfahrung nicht zu Ende. Es ist uns dort gelungen, einen Moment zu schaffen, der sich bedeutungsvoll und nährend anfühlt. Genauso wie eure inoffizielle Party in den Räumen von Absorption. Ich kann mich nicht erinnern, dass so etwas schon mal zuvor passiert ist. Und es aus eigenem Antrieb he raus selbst zu tun, führte zu einem reicheren Gefühl. Niemand sonst hat das veranlasst. Ihr habt euch selbst eingeladen. Josef Es war sehr schwer zu gehen. Wolfgang hat mich erst darauf hingewiesen, dass ich fahren muss. Das war so abrupt. Und dann ist mir klar geworden: Jetzt ist Absorption vorbei. Da ist etwas weggebrochen.

Petra Die Begegnung mit unterschiedlichen Menschen das bleibt immer. Früher habe ich gedacht, wenn die später nicht in meinem Leben bleiben, dann ist das nichts wert. Heute kann ich das anders sehen: Man hat eine gute Zeit gehabt. Das wird auf jeden Fall bleiben. Auch die Erfahrung auf dieser Erde. Das werde ich noch in Jahren erzählen kön nen, wie das ‚unsere‘ Erde wurde.

What remains. A moment in which succeededwe

Martin I am not yet entirely convinced that our intense experience ended with the last day of Ab sorption at least I don’t think this will be true for me.

Angelika I think it would be nice if it continued.

Edanur I will definitely miss coming here.

Marie S. Die Verschiedenheit und die Widersprüche der verschiedenen Ebenen des Projekts also der Erde, der Kul tivator*innen, der Kunstwerke bedingen sich, sind einzeln und kommunizieren doch miteinander.

Sophie A visitor said something very interest ing. She called the soil an object of projection. I thought that was a nice term because everyone re ally sees something different in it. I then left it as it was, otherwise I would have instantly clouded that projection.

Locuratolo I thought it was a real pity that I couldn’t be there for the goodbye dinner. I didn’t even realize that Asad was coming back again. Asad I’ve never much thought about the end of an experience. But something I really remember was that last dinner organised by the cultivators them selves. I had my daughter with me, we had a good meal and the decoration with the chilli that Martin had grown was nice. I felt an atmosphere of many different people who wanted to take care of each oth er and the given situation. It felt like a moment in which we succeeded in doing that. Even if the mo ment didn’t come until after the whole thing was over.

Joseph It was very difficult to leave. Wolfgang was the first to tell me that I had to go. It was so abrupt. And then I realized: Now Absorption is over. Something was severed.

Reneé: Emotional bleibt so viel! Geschichten, Erfahrungen. Ich war lange nicht mit so vielen netten, interessierten Men schen konfrontiert. Man merkt einfach: Es ist so schön, nicht allein zu sein. Es ist heilsam. Ich habe so viel Energie und Motivation, jetzt mit meiner Arbeit weiterzumachen.

Petra The encounters with different people that will always remain. I used to think that if they don’t remain in my life, then it’s not worth it. Today I can see it differently: We had a good time. That will definitely remain. Just like the experience on this earth. I will be able to tell the story in years to come, how it became ‘our’ earth, ‘our’ soil.

Anton I’ll also be taking soil with me, of course. But the people with whom we’ve established rela tionships are much more important to me. When I think of our conversations and the experiences we’ve had.

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Edanur Diese Interaktionen machen Absorption zu einem Kunstwerk. Wie wir Cultivators und die anderen Komponen ten zusammenkommen und arbeiten. Es gehört keinem allein. Es gehört uns allen und doch sind wir nur ein Teil des Ganzen.

Reneé Emotionally, so much remains! Stories, experiences. I haven’t met so many nice, interested people in a long time. It just goes to show: It’s so nice not to be alone. It’s healing. I have so much energy and motivation to continue with my work now.

Petra Our work is in that soil, a little piece of us. Accepting this gift was a show of appreciation for us and our work.

Lara Die Frage ist: Wie würde es sich wohl jetzt ent wickeln, wenn es weitergehen würde? Mit all den Informa

Angelika Towards the end, Martin, Anton and I talked and said that we cannot just go our separate ways when Absorption ends. We also thought about setting up tents for the last night. It was clear that we must get some closure together.

Reneé I put quite a lot of that soil in my flow erpots at home. And all that energy now lives on in my plants.

Martin Ich bin noch nicht ganz davon überzeugt, dass wir mit dem letzten Tag von Absorption wirklich das Ende unse rer intensiven Erfahrung erlebt haben jedenfalls ich für mich nicht.

Tim Pickartz

WolfgangWhat is really a shame is that what was happening between people is now being cut off like that. But such is life that these kinds of fragments happen.

Marie D. I liked the idea of giving away soil very much. But I was surprised by how many people took soil with them and also wanted to come back to get even more.

body as a work experience. And also for the public, even for those people who just passed by. For months they too saw that something was happening. People register something like that, even incidentally. And you register it again when it’s gone.

Tim Pickartz was one of the 14 cultivators for the Essen version of Asad Raza's Absorption. He is an art scholar and a freelance art mediator. His main areas of teaching and research lie at the interface of curatorial practice, art and education. He is currently researching temporary communities in contemporary art.

Judith Perhaps we made a work of art that has deeply influenced the lives of five people and the rest, not so deeply.

Lara The question is: How would it develop now if it continued? With all the information that is there, but also the personal views and stories?

Britta I wouldn’t say it’s concluded. We remem ber this project it took place. It is written into your

memories around that moment. I think this conver sation is similar. The thing that is more important than what is said is what is found between the lines.

This Fictional Conversation is part of a comprehensive oral history on Absorption based on interviews conducted between 22 September and 9 December 2021 with all the cultivators and a large proportion of the other participants in the project. Publication of the complete text is underway.

Edanur And it’s wonderful that we have the chance to share our thoughts. You get a new per spective. Not only of what was, but also how things are connected.

Tim The project of an oral history of the cul tivators is the attempt not only to preserve this expe rience and be able to recall it, but also to share it.

Petra We cultivated the soil to give it to the dis trict and, in doing so, also change the district. When I give someone a little bag of soil and someone plants a flower in it and later sees something grow, that does something to people, a lot even!

Similar to the soil, which is now part of our environ ment in countless places, something is emerging here that seems to preserve our community or allow it to continue. Fragments of the past as a refusal of the end. This text is, in a sense, a flight from reality or utopia, a non-place.

Marie S. It’s a paradox: One of the ideas was that we shovel just for the sake of shovelling. Not to have optimised soil at the end.

Edanur It is a rhythmic process. I think that cul tivating is a process: mixing, forming and repeat edly doing the same. Difficult to describe. I was a cultivator and still haven’t found the right words to describe what I did.

Edanur I hope there are projects or collabora tions in the future. I really hope that happens. Not the whole group will come but there is so much that binds us.

Britta This experience is stored in the body as a memory. And maybe the experience is also a state that one might want to recreate elsewhere. The pro ject has simply become a part of our lives.

Marie S. The diversity and contradictions of the different levels of the project so the soil, the cul tivators, the works of art are mutually depend ent, individual and nonetheless communicate with each other.

Edanur These interactions make Absorption a work of art. How we cultivators, as well as the other components, connect and work together. It does not belong to anyone alone. It belongs to all of us and yet we are only part of the whole.

Anton Working on Absorption was really almost a utopia: You arrive, have great conversations, shov el around, build muscle, feel euphoric.

Martin We have something that connects ‘us’. When I look at a photo, I reconstruct the beautiful

Claus I took the project far too literally and far too seriously at first. And I didn’t think about the fact that many things couldn’t work as they might have been intended.

Tim Pickartz

Anton We had a group that cultivated itself. Many are wondering what we are doing with that now.

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Josef Then Tim announced those talks. I no ticed that somehow that holds things together. That’s also a way to end. Write something down and thereby conclude it.

Alla Yes, I see that as well. But these conversa tions help me to reflect on the project and my expe rience, to review it for myself.

From 14 August to 25 September 2021, Asad Raza’s project Absorption took place at the former Allbauhaus in Essen’s city centre. During the course of the exhibition, a team of cul tivators took care of the soil and enriched it with new components collected in the region, such as sewage sludge, hair or cocoa bean husks, in order to transform it into new soil (called “Neosoil” by Raza) and give it to visi tors. Similar to the components of the new soil, the team of cultivators consisted of different people from the region who were ini tially not acquainted with each other but got to know and build relationships with one another over time during the project.

Britta Ich würde nicht sagen, dass es abgeschlossen ist. Wir erinnern uns an dieses Projekt es hat ja stattgefunden. Es ist als Arbeitserfahrung in eure Körper eingeschrieben. Und auch für die Öffentlichkeit, selbst für die Leute, die nur vorbei gegangen sind. Auch sie haben zwei Monate lang gesehen, dass da etwas stattfindet. So etwas registriert man, auch nebenbei. Und du registrierst auch, wenn es wieder verschwunden ist.

Josef Dann hat Tim diese Gespräche angekündigt. Ich habe gemerkt, das hält die Sache irgendwie zusammen. Das ist auch eine Art zu enden. Etwas niederzuschreiben und es dadurch abzuschließen.

Tim Pickartz

Edanur Und es ist großartig, dass wir die Chance bekom men, unsere Gedanken zu teilen. Man bekommt eine neue Übersicht. Nicht nur, was war, sondern auch, wie die Dinge verbunden sind.

Martin Wir haben etwas, das ‚uns‘ miteinander verbindet. Wenn ich mir ein Foto anschaue, rekonstruiere ich die schönen Erinnerungen um diesen Moment herum. Ich glaube, ähnlich ist es mit diesem Gespräch. Entscheidender als das Gesagte ist doch, was zwischen den Zeilen steht.

Claus Ich habe das Projekt am Anfang viel zu wörtlich und zu ernst genommen. Und habe nicht drüber nachge dacht, dass viele Dinge gar nicht so funktionieren konnten, wie sie vielleicht gedacht waren.

Dieses Fiktionale Gespräch ist Teil einer umfassenden Oral History zu Absorption, die auf Interviews beruht, die zwischen dem 22.9. und dem 9.12.2021 mit allen Kultivator*innen sowie einem Großteil der weiteren Akteur*innen des Projekts geführt wurden. Eine Veröffentlichung des Gesamttextes ist in Vorbereitung.

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Judith Vielleicht machen wir ein Kunstwerk, das in das Leben von fünf Leuten tief eingewirkt hat und bei dem Rest eben nicht so tief.

Anton Die Arbeit bei Absorption war wirklich fast eine Utopie: Man kommt, hat tolle Gespräche, gräbt um, bekommt Muckis, fühlt sich euphorisch.

tionen, die da sind, aber auch den persönlichen Sichtweisen und Geschichten?

Marie S. Es ist ein Paradox: Es geht schon darum, dass wir schaufeln, damit wir halt schaufeln. Gar nicht darum, am Ende eine optimierte Erde zu haben.

Tim Pickartz war einer der 14 Kultivator* innen für die Essener Version von Asad Razas Absorption. Er ist Kunstwissen schaftler und freier Kunstvermittler. Seine Lehr- und Forschungsschwer punkte liegen an der Schnittstelle von Kuratorischer Praxis, Kunst und Vermittlung. Aktuell forscht erzu temporä ren Gemeinschaften in der Gegen wartskunst.

Anton Wir hatten eine Gruppe, die sich selbst kultiviert. Viele fragen sich, was wir jetzt damit machen?

Petra Wir haben die Erde kultiviert, um sie in den Stadt teil zu geben und damit auch den Stadtteil zu verändern. Wenn ich ein kleines Beutelchen Erde verschenke und jemand da eine Blume reinpflanzt und später sieht: Da wächst etwas. Das macht mit den Menschen etwas, viel sogar! Britta Diese Erfahrung lagert sich im Körper ab, als Er innerung. Und vielleicht ist sie auch ein Zustand, den man an anderer Stelle wiederherstellen möchte. Das Projekt ist ein fach ein Teil von unserem Leben geworden.

Edanur Es ist ein rhythmischer Prozess. Ich denke, das Kultivieren ist prozesshaft: vermischen, formen und immer wieder das Gleiche. Schwierig zu beschreiben. Ich bin Cultiva tor gewesen und habe dennoch immer noch nicht die richtigen Worte gefunden, um zu beschreiben, was ich gemacht habe.

Tim Das Projekt einer Oral History der Kultivator*in nen ist der Versuch, diese Erfahrung nicht nur zu erhalten und abrufbar zu machen, sondern auch zu teilen. Ähnlich wie die Erde, die jetzt an unzähligen Orten Teil unserer Um

welt ist, entsteht hier etwas, das unsere Gemeinschaft schein bar erhält oder andauern lässt. Fragmente der Vergangenheit als eine Verweigerung des Endens. Dieser Text ist gewisserma ßen eine Realitätsflucht oder Utopie, ein Nicht-Ort.

Edanur Ich hoffe es gibt Projekte oder Kollaborationen in der Zukunft. Ich hoffe wirklich, dass das passiert. Es wird nicht die ganze Gruppe kommen aber uns verbindet so viel.

Alla Ja, das sehe ich auch so. Aber diese Gespräche hel fen mir, das Projekt und meine Erfahrung zu reflektieren, eine Review für mich zu machen.

Vom 14.8. bis zum 25.9.2021 fand im ehemaligen Allbau haus in der Essener Innenstadt das Projekt Absorption von Asad Raza statt. Ein Team von Kultivator*innen hat über den Zeitraum der Ausstellung Erde gepflegt und mit neuen, in der Region gesammelten Bestandteilen wie Klärschlamm, Haaren oder Kakaobohnenschalen an gereichert, um sie so zu neuer Erde (von Raza „Neosoil“ genannt) umzuwandeln und an die Besucher*innen zu verschenken. Vergleichbar mit den Bestandteilen der neuen Erde setzte sich das Team der Kultivator*innen aus verschiedenen Menschen aus der Region zusammen, die sich zunächst unbekannt waren, sich aber über die Zeit des Projekts kennenlernten und Beziehungen untereinander entwickelten.

Mit nahezu jeder Ausgabe unseres Magazins wächst das Emscherkunstweg-ABC um neue Einträge, die von den Koope rationspartnern des permanenten Skulpturenpfads entlang der Emscher gemeinsam erstellt werden. Ausgehend von ihrem jeweiligen professionellen Hintergrund bringen Mit arbeiter*innen von Urbane Künste Ruhr, Emschergenossen schaft und Regionalverband Ruhr dabei ihre unterschiedlichen Perspektiven auf das Langzeitprojekt ein. 2023 werden die Schlagworte in einem Katalog, der vor allem die künstle rischen Revisionen und Neuproduktionen der letzten Jahre ausführlich bespricht, zu einem umfangreichen Glossar zu sammengefügt. Ideen zu den Buchstaben I, M, Q, T, X und Y werden bis Ende 2022 gerne entgegengenommen.

E—Emschergram Wir lieben Vielstimmigkeit und Pers pektivwechsel! Und deshalb findet ihr auf der Website vom Emscherkunstweg das Emschergram. Dort könnt ihr eure eige nen Fotos von den Kunstwerken an der Emscher speichern, zeigen und teilen. Das geht ganz einfach unter emscherkunst weg.de/emschergram. Mit nur wenigen Klicks ladet ihr dort euer Bild zusammen mit eurem Namen hoch. Nach anschlie ßender Prüfung werden eure Bilder damit langfristig Teil der Kunstwerksseiten. Wir freuen uns auf eure Einsendungen und sind gespannt, was ihr am Emscherkunstweg erlebt und auf wel che Weise ihr die Kunstwerke fotografisch festgehalten habt! NL

O — Online Seit 2020 entstehen zusätzlich zu den rea len Skulpturen entlang der Emscher auch digitale Kunstwerke für den Emscherkunstweg. Mit dem Kurzfilm Pawāaraibu— filling the vacuum (2020) eröffnete das Künstlerduo thisisin ternet die digitale Sammlung Emscherkunstweg: online. Aus gehend von den Pumpwerken und Landschaften entlang der Emscher entwerfen sie darin ein Szenario, in dem die Erde von den Menschen verlassen worden ist, aber anderen Lebe wesen als musealer Lernort zur Verfügung steht. Die Künst lerin Ani Schulze bringt in ihrem Video Suffusion of Yellow (2021) den Emscher-Umbau mit reinigenden Ritualen, Hei lung und technologischen Erweiterungen des Körpers, wie zum Beispiel Hightech-Prothesen, in Bezug. Dieses Jahr wird Alina Schmuch ausgehend von einer Beschäftigung mit dem technischen Bildarchiv der Emschergenossenschaft eine weite re filmbasierte Arbeit realisieren, in der sie sowohl das Thema Wasserinfrastrukturen als auch die Rolle der Fotografie als bildgebendes Verfahren befragt. Die Veröffentlichung ist für Oktober 2022 geplant. Alle Kunstwerke in der Reihe Emscher kunstweg: online sind auf der Website und dem YouTubeKanal des Emscherkunstwegs zu finden. CN

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Der Emscherkunstweg ist ein permanenter Skulpturenpfad, dessen Sammlungsbestand für die nächsten

Von BernePark bis Zuflüsse Emscherkunstweg

P— Projekt

B — BernePark Einst als moderne „Kläranlage Berne mündung“ 1955 in einem industriellen Vorort von Bottrop in Betrieb gegangen, lag diese Kläranlage nach der Außerbe triebnahme zwischen 1997 und 2010 in einem Dornröschen schlaf. Im Herbst 2010 wurde sie zu einem Industriedenkmal ernannt und dadurch zu einem neuen Kultur- und Freizeit treffpunkt mitten im urbanen Raum des Ruhrgebiets. Dieser „Nachbarschaftspark“ steht nach zwölf Jahren inzwischen für mehr als nur den Wandel von einer Industrieanlage zu einem Erholungsraum. Er steht für erlebbare Kunst im öffent lichen Raum, Naherholung für die direkten Nachbar*innen, Tourismus an der Emscher und für einen Bildungsort der so zialen Teilhabe. Kunstwerke von den Künstlern Piet Oudolf und GROSS.MAX., Mischa Kuball und Andreas Strauss sind wieder instand gesetzt und künstlerisch überarbeitet worden. Sie bieten Möglichkeiten zum Erkunden und Über nachten für Groß und Klein. Über all dem symbolisiert der neu platzierte Schriftzug „CATCH AS CATCH CAN“ von dem US-amerikanischen Künstler Lawrence Weiner mehr als nur eine Reklame aus den 1950er-Jahren. Er steht für eine in jedem Auge der betrachtenden Person individuelle Aufforde rung: „Nimm es, wie es kommt!“ KK

B — BernePark Originally commissioned in 1955 as the modern “Kläranlage Bernemündung” in an industrial sub urb of Bottrop, this sewage treatment plant sank into a deep slumber between 1997 and 2010 after it was decommissioned. In the autumn of 2010, it was declared an industrial monu ment and thus became a new cultural and recreational meet ing point in the middle of the urban space of the Ruhr Area. Twelve years later, this “neighbourhood park” now repre sents more than just the transition from an industrial plant to a recreational area. It represents art in public spaces that can be experienced, recreation for immediate neighbours, tour ism along the Emscher river, and a place of education that enables social participation. Works by the artists Piet Oudolf

With almost every issue of our magazine, the Emscherkunstweg ABC has been added to by new entries as a result of a joint effort by the cooperation partners of the permanent sculpture trail along the Emscher river. Based on their respective pro fessional backgrounds, the staff members of Urbane Künste Ruhr, Emschergenossenschaft and Regionalverband Ruhr contribute their various perspectives to the long-term project. In 2023, these keywords will be combined to form a compre hensive glossary in a catalogue, which will mainly include detailed discussions of the artistic revisions and new produc tions of the recent years. Ideas for the letters I, M, Q, T, X and Y are welcome, and can be submitted until the end of 2022.

E—Emschergram We love a diversity of voices and changes in perspective! Which is why you can find Emscher gram on the Emscherkunstweg website. On Emschergram, you can store, show and share your own photos of the works of art along the Emscher river. Simply go to emscherkunstweg.de/ emschergram to do so. With just a few clicks, you can upload your image and your name. After they have been accepted, your pictures will play a long-term role on the artwork pages. We look forward to receiving your entries and are excited to see what you have experienced on the Emscherkunstweg and how you have captured the works of art through photography! NL

and GROSS.MAX., Mischa Kuball and Andreas Strauss have been restored and artistically revised. They offer oppor tunities for young and old to explore and stay overnight. Above all this, the slogan “CATCH AS CATCH CAN” by the US artist Lawrence Weiner symbolises more than just an advertisement from the 1950s. It is a call to action, individual to the eye of each beholder: “Take it as it comes!” KK

O — Online Since 2020, in addition to the physical sculptures along the Emscher river, digital works of art have also been created for the Emscherkunstweg. The artist duo thisisinternet opened the digital collection Emscherkunstweg: online with the short film Pawāaraibu — filling the vacuum (2020). Beginning with the pumping stations and landscapes

Emscherkunstweg45

From BernePark to Zuflüsse (tributaries)

zehn Jahre gesichert ist also mehr als ein kurzes Projekt. Trotzdem findet auch in diesem Zusammenhang häufig der Begriff „Projekt“ Verwendung, aber was bedeutet er eigent lich? Allgemein gesprochen ist ein „Projekt“ eine befristete Zeit, in der sich die unterschiedlichsten Personen gemeinsam aktiv und prozesshaft mit einem Thema auseinandersetzen. Das Thema ist frei nicht nur berufliche, sondern auch pri vate oder gesellschaftliche Vorhaben können „Projekte“ sein. Der Begriff wurde in den 1990er-Jahren besonders häufig im Management verwendet. Von dort weitete sich der Gebrauch des Wortes in alle Lebensbereiche aus. Aus Sicht des Manage ments zeichnet sich ein „Projekt“ unter anderem dadurch aus, dass die Angestellten in befristeten Arbeitsverhältnissen be schäftigt sind und nach Beendigung des „Projekts“ je nach Bedarf in anderen „Projekten“ weiterbeschäftigt oder ent lassen werden können. CN

CN Clara Niermann, Projektkoordinatorin Emscher kunstweg, Urbane Künste Ruhr

W—Wetter In Deutschland reden alle über das Wetter, ist eine häufig gemachte Beobachtung. Je schlechter meta phorisch gesprochen die Großwetterlage, desto absurder erscheint ein ausweichendes Gespräch über die aktuellen Temperaturen. Trotzdem bleibt es ein verbindendes Element: Schönes Wetter draußen hebt die Laune. Sowieso lässt sich das Verhältnis zwischen Wetter und Klima mit der Diskrepanz zwischen Stimmungen und Gefühlen vergleichen. Manchmal ist die Stimmung gut, auch wenn uns die globale Erwärmung langfristig in die Verzweiflung treibt oder umgekehrt: Es braut sich ein emotionales Gewitter zusammen, obwohl es grund sätzlich ein tiefes Vertrauen zueinander gibt. Auch der Em scherkunstweg lässt sich nicht nur bei schönem Wetter be suchen, sondern kann gerade bei schlechter Stimmung und Nieselregen wunderschön melancholisch sein. BP

P— Public Hybrid Seit dem 26. November 2021 bereichert die mehrteilige skulpturale Installation Public Hybrid von David Jablonowski den Emscherkunstweg in DortmundSchüren an einem ursprünglich unspektakulären TransitOrt, wie er an der Emscher so häufig zu finden ist. Erstaunlich harmonisch verbindet der Künstler darin die gegensätzlichen Materialien Sandstein und Plastik. Die 3D-Druckelemente und der Ruhrsandstein aus dem nahegelegenen Sprockhövel sind aufeinandergeschichtet und scheinen einander zu durchdringen. Gleichzeitig erzeugt ein Farbverlauf in den Plastikanteilen Assoziationen zu Gesteinsschichten aus der Zukunft? und eine landschaftliche Tiefenwir kung. Der Materialkontrast in Jablonowskis Werk bringt auch ein neues Verständnis von Rohstoff und Extraktion mit sich. Während es sich beim Sandstein um ein abbauba res Naturprodukt handelt, bestehen die 3D-Elemente aus recyceltem Kunststoff, der mittels digitaler Technologie aus Plastikabfällen im Druckverfahren aufeinandergeschichtet wird. CN

V—Vandalismus Die mutwillige Beschädigung von Kunst werken im öffentlichen Raum ist für alle Beteiligten ein schwe rer Schlag. Fast scheint es, als würden mit der Kunst auch die jenigen angegriffen, die sich für ihr Zustandekommen und ihre Bedeutung stark machen. Distanzierten Beobachtenden gelingt die Abstraktion, die Zerstörung einer künstlerischen Arbeit gilt ihnen als eine besondere Form der Kommunika tion. Langfristig gesehen ist das durchaus richtig, denn selten endet die Auseinandersetzung mit dem bloßen Akt der kon kreten Gewalt. Im Idealfall werden stattdessen neue Ideen und Energien freigesetzt, wie der Zerstörung begegnet werden kann. Nur wenn es der Angst vor Vandalismus gelingt, bereits im Vorfeld Kunstprojekte im öffentlichen Raum zu verhin dern oder nur noch in Beton und Stahl zu gießen , tritt die Katastrophe ein. Dann wird die Beschäftigung mit dem öffent lichen Raum aufgegeben, und zwar nicht, weil der Vandalis mus gesiegt hat, sondern der Wunsch nach Kontrolle. BP

Z — Zuflüsse Auf ihrem Weg von der Quelle in Holz wickede bis zu ihrer Mündung bei Dinslaken trifft die Emscher auf diverse Zuflüsse. Im Rahmen der Renaturierungsmaß nahmen werden auch diese Nebenflüsse umgebaut. Das Er gebnis sind grünere Zuflüsse, an denen sich Flora und Fauna weiter ausbreiten können. So entstehen nicht nur direkt an der Emscher, sondern auch wieder in ihrem ehemaligen Fluss bett und den kleineren Wasserläufen neue Lebensräume. Neben zahlreichen positiven Effekten auf Mensch und Natur haben die Umbaumaßnahmen dabei auch einen weniger offensichtlichen praktischen Nutzen. Die gut bewachsenen Gewässerauen der Emscher-Zuflüsse wirken sich positiv auf die Hochwassergefahr aus. NL

BP Britta Peters, Künstlerische Leiterin, Urbane Künste Ruhr

P— Promenadologie Die Promenadologie oder auch Spa ziergangswissenschaft ist eine von dem Schweizer Soziologen und Ökonom Lucius Burckhardt unter diesem Namen ein geführte Methode zur bewussten ästhetischen Wahrnehmung der Umwelt. Bei Spaziergängen soll das Gesehene und ins besondere das Verhalten der Menschen vor Ort genau beob achtet werden, um daraus relevante Rückschlüsse auf Pla nungsprobleme in Architektur, Stadt- und Landschaftsplanung zu ziehen. Da sich laut Burckhardt ein ästhetisches Erlebnis nicht mehr automatisch einstellt, muss die Land schaftsgestaltung durch ihre Beschaffenheit selbst begründen können, wie sie im Kontrast zur städtischen Umgebung steht. In Anlehnung daran bietet die Emscher-Promenade span nende Blickbeziehungen und macht den Flussraum neu erleb bar. Sie lädt sowohl zum Gehen als auch zum Verweilen und Erholen ein und verbindet dabei Natur und Kultur im Sinne der Promenadologie eine gelungene Planung. NL

NL Nora Lobe, Assistenz Öffentlichkeitsarbeit, Social Media Managerin Emscherkunstweg, Urbane Künste Ruhr

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KK Kai Kolodziej, Leiter Gebäudetechnik und -dienste & Gesamtkoordination Höfe Emschergenossenschaft

P—Project The Emscherkunstweg is a permanent sculpture trail whose collection has been secured for the next 10 years so it’s more than just a short project. Nevertheless, the term “project”is often used in this context, but what does it actually mean? Generally speaking, a “project” is a tempo rary period in which a wide range of people work together actively and in a process to engage with a given topic. The topic can be chosen freely. “Projects”are not only professional, but can also be private or social undertakings. The term rose to prominence in management contexts in the 1990s. From there, its use extended into all areas of life. From a manage ment point of view, one of the characteristics of a “project”is that the staff involved are employed on fixed-term contracts and can either continue to be employed on other “projects”or dismissed after the “project” has been completed. CN

P— Promenadology

On its way from its source in Holzwickede to its mouth at Dinslaken, the Emscher river encounters various tributaries. These tributaries will also be rebuilt as part of the restoration measures. The result is gree ner tributaries, where flora and fauna can continue to spread. This allows new habitats to evolve, not only directly by the Emscher river, but also again in its former riverbed and smal ler streams. In addition to the numerous positive effects for humans and nature, the reconstruction measures have a less obvious practical benefit. The floodplains of the Emscher tri butaries that are now green and thriving also help reduce flood risk. NL

V—Vandalism Wilful damage to works of art in public space is a heavy blow to all involved. It almost feels as though not only the art has been attacked, but also those who are committed to its creation and its significance. More distanced observers manage to see the situation abstractly; they consid er the destruction of an artistic work to be a special form of communication. In the long term, this is certainly the right approach, because it is rare that an examination ends with an act of concrete violence. Ideally, this instead releases new ideas and energies on how to deal with destruction. The true disaster would be for the fear of vandalism to succeed in preventing art projects in public spaces before they even be gin or just creating art projects from concrete and steel. Then the examination of public space is abandoned, and not because vandalism has won, but because of the desire for control. BP

Emscherkunstweg

pression of the depth of the landscape. The contrast between the materials in Jablonowski’s work also brings with it a new understanding of raw materials and extraction. While the sandstone is a natural, biodegradable product, the 3D ele ments are made of recycled plastic, using digital technology to layer plastic waste in a printing process. CN

BP Britta Peters, Artistic Director, Urbane Künste Ruhr CN Clara Niermann, Project Coordinator Emscher kunstweg, Urbane Künste Ruhr

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Z — Zuflüsse (tributaries)

Promenadology or the science of strolling is a method of conscious aesthetic perception of the environment, and was introduced by the Swiss sociologist and economist Lucius Burckhardt (under the term “Prome nadologie” in German). During strolls, one should closely monitor that which is seen and, in particular, the behaviour of the people in the respective location. This allows one to draw relevant conclusions about planning problems in archi tecture and the city and landscape planning. Burckhardt pro poses that since an aesthetic experience no longer occurs auto matically, the landscape design must be able to justify itself in how it contrasts with the urban environment in terms of its properties. In line with this, the Emscher Promenade offers exciting views and makes the river space a new experience. It invites you to go for a stroll as well as to spend time there and to relax, combining nature and culture. In terms of promenadology, this represents successful planning. NL

CN

KK Kai Kolodziej, Head of Building Technology and Services & Overall Coordination Höfe Emschergenossenschaft

P— Public Hybrid Since 26 November 2021, the multipiece sculptural installation Public Hybrid by David Jablo nowski has enriched the Emscherkunstweg in DortmundSchüren at a transit location that was initially unspectacu lar, as is so often found along the Emscher river. The artist combined the contrasting materials of sandstone and plastic in a surprisingly harmonious manner. The 3D-printed ele ments and the Ruhr sandstone from nearby Sprockhövel are layered and seem to penetrate each other. At the same time, a gradient of colour in the plastic components creates associa tions with rock layers from the future? and gives an im

W—Weather In Germany everyone talks about the weather, is a frequently made observation. The worse metaphorically speaking the general weather situation, the more absurd it seems to have an extensive conversation about the current temperatures. Nevertheless, it remains a connecting element: nice weather outside improves the mood. Either way, the relationship between weather and climate can be compared to the discrepancy between moods and emotions. Sometimes one’s mood is good, even if global warming is driving us into despair in the long run, or vice versa: an emotional thunder storm can be brewing, even though there is a deep basic trust in one other. The Emscherkunstweg isn’t just worth visiting in good weather, it can also be wonderfully melancholic, espe cially in a bad mood and drizzle. BP

NL Nora Lobe, Press Assistant, Social Media Manager Emscherkunstweg, Urbane Künste Ruhr

along the Emscher river, they came up with a scenario in the film in which the earth has been abandoned by humans but is available to other living beings as a museum learning centre. In her video Suffusion of Yellow (2021), the artist Ani Schulze relates the Emscher reconstruction to cleansing rituals, heal ing and technological extensions of the body, such as hightech prosthetics. This year, Alina Schmuch will be using the technical image archive of the Emschergenossenschaft to create another film-based work, in which she will be examin ing both the topic of water infrastructures as well as the role of photography as a method for producing images. The re lease is scheduled for October 2022. All the works of art in the series Emscherkunstweg: online are available on the Emscher kunstweg website and YouTube channel.

Der Künstler Andreas Strauss formulierte 2007 die grund legende Fragestellung für die Konzeption von dasparkhotel im Rahmen der Ausstellung Maßstab 1:1. Architektur im Selbst versuch folgendermaßen: „Wie könnte dem Bedürfnis nach Rückzug und Schlaf von Reisenden am einfachsten und demo kratischsten entsprochen werden?“ Das Ergebnis dieser künst lerischen Recherche ist sein sogenanntes „Gastfreundschafts gerät“, das in der Tradition der griechischen Polis den öffentlichen Raum in der Stadt als Schutz- und Begegnungsraum für die Bürger*innen begreift, aber auch als Ort der Gast freundschaft für Fremde. Die Auseinandersetzung dazu be ruht auf der Beobachtung des Künstlers, dass sich der öffent liche Raum zunehmend zu einem Ort des Spektakels entwickle. Entweder die Orte selbst werden aktiviert oder die Menschen, die sich dort aufhalten, werden durch Event- und Konsum angebote zu kommerziellen Aktivitäten animiert. Innehalten und Rückzug sind dabei untergeordnete Aspekte der urbanen Platzgestaltung und dem Privatraum zugeschrieben. daspark hotel sollte sich nur minimal in die bestehende Stadtgestaltung einschreiben. Dafür baute Strauss handelsübliche Kanalrohr elemente aus Beton zu wohnlichen Schlafkabinen für ein bis zwei Personen aus. Per elektronischer Codeschließanlage, ähn lich wie man sie bei Schließfächern antrifft, sind diese individu ell und jederzeit für Übernachtungsgäste zugänglich an mitt lerweile drei Standorten in Österreich und Deutschland zwei davon am Emscherkunstweg im nördlichen Ruhrgebiet. Erstmals wurde dasparkhotel 2005 im Linzer Donaupark auf gestellt, um dann ein Jahr später am Rodelgelände in Ottens heim bei Linz dauerhaft seinen Betrieb aufzunehmen. Hier wurde in der Zwischenzeit eine eigens entwickelte Sanitär röhre ergänzt. Als weiterer Standort kam 2010 die ehemalige Kläranlage in Bottrop-Ebel hinzu, wo insgesamt fünf Schlaf röhren und ein Sanitärcontainer installiert wurden.

Von Beginn an war es die Idee des Künstlers, ein Netzwerk in mehreren Städten Europas mit diesen unkonventionellen UmbausundeinerGemeinwohl-ÖkonomiefolgendenUnterkünftenzuschaffen.AnderEmschergreifendieumfunktioniertenBetonrohrezugleicheinenübergeordnetenGedankendesEmscher-auf:DerehemalszuindustriellenZweckengebrauchteFlusserhältdurchdieAufstellungeineneueAufenthaltsqualitätundWirtlichkeitfürdieMenschen.DerTitel dasparkhotel kanndabeialsironischerKommentarauf kommerzielle,touris tische Erwartungen gelesen werden: Neben der niederschwel

inside-outsitedasparkhotel: Marijke Lukowicz

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Marijke Lukowicz is an art historian with focus on 20th and 21st century art. Since 2018 she works as a curator for art in public space under the artistic direction of Britta Peters at Urbane Künste Ruhr for the project Emscher kunstweg.

In 2007, artist Andreas Strauss formulated the fundamental question underlying the conceptual isation of dasparkhotel within the context of the exhibition Maßstab 1:1. Architectural Experiments as follows: “How can a traveller’s need to retreat and sleep be met most easily and democratically?” The result of this artistic research is what he calls his “hospitality tool”, which, much like in the tra dition of the Greek polis, sees public space in the city as both a shelter and a meeting place for its citizens, but also as a place of hospitality for strangers. The examination of this topic is based on the artist’s observation that public space is in creasingly becoming a place of spectacle. Either the places themselves are activated or the people who spend time there are encouraged to engage in commercial activities by means of events and product offerings. Pausing and retreating are thus subordinate aspects of designing urban public spaces and attributed instead to private space. das parkhotel should therefore register only minimal ly in the existing city design. For this purpose, Strauss used ordinary canal pipe elements made of concrete to form cosy sleeping pods for one or two people. By means of an electronic code lock system, similar to the one used for lockers, the sleeping pods are now individually accessible at any time to overnight guests at three different loca tions in Austria and Germany two of which are on the Emscherkunstweg (Emscher Art Trail) in the north of the Ruhr.

Marijke Lukowicz ist Kunsthistorikerin mit dem Schwerpunkt Kunst des 20. und 21. Jahrhunderts. Seit 2018 ist sie als Kuratorin für Kunst im öffentlichen Raum unter der künstlerischen Leitung von Britta Peters bei Urbane Künste Ruhr für das Projekt Emscherkunstweg tätig.

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Julia Lübbecke

Julia Lübbeckes transdisziplinäre Praxis umfasst skulpturale Installationen, Fotografie, Text sowie Video und performative Elemente. 2019 war sie Preisträgerin des IKOB Kunstpreis für feministi sche Kunst und 2020 Teilnehmerin des Goldrausch Künstlerinnenprojekts.

Julia Lübbeckes transdisciplinary practice includes sculptural installati ons, photography, text, video and performative elements. In 2019 she was winner of the IKOB—Art Prize for feminist art and in 2020 participant of the postgraduate program Goldrausch Künstlerinnenprojekt.

Guy Königstein

In seiner Arbeit nutzt der Künstler Guy Königstein Text, Bewegtbild, Skulptur und Rauminstallationen als Mittel, um Verstrickungen aufzulösen, Anders sein darzustellen und gemischte Gefühle zu würdigen.

Guy Königstein

Excavating through time and space the artist Guy Königstein uses text, moving-image, sculpture and spatial installations as means of unpacking entanglements, performing otherness and appreciating mixed feelings.

Guy Königstein

Textauszug aus: Serhij Zhadan, Antenne. Gedichte. Aus dem Ukrainischen von Claudia Dathe. © der deutschen Ausgabe Suhrkamp Verlag Berlin 2020.

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