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163 mai 2013

magazin der studentInnenschaft der universit채t bern

unser schoggileben

Verbotenes Vergn체gen 10 Die vielgepriesene Studizeit 11-12 Drittmittel: Gefahr und Chance 14 Judith Giovannelli-Blocher im Interview

16-17


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editorial

Liebe Leserinnen, liebe Leser Kürzlich an einem Poetry-Slam erzählte eine der ReferentInnen, dass sie sich letztens einen Brief geschrieben hat. Wie es ihr eigentlich gehe, ist das, was sie sich darin selbst fragte. Als Performance folgte dann ihre ehrliche Antwort darauf. Eine Ode an die Freude oder an das Leben war der Text nicht gerade, sondern eher ein Gejammer nach der alt bekannten Leier – irgendwie enttäuschend. Denn sind wir mal wirklich ehrlich: Das Leben ist schön. Gerade als Studentin oder als Student können wir das Leben ohne Hemmungen geniessen und müssen zugeben, dass es uns gut geht. Mal nur über die (scheinbar) schönen Dinge «unseres Schoggilebens» berichten wir in der 163. unikum-Ausgabe. Wie uns Werbung das perfekte und schöne Leben vorzeigt, liest du auf Seite 7. Darüber, was Studis mit ihrem Schoggileben anfangen, berichten dir Rika Koch und Nicolas Weber auf Seite 11. Auf Seite 10 findest du fünf Dinge, die das Leben schön machen, aber leider verboten sind. Und ein Interview mit Judith Giovannelli-Blocher findest du in unserer neuen Rubrik «Auf ein Wort» auf Seite 16. Carlo Bischoff unikum-Koordinator PS: Auf den Sommer hin kommt im unikum-Team der grosse Umbruch: In der Redaktion begrüssen wir neu Lea Stuber, Jasmin Stampfli, Maria Gerber und Jonathan Stauffer. Herzlich Willkommen! Zudem verlassen uns die RedaktorInnen David Streit und Damaris Burri. Weiter verlässt uns auch Milena Geiser vom SUBVorstand. Herzlichen Dank! Und schliesslich ist meine Zeit ebenfalls gekommen. Mit einem guten Gefühl übergebe ich die Koordination an Matthias Boss weiter. Ich wünsche ihm Durchhaltevermögen, diplomatisches Geschick und die nötige Prise Selbstironie.

inhalt

akzent

unisphäre

11-12 Extracurricular – Die Sonnenseite

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des Studilebens

Im Februar startete eine Handvoll ProfessorInnen den «Zürcher Appell». Darin warnen sie vor kritischen Drittmitteln aus der Privatwirtschaft, welche die Freiheit von Lehre und Forschung gefährden würden. Doch nicht alle teilen diese Sicht: Die Berner Universitätsleitung verweist auf die Vorteile der Drittmittelfinanzierung. Wir fragen bei Rechtsprofessor Markus Müller, Mitinitiant des Appells, nach, weshalb er die Unabhängigkeit unserer Unis in Gefahr sieht.

Was macht das vielgepriesene Studidasein aus? Auf der Suche nach den Sonnenseiten des studentischen Lebens, das auf verschiedene Arten fernab des Hörsaals zelebriert wird, waren wir zu Besuch bei zwei Studierendengruppierungen. 5-6

Gedanken zum positiven Denken

Hilft positives Denken? Ein Trend auf dem Prüfstand

7-8

Die Werbeflut regiert

Die Werbeindustrie zeigt uns den Weg zum schönen Leben und wie viel es kostet.

rubriken 4

Umfrage

10

Apropos...

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Die fünf

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Pinnwand

Auf welchen Studiengang wartet die Welt? Aufschieben

«Die Unabhängigkeit ist das höchste Gut der Uni»

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Zangengeburt Unifestbudget

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Brennpunkt Bildungspolitik: «Wo drückt der Schuh?»

An der ersten SR-Sitzung nach den Wahlen wurde das Unifestbudget zum Hauptthema.

Die öffentliche Vorlesungsreihe des «Collegium generale» beschäftigt sich demnächst mit der Hochschule zwischen Politik und Gesellschaft.

...schönsten, leider verbotenen Beschäftigungen

16-17 Auf ein Wort

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Frau Giovannelli-Blocher

Serviceverzeichnis KulturpartnerInnen Reinziehn Impressum Zitat vom StudentInnenrat Carte Blanche Rätsel Entdecken Was lernt man in einem Lachseminar?

titelbild: nora fluri Willst auch du für eine Ausgabe das

Titelbild des unikums gestalten? Dann melde dich beim unikum-Layout (unikumlayout@sub.unibe.ch).

unikum 163

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umfrage

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3

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bilder: david streit

«...im nebenfach elefant» Auf welchen Studiengang wartet die Welt? Wir haben für euch nachgeforscht, welche Studienrichtungen den Studis im 21. Jahrhundert noch fehlen. david streit

1 Jan Schneider

Anglistik, 21 «Ich würde wohl einen Bachelor-Minor im Gelateria-Style-Glacé-Zusammenmischen machen. 60 Punkte wären dafür ideal. Anbieten könnte man den Studiengang ebenso in Italien wie auch hier in der Schweiz, mit Austauschmöglichkeiten. Der Welt würde ich als erstes die Glacésorte caramelisierte Feige mit frischer Orange, übergossen mit Passionsfruchtsaft und gefiltert durch einen jungfräulichen Kaffeefilter schenken. Wäre nicht einmal so unwissenschaftlich.»

2 Angela Stettler

Jus, 24 «Wenn ich einen neuen Studiengang wählen könnte, würde ich humanitäre Arbeit studieren. Es müsste ein interdisziplinäres und praktisches Studium sein – denn genau dies fehlt mir momentan. Man hätte beispielsweise mehr Seminare als bei uns im Jus-Studium, würde raus ins Feld und hätte mit vielen Leuten direkten Kontakt. So etwa mit 4

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Leuten des Roten Kreuzes, die man dann in internationalen Projekten begleiten würde. Dadurch würde man nicht bloss als Fachidiot enden, sondern könnte Studium und praktische Erfahrung sinnvoll vereinen.»

3 Nicolas Wahlen

PH Bern, 23 «Spannend wäre wohl ein Bachelor in Wilderei, mit der Möglichkeit eines Masters in Grosswildjagd. In der Schweiz würde es dabei wohl nur einen Lehrstuhl geben, irgendwo im Graubünden. Vielleicht auch noch einen im Wallis. Beginnen würde man mit Problembären, Wölfen und anderem Getier in der Schweiz, für den Master würde man dann aber ins Ausland wechseln müssen. Nach Afrika beispielsweise. Dort könnte man dann beispielsweise den Master in Nashorn mit Nebenfach Elefant machen.»

4 Lea Muntwyler

Anglistik, 22 «Ein Studiengang, den es noch nicht gibt? Ich würde wohl definitiv Schweizer Kulturgeschichte und Sprachwissenschaft studieren. Ich finde, das ist etwas sehr Wichtiges in diesem Land, wird aber nirgends richtig angeboten – dabei wäre da doch Potenzial. Nach dem Studium würde ich dann wohl in der MigrosKlubschule Schweizerdeutsch unterrichten.»

5 Jonas Röthenmund

Geografie, 21 «Wenn ich könnte, würde ich einen Lebenskünstler-Bachelor machen. Heutzutage achtet man ja viel zu fest nur noch auf Leistung und studiert auf einen Job hin, wo man viel Kohle kassiert. Deshalb würde ich einen Lebenskünstler-Studiengang etablieren, der die Lebensfreude und nicht das Geld in den Vordergrund stellt. Dieser würde wohl, wie alle anderen Studiengänge auch, drei Jahre dauern – die Präsenz wäre allerdings wohl nicht so hoch. Die Kurse fänden dabei nur in den schönsten, grössten und inspirierendsten Räumen der Uni statt. Nach dem Abschluss würde man dann von Job zu Job springen, könnte alles und doch nichts richtig. Aber man wäre ein fröhlicher Mensch.»

6 Maria Baumann

Germanistik, 21 «Ein Master in ‹Wissenschaftssprache in normalverständliche Sprache übersetzen› wäre super. Hauptsächlich würde der Kurs wohl Profs betreffen, aber nicht nur. Es gibt sicher auch StudentInnen, denen dies gut tun würde. Die Zeitdauer wäre aber schwierig zu bestimmen, die könnte ich da nicht direkt sagen. Ausserdem stellte sich die Frage, ob man das an der Uni überhaupt machen könnte. Es liesse sich aber sicher eine StudentInnengruppe finden, die die Welt verändern will und dies anbieten würde.»


akzent

gedanken zum positiven denken

illustration: romy troxler

Ich denke, also bin ich. Denke ich positiv, bin ich also ein positiver Mensch? Eine simple Schlussfolgerung, die so nicht ganz zutrifft. damaris burri Positives Denken wird von allen Seiten gepredigt. Wenn du nur positiv genug denkst, lösen sich alle deine Probleme. Alles fällt dir in den Schoss: Geld, Erfolg, Selbstbewusstsein, Gesundheit und die grosse Liebe. Das klingt nach einem übertriebenen Werbeversprechen und hat bereits einige Gegner auf den Plan gerufen. Befreien wir uns vom Zwang des Positiven, wird von diesen proklamiert. Ein Hoch auf den Pessimismus. Wie immer sucht man die Wahrheit am besten irgendwo dazwischen. Viele Probleme und Störungen, die wir Menschen entwickeln, haben damit zu tun, dass wir Dinge vermeiden oder glauben, negative Zustände nicht aushalten zu können. Wir sind der Überzeugung, dass das Leben schön und gut zu sein hat. Oder wir sehen in unserer Unfähigkeit, jederzeit glücklich zu sein, ein weiteres persönliches Versagen. Wenn wir uns mit positivem Denken noch mehr unter Druck setzen, stellen wir uns offensichtlich selber ein Bein. Was für eine Erwartung wäre das auch an uns und das Leben an sich, wenn es uns immer gut gehen sollte! Selbst im Weg steht sich auch, wer unter positivem Denken das Vermeiden von allem versteht, was uns unheimlich oder unangenehm ist. Wenn wir etwas mit aller Kraft zu vermeiden versuchen, schränken wir uns damit immer ein. Wir schränken unsere Möglichkeiten ein, weil wir Handlungsalternativen von vornherein ausschliessen, um etwas Bestimmtes zu

verhindern. Dabei ist die Erfahrung wertvoll, dass wir mit schlechten Situationen umgehen, schlechte Zustände aushalten können. Pessimismus kann man allerdings genauso als Vermeidungs- oder Schutzstrategie sehen. Wir schützen uns vor zukünftigem Schmerz und vor Enttäuschung, indem wir von vornherein nichts oder sogar Schlechtes erwarten. Wir wagen nicht, weil wir scheitern können. Auch das ist eine deutliche Einschränkung, die wir präventiv vornehmen. Und dass jemand, der sich auf das Negative konzentriert, das Schöne aus den Augen verliert, leuchtet schnell ein. Im Denken verharren Unsere Gedanken konstruieren die Welt um uns; oder wenigstens unsere Wahrnehmung davon. Das ist in vielerlei Hinsicht dasselbe. Die selbsterfüllende Prophezeiung ist inzwischen in aller Munde. Nur, wo bleibt bei all dem positiven Denken das positive Handeln? Ist der Hype ums positive Denken nicht eigentlich der Versuch, einen möglichst einfachen Weg zu gehen? Ich denke die Welt um mich gut. Dann muss ich nichts tun, mich nicht verändern oder anstrengen. Aber so läuft es eben nie im Leben, wie der oder die PessimistIn sagen würde. Oder mit positivem Denken ist nicht die ganze Arbeit getan, wie der oder die RealistIn sagen könnte. Ich kann wirklich davon überzeugt sein, dass die Welt jeden Tag besser wird, aber nichts dafür tun. Wie viel nützen mir meine positiven Gedanken, wenn sie in meinem Kopf stecken bleiben? Die implizite Annahme hinter dem Konzept des positiven Denkens ist natürlich, dass positives Denken zu positiven Gefühlen und zu positivem Handeln führt. Aber ist es nicht ein bisschen künstlich, das Denken vom Rest trennen zu wollen? Ein zu starker Fokus unikum 163

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akzent

auf Gedanken kann sogar ungesund sein. Bei Depressionen kann es zu einem eigenen Problem werden, wenn jemand seine Probleme immer mit Nachdenken zu lösen versucht. Man grübelt dann auch über solche nach, die nicht damit zu lösen sind oder im Moment gar nicht gelöst werden können. Dadurch wird ein ständiges Beurteilen der Situation und der eigenen Person gefördert. Die Gedanken kreisen nur noch darum, wie weit wir vom gewünschten Zustand entfernt sind. Diese Art von Rumination (lat. für Wiederkäuen) ist natürlich kein Beispiel für positives Denken; im Gegenteil. Aber sie zeigt, dass es gefährlich sein kann, im Denken zu verharren. Denken, Fühlen, Handeln Wenn wir positiv denken, ohne zu fühlen, fehlt die Überzeugung. Viele kennen das sicher aus eigener Erfahrung. Wir können uns etwas noch so einreden, wenn die Gefühle nicht dabei sind, geht die Wirkung verloren. Wenn wir positiv denken, ohne zu handeln, bleiben wir stecken. Andererseits, wie könnten wir motiviert sein, etwas in die Tat umzusetzen, wenn wir nicht denken, dass es uns etwas bringt? Wir müssen davon ausgehen, dass unser Handeln zumindest eine positive Folge haben könnte. Oder umgekehrt: Halten wir uns all die guten Ideen und Pläne vor Augen, die Vorsätze und Taten, die nie ausgeführt werden, weil wir Zweifel haben, weil wir Negatives erwarten. Gedanken, Gefühle und Handlungen bilden eine Einheit. Sie bedingen einander ge-

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genseitig. Wichtig ist einfach, dass Fühlen und Handeln vor lauter Denken nicht vergessen gehen. Nicht nur bessern gute Gedanken unsere Körperhaltung, sondern gute Körperhaltung bessert auch die Stimmung und die Gedanken. Positives Handeln, beziehungsweise positive Erlebnisse, ziehen positive Gefühle und Gedanken nach sich. Wir sollten also nicht nur anfangen, positiv zu denken, sondern genauso heute anfangen, positiv zu handeln. Warum nicht einmal so tun, als ob ich etwas bereits beherrschte? Eine Fähigkeit erwirbt man schliesslich am besten dadurch, dass man genau das tut, was man lernen möchte. Das klingt trivial, geht aber (vielleicht genau deswegen) oft vergessen. Wir können auch dann positiv handeln, wenn wir nicht denken, dass wir dazu fähig sind. Wagen wir uns, Dinge zu tun, auch wenn wir in Gedanken nicht von einem positiven Ausgang überzeugt sind. Durch diese Erfahrung kann sich unser Denken in eine positive Richtung ändern. Und gerade dann können wir wachsen und Neues erfahren.


akzent

die werbeflut regiert

Die Werbeflut am Bahnhof Bern. bild: carlo bischoff

Für Marketing-Fachleute scheint klar, was das schöne Leben ausmacht: ihr Produkt. Obwohl wir das alle wissen und an Werbung gewöhnt sind, funktioniert sie dennoch. Und dabei gibt es immer mehr. lea stuber und carlo bischoff Wenn das Leben ein Werbespot wäre, dann könnten wir unser Glück nicht fassen. In dieser perfekten Version unseres Lebens würden wir mit George Clooney Kaffee trinken, schicke Uhren tragen, neben Roger Federer lächelnd unser Geld von der Bank abheben. Probleme? Gibt’s nicht. Sorgen? Nie gehört. Die Werbung zeigt uns das perfekte Leben als grosse Party, die nie endet. Und sie sagt uns: Das kannst du auch haben. Du kannst dir dieses Glück kaufen. Im Jahr 2013 haben die meisten Menschen der westlichen Gesellschaft keine Existenzängste mehr. Hungern und frieren muss normalerweise niemand. Wen diese Tatsache allein nicht schon rundum zufrieden macht, kann sein Dasein mit Dingen aus einer scheinbar unbegrenzten Auswahl an Produkten verschönern. Meistens geht es dabei nicht um den rein funktionalen Wert eines Produktes. Harley Krohmer, Direktor des Instituts für Marketing und Unternehmensführung an der Universität Bern, sagt: «Vielmehr steht der soziale und emotionale Nutzen im Zentrum». Niemand braucht eine Louis-Vuitton-Tasche für 600 Franken wirklich. Manche

fühlen sich damit aber besser als mit einer Tasche für 20 Franken. Das liegt nicht zuletzt an der Werbung. Krohmer erklärt: «Werbung versucht ein Produkt mit positiven Emotionen zu verknüpfen und es gegenüber anderen Gütern abzugrenzen.» Bei Louis Vuitton scheint die Werbung zu rufen: Ich bin Luxus. Kaufe mich und werde bewundert! In die Köpfe der Masse In Echtzeit informieren uns «Breaking News», wenn am anderen Ende der Welt der nächste Krieg ausbricht. Ohne Verzögerung datieren uns Journalistinnen und Journalisten auf, wenn der grosse Skandal unserer Grossbank auffliegt. Die vielen negativen Schlagzeilen sind anstrengend. Ist also Werbung eine willkommene Abwechslung? Denn nicht nur die Nachrichten informieren: Wer auf der Suche nach einem Computer ist, der erfährt dank Werbung ohne grosse Eigeninitiative viel über die neusten Produkte. Und über gesellschaftliche Problemstellen: Präventionskampagnen von Beratungsstellen wie derjenigen für Unfallverhütung (bfu) oder der Aids-Hilfe Schweiz sensibilisieren: «Slow down. Take it easy» wirbt für angepasste Geschwindigkeit im Strassenverkehr. Nackte Sportlerinnen und Sportler werben mit «Hier schützt man sich ja auch» für Verhütung – Erziehung für die Masse also. Werbung will dabei den Weg vom Fernseher oder Plakat in unsere Köpfe finden. Eindrücklich gelungen ist das einem simplen Energiegetränk: Red Bull. Verleiht bekanntlich Flügel. MarketingProfessor Krohmer erklärt den Erfolg so: «Red Bull hat es geschafft, auf eine zum Produkt passende Art Erregung unikum 163

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für die Marke zu erzeugen.» Wird durch Gefahr Angst hergestellt, entstehe gleichzeitig Erregung. Und dadurch eine starke Bindung zum Produkt. Als Felix Baumgartner am 14. Oktober 2012 aus 39 000 Metern Höhe Richtung Erde flog, übertrugen die Zuschauerinnen und Zuschauer ihre Furcht auf das Produkt, das sie mit diesem Ereignis in Verbindung brachten: Nämlich den Sponsor Red Bull. Heikel ist Werbung hingegen bei Kindern. Ein vierjähriges Mädchen, das den Schriftzug von Nutella erkennt, bevor es lesen kann – eine schöne Vorstellung für die Werbenden, kritisches Infragestellen beim Wissenschaftler «Kinder können das Gezeigte nicht reflektiert betrachten», sagt Krohmer. «Aber Produkte sollen in die Köpfe der Kinder, damit sie im Langzeitgedächtnis etabliert werden.» Nicht von ungefähr also die Frage: Bist du ein Coop- oder ein Migros-Kind? Neue Möglichkeiten im Web Wenn Werbung den wahnsinnig spannenden Film in der entscheidenden Szene unterbricht, mag sie niemand. Spuckt Google sie als Suchergebnis aus, ist das anders: «Wenn ich online einen Kredit abschliessen will und mir Google einen Link von Credit Now anbietet, stört mich das als Konsument nicht», sagt Krohmer. Hier unterbricht Werbung die Tätigkeit nicht, sondern unterstützt sie. Es verwundert nicht, dass Google im ersten Quartal 2013 mit Werbung drei Milliarden Dollar verdiente. Mehr und mehr wird Werbung durch das Internet transportiert. Äusserst erfolgreich macht das der Trinkwasserproduzent Evian: 23 Millionen Menschen haben seinen neusten Evian-Babies-Spot auf Youtube angeklickt – nach nur vier Tagen. Andererseits verlieren Unternehmen mit dem Internet die Kontrolle über ihr sorgfältig aufgebautes Image «Negative Erfahrungen können einzelne Anwender auf Youtube, Facebook oder Google mit einem Millionenpublikum teilen», erklärt Krohmer. Der Kunde kann neu die Wahrnehmung der Marke direkt beeinflussen. Wie viel Werbung brauchen wir? Der Eindruck täuscht nicht: Es gibt immer mehr Werbung. 1987 gab der Sportartikelhersteller Nike 25 Millionen US-Dollar für Werbung aus. Zehn Jahre später bereits 500 Millionen US-Dollar, wie die kanadische Journalistin Naomi Klein in ihrem globalisierungs- und werbekritischen Werk «No Logo!» vorrechnet. Krohmer führt diese Zunahme auf den höheren Konkurrenzkampf zurück: «Die Wettbewerbsintensität ist in vielen Branchen gestiegen.» Deshalb sind die Werbeausgaben der letzten Jahrzehnte stärker gewachsen als das weltweite Bruttosozialprodukt. Selbst Nichtregierungsorganisationen, die sich über Spendengelder finanzieren, schalten am Fernsehen zur Primetime aufwendige Werbespots «Wenn ein Spenderfranken dank der Werbung zehn neue generiert, wurde die Wirkung des einen Franken vervielfacht», sagt Krohmer. Auch wenn die einzelne Spendeperson enttäuscht ist, dass ihr Geld nicht direkt zu den bedürftigen Menschen fliesst. Werbung zu jeder Zeit, an jedem Ort – das ist das Abbild der unzähligen Produkte, die um unsere Gunst buhlen. 8

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Dadurch wird der öffentliche Raum zugepflastert. Gegenüber der deutschen «Zeit» sagte Werbe-Kritikerin Naomi Klein in einem Interview: «Logos werden zu Fetischen, mit denen man sich identifiziert. Marken nehmen immer mehr öffentlichen Raum ein, weil es nicht mehr um die Produkte geht, sondern um das Image, das verkauft wird.» Mit Werbung und Sponsoring dringen Marken immer stärker in Kultur, Medien und Forschung ein. Durch diesen grossen Einfluss auf das gesellschaftliche Leben prägt Werbung unsere Art zu denken. Umgekehrt wird die Werbung von gesellschaftlichen Trends beeinflusst. Sie greift sie auf und verstärkt sie. «Die Kunden erkennen, wenn ihnen eine Utopie verkauft wird», sagt Krohmer. Viele Unternehmen setzen deswegen seit einigen Jahren auf Authentizität. Der Kosmetikhersteller Dove wirbt für seine Produkte nicht mehr mit dünnen Models, sondern mit kurvigen Frauen: In einem solchen Spot erkennt der Kunde seine eigene Welt und kann sich damit identifizieren.

Ein Tag als Werbespot cb. Morgens, wenn ich aufstehe, quäle ich mich regelrecht aus dem Bett. Dabei spielt es überhaupt keine Rolle, wie viele Stunden ich geschlafen habe. Ich trotte dann immer in die Küche und nehme als erstes ein Berocca Boost für aktive Leute wie mich, die alle Herausforderungen eines turbulenten Lebens meistern wollen. Für Frühstück habe ich keine Zeit. Während ich meine Zähne mit elmex-Zahnpaste putze, welche mir einen überlegenen Kariesschutz mit Depotwirkung dank Aminfluorid und eine Remineralisation von Initialläsionen bietet, räume ich meine Sachen für den Tag in die Tasche. Dabei sind vor allem kleine Zwischenmahlzeiten unabdingbar, um die beim studentischen Denken verloren gegangene Energie wieder zurückzuholen. Ich empfehle beispielsweise ein paar Milchschnitten, denn die sind immer gut für zwischendurch oder natürlich auch ein LC1-Joghurt, denn dieses reguliert sanft und natürlich meine Verdauung. Übrigens: Die Wirkung von LC1 ist bewiesen und bestätigt! In die Tasche kommt auch mein MacBook, das ich gekauft habe, weil es das höchstauflösende Notebook der Welt ist. Meist bin ich dann schon etwas knapp dran und renne zur Bushaltestelle. An die Uni fahr ich mit dem Berner ÖV, weil ich ja schliesslich intelligent unterwegs sein will. Während ich dann so in der Vorlesung sitze, denke ich oft bereits darüber nach, wo ich zu Mittag essen will. Ich entscheide mich entweder für Coop, weils da sicher etwas für mich gibt oder aber manchmal für Migros, weil die eben doch ein M besser sind. Nach einer weiteren Veranstaltung am Nachmittag sitze ich bereits wieder im Bus nach Hause und überlege mir beim Anblick der Bénédict-Werbung, ob ich nicht doch lieber mit dem Studieren aufhören und richtig Erfolg lernen will. Zu Hause angekommen gönne ich mir nach einem harten Tag meist eine ausgiebige Dusche. Für schönes und bis zu 100 Prozent schuppenfreies Haar benutze ich Head&Shoulders. Bald treibt es mich dann ins Bett. Aber vor dem Einschlafen lese ich meist bis spät in die Nacht das unikum – ich weiss warum.


Internationales Büro

Fernweh? Da hilft ein Mobilitätsprogramm der Universität Bern

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einige bücher soll man schmecken, andere verschlucken und einige wenige kauen und verdauen. Francis Bacon

Sprechstunden: Dienstag und Donnerstag 10 bis 13 Uhr oder nach Vereinbarung Hochschulstrasse 4, 3. OG Ost, 3012 Bern BUCHHANDLUNG UNITOBLER BUCHHANDLUNG UNI-HAUPTGEBÄUDE BUCHHANDLUNG FÜR MEDIZIN

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031 631 36 11 031 631 82 37 031 631 48 10


apropos

apropos ... Aufschieben Aufgrund des schier endlosen Winters kam sie wie aus dem Nichts. So schnell und unerwartet steht sie plötzlich wieder vor der Tür: die Prüfungszeit. Für alle Aufschiebenden und «auf-den-letztenDrücker-Erledigenden», mich inklusive, beginnt die schwerste Zeit des Jahres. Wie konnte es nur wieder so weit kommen: Die bereits in den Semesterferien bestellten Bücher sind immer noch in Plastik gehüllt, unvollständige Vorlesungsnotizen liegen seit geraumer Zeit zum Nacharbeiten bereit und die ach so tollen «KKarten» wurden pflichtbewusst auf dem Nachttisch abgestellt. Sie alle haben ihren Sinn und Zweck in der Ansammlung von Staub gefunden. Vorbei der gute Vorsatz: «Dieses Mal wird alles anders». Unter StudentInnen ist die Prokrastination, so lautet der Fachbegriff für die ständige Aufschieberei, weit verbreitet. Prokra... was? Klingt wie eine Krankheit. Der Kopf rauchend vor lauter Ausrechnen, wie lange man noch Zeit hat zum Lernen, die Augen beim Anblick so vieler To-do-Zettel schmerzend und der Puls schon alleine beim Gedanken an den Prüfungstag bei 200 rasend – klingt wahrlich nicht sehr gesund. Das Studileben ein Schoggileben? Für uns Prokrastinierende sicher nicht. Zumindest nicht die 2. Semesterhälfte. Doch die AufschieberInnen sind die geborenen OptimistInnen, (fast) nie ist es zu spät noch zu beginnen und gereicht hat es ja noch immer. Jeden Tag kämpfen sie sich durch ihren Lernhaufen, wenn auch nur mit mässigem Erfolg. Deshalb ist es nun allerhöchste Zeit, einem der zahlreichen Ratgeber gegen die Aufschieberitis etwas Beachtung zu schenken. Stress wird dank einer strukturierten Planung vermieden, da man fokussierter und produktiver arbeitet und das Gelernte nicht mehr nur ins Kurzzeitgedächtnis wandert. Klingt doch eigentlich vielversprechend. Ich werde gleich Morgen damit beginnnen. Versprochen. jasmin stampfli 10

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die fünf

die fünf schönsten, leider verbotenen beschäftigungen Es gibt viele Dinge, die man gerne einmal ausprobieren möchte – wären da nicht Verbote oder gesellschaftliche Regeln, die ebendies zu verhindern versuchen. david streit 1 Die Notbremse ziehen Mit voller Fahrt fliegt der Zug über die Neubaustrecke. Man versucht sich zu beschäftigen, liest, drückt auf dem iPhone herum, langweilt sich. Und dann erspäht man den kleinen roten Griff bei der Türe. Mal ehrlich: wen juckts dabei nicht? Je länger die Fahrt dauert, desto grösser scheint er zu werden. Fies leuchtet er einem entgegen, man rutscht auf dem Sitz hin und her und stellt sich vor wie‘s wäre ... Es wäre ja keine böse Absicht – nur einmal kurz ziehen und schauen, was passiert ... leider verboten. 2 Unangemessenes Benehmen Wie oft hat man das Gefühl, am falschen Ort zu sein. Der Ort ist langweilig, die Leute sind langweilig und am langweiligsten sind die Gespräche, die sich immer früher oder später im Smalltalk verlieren. Der ideale Ausweg: sich den Spass selbst kreieren. Die Möglichkeiten sind dabei unbegrenzt. Munteres Beleidigen (hässliches Kleid, Warze auf der Nase, sie sind aber dick!), Essen herumwerfen oder gleich das ganze Tischtuch vom Tisch ziehen – alles Dinge, die man dann meistens doch nicht tut. 3 Vandalismus aller Art Eigentlich ein Thema, dessen man aufgrund der medialen Berichterstattung meist überdrüssig ist. Über die Akte pubertären Zerstörungswahns setzt man sich als zivilisierter Mensch ja gemeinhin hinweg. Und doch: auch das Zerstören hat seinen Reiz. Vom Zerschlagen von Geschirr bis zum Einschlagen einer Scheibe des Bundeshauses – zu sehen,

illustration: muriel schwaerzler wie das Chaos seinen Lauf nimmt, hat etwas ungemein Befriedigendes. Ist aber leider verboten. 4 Nacktwandern Der Gedanke, an einem lauen Sommertag befreit durch die Natur zu wandeln, wirkt ziemlich reizvoll. Kein Wunder, erfreut sich diese Beschäftigung denn auch regem Interesse. Von Seiten der Ausübenden wie auch der Medien, die auf frischer Tat ertappte Individuen gerne in den Nachrichtenspalten unterbringen. Die Beliebtheit des Nacktwanderns zeigt sich auch in diversen Internetforen, auf welchen Routen vorgeschlagen oder Erlebnisse ausgetauscht werden, sowie in Büchern wie dem Führer «Nacktwandern», wo Einsteigern wertvolle Tipps gegeben werden. 5 Nichts tun Eine Situation, die gerade wieder aktuell wird: die Prüfungen stehen vor der Türe, die Berge sonstiger unerledigter Arbeit häufen sich und die Agenda ist voller Treffen und Verpflichtungen, auf die man keine Lust hat. Wie wärs damit, einfach mal nichts zu tun? Für zwei Wochen alle Deadlines ignorieren, das Handy nicht abnehmen, nicht ins Internet und irgendwohin verreisen ... irgendwie ein erlösender Gedanke. Der aber meistens vom eigenen Pflichtgefühl wieder verdrängt wird.


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extracurricular die sonnenseiten des studilebens men und als politisch aktiver Studi rennt man meistens nur offene Türen ein. Vielen Dank, liebe 68er! Nichtsdestotrotz kann man auch heute noch «aktiv sein». Es erstaunt wenig, dass sich StudentInnen überdurchschnittlich häufig bei NGOs engagieren.

Amnesty International in Aktion an der Unitobler. bild: nicolas weber

Das Studium kann bekanntlich auch Spass machen, vor allem ausserhalb des Hörsaals, fernab der Jagd nach ECTS. Wir waren zu Besuch bei zwei studentischen Vereinen, auf der Suche nach dem vielgepriesenen Studileben. rika koch und nicolas weber Wir sind heutzutage nicht mehr Studentinnen und Studenten, sondern Studierende. Wir werden zum substantivierten Partizip degradiert. Wer gerade nicht in der Bibliothek am rumstudieren ist, wäre per Definition kein Studierender; ausserhalb des Hörsaals keine Studierende. Dabei gehören zur Studienzeit auch die Aspekte fernab der Jagd auf ECTS: «StudentInnenleben», der Begriff impliziert eine Mischung aus Engagement, Gestaltungswillen und Geselligkeit, die in dieser Form nur unter StudentInnen vorkommt. Auch heute noch wird das Studileben auf verschiedene Arten zelebriert und ist mehr als die Zeit, während der man einen Hochschulabschluss erbüffelt und nebenbei noch den einen oder anderen Soft Skill erwirbt. Sturm und Drang Mit der Welt wie sie ist unzufrieden zu sein, hat Tradition unter StudentInnen. Eine lange Tradition. Von Georg Büchner über Rudi Dutschke bis heute ist der Wunsch, die Welt ein wenig aus den Angeln zu heben, fest im studentischen Leben verankert. Bei allen emanzipatorischen Strömungen der letzten Jahrhunderte fungierten Studenten und später auch Studentinnen als ihre Speerspitze. In der Schweiz des 21. Jahrhunderts hat das studentische Engagement allerdings einen Grossteil seines subversiven Charmes eingebüsst. Die Gesellschaftskritik ist längst in der «Mitte der Gesellschaft» angekom-

Basteln mit Amnesty Im Vorfeld meines Besuchs bei der Unigruppe von Amnesty International wurde ich noch gewarnt: Man werde eine Aktion vorbereiten und darum ein wenig basteln. Da sich mein politisches Engagement bisher auf rotweingeschwängerte Debatten über Texte von Slavoj Zizek beschränkt hatte, konnte mir das mehr als recht sein. «AktivistInnen leben gefährlich» liest man im Schaufenster der Amnesty-International-Niederlassung in der Spitalgasse. Das lässt dann doch eine gewisse Erwartungshaltung entstehen. Insgesamt sieben Mitglieder der Amnesty-Unigruppe haben sich an diesem Abend eingefunden, um eine Peepshow der etwas anderen Art zu konstruieren, die dann vor der Mensa die Blicke auf sich ziehen soll. Das Material liegt bereits auf dem Tisch und die Bauanleitung aus dem Internet liegt ausgedruckt daneben. Protestformen in einer globalisierten Welt. Nicht umsonst nennt man sich Amnesty International; die Aktion veranstaltet man im Rahmen einer weltweiten Kampagne, die unter dem Titel «My body, my right» daherkommt. In der Gruppe herrscht eine unverkrampfte Heimwerkerstimmung. Man geht an jenem Bastelabend so pragmatisch an die Sache heran, als hätte man sich getroffen, um ein IKEA-Regal zusammenschrauben. «One a fuck» Im Zeitalter des medialen Overkills muss man sich auch als NGO etwas einfallen lassen, wenn man Aufmerksamkeit erzeugen will. Ein Garant für Aufmerksamkeit ist das gute alte F-Wort, was man sich auch zu Nutze machen kann, wenn man Menschenrechtsverletzungen anprangert. Getreu dem Motto «Sex sells» schneiden wir Gucklöcher in ein Tuch, die mit anzüglichen Versprechungen wie «Vögeln im Freien» beschriftet werden. Wirft man dann tatsächlich einen Blick durch eines der Löcher, wird man wider Erwarten nicht etwa Zeuge eines Ficks im Kleefeld, sondern liest Zahlen und Fakten zu Zwangsheirat, Mädchenbeschneidung und Diskriminierung von Homosexuellen. Auch eine Form von Aufklärung. Nach anderthalb Stunden ist das Werk vollbracht und die «Peepshow» im Prinzip einsatzbereit. Dass statt des «Wanna fuck?», auf das man sich geeinigt hatte, nun ein grosses «One a fuck?» das Banner ziert, scheint nicht der Rede wert. Ein kleiner Kommunikationsfehler eben, der dem Ganzen neben der provokativen auch noch eine leicht kryptische Dimension verleiht. Der Aufmerksamkeit wird das kaum abträglich sein.

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akzent

Hör mal wer da hämmert Um sicher zu gehen, dass das Resultat der handwerklichen Bemühungen auch in der Praxis funktioniert, macht sich die Gruppe spontan auf zur Unitobler, wo eine Woche später die Unterschriftenaktion stattfinden soll. Es ist einer jener lauen Abende, an denen der Frühling regelrecht aufdringlich daherkommt. Der immer noch belebte Hof der Unitobler wirkt im Abendlicht, als hätte man einen Instagramfilter über die Szenerie gelegt. Eine Nacht-und-Nebel-Aktion sähe anders aus. Doch spätestens als beim Aufbau vor der Mensa die Hammerschläge unanständig laut durch die ansonsten menschenleere Unitobler hallen, kommt ein Hauch von Aktivistenfeeling auf. Nach 50 Minuten Hämmern und Zurechtzupfen gleicht die Konstruktion annähernd der Abbildung auf der Anleitung und steht aufrecht. Inzwischen ist auch die Nacht endgültig hereingebrochen. Nur der Nebel fehlt noch. Man kann eben nicht alles haben.

men – allerdings lediglich als Gäste, nicht als Mitglieder. Das hat seine Gründe und diese seien keineswegs sexistisch, sagt Olivier Coray, Präsident der «Concordia Bern». In gemischten Verbindungen komme es naturgemäss zu romantischen Gefühlsregungen. Der interne Zusammenhalt, das A und O einer jeden Verbindung, soll nicht durch solche Romanzen, beziehungsweise deren Beendigung, gefährdet werden. Verbindung ist aber nicht gleich Verbindung. Einige haben Fechtzwang (die «schlagenden Verbindungen», deren Mitglieder an den Narben im Gesicht erkennbar sind), einige singen mehr, andere weniger und einige haben auch weibliche Mitglieder (so etwa die «Berchtoldia» zu Bern). Seit einigen Jahren gibt es auch reine Frauenverbindungen, wie die Berner Verbindung «Auroria». Da sich diese zuerst von einem Pressetrauma erholen muss, wissen wir über sie nur, dass ihr Name Morgenrot suggeriert und entsprechend die Farbe Rosa ihr Couleurband ziert.

Gaudeamus igitur! Am anderen Ende des vielfältigen universitären Vereinsspektrums angesiedelt sind die Verbindungen. Auch sie wollen die Welt verbessern. Einfach nicht so prioritär wie Amnesty und vielleicht auch nicht in ihrer Gesamtheit. Das Verbindungsleben spielt sich innerhalb seiner eigenen Welt ab. Als VertreterIn eines Studimagazins bleibt einem der Zugang zu dieser Welt allerdings erst einmal verwehrt. Nach einigem Zureden bei verschiedenen Anlaufstellen gelang es uns schliesslich doch, einen Blick hinter die wohlbehüteten Kulissen des Verbindungslebens zu werfen. Vorgefunden haben wir eine gut konservierte Vereinskultur, viel Freundlichkeit und sehr viel Bier.

«Es gäbe noch viel Potenzial» Gemeinsam ist den Verbindungen ihr Ziel und Zweck: Semester- und studienübergreifende Freundschaften aufbauen und pflegen. Ein Aspekt, der im Studileben sonst etwas zu kurz kommt, meint Coray: «An der Uni hat es so viele Menschen mit gleichen Interessen und dennoch lernt man sich wenn überhaupt nur oberflächlich kennen. Das ist schade, eigentlich gäbe es hier noch viel Potenzial.» Ob man den Regulierungen, was Kleidung, Umgangsformen und Trinktempo anbelangt, etwas abgewinnen kann, ist Geschmackssache, die positiven Nebeneffekte kann man der Verbindungsmitgliedschaft aber nicht absprechen. Ein Vorteil ist Networking, auch wenn man das in Verbindungskreisen nie so bezeichnen würde, denn das würde zu sehr nach Nutzengenerierung tönen. In einer Verbindung ist es schlichtweg normal, dass man sich gegenseitig hilft. Ehrensache. Dies kommt den Mitgliedern etwa bei der Wohnungsoder Jobsuche gelegen und zahlt sich auch in praktischen Belangen aus. So ist beispielsweise das Bier am Stamm gratis, da es von den «Altherren» (den Verbindungsmitgliedern, die nicht mehr studieren) bezahlt wird, wie eigentlich alles in der Verbindung. Diese generationenübergreifende Solidarität macht die Verbindung zum wohl Budget-freundlichsten Studierendenverein. Dass man das später einmal zurückgibt, ist selbstverständlich. Ehrensache.

Pissen auf lateinisch «Silentium!» Der Präsident hat sich aus seinem imposanten Sessel erhoben und die Tischrunde verstummt. Dann ruft er «Cantus!» und sogleich ist der Saal mit kräftigem Bariton-Gesang erfüllt. Am Stammtisch der Verbindung «Utonia» herrscht eine kollegial entspannte Atmosphäre; bierselige Gespräche, Scherze und Schulterklopfen hier und da und nostalgische Insbrunnst beim Liedersingen. Dennoch ist man nicht frei von Formzwang. Wer irgendwas will, hat dies mithilfe der passenden Redefloskeln anzukündigen (so steht «habeone tempus utile» für «ich muss mal austreten») und Getränke müssen in der Typus-gerechten Anzahl Schlücke gestürzt werden. Obligatorisch natürlich auch das Tenue: Anzug, Mütze und das quer über die Brust getragene «Couleurband» in den verbindungsspezifischen Farben. All dies verleiht dem Abend einen zeremoniellen Anstrich. Die Burschen und die Damen Als Frau werde ich galant behandelt. Die «Burschen» öffnen Türen und lassen Vortritt, rücken mir den Stuhl absitzfreundlich zurecht und schenken das Glas nach. Sogar vom Trinkzwang (den es offiziell natürlich nicht gibt) werde ich im Verlaufe des Abends befreit. Frauen sind in den meisten Verbindungen sehr willkom12

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unisphäre

«die unabhängigkeit ist das höchste gut der uni» Wenn private Unternehmen Unis sponsern, gefährde das die Freiheit von Lehre und Forschung: Dies betonen 27 ProfessorInnen im Zürcher Appell und bringen damit eine kontroverse Diskussion in Gang. Mitinitiant und Rechtsprofessor der Uni Bern, Markus Müller, stellt sich unseren Fragen. livia middendorp Es hat doch auch Vorteile, wenn die Uni mit der Privatwirtschaft kooperiert? Sie kommt so direkt zu Praxiserfahrung. Man muss hier unterscheiden: Wenn es um ein einzelnes Forschungsprojekt geht, wo ein Unternehmen von der Uni eine Expertise möchte und dafür auch bezahlt, sehe ich kein Problem. Als ForscherIn profitiere ich da schon allein von der Fragestellung und komme mit aktuellen Problemen aus der Praxis in Kontakt. Es wird meiner Meinung nach aber problematisch, wenn neue Forschungsinstitutionen oder Lehrstühle eingerichtet werden, die dann über Jahre auf einem Gebiet forschen, auf dem der Geldgeber auch seine wirtschaftlichen Interessen hat. Wie wirkt sich in diesem Fall der Einfluss von Unternehmen auf die Forschung konkret aus? Es gibt verschiedene Einflussmöglichkeiten: Erstens bestimmen die privaten Geldgebenden direkt oder indirekt die Forschungsschwerpunkte. Natürlich haben solche Einwirkungen auch hier eine gewisse Berechtigung, da die Universität dadurch unmittelbar an der Front bei der Lösung aktueller Probleme mitwirken kann. Aber die Uni Bern ist nicht nur ein Dienstleistungsbetrieb. Universitäre Forschung bedeutet auch Grundlagenforschung. Das heisst: Man muss auch nach Erkenntnissen suchen können, die nicht heute, vielleicht aber in 30 oder 50 Jahren, als wichtig erkannt werden. Als Einstein an seiner Relativitätstheorie forschte, war wohl den wenigsten bewusst, welch revolutionäre Erkenntnis sich da anbahnte. Zweitens sehe ich dort 14

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ein Problem, wo die Unternehmen bei der Besetzung des Lehrstuhles mitsprechen können. Drittens und nicht zuletzt besteht die Gefahr, dass eine innere Abhängigkeit zur Unternehmung entsteht. Studien haben gezeigt, dass sich Forschende durch die Interessen ihrer Geldgeber unbewusst beeinflussen lassen. Und zwar nicht nur in den Geistes- und Sozialwissenschaften, sondern auch in den sogenannt exakten Wissenschaften. Wieso sieht die Universitätsleitung da keine Probleme? Ich denke, die Unileitung sieht die Probleme eigentlich schon. Aber wenn sich Bund und Kanton immer mehr aus der Finanzierung der Universität zurückziehen, dann will man natürlich bei den Drittmitteln nicht auch noch Probleme schaffen. Aus meiner Sicht liegt die Herausforderung nun darin, dass man den Anschein der Unabhängigkeit nach Aussen trotzdem bewahren kann. Und eine direkte, von aussen erkennbare Verbindung von einem Unternehmen zu einer Forschungsinstitution kann diesem Anschein nun einmal schaden. Das klingt so, als ginge es Ihnen nur um den Anschein der Unabhängigkeit und nicht darum, dass die Unis auch tatsächlich unabhängig sind. Es steht tatsächlich der Anschein der Unabhängigkeit im Vordergrund. Ob einE ForscherIn wirklich unabhängig forscht, lässt sich letztlich nie feststellen. So wie wir auch bei einer RichterIn nie wissen können, ob sie sich bei ihrem Urteil von irgendetwas beeinflussen lässt. Da bewegen wir uns auf der psychologischen Ebene. Der Anschein ist aber das Kriterium, das wir noch einigermassen objektivieren können. Und es ist immer auch zu hoffen, dass hinter dem Schein sich auch etwas Sein verbirgt. Wichtig ist auf jeden Fall die Transparenz von Verträgen: Wenn man einsehen kann, wer der Uni wie viel sponsert und inwiefern ein Mitspracherecht da ist, dann ist schon einiges getan. Um den Anschein der Unabhängigkeit zu wahren, braucht es aber mehr als nur Transparenz.

Und zwar? Es ist ja kaum realistisch die Drittmittelfinanzierung in nächster Zeit zu reduzieren? Nein, das scheint tatsächlich schwierig. Man muss daher versuchen, den Drittmittelzufluss so zu gestalten, dass die Unabhängigkeit keinen Schaden nimmt. Das kann gelingen, wenn Unternehmen nicht mehr direkt Lehrstühle sponsern, sondern die Universität als Ganzes. Die Gelder werden dann intern verteilt. Parallel dazu muss aber auch der Politik begreiflich gemacht werden, dass eine unzureichende staatliche Finanzierung die Uni zwingt, entweder ihr Leistungsangebot zu reduzieren oder aber die Unabhängigkeit – ihr höchstes Gut – durch Drittmittelfinanzierung aufs Spiel zu setzen.

Markus Müller: «Die Uni Bern ist nicht nur ein Dienstleistungsbetrieb.» bild: zvg


unisphäre

zangengeburt unifestbudget

Mitglieder der grünliberalen Fraktion (glp) im StudentInnenrat (SR) der Uni Bern. bild: carlo bischoff, archiv

Die meisten Traktanden an der konstituierenden Sitzung des StudentInnerates (SR) waren für einmal reine Formsache. Ein Thema sollte jedoch wie gewohnt für verhärtete Fronten sorgen: Das Budget des Unifests. nicolas weber An der Sitzung des StudentInnenrats der Uni Bern vom 11. April kam unter anderem das Budget für das diesjährige Unifest zur Abstimmung. Die Finanzen des Unifests haben schon in der Vergangenheit für rote Zahlen und Köpfe gesorgt. Der SR liess es sich folglich nicht nehmen, das Budget des Unifests 2013 ausführlich zu diskutieren, bevor es schliesslich verabschiedet wurde. Auf Nummer sicher Denn obwohl ausverkauft, war das Unifest 2012 immer noch ein Verlustgeschäft für die SUB, wenn auch nur geringfügig. Die Erfahrungen des letzten Jahres versuchte man in die diesjährige Budgetplanung einfliessen zu lassen und so das Unifest 2013 den schwarzen Zahlen ein gutes Stück näher zu bringen. Das Resultat war ein ziemlich konservatives Budget, das praktisch keinen Raum für

grössere Einsparungen mehr bot. Doch auch wenn sich der Rat einig war, dass ein sich selbst tragendes Fest das Hauptziel sei, regte sich Widerstand gegen das vorgelegte Budget: Das sozialdemokratische Forum (sf) wollte das Budget gleich als Ganzes zurückweisen und stellte einen entsprechenden Antrag. Im Laufe der folgenden Debatte war bald nicht mehr ersichtlich, um was es der sf-Fraktion eigentlich genau ging. Spätestens nachdem der Rückweisungsantrag von einer Mehrheit des Rates abgelehnt wurde, verabschiedeten sich die meisten Fraktionsmitglieder des sf für den Rest der Sitzung gänzlich aus den Sphären des Konstruktiven und beschränkten sich auf blosse politische Taktiererei. Zeit ist Sponsorengeld Dass sich die Mehrheit der SR-Mitglieder dafür ausgesprochen haben, das Budget in seiner jetzigen Form zu verabschieden war nicht primär eine Folge eines fehlenden legislativen Gestaltungswillens, sondern schlichtweg auch eine Frage der Zeit. Man habe im letzten Jahr zu spät mit der Suche nach SponsorInnen angefangen, was einer der Gründe für das Loch in den Finanzen des Unifests 2012 gewesen sei, hiess es von Seiten der Festkoordination. Diesen Fehler will man dieses Jahr vermeiden. «In diesem Jahr ist die SponsorInnensuche bereits

in vollem Gang. Das verabschiedete Budget gibt uns Planungssicherheit», sagt Emmanuel Schweizer, Ex-SUB-Vorstandsmitglied, zum Entscheid. Wäre das Budget entsprechend dem Antrag des sf zurückgewiesen worden, hätte sich das auf die laufenden Organisationsprozesse auswirken können. «Die finanzielle Unsicherheit hätte es uns erschwert die Rahmenbedingungen für Offerten und Verhandlungen festzulegen», so Schweizer. Das Budget des Unifests 2014 soll nächstes Jahr schon in der ersten SRSitzung im Frühlingssemester behandelt werden. So soll erreicht werden, dass weder die Festkoordination (wie letztes Jahr), noch der SR (wie dieses Jahr) unter Zeitdruck stehen.

Gewählt • Miodrag Roncevic wurde neu in den SUB-Vorstand gewählt und übernimmt das Ressort Mobilität und Kultur. • Zwei Redaktorinnen für das Unikum wurden gewählt: Lea Stuber und Jasmin Stampfli verstärken neu das Redaktionsteam. • Nach der SR-Wahl galt es insgesamt 37 Kommissionen und universitäre Gremien zu besetzen.

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auf ein wort

«das ist das verrückte beim bösen man bemerkt es gar nicht» lächerlich macht, das ist eine Frucht der 68er-Jahre. Obwohl: Ich schwärme natürlich für die 68er-Jahre. Die Jugend war damals auch sehr kritisch gegenüber der Sozialarbeit, die Studierenden standen mir dann jeweils ins Büro und demonstrierten. Sie haben wahnsinnig Stunk gemacht und das war gut so.

Judith Giovannelli-Blocher: «Das heisst, man lebt nicht vergebens. Das ist schön, nicht wahr?» bild: jasmin stampfli

Judith Giovannelli-Blocher, die ältere Schwester des Alt-Bundesrats Blocher, ist Schriftstellerin, ehemalige Sozialarbeiterin und Pfarrerstochter. Das unikum traf sie auf ein Wort über die Kirche, Geld und den Geist unserer Zeit. livia middendorp Frau Giovannelli-Blocher, Sie haben sich als zweitälteste Tochter stets um Ihre neun jüngeren Geschwister gekümmert, halfen im Haushalt, waren später Sozialarbeiterin. Es scheint, das Helfen sei Ihnen in die Wiege gelegt worden. Dieser Ausdruck «in die Wiege gelegt» ist gar nicht so schlecht. Denn obwohl ich den Beruf selbst gewählt habe, glaube ich nicht, dass es meinem innersten Wunsch entsprochen hat, Sozialarbeiterin zu lernen. Schon in der Primarschule wollte ich eigentlich Schriftstellerin werden, doch mit dem Schreiben habe ich erst begonnen, als ich schon pensioniert war. Das ist sehr typisch für Frauen: Dass sie ihre Wünsche entweder gar nicht realisieren oder dann ganz spät. Denn oft kommt ihnen immer wieder etwas dazwischen. Bei mir war es unter anderem 16

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die Familie; die Geschwister, um die ich mich sehr intensiv kümmern musste. Aber wenn man Ihre Autobiografie liest, hat man den Eindruck, Sie sind für die Sozialarbeit wie geschaffen. Sie haben es ja auch sehr lange gemacht. Jaja, viel zu lange. Man bezeichnet mich ja auch immer wieder als Urmutter der Sozialarbeit, doch eigentlich war ich ihr gegenüber von Anfang an sehr kritisch eingestellt. Ich fand immer, die Leute wurden da viel mehr verwaltet, statt dass man versucht hätte, wirklich mit ihnen zusammenzuarbeiten. Auch was damals mit diesem Verdingkindern abgelaufen ist: Das ist heute fast nicht denkbar, wie das so viele Jahre möglich war. Es gab auch eine ganze Reihe von Leuten aus meinem Berufsfeld, die das mitgemacht haben. Und das ist eben genau das Verrückte beim Bösen – man bemerkt es gar nicht. Sie haben auch beklagt, dass Wörter wie «Gutmensch» heute negativ gebraucht werden. War das früher anders? Früher hat es das überhaupt nicht gegeben. Wir SozialarbeiterInnen waren zwar schlecht bezahlt und alles, wurden für unsere Arbeit aber eher bewundert. Dass man dieses Dasein für die Nächsten

Heute seien wir nicht mehr so tatkräftig, wird uns immer wieder vorgeworfen. Ich würde eher sagen mutlos. Nicht, dass ich die heutige Jugend kritisieren möchte, wir waren ja damals kein Stück besser, im Gegenteil. Aber als ich mir die letzten unikum-Ausgaben angesehen habe, da habe ich wenig Perspektiven einer Veränderung entdeckt. Vielleicht ist es auch Verzweiflung, dass alles nichts nützt, so ein tiefes Ohnmachtsgefühl. Ihr dürft einfach nicht vergessen, wie die Zustände früher zum Teil waren und wie viel sich zum Positiven verändert hat. Diese Resignation spüre ich auch in der Politik. Heute sind eigentlich alle Parteien resigniert, da herrscht ein furchtbarer Einheitsbrei von kognitiven Argumenten, es fehlt die Leidenschaft! Gerade in Ihrer Familie scheint es an Leidenschaft und Überzeugung in politischer Hinsicht nicht zu fehlen – ob nun nach links oder rechts. Einer Ihrer Grossonkel war beispielsweise auch an der Internationalen Arbeiterassoziation beteiligt. Liegt das in der Familie? Ja, das ist richtig. Ich glaube, das ist schon ein bisschen ein Merkmal. Sie sind sehr religiös aufgewachsen. Kirche und Sozialismus scheinen ja gar nicht zusammenzupassen. Was meinen Sie dazu? Das Gegenteil ist eigentlich der Fall, das geht sehr gut zusammen. Aber es hat sich natürlich dividiert, weil die Kirche, obwohl das umstritten ist, eine politische Rolle eingenommen hat. Haben Sie in einem Gottesdienst unserer Staatskirche schon mal einen Bettler gesehen? Das gibt es nicht. Doch Jesus hat ja genau mit diesen Leuten verkehrt. Und natürlich auch mit Reichen, die moralisch auf Abwege geraten sind – kurz, mit den AussenseiterInnen der Gesellschaft. Doch die Kirche, die wir


serviceverzeichnis

auf ein wort

heute haben, sollte man nicht in Grund und Boden verdammen. Denn sie ist gleichwohl noch der letzte Hort, an dem ein Leben stattfinden kann, das aus Herz, Freude und Barmherzigkeit besteht. Deshalb würde ich auch nie aus der Kirche austreten; ich wünschte mir nur, dass sie anders wird. Wie religiös sind Sie denn heute noch? (lacht) Meinen Sie wie viel Prozent? Eigentlich orientiere ich mich immer stärker an der Bibel. Aber das ist einfach meine persönliche Einstellung. Mein Mann hingegen ist Atheist und flucht über die Kirche, was er nur kann. Mit guten Gründen: Er ist in einem katholischen Waisenhaus aufgewachsen, wo sie den Jungen furchtbar drangsaliert haben. Für mich ist das immer gut zu hören, es erinnert mich daran, dass wir als Kirche eine riesige Schuld haben. Aber es gibt eben auch eine andere Kirche, die durch Dinge wie Gewerkschaften beispielsweise nicht ersetzt werden kann. Ich meine eine Kirche, die seelische Einfühlung bietet für Alte und Kranke oder Leute mit Depressionen. Sie setzten sich für das bedingungslose Grundeinkommen ein, sagen aber, heute würden Sie ein Nein in die Urne legen. Weshalb? Wenn man heute schon abstimmen würde, könnte ich nicht Ja stimmen. Denn ich denke, in den Leuten muss erst eine Haltungsänderung passieren, sonst funktioniert es nicht. Wir müssen weg vom Individualismus. Ich sehe gerade bei den Diskussionen ums bedingungslose Grundeinkommen, dass sich alle immer fragen, was es ihnen selbst denn bringen soll. Genau so scheitert das Ganze. Es braucht die Haltung: Mir geht es gut, wenn es allen gut geht. Wie dies Mani Matter gesungen hat: «Dene wos guet geit, giengs besser, giengs dene besser, wos weniger guet geit.» Es muss die Erkenntnis sein, dass es einem selbst besser geht, wenn man weniger hat und dafür die eigenen Interessen und das Leben besser mit Anderen teilt. Das ist etwas, das ich ganz tief glaube und in meinem Leben erfahren habe. Wenn das ein grösserer Teil der Gesellschaft intus hat, dann könnte man das mit dem bedingungslosen Grundeinkommen vielleicht einmal wagen. Aber ist das realistisch, eine solche Haltungsänderung? Woher soll die kommen? Eben aus der Gesellschaft! Von uns allen

und von Ihnen. Wissen Sie, es ist enorm, was ein einzelner Mensch – zumindest in einem Land wie bei uns – zustande bringen kann. Wenn man 81 ist, dann weiss man das. Gerade lese ich die Autobiografie von Nelson Mandela. Das ist unglaublich, welch eine zentrale Rolle der bei der Befreiung der afrikanischen Bevölkerung gespielt hat. Auch in der Schweiz gibt es sehr viele Leute, die beeinflussen. Auch in meiner Autobiografie habe ich geschrieben, dass der Reichtum meines Lebens in der Wirkung besteht, die andere auf mich ausgeübt haben. Das heisst, man lebt nicht vergebens. Das ist schön, nicht wahr? Klar! Geld stand ja für Sie überhaupt nie an erster Stelle. Kässeli seien Ihnen unsympathisch. (lacht) Ja, das kann man sagen, sonst hätte ich wohl etwas mehr. Denn fleissig war ich immer, sehr fleissig sogar. Ich könnte also ganz gut dran sein, aber es ist interessant, wenn man nicht darauf achtet. Ich habe nicht verschwendet, aber ich habe einfach die Prioritäten anders gesetzt. Wenn man, wie ich, jemanden aus dem italienischen Armutsmillieu heiratet, dann tritt nicht nur ein einzelner Mensch neu ins Leben. Da gibt es auch eine Familie in Italien und so merkt man schnell, dass man teilen muss, was man hat. Und das ist natürlich schön. Es ist viel schöner, dass wir hier in diesem 30-Familienhaus wohnen, als in einer Villa dort in Mörigen. Was meinen Sie, wie es da langweilig ist? Gehen Sie mal hin, das ist ganz langweilig dort.

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Rechtshilfedienst der SUB (RHD)

Kostenlose Beratung von Studierenden der Uni Bern in rechtlichen Fragen. Online Anmeldung auf der SUB-HP unter „Beratung“. http://subnew.unibe.ch/rechtshilfedienst-

Sozialfonds

Der Sozialfonds steht SUB-Mitgliedern und Mobilitätsstudierenden mit finanziellen Schwierigkeiten zur Seite.

Weitere Dienstleistungen

Freier Eintritt, kopieren, Spiralbindegerät, ...: http://subnew.unibe.ch/freier-eintritt

SUB-Gruppierungen

Liste der SUB-Gruppierungen http://subnew.unibe.ch/gruppierungen

Beratungsstellen Zur Person: Judith Giovannelli-Blocher wurde 1932 als zweitältestes von elf Kindern geboren. Sie machte eine Ausbildung zur Sozialarbeiterin und veröffentlichte 1999 ihren ersten Roman «Das gefrorene Meer». Zudem schrieb sie mehrere Sachbücher zum Thema Alter. Das jüngste Werk, ihre Autobiografie «Der rote Faden», erschien 2012. Judith Giovannelli-Blocher ist mit Sergio Giovannelli verheiratet, ein Italiener, der 1963 als Fremdarbeiter in die Schweiz kam. Auch er schrieb mit «Va’pensiero» seine Lebensgeschichte nieder. Die beiden leben heute in Biel.

Beratungsstelle der Berner Hochschulen

Beratung bei Studiengestaltung, Berufseinstieg, Lern- und Arbeitsstörungen, Prüfungsvorbereitung, persönlichen Anliegen und Beziehungskonflikten. Anmeldung im Sekretariat. Bibliothek und Dokumentation zu Studiengängen, Tätigkeitsgebieten, Berufseinstieg, Weiterbildung, Lern- und Arbeitstechniken und vieles mehr. Ausleihe: Mo–Fr 8–12/13.30–17 Uhr (Fr bis 16.30 Uhr, Mi Vormittag geschlossen) Online Studienführer Uni Bern www.studienführer.unibe.ch Erlachstrasse 17, 3012 Bern Tel. 031 631 45 51, Fax 031 631 87 16 www.beratungsstelle.bernerhochschulen.ch

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kulturpartnerInnen

mit urban music durch die nacht Der neue Kulturpartner der SUB, «Four Club», erweitert das Nachtprogramm von Bern. Das junge Team steht mit Leib und Seele hinter dem Lokal. Dies zeigt sich hinter der Bar sowie im Musikprogramm. matthias boss Seit Silvester ist die Stadt Bern um eine Ausgangsdestination reicher. Der neue Nachbar des Mad Wallstreet in unmittelbarer Nähe zum Uni Hauptgebäude öffnet jeden Freitag und Samstag seine Türen. Aus den Boxen erklingt Urban Music und wer sich nicht gerade auf der Tanzfläche die Füsse wund tanzt kann in den vier verschiedenen Themenlounges die ausgewählten Getränke geniessen. Die vielen Spiegel und Discokugeln des Vorgängers wichen einem ausgereiften Konzept. Bilder aus New York, London und Bern zieren die Wände der verschiedenen Lounges. Für zehn bis fünfzehn

Franken kann man hier bis um fünf Uhr in der Früh feiern. Ungewohnte Klänge Die meisten Gäste sind zwischen 18 und 25 Jahre alt und geniessen das etwas andere Musikprogramm, mit welchem sich der Four Club von anderen Clubs abheben will. Man spürt, dass die Veranstalter selbst DJ-Erfahrung mitbringen und darauf achten, nur technisch hochstehende und innovative DJs und DJanes zu engagieren. Die Musik steht klar im Vordergrund. Abwechslungsreiches Programm Das aufgestellte und junge Team hat den Club fest unter Kontrolle. Yanik Stebler ist mit seinen zarten 24 Jahren vor allem für das Programm und den Auftritt des Clubs verantwortlich. Er setzt meist auf lokale DJs, welche sich bestens mit Urban Music auskennen. Mit DJs wie Sir Jai, welcher unter anderem für Kool Savas auf der Bühne auflegt, sind auch immer wieder Grössen aus dem Ausland ver-

Ich

mit

handle

treten. Obwohl Livekonzerte eher selten sind, wird am 18. Mai die begabte Bernerin Azaleya im Four Club auftreten. Das Maiprogramm klingt vielversprechend und ist garantiert einen Besuch wert. Ausgewähltes Angebot Die einladend gestaltete und vielseitige Karte überzeugt. So wird Grey Goose oder Bombay Saphire Gin ausgeschenkt und der von Ludacris produzierte Cognac Conjure ist das Aushängeschild der Getränkekarte. Für die ersten fünf SUBMitglieder gibt‘s sogar gegen Vorweisen der Legi an der Abendkasse einen Gratiseintritt. Beim Anstehen kann man auch die Fassade des Clubs betrachten. Das Foto von den Morgenstunden in Bern verkürzt die Wartezeit vor dem Eingang. Gutschein: 5 Fr. Reduktion auf Eintritt, gültig bis Ende Juli 2013, nicht kumulierbar

Energie.

Mittwoch 22. Mai 2013, 20 Uhr Freitag 24. Mai 2013, 20 Uhr Französische Kirche, Bern Robert Schumann

Spanisches Liederspiel (Ausschnitte)

Johannes Brahms Zigeunerlieder

Federico García Lorca

Canciones españolas antiguas

Einojuhani Rautavaara Suite de Lorca

Mario Castelnuovo-Tedesco Romancero Gitano

Leitung Matthias Heep Vorverkauf Musikhaus Krompholz, Bern und www.ticketino.com Weitere Informationen www.unichorbern.ch

Von Tradingfloor bis Proberaum: Als Mitarbeitende/r der BKWGruppe fliesst Ihre Energie an vielen Orten. Und mit klimafreundlichem Strom aus Wasser, Wind, Sonne und Kernkraft lassen Sie täglich mehr als eine Million Menschen daran teilhaben – unterstützt von 3’000 kompetenten Kolleginnen und Kollegen. Bei der BKW-Gruppe transportieren Netzwerke nicht nur Strom, sondern auch Vertrauen, Ideen und Begeisterung. Bei Ihrem Berufseinstieg als Wirtschafter bilden Sie sich Ihr eigenes BKWNetzwerk, gestalten Geschäftsprozesse mit und wachsen an den täglichen Herausforderungen im Stromgeschäft – beispielsweise als Analyst, Business Engineer oder Trader im Energiehandel. Bewerben Sie sich jetzt – Informationen und Einstiegsmöglichkeiten finden Sie auf der zentralen Stellenbörse unserer Webseite:

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unisphäre

brennpunkt bildungspolitik: «wo drückt der schuh?» Das «Collegium generale» diskutiert in der Vorlesungsreihe im Herbstsemester 2013 über die Hochschule zwischen Politik und Gesellschaft. Interdisziplinär, öffentlich und kostenlos. helga weber «Hochschulbildung für wen?», «Bildungspolitik: wo drückt der Schuh?», «Mehr Qualität durch mehr Wettbewerb?», das sind nur einige Fragen, die bereits in den Titeln der Vorlesungen aufgeworfen werden. Die Plattform hierzu bietet die Vortragsreihe des «Collegium generale» der Universität Bern, deren Ziel es ist, die fachübergreifende

Collegium generale

Den Studierenden kann der Besuch nach bestandenem Leistungsnachweis mit 3 ECTS als freie Leistung angerechnet werden (Veranstaltungsnummer: 103727HS2013). Der Eintritt ist frei. Programmänderungen sind vorbehalten. Zeit: Mittwochs, 18.15 bis 19.45 Uhr Ort: Hauptgebäude, Raum 110 Weitere Informationen unter: http:// www.collegiumgenerale.unibe.ch 18.9.2013 Bildungspolitik: Wo drückt der

Schuh? Fabiane Reber (Vertreterin der Studierenden, SUB-Vorstand), Prof. Dr. Walter Perrig (Universitätsleitung, Vizerektorat Entwicklung), David Bleiner (Mittelbau, MVUB), Prof. Dr. Karenina Kollmar-Paulenz (VertreterIn der ProfessorInnen)

25.9.2013 Die Hochschule als liberal-demokratische Institution Prof. Dr. Eva Borst, Institut für Erziehungswissenschaft, Johannes-Gutenberg-Universität Mainz 2.10.2013 Entwicklungen und Wandel in der Hochschulpolitik Prof. Dr. Barbara Kehm, Universität Kassel

Vernetzung der Berner Forschenden und Studierenden zu fördern. Dass Bildungspolitik ein Brennpunkt ist, ist nicht neu. Die lancierte Petition für die Finanzierung der Universität oder die kürzlich stattgefundene Podiumsdiskussion über private Drittmittel im Rahmen des Aktionssemester der StudentInnenschaft der Universität Bern (SUB) sind dafür nur zwei Beispiele. Vor über zwei Jahren gab es den ersten Vorstoss der SUB, eine Vorlesungsreihe mit dieser Thematik zu organisieren. Nun ist es soweit. Die kommende interdisziplinäre Vorlesungsreihe verknüpft verschiedenste Aspekte der Bildungspolitik, die einen tagtäglich betreffen und doch so

unnahbar scheinen. Die Hochschule, kontrovers als Elfenbeinturm diskutiert, ist zwischen Politik und Gesellschaft verortet. Aber die BildungspolitikerInnen haben die Zügel in der Hand. Doch was wissen wir schon darüber, wie dies funktioniert? Politische Strukturen und Strategien müssen hinterfragt und nicht nur akzeptiert werden. Daher sollen die Themen sensibilisieren und zur Diskussion innerhalb und ausserhalb der Universität anregen. Neben der Realpolitik und den bildungspolitischen Entscheidungen liegt ein besonderes Ausgenmerk auf den Studierenden und deren Rolle in den verschiedenen Prozessen. Ganz nach der Frage «Wo drückt der Schuh?».

9.10.2013 Studienfinanzierung: Modelle, Möglichkeiten, Auswirkungen Dr. phil. habil. Edith Braun und Heiko Quast, Hochschul-Informations-System GmbH

20.11.2013 Steuerung der Hochschulen Prof. Dr. Chris Lorenz, VU University Amsterdam, Referat in Englisch

16.10.2013 Bildung und Gerechtigkeit,

27.11.2013 Die 1968er-Jahre: Auch eine

Bildungsethik Prof. Dr. Torsten Meireis, Institut für Systematische Theologie, Abteilung Ethik, Universität Bern

23.10.2013 Hochschulbildung für wen?

Argumente für mehr Chancengleichheit beim Hochschulzugang Prof. Dr. Rolf Becker, Institut für Erziehungswissenschaft, Universität Bern

30.10.2013 Mehr Qualität durch mehr Wett-

bewerb? Prof. Dr. Matthias Binswanger, Volkswirtschaftslehre, Fachhochschule Nordwestschweiz

6.11.2013 Internationalisierung und Ver-

einheitlichung der Hochschulbildung Prof. Dr. Stefan Hornbostel, Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin

13.11.2013 Mod. R. Becker: Evidenzbasierte Bildungspolitik: der Beitrag der Bildungsökonomie

Prof. Dr. Manfred Weiss, DIPF Frankfurt

Bildungsrevolution? Prof. Dr. Brigitte Studer, Historisches Institut, Universität Bern

04.11.2013 Studierende II (synchronisch, Proteste 2009) Prof. Dr. Ilse Schrittesser, Institut für LehrerInnenbildung und Schulforschung, Innsbruck 11.12.2013 Politische Steuerung und Eigendynamik von Universitäten und Fachhochschulen in der Schweiz Prof. em. Dr. Karl Weber, Zentrum für universitäre Weiterbildung, Universität Bern 18.12.2013 Podiumsdiskussion: Die Zukunft der Hochschulpolitik. Bildungspolitische Akteure in der Schweiz. Prof. Dr. Markus Müller (Zürcher Apell), Patrik Schellenbauer, Thomas Leibundgut (VSS) und weitere VertreterInnen aus Politik und Wirtschaft Moderation: Marcel Hänggi (Journalist)

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reinziehn

impressum

Das unikum ist das Organ der StudentInnenschaft der Universität Bern (SUB) und erscheint sechsmal jährlich mit einer Auflage von 10 000 Stück. Redaktion: Carlo Bischoff (cb), Damaris Burri (db), Jasmin Stampfli (js), Lea Stuber (ls) Livia Middendorp (lm), David Streit (ds), Rika Koch (rk), Helga Weber (hw), Nicolas Weber (nw), Mattias Boss (mb) E-Mail:

vorname.nachname@unikum.unibe.ch

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film

Bankrupt

Marco Ferrari, 1973

1 Phoenix Die French-Popper Phoenix haben ihr neues Studioalbum «Bankrupt» am Start. Die Landsleute von Daft Punk haben sich seit ihrem Debut «united» aus dem Jahr 2000 an die Spitze in Sachen klugem und coolem Gitarrenpop gespielt. «Bankrupt» setzt auf eine enorme Spiel- und Experimentierfreude. Man wird phasenweise durch eine bombastische Soundkulisse fast erschlagen, dabei haben die Gitarren in den zehn neuen Songs so gut wie Sendepause und dienen der Band nur noch als Füllmaterial. Stattdessen wird hier auf elektronische Elemente gesetzt. Der Synthie-Sound oszilliert, die Keyboards zirpen und darüber legt Sänger Thomas Mars seine helle, klare und sonore Stimme. Das Album kommt trotzdem sehr stimmig und süffig rüber und nach drei bis vier Hörgängen entfalten sich viele der neuen Tracks zu Mini-Hits. Ob die Franzosen nun mit «Bankrupt» die grossen Stadion-Arenen füllen werden oder ob sie weiterhin die KunststudentInnen und After-Hour-Mädchen beglücken, wird sich zeigen. Ein cooles Album ist ihnen jedenfalls einmal mehr gelungen. Gewinne eine von drei CDs! Schicke eine E-Mail mit dem Betreff «Phoenix» an: verlosung@sub.unibe.ch. Einsendeschluss ist der 05. Juni 2013.

2 La Grande Bouffe rk. Vier Freunde – ein Ziel: Gruppensuizid durch Genuss. Marcello, Michel, Philippe und Ugo sind Männer von Welt; gebildet, mit gesellschaftlich geachteten Berufen und einem entsprechend dicken Portemonnaie. Der Sinn des Lebens hat sich ihnen trotzdem noch nicht offenbart. Von der Erkenntnis getroffen, dass es ihn vielleicht gar nicht gibt, bleibt ihnen nur ein Ausweg: Selbstmord. Und zwar wollen die vier ihr Leben durch das beenden, was es bis anhin ausgemacht hat: Essen und Sex. Sie nisten sich in Philippes Villa ein, ausgerüstet mit Prostituierten und sehr viel Nahrung. Und dann hört die Handlung auch schon auf. Stattdessen kippt sie in die Inszenierung einer grossen Fick- und Fressorgie. «La Grande Bouffe» war der Skandalfilm aus den 70er Jahren, der dem Regisseur Marco Ferrari zu zweifelhaftem Ruhm und durchschlagender Bekanntheit verholfen hat. Von seinen Anhängern als erotisch-komische Kapitalismuskritik gelobt, finden andere ihn einfach nur geschmackslos und irritierend obszön. Heute hat der Film in seiner Absurdität wohl fast schon Kultstatus erreicht. Interessant ist er allemal.

Externe: Paolo Riva, tatkraft, Nora Fluri Layout und Satz: Muriel Schwaerzler, Romy Troxler Lektorat: David Egger Werbung: Simon Bühler Kontakt: buehler.simon@gmx.ch Adresse: unikum, Lerchenweg 32, 3000 Bern 9 E-Mail: unikum@sub.unibe.ch www.unikum.unibe.ch Belichtung und Druck: Haller & Jenzer, Burgdorf Nächste Nummer: unikum 164 Redaktionsschluss: 08.09.2013 Inputs und Ideen für Artikel bis: 21.08.2013 Inserate-Annahmeschluss: 21.08.2013 Erscheinungsdatum: 25.09.2013 Adressänderungen bitte wie folgt melden: Studierende: Universität Bern, Immatrikulationsdienste, Hochschulstr. 4, 3012 Bern. Angestellte: Universität Bern, Abteilung Personal, Hochschulstrasse 4, 3012 Bern Doppelzustellungen können vermieden werden, wenn bei der Abteilung Personal und den Immatrikulationsdiensten die gleiche Adresse hinterlegt ist. Rücksendungen bitte an: unikum, Lerchenweg 32, 3000 Bern 9 Abonnemente: Das unikum kann für Fr. 30.–/Jahr abonniert werden. E-Mail an:

wost@sub.unibe.ch

Zitat vom StudentInnenrat 11. April 2013

Julian Marbach (Junge Grüne) :«Es wäre schön, wenn er nicht gezwungen ist, die Diskussion zu verfolgen.» Der StudentInnenrat (SR) ist das Parlament der StudentInnenschaft der Uni Bern (SUB).

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Die Kraft liegt in der Tat die das Gedankenkarusell vorantreibt ohne bestimmte Richtung keinem Gesetz folgt vom Chaos lebt das im Nichts geboren wird und auf Haarspray pfeift.

carte blanche

Bist du kreativ und möchtest uns gerne zeigen, was du so drauf hast? Hast du eine Geschichte auf Lager, die wirklich alle hören sollten? Oder möchtest du einfach mal sagen, was Sache ist? Melde dich bei der unikum-Redaktion (unikum@sub.unibe.ch) für eine Carte Blanche und krieg den Platz, den du verdienst. unikum 163

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rätsel

finde die acht unterschiede

Schicke die LĂśsung stichwortartig

oder als Scan bis am 29. Mai 2012 an

unikumraetsel@sub.unibe.ch. Dir winkt einer von zwei Bugeno-Gutscheinen im Wert von je 40 Franken.

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entdecken

Ziel – sich selber und anderen gefahrlos etwas näher zu kommen. Das meist von Unternehmen gebuchte Seminar soll Hemmschwellen zwischen Teams abbauen, eingefahrene Probleme aufweichen oder den reibungslosen Start eines Projekts ermöglichen. Der Ablauf variiert dabei je nach Auftrag. Neben einstündigen Inputs bietet Francesco Muzio auch ganztägige Schulungen an. Bei kurzen Inputs wird den Teilnehmenden vorgängig oft nicht einmal gesagt, was sie erwartet, damit keine falschen Vorstellungen das Programm blockieren. Zu Beginn eines Lachseminars präsentiert Muzio einfach verständliche Fakten über das Lachen; er bedient sich dabei der Gelotologie (Lachwissenschaft). Diese zeigt auf, wie Lachen auf physischer und mentaler Ebene überhaupt funktioniert. In diesem Zusammenhang ist es für die Teilnehmenden wichtig zu erfahren, dass unser Gehirn nicht unterscheiden kann zwischen einem künstlichen und einem echten Lachen. In beiden Fällen fühlt es sich veranlasst, die beim Lachen üblichen Prozesse zu starten.

Francesco Muzio und seine Grimassen. bild:zvg

das etwas andere seminar Wir sind darauf getrimmt, uns immer normkonform zu verhalten. Doch was passiert, wenn wir aus diesem Schema ausbrechen? Die Möglichkeiten vom angeleiteten Lachen sind vielfältig und erfolgsversprechend. Ein herzhaftes Lachen kann entstehen und Beziehungsgrenzen neu definieren. matthias boss Ein kleines Lächeln kann schon viel bewirken. Es löst nicht nur eine oberflächliche Reaktion aus, sondern dient auch der Kommunikation und dem Stressabbau. Bis zu einer Distanz von 90 Metern kann ein breites Lächeln erkannt werden, wohingegen ein Speer aus dem römischen Reich eine durchschnittliche Reichweite von nur 60 Metern hatte. Den Parteien blieben also noch 30 Meter um sich ein Bild des Gegenübers zu machen und entweder anzugreifen oder sich - nicht nur räumlich gefahrlos etwas näher zu kommen. Das von Francesco Muzio angebotene Lachseminar verfolgt genau dieses

Nach diesem theoretischen Teil, der den Teilnehmenden gleichzeitig die Gelegenheit bietet, Vertrauen zum Leiter aufzubauen, wird zur Aktion geschritten. Francesco Muzio lädt die Anwesenden auf verschiedene Arten ein, sich nicht normkonform zu verhalten. Es kann entspannend wirken, sich in einem vorgegeben Rahmen «fallen zu lassen» und seine üblichen Verhaltensweisen für einmal zu vergessen. In einer ersten Übung etwa quasseln alle Teilnehmenden gleichzeitig vor sich hin. Der Inhalt spielt dabei keine Rolle. Schnell entsteht ein ziemliches Chaos. Da man sich auf sein eigenes Tun konzentrieren muss (man ist schliesslich mit etwas Ungewohntem beschäftigt), ist es nicht möglich, die NachbarInnen zu belauschen, was zu einer gewissen Freiheit führt, zusammen mit dem steten Gefühl der Zusammengehörigkeit. Man ist in der Gruppe und gleichzeitig privat. Eine gewisse Lockerheit macht sich sehr rasch breit und nach den ersten Hürden finden die meisten Gefallen an der Sache und möchten mehr. Diesem Bedürfnis kann durch Übungen nachgegangen werden, in denen mit Nonsens-Sprache und gespielten Emotionen jongliert wird. Die Kernübung zum Schluss ist das «Lachen auf Kommando – Fake it until you make it». Die vorhergehende Erfahrung hat den Teilnehmenden gezeigt, welch merkwürdige Verhaltensweisen sie zu spielen in der Lage sind - und so fällt es ihnen leicht, einfach auf gut Glück mit Lachen zu beginnen. Es bleibt meist nicht bei einem künstlichen Lachen, es wandelt sich in ein herzhaftes Lachen und das Ziel von Francesco Muzio ist erreicht: Der Gruppenzusammenhalt ist gestärkt, die Leute sind erstaunt über sich selber und haben unbekannte Facetten ihrer Teamkolleginnen entdeckt. Weitere Infos: www.muzio.ch

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Y L U J 1 2 18- 2013

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B U L LUGGED P C N U E L C G Y G A C T A R T N O S N T R O S R E I DONNE LACK REBEELR MKOOSHEEN V N E H C * G B S S N S I I E F T N R T E K S A G R A E IG DOUKEN! DA R T * B E T H N L T T E A O E * Z R F V77 BOMBAY ST BROILERS*HA DIE LI SANDÉ*ZNA W*ILD BELLE EME ALEX HEPBAUGRIN*E DRAGONS IM

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