
7 minute read
Gingiva-Bleaching: Pigmentierungsentfernung durch innovative Laserbehandlung
Gingiva-Bleaching ist eine zahnmedizinische Anwendung, um dunkle Stellen am Zahnfleisch zu beseitigen. Neben konventionellen chirurgischen Methoden wird als innovative Möglichkeit auch der Laser eingesetzt.
Advertisement
Seit etwa 20 Jahren werden an der Universitätszahnklinik Wien (UZK Wien) verschiedene Lasertypen erfolgreich zur Behandlung von Zahnfleischverfärbungen bei PatientInnen eingesetzt. Der Laser leistet sowohl als Diagnoseinstrument als auch als Instrument zur Behandlung der PatientInnen wertvolle Dienste. Eine große Anzahl von Laseranwendungen in verschiedenen Bereichen der Medizin wie Ophthalmologie, Dermatologie, Chirurgie und Zahnheilkunde verhelfen den Menschen zu besserer Lebensqualität. Als jüngste Entwicklung in diesem Fachbereich ist der Er:YAG-Laser zu nennen, der gegen Ende des 20. Jahrhunderts in der medizinischen Praxis Einzug hielt. Es dauerte schließlich nicht lange, bis man ihn gezielt in der Zahnheilkunde einsetzen konnte.
Zu den wichtigsten Anwendungsformen dieses Lasers gehören Ablation von Hartgeweben, Faltenglättung im Gesichtsbereich oder die Anti-SchnarchTherapie. Eine weitere Anwendung von Er:YAG-Laser ist unter dem Namen Gum-Bleaching oder Gingiva-Bleaching bekannt.
Problem Zahnfleischverfärbung
Zu einem schönen Gesicht gehört auch ein makelloses Lächeln. Dabei stellt man sich weiße Zähne umgeben von rosarotem Zahnfleisch vor. Gesundes Zahnfleisch ist ein wichtiger Teil eines schönen Lächelns. Dunkle Areale auf dem Zahnfleisch werden als ästhetisch unangenehm und störend empfunden, ganz besonders häufig leiden junge Frauen unter diesem Makel. Dies kann in manchen Fällen sogar zu psychischen oder sozialen Schwierigkeiten führen.
Melanin, Carotin und Hämoglobin sind die wichtigsten Faktoren, die zur natürlichen Farbe des Zahnfleisches beitragen können. Bei Personen mit hohem Melanin-Anteil kommt es häufig zur Bildung von dunklen Zahnfleischstellen. Gingiva-Depigmentation oder GingivaBleaching ist eine zahnmedizinische Anwendung, um diese dunklen Stellen zu beseitigen, sofern sie keine medizinisch relevante Ursache haben. Bei einer effektiven Depigmentation sollten alle dunklen Stellen von der Basalschicht der Gingiva behandelt werden. Als neue und innovative Behandlungsmethode wird neben chirurgischen Methoden auch der Laser für Gingiva-Bleaching eingesetzt. Dazu wird der Festkörper-Laser Erbium:YAG mit einer Wellenlänge von 2940 nm in Infrarot-B verwendet.
Vorteile des Laser-Einsatzes
Laserstrahlung ist ein monochromatisches gebündeltes Licht, d. h., es besitzt eine einzige Wellenlänge. Dank dieser Eigenschaft konnte durch empirische Versuche bestimmt werden, wie sich verschiedene Gewebearten wie Schmelz, Knochen, Dentin oder Zahnfleisch beim Einsatz von Lasern mit unterschiedlichen Wellenlängen verhalten. Des Weiteren ist das Laserlicht kohärent, stark fokussierbar und gerichtet. Man kann auch durch die Einstellung von Parametern wie Leistung, Frequenz oder Energie die Auswirkung des Lasers sehr genau steuern. Durch hohe thermische Entwicklung fließt bei Weichgewebebehandlung so gut wie kein Blut und es wird gleichzeitig ein Desinfektionseffekt erreicht. Die Behandlung ist also schmerzarm, sodass auch meist kein Anästhetikum benötigt wird.
Laserbehandlung in der Praxis
In den folgenden Fallbeispielen wurde bei zwei Patientinnen eine laserunterstützte Depigmentation der Gingiva durchgeführt. Zur Anwendung kam ein gepulster Festkörper-Erbium:YAG-Laser der Firma Fotona. Da die Gingiva einen hohen Prozentanteil an Wasser besitzt, wurde die gesamte Energie des Lasers an der Oberfläche absorbiert und führte so zur Ablation der Oberfläche. Damit konnte eine sehr dünne Schicht der Oberfläche abgetragen werden. Je nach Verfärbung wurden zwei bis drei Sitzungen benötigt, bis die gesamte Fläche behandelt war.
Bei den beiden beschriebenen Fällen handelt es sich um zwei Damen aus dem südlichen Teil Europas. Die Patientinnen wurden durch ihre niedergelassenen Zahnärzte an die Unizahnklinik Wien weitergeleitet. Beide beklagten sich über dunkle Verfärbungen im Bereich der Gingiva sowohl auf dem oberen als auch dem unteren Kiefer.
Vorbereitung und Behandlung
Bei den vorbereitenden Gesprächen mit den Patientinnen vor Beginn der Behandlung musste der behandelnde Arzt sicherstellen, dass es sich bei den Verfärbungen lediglich um Pigmentierungen durch hohen Melanin-Anteil handelt. Den Patientinnen wurden die Wirkungsweise und die Vorteile der Methode gegenüber anderen Methoden erklärt. Vor allem wurde darauf hingewiesen, dass es sich bei Bedarf um mehrere Sitzungen handeln könnte, die ein entsprechendes Zeitmanagement der Patientinnen erforderten. Abhängig vom Grad der Pigmentierungen waren bis zu vier Sitzungen notwendig, um ein zufriedenstellendes Resultat zu erreichen. Jede Behandlung (OK oder UK) dauerte etwa 20 Minuten. Es waren keine zusätzlichen Vorbereitungen für die Laserbehandlung notwendig. Die Patientinnen mussten lediglich während der gesamten Behandlung eine Laserschutzbrille zum Schutz ihrer Augen tragen. Die Behandlung war im Allgemeinen schmerzfrei, und es musste nur in Ausnahmefällen ein lokales Anästhetikum verwendet werden. Zwischen den einzelnen Behandlungen wurde eine Pause von etwa zehn Tagen eingehalten, damit sich das Gewebe vollständig regenerieren konnte. Während der Laserbehandlung mit Er:YAG wurde die oberste Gewebeschicht (etwa 1/100 mm pro Puls) abgetragen (siehe Bildreihe). Man kann dies genau an den grauen Verfärbungen der Oberfläche, die nach einem Laserpuls entstanden sind, beobachten. Hierbei ist kein Blut geflossen, und die Stellen waren automatisch durch die entstehende Hitze desinfiziert.
Besonderheiten der Laserbehandlung
Die Behandlung mit Er:YAG-Laser kann gegenüber den konventionellen Methoden mit vielerlei Besonderheiten aufwarten. So kann beispielsweise durch das Einstellen der Parameter wie Leistung oder Repetitionsrate eine sehr genaue Ablationsrate erzielt werden. Der Wirkungs-
Fall 1:
Patientin, 43 Jahre Anzahl der Behandlungstermine: 4 (2 OK, 2 UK) Pause zwischen zwei Behandlungen: etwa 10 Tage Gesamtzeit der Behandlung: 60 Tage Lasergerät: Fotona LightWalker AT Parameter: 5 Hz, 1,5 J/cm2, 0,5 W, ab dem zweiten Termin 5 Hz, 2 J/cm2, 0,7 W

Fall 2:
Patientin, 43 Jahre Anzahl der Behandlungstermine: 3 (2 OK, 3 UK) Pause zwischen zwei Behandlungen: 10 Tage Gesamtzeit der Behandlung: 60 Tage Lasergerät: Fotona LightWalker AT zweiten Termin 5 Hz, 2 J/cm2, 0,7 W


Parameter: 5 Hz, 1,5 J/cm2, 0,5 W, ab dem bereich des Laserstrahls ist auf eine Fläche von etwa zwei mm2 beschränkt (Spotsize), und daher kann man sich sehr genau auf das betroffene Areal beschränken.
Die Gingiva-Depigmentierung mit Laser ist im Allgemeinen sehr gut verträglich und es sind in der Regel keine nennenswerten Komplikationen zu erwarten. Patienten berichten, dass sie keine Schmerzen spüren, lediglich ein leichtes Brennen, das sich nach kurzer Zeit wieder legt. Eventuell kann das Auftragen einer Wundsalbe den Heilungsprozess unterstützen.
Wie auf den Bildern zu erkennen ist, fließt während und auch nach der Behandlung kein Blut. Dieser Effekt der Behandlung kommt besonders jenen PatientInnen zugute, die ein Blutgerinnungsmittel einnehmen müssen. Nach einer Laserbehandlung regeneriert sich das Gewebe schon innerhalb relativ kurzer Zeit.
Normalerweise benötigt man je nach Grad der Pigmentation zwei bis vier Sitzungen. ‣
Oberflächenabtrag mittels Er:YAG-Laser: Jeder dieser Kreise entspricht einem Laserpuls.
Bei dieser Bildreihe kann man die Bearbeitung der Gingiva leicht verfolgen.
Es ist auch keine Nachbehandlung notwendig und die Wirkung bleibt sehr lange aufrecht.
Nach Beendigung der 8-wöchigen Therapie wurden in den konkret beschriebenen Fällen die Patientinnen interviewt, um weitere Daten über Verträglichkeit und Beschwerden einzuholen. Zusammengefasst kann folgendes Resümee gezogen werden: • Die Behandlung selbst wurde von beiden Personen als gut verträglich bezeichnet. Sie empfanden keine Schmerzen. Es wurden nach der Behandlung keine wesentlichen Beschwerden – abgesehen von leichtem Brennen der gelaserten Bereiche – festgestellt. Die 10-tägigen Pausen zwischen den Behandlungen sind für die Regeneration ausreichend. Beide Patientinnen berichteten, dass sie ein paar Stunden nach den Eingriffen normal essen und trinken konnten. Beide Personen sind mit den Ergebnissen höchst zufrieden.
Blick in die Zukunft
Diese Form der Laserbehandlung kann prinzipiell von jedem Zahnarzt, jeder Zahnärztin, der/die eine spezielle Ausbildung für die Anwendung eines Laserge-
rätes besitzt, durchgeführt werden. Die Ausbildung ist deshalb notwendig, da es sich bei der Laseranwendung um eine völlig andere Technologie im Vergleich zu konventionellen Methoden handelt. Beim Einsatz der Lasergeräte müssen auch entsprechende Sicherheitsmaßnahmen im Vorfeld und während der Behandlung getroffen werden. Der Behandlungsraum muss für den Einsatz eines Lasers mit entsprechenden Sicherheitsvorkehrungen ausgestattet sein, und alle Personen im Raum müssen geeignete Schutzbrillen tragen.
Die Ausbildung zum Laseranwender/zur Laseranwenderin wird von der „International Society for Oral Laser Applications“ (SOLA), einer Non-ProfitOrganisation mit Sitz in Wien, angeboten. Der Leiter der Universitätszahnklinik Wien, Univ.-Prof. DDr. Andreas Moritz, ist Gründungsmitglied und Präsident der SOLA. Laserbehandlungen gehören zur täglichen Routine an der Universitätszahnklinik Wien. Das Haus führt eine LaserSpezialambulanz unter der Leitung von DDr. Markus Laky. Diese Spezialambulanz verfügt über die neuesten Lasertechnologien und die entsprechenden Räumlichkeiten, wo die PatientInnen sich professionell beraten bzw. behandeln lassen können. Darüber hinaus werden jährlich mehrere wissenschaftliche Arbeiten im Laserbereich von SpezialistInnen der Unizahnklinik Wien veröffentlicht, die einen wesentlichen Beitrag zu Weiterentwicklung der Laseranwendungen liefern.
Die Entwicklung in der Welt des Lasers geht rasant voran und wird mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass Laser wie Er:YAG in Zukunft preiswerter angeboten werden können und damit auch für ein breiteres PatientInnenfeld verfügbar sind. •
Quellen und weiterführende Informationen: 1. Dr. Kresimir Simunovic: „Die laserunterstützte Zahnmedizin in der täglichen Praxisroutine“; www.zwp-online.info/fachgebiete/laserzahnmedizin/grundlagen/die-laserunterstuetzte-zahnmedizin-der-taeglichen-praxisroutine. 2. Dolly Motisingh Rathod, Sanjyot Mulay: Comparative evaluation of ER:YAG and Nd:YAG Laser for gingival depigmentation; Journal of Dental Lasers; [Januar – June 2013; Issue 1; Vol 7].
Die Erfolgsgeschichte des Lasers
Laser steht für „Light Amplification by Stimulated Emission of Radiation“. Auf Deutsch übersetzt heißt es „Lichtverstärkung durch stimulierende Emission von Strahlung“. Laserstrahlung besteht aus Lichtpartikeln mit besonderen Eigenschaften. Der Weg von Einsteins erster Theorie zur Natur des Lichtes bis zum ersten funktionierenden Laser war sehr lang und voller Stolpersteine. Dennoch gelang es Pionieren der Lasertechnologie wie C. H. Townes und T. Maiman, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts ein mächtiges Instrument zu erschaffen, das seine Anwendungen fast in allen Bereichen der Technik, Wissenschaft und Medizin – und hier auch speziell in der Zahnmedizin – finden konnte.
Das Team
Univ.-Prof. DDr. Andreas Moritz, Klinikvorstand und Leiter des Fachbereichs Zahnerhaltung & Parodontologie Mag. Hassan Ali Shokoohi-Tabrizi, Leiter Core Facility for Applied Physics, Laser and CAD/CAM