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Interview des Monats

Barbara Rittner

Seit vielen Jahren ist sie so etwas wie das Gesicht des deutschen Damen-Tennis. Von 1991 bis 2004 zählte sie zu den besten deutschen Tennisspielerinnen, kämpfte sich bis auf Rang 24 der Weltrangliste vor. Sie war 1992 Mitglied des denkwürdigen, triumphalen Federation-cup-Teams um Steffi Graf und Anke Huber. Von 2005 bis 2017 fungierte sie als Federation-cup-Teamchefin, ehe sie 2017 vom DTB mit dem umfassenden Titel Head of Women’s Tennis ausgestattet wurde. Mit Recht besonders stolz ist Barbara Rittner (47) auf 52 Platzierungen im Hauptfeld eines Grand-Slam-Turniers. Eine kompetentere Gesprächspartnerin zu den French Open gibt es schon deshalb nicht.

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war es überhaupt sinnvoll, Roland garros unter den gegebenen umständen abzuhalten: im herbst statt wie sonst im frühjahr, und bei explodierenden infektionsraten in Paris? Ich denke schon und ziehe den Hut vor der organisatorischen Leistung der Veranstalter. Der Verlauf mit 1.000 erlaubten Zuschauern pro Tag statt der erhofften 11.000 war unter den gegebenen Umständen ganz okay. Profitiert davon haben die Spielerinnen und Spieler, denen die Möglichkeit geboten wurde, bei allem Verantwortungsbewusstsein in der äußerst schwierigen Situation ihren Job auf hohem Niveau auszuüben.

machte neben allen Anforderungen an die hygiene nicht auch das herbstwetter mit kühlen Temperaturen und zeitweisem Regen die french Open zu einem ganz besonderen Turnier voller überraschungen? Es gab sicher Aktive, die mit den äußeren Bedingungen nicht so gut zu Recht gekommen sind. Erschwerend für viele auch das enge Zeitfenster zwischen den US Open auf Hartplatz und Roland Garros auf dem durch die viele Feuchtigkeit oft besonders langsamen Sand. Am Ende spielten sich eben die durch, die unter den Voraussetzungen das beste Tennis geboten haben. Die daraus resultierende Spannung hat dem Turnier durchaus gut getan.

Via eurosport1 durften wir Tennisfans all dies ausgiebig verfolgen. Speziell ihre Kommentare brachten einem gerade das damentennis so richtig nahe. wie war die Resonanz darauf? Ich hoffe stark, dass die Berichterstattung von den French Open dem Tennissport grundsätzlich zu größerer Popularität verholfen hat. Die Einschaltquoten, aber auch das durchwegs positive Echo in den sozialen Medien sprechen dafür. Ich persönlich bin mit vollem Herzen und großer Leidenschaft dabei und freue mich zugegebenermaßen über jede positive Reaktion.

wie kommen Sie mit ihrem Kollegen, dem head of men’s Tennis des dTB, aus? Ohne Boris Becker Honig ums Maul schmieren zu wollen, er ist wirklich ein toller Kollege. Mit ihm über Tennis zu reden, macht Freude und ist wertvoll. Gerade diesmal während der Regenpausen mal ein Stündchen in Erinnerungen zu schwelgen und zu fachsimpeln, brachte Spaß. Ich denke, wir sind ein gutes Team, sowohl beim DTB als auch bei Eurosport, und Boris ist ganz froh, dass ich den „weiblichen Part“ beim Grand Slam kommentierend übernehme.

wie funktioniert das, 14 Tage „in der Blase“, auf engem Raum im eurosport-Studio in unterföhring? Da hat sich wirklich eine großartige Truppe zusammengefunden, mit Matthias Stach und Birgit Nössing als Moderatoren, aber auch mit den Co-Kommentatoren und Gästen. Dieser Zweitjob bei Eurosport ist mir seit 2018 regelrecht ans Herz gewachsen.

Aber jetzt zum Abschneiden der deutschen damen in Paris, für die Sie ja als head of women’s Tennis direkt zuständig sind. Da hat Laura Siegemund mit dem Erreichen des Viertelfinales das Turnier ihrer Karriere gespielt. Wie sie beispielsweise die Nummer 13 des Turniers, die Kroatin Petra Martic, niederkämpfte, war bewundernswert, auch der Sieg über drei Sätze gegen die im Ranking weit vor ihr liegende Julia Görges. Schade, dass die beiden bereits in der zweiten Runde aufeinander trafen. Angie Kerber ist mit ihrem geraden Spiel eher auf dem Hartplatz zu Hause und braucht eben länger, sich auf Sand umzustellen.

Von der Kategorie der 30+ damen zu den Juniorinnen. Vier aus dem dTB-Kader waren am Start. zufrieden? Mit denen arbeiten wir seit zwei, drei Jahren intensiv zusammen. Eigentlich will ich da nur Alexandra Vecic ein wenig hervorheben. Die hatte es ja bereits bei den Australian Open ins Halbfinale geschafft und ist jetzt immerhin bis ins Viertelfinale gekommen. Mit ihren 18 Jahren ist sie die Älteste der Vier und muss jetzt die Adaption zum Damen-Tennis schaffen. Dahinter sind mindestens noch vier, fünf andere, noch jüngere, die wir hoffentlich in Zukunft bei den Grand Slams zu sehen bekommen werden. Gerade den Jahrgang 2003 finde ich extrem stark. Im Porsche Junior Team sind die zusammengefasst, die sich immer weiterentwickeln und die wir auch in der Corona-Zeit mit Lehrgängen unterstützen. Natürlich brauchen die noch das eine oder andere Jahr. Aber ich bin da voller Hoffnung. und nun zur Turnierszene in deutschland. wie kam es dazu, dass Sie direktorin bei zwei völlig neu installierten und unmittelbar hintereinander stattfindenden 250erATP-Turnieren, also bei den männern, geworden sind? Ganz einfach: Ich war ja bereits bei den BETT1 Open in Berlin für diese Position vorgesehen. Die haben dann aufgrund Covid 19 als BETT1 Aces stattgefunden und wurden von Emotion, der Agentur von Edwin Weindörfer, organisiert. Mit ihm arbeite ich seit vielen Jahren sehr gut und vertrauensvoll zusammen. Da war es für ihn naheliegend, dass ich, auch weil ich in Köln lebe – nur einen Steinwurf weit vom Veranstaltungsort, der Lanxess Arena, entfernt – diesen Job übernehme. Das mache ich sehr gerne. Auch wenn meine ursprüngliche Idee, ein Damen- und ein Herren-Turnier ins Leben zu rufen, an der zögerlichen Reaktion der WTA scheiterte.

So kam es zu zwei herren-Turnieren in zwei unmittelbar aufeinanderfolgenden wochen an einem Ort. ihre erwartungen dazu? Das ist eine absolute Premiere, die dadurch zustande kam, weil Lizenzen aufgrund von Absagen der zu dieser Zeit eigentlich geplanten Turniere frei wurden. Die hat sich Weindörfer gesichert und ist damit meines Erachtens seiner Zeit voraus. Zwei Turniere an einem Ort hintereinander sind unter Corona-Bedingungen leichter zu organisieren. Das Beispiel wird Schule machen.

womit wir bei einem vorsichtigen Blick in die zukunft wären. was erwarten Sie vom Jahr 2021? Der Turnierkalender wird ordentlich durcheinander gewirbelt, weil viele Veranstalter schon aus wirtschaftlichen Gründen nicht in der Lage sein werden, ihre Turniere durchzuführen. Gerade der Start in die nächste Saison wird problematisch werden. So bin ich sehr gespannt, ob und wie die Australian Open im Januar stattfinden. Dort plant man ja unter anderem eine besondere Bubble, mit Anreise 14 Tage vor Turnierstart. Eines ist klar: Wir müssen uns grundsätzlich stets an die Vorgaben der Gesundheitsämter halten, uns immer mehr auf die besondere Situation einstellen. Schön wäre es, wenn auf diese Weise mehr Zuschauer in Zukunft erlaubt wären. das gespräch führte Ludwig Rembold

Abstand halten

tennis, mit Abstand der beste Sport der Welt. Zugegeben, der Slogan ist schon etwas abgenutzt, passt aber zu gut zur Pandemie und zutreffend ist er weitgehend auch. Denn Tennis ist offensichtlich nicht aufzuhalten. Ganz im Gegenteil: Immer mehr Menschen wenden sich dem Sport zu, der doch so optimal auf Distanz auszuüben ist.

Interessen-Beschleuniger waren in den letzten Wochen die beiden größten Turniere dieser Erde, die US Open und die French Open. Beide sind dank der extremen Vorsichtsmaßnahmen, trotz aller Unkenrufe, man höre und staune, komplett ohne Infizierte über die beinahe menschenleeren Bühnen gegangen. Via TV mit Hingabe präsentiert weckten sie die Freude am Tennis weltweit und dank einiger guter bis herausragender Ergebnisse (siehe Seite 8–10) speziell auch hierzulande. Für manches vorzeitig abgesagte Turnier erschienen neue auf dem Kalender, wenn’s passt, auch mal gleich zwei hintereinander, wie dieser Tage in der Lanxess Arena in Köln.

Klar, dass die Wiedergeburt des Profisports, natürlich unter Beachtung der „normalen“ Corona-Maßnahmen, auch Wirkung im Breitensport zeitigt. Ein Beispiel: Die Winterrunde des Bayerischen Tennis-Verbandes erreicht gerade Rekordzahlen. 2.287 gemeldete Mannschaften, das sind 284 mehr als in der vergangenen Saison. Ganz offensichtlich passt Tennis perfekt in eine Zeit, in der Reisebeschränkungen immer mehr Menschen dazu zwingen, ihre Freizeit möglichst im näheren Umfeld sinnvoll zu verbringen. Eine gesunde Beschäftigung mit gesellschaftlichem Hintergrund kommt da gerade recht. Und das ist Tennis, speziell als Mannschaftssport. Der organisatorische Aufwand, den die Winterrunde in den Hallen erfordert, ist gewaltig (siehe Seite 16). Ein Hoch auf die Vereinsvorsitzenden, auf die ehrenamtlichen Mitarbeiter in den Bezirken, die entsprechende Turniere und Meisterschaften bayernweit realisieren. Mit all diesen Aktivitäten können die wirtschaftlichen Folgen des Lockdowns von Frühjahr und Sommer zumindest ein wenig kompensiert werden.

Um dieses Räderwerk in Gang zu halten, um den da und dort bereits einsetzenden Mitgliederzuwachs zu intensivieren, ist es notwendig, Vorbilder zu schaffen, Aktive, die im Profisport in der Breite Aufmerksamkeit wecken. In Bayern ist man gerade dabei, die optimalen Voraussetzungen zur Förderung der Talente in der Base in Oberhaching voranzutreiben. Soeben wurde das Tennis-Internat nochmals erweitert, um hoffnungsvollen jungen Menschen ein Umfeld zu bieten, in dem sie ihrem Sport ehrgeizig nachgehen können, ohne die Bildung zu vernachlässigen. Nur so kann sich der Kreis schließen und Tennis der mit Abstand beste Sport bleiben.

Foto: Juergen Hasenkopf BAYERN TENNIS ist offizielles Organ des Bayerischen Tennis-Verbandes Inhaber, Herausgeber und Verleger: Bayerischer Tennis-Verband e. V., Im Loh 1, 82041 Oberhaching Tel. 089 628179-0, www.btv.de Präsident: Helmut Schmidbauer Objektleitung BAYERN TENNIS: Ludwig Rembold

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ISSN 0342-8915

Redaktions- und Anzeigenschluss für die november/dezemberAusgabe von BAyeRn TenniS ist der 17.11.2020