Karneval der Tiere

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Illustrationen: Ruth-Janessa Funk

Camille Saint-Saens

Karneval der Tiere Ein musikalisches Bilder-Lesebuch mit den Texten von Loriot.

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Zeichnungen zu „Karneval der Tiere“ mit Texten von Loriot © Ruth-Janessa Funk (Erstausgabe Weihnachten 1989) Neuauflage Weihnachten 2014

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F端r Ellen Frohe Weihnachten 2014 Janessa mit Kindern

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Niemand h채tte die beschwerliche Reise und den ungewohnten Kost체mzwang auf sich genommen, wenn es sich nicht um ein kulturelles Ereignis von erregender Einmaligkeit handelte: den Karneval der Tiere

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1. Königlicher March der Löwen

(Andante maestoso - Allegro non troppo - Piu Allegro)

Eine nicht mehr ganz junge Waldameise tippt dem vor ihr sitzenden Erdferkel auf die Schulter: “Entschuldigen Sie, ich kann nichts sehen, wenn Sie den Hut aufbehalten.“ Mürrisch nimmt das Erdferkel seinen Kopfputz ab, ein sperriges Flechtwerk aus Spargelkraut und Hühnerfedern. Die Ameise bedankt sich und läßt den Blick über die Urwaldlichtung schweifen. 4791 seltsam kostümierte Tiere zählt sie allein auf den Sitzplätzen der Arena, ganz zu schweigen von unzähligen Affen und Vögeln, die sich in den überlasteten Wipfeln der Bäume drängen. Soeben kommt eine leichte Unruhe auf, denn der Mond löst sich zum Zeichen des Beginns aus den Ästen des Mangobaumes.

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„Ich glaube, ich höre etwas“, sagt eine Taube, und sie hat so unrecht nicht, denn dort drüben neben dem Eingang, in den Zweigen der kahlen Eiche, setzen 64 Uhus ihre Instrumente an ... und jetzt hebt der Marabu den Taktstock ... die beiden Eichhörnchen an den Klavieren greifen in die Tasten ...

und da tritt er in die Arena, mit der ganzen königlichen Verwandschaft, seine Majestät, der Löwe ...

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2. Hühner und Hahn (Allegro moderato - Animato)

Der Löwe hat unter mäßigem Beifall zwei Runden abgeschritten und gelangweilt in die Menge gewinkt. Sodann hat er sich samt seiner Gattin, seinen drei Söhnen, einer Tochter, fünf Vettern und Cousinen sowie einer fehlfarbenen Tante auf den Ehrenplätzen niedergelassen und die Augen geschlossen.

„Kommen jetzt die Hühner?“ fragt der Fuchs seine Lebensgefährtin. „Nimm dich zusammen“, will sie sagen, aber es verschlägt ihr die Sprache.

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Eine kunstvolle,f端nf Meter hohe Pyramide aus 77 gutgewachsenen braunen H端hnern trippelt herein ... auf ihrer Spitze balanciert der Hahn im Kost端m des Kaisers Napoleon!

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3. Wilde Esel (Presto Furioso)

Die H端hner eilen erhitzt dem Ausgang zu, der Hahn nimmt starren Auges den Applaus entgegen ... und da st端rmen sechs wilde Esel in die Manege ...

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4. Die Schildkröten (Andante maestoso)

„Bravo“, applaudieren die Säugetiere, auch alle Fische, Vögel und Insekten.

Nur ein auffällig nackter Mehlwurm schüttelt den Kopf und sagt: “Ich bevorzuge das Pariser Schildkröten-Ballett ... oh, sie kommen ... sie kommen ... seht nur, wie taktvoll sie die Beine heben!“

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5. Der Elefant

(Allegretto pomposo)

Der Mehlwurm wirft den Schildkröten Kußhändchen zu. “Toll“, sagt er. Sein Nachbar, ein afrikanischer Elefant mit angeklebtem Schnurrbart, teilt diese Ansicht nicht: Einer Schildkröte fehle zum Tanz die nötige Anmut, meint er von oben herab und fügt hinzu, er kenne überhaupt nur eine einzige lebende Tänzerin von Format, seine Gattin nämlich...

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und da schwingt sie auch schon herein, in wehende weiße Schleier gehüllt, Kopf und Rüssel stolz erhoben, die Augen halb geschlossen in verhaltener Leidenschaft.

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6. Känguruhs (Moderato)

„Na, was sagen Sie nun?“ Der Elefant sieht dem Mehlwurm scharf ins Auge. Dieser möchte weder lügen noch den empfindlichen Elefenaten unnötig reizen, und so sagt er: “Tja... „ Der Elefant hat eine Erwiderung auf der Zunge,

aber ganz unerwartet hüpfen Känguruhs mit weißen Häubchen zwischen die Reihen, um Erfrischungen anzubieten.

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7. Das Aquarium (Andantino)

Ein verspätetets Nilpferd findet seinen Sitz in der elften Reihe von einem Krokodil belegt,das zu schlafen scheint. Einen Augenblick belauscht das Nilpferd die gleichmäßigen Atemzüge des Krokodils und nimmt dannvorsichtig auf dem unteren Ende des länglichen Tieres Platz.

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Inzwischen haben vier Esel ein kugeliges Aquarium in die Manege getragen. Sieben lachsfarbene japanische Schleierschw채nze schwimmen darin im Kreise und lassen silberne Bl채schen steigen, wobei sie zu l채cheln versuchen.

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8. Persönlichkeiten mit langen Ohren (Tempo ad libitum)

... Und während die Esel das Aquarium samt Schleierschwänzen von dannen tragen, singen sie eine alte Weise von Liebe, Lust und Leid.

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9. Der Kuckuck (Andante)

Ein Murmeltier hat sich die Ohren zugehalten. “Heute singt auch jeder Esel“, sagt es

und beäugt den Kuckuck im schlecht sitzenden Federkleid, der für seine Gesangsdarbietung im höchsten Wipfel des Affenbrotbaumes Platz genommen hat.

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10. Das Vogelhaus (Moderato grazioso)

Der Kuckuck ist verstummt, und es herrscht tiefe Stille.

Das Erdferkel hat verweinte Augen. Auch der Elefant ... auch das Nilpferd und der Fuchs ... die Ameise und der Mehlwurm auch ...

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„Kommt jetzt der Schwan?“ fragen drei junge Katzen. „Nein ... die Kolibris“, sagt die alte Katze ... „Seht nur ... 2000 Kolibris!“

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11. Die Pianisten (Allegro moderato)

Und ... husch ... wie sie kamen, schwirren sie davon ... schräg durch die kahle Eiche, dass die 64 Uhus sich ducken müssen ... „Kommt jetzt der Schwan?“ fragen die jungen Katzen. “Sitzt grade und haltet den Schnabel“, sagt die Alte...

„Schaut! ... Die beiden Eichhörnchen geben zwei Wasserschweinen Klavierunterricht!“

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12. Die Fossilien (Allegro ridicolo)

Noch während die Eichhörnchen und Wasserschweine zierliche Verbeugungen machen, tritt ein dicklicher Biber in die Runde.

Leider, so sagt er, finde der Gesang der Fossilien nicht wie vorgesehen statt. Das hohe Alter des einst weltberühmten Gesangsquartett man spreche von mehreren Millionen Jahren - habe es an der Reise gehindert. Zum Glück jedoch seien die 64 Uhus bereit, die FossilienSchlager auf ihren Instrumenten vorzutragen. Er wünsche angenehme Unterhaltung. „Kommt jetzt der Schwan?“ fragen die jungen Katzen. „Pscht!“ sagt die Alte.

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13. Der Schwan (Andantino grazioso)

Nach freundlichem Beifall, vornehmlich aus den Reihen älterer Leguane, Nashörner und Schildkröten, nähert sich das Fest dem Höhepunkt: 29 Maulwürfe haben ein Bachbett vom nahen Urwaldsee bis zum Rande der Manaege gewühlt ... und nun löst der Biber das versteckte Wehr ... gänzlich unerwartet wächst ein Teich inmitten der verblüfften Festgemeinde ...

und da kommt der Schwan hereingeglitten ... im Mondlicht silberweiß ... geschmückt mit duftenden Hibiskusblüten ... „Ein eitler Schwachkopf“, sagt der Fuchs. Doch niemand hört es ...

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14. Finale (Molto allegro)

„Da capo!“ applaudiert ein gesprenkeltes Kaninchen ... aber das Fest ist zu Ende. Schon gibt der Löwe das Zeichen zum Aufbruch. Der Marabu hebt noch einmal den Taktstock ... die Eichhörnchen greifen in die Tasten ... die Uhus fallen ein ...

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der Löwe schreitet dem Ausgang zu ... und mit ihm die Elefanten und Erdferkel, die Biber, Ameisen, Mehlwürmer, Maulwürfe, Känguruhs, Katzen und Schildkröten, die Esel, Hühner, Füchse und Kolibris ... hüpfend und tirilierend entschwinden sie hinter Bäumen und Bergen, woher sie gekommen waren.

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eitlebens hat Loriot eine besondere Vorliebe für die klassische Musik und die Oper gehabt.Hier hatten es ihm vor allem die Werke Richard Wagners angetan mit denen er sich intensiv beschäftigte und zu denen er verschiedene Texte verfasste.

Aber auch andere Komponisten beflügelten seine Fantasie. Einer davon war der Franzose Camille Saint-Saëns, zu dessen Komposition „Karneval der Tiere“ er 1985 einen in bester Loriot‘schen Art niveau- und humorvollen Text schrieb. Den „Karneval der Tiere“, mit dem Untertitel „Grande fantaisie zoologique“, komponierte Camille Saint-Saëns im Januar 1886 in einem kleinen österreichischen Dorf. Hier verarbeitete er in nur wenigen Tagen frühe Skizzen zum Carnaval, die aus einer Zeit stammten, als er noch als Klavierlehrer tätig war (1861/65). Die Gelegenheit, das Werk jetzt niederzuschreiben, war ein Konzert, das der damals bekannte Cellist Charles Lebouc alljährlich am Fastnachtsdienstag gab. Am 9. März 1886 wurde der „Karneval der Tiere“, mit Camille Saint-Saëns und Louis Diémer als Pianisten, uraufgeführt. Dir musikalische Suite für Kammerorchester mochte er aber dann doch nicht veröffentlichen, fürchtete er doch um seinen Ruf. Denn abgesehen davon, dass er in den Stücken allerlei Tierrufe durch die Instrumente imitierte, hatte er zudem mehrere seiner Berufskollegen (Jacques Offenbach bei den „Schildkröten“ und Berlioz beim „Elefant(en)“) veralbert. Auch Rossini bleibt nicht verschont, indem eine seiner Arien unter den Fossilien parodiert erscheint. Die Komponisten waren zwar zu dem Zeitpunkt schon tot und hätten es ihm nicht verübeln können, gleichwohl mochte Saint-Saëns niemanden und demnach auch deren Bewunderer nicht verärgern. So erschien das Werk bei seinem Verleger Jacques Durand erst nach seinem Tode (16. Dezember 1921), und die erste postume Wiederaufführung des Werkes erfolgte zur Karnevalszeit am 25. Februar 1922 unter der Leitung von Gabriel Pierné in Paris. Das Werk, ohne Opuszahl, hat vierzehn kleine Sätze und dauert 22 - 25 Minuten.

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