Die Klosterkirche in Frauenprießnitz Frauenprießnitz feierte 1996, der ersten urkundlichen Erwähnung des Dorfes im Jahre 1196 folgend, sein 800-jähriges Bestehen. Der Ort, früher Bressinze, Briesnitz und Prysnitz, „hat seinen Namen nach dem früher daselbst vorhandenen (Frauen)-Kloster, dem heiligen Mauritius geweiht. Über die Gründung desselben sind sichere Nachrichten nicht zu finden“, schreibt der Historiker Paul Lehfeldt. Vermutlich bestand es noch nicht lange, als die Herren von Prießnitz und von Mücheln, wie urkundlich belegt, 1250 den Zisterzienserinnen das Patronat über die Klosterkirche übertrugen. Später kamen die Schenken von Tautenburg nach Frauenprießnitz und ließen sich hier ein Schloss bauen. Der Legende nach karrten die Fröner dazu Steine von der Tautenburg hinab in den Hirschgrund und hinauf zum neuen Standort. Das Kloster litt 1525, wie das Dorf, unter den Verwüstungen des Bauernkrieges. Damals lebten hier noch vier Nonnen. Erst lange nach der Reformation, Anfang des 17. Jahrhunderts, ließ Agnes, Gemahlin des Schenken Burkhardt, die Kirche wieder herstellen. Im Dreißigjährigen Krieg, am 17. Mai 1638, äscherten die Schweden das ganze Dorf samt Kirche ein. Alle Dokumente verbrannten, auch die Orgel fiel dem Feuer zum Opfer. Obwohl nun völlig verarmt, wollte Christian zu Tautenburg „St. Mauritius“ offenbar unverzüglich wieder aufbauen. Zumindest gibt es Rechnungen über zwei Glocken, 1639 bestellt, die die Frauenprießnitzer in den 40-ern aufhängten und über zehn Jahre hin abstotterten. Eine dieser Bronzeglocken läutet heute noch. Die zweite, zweckentfremdet für den I. Weltkrieg eingeschmolzen, wurde 1921 durch eine Stahlglocke ersetzt. Christian verstarb 1640 als Letzter des Adelsgeschlechts der Schenken zu Tautenburg. Er fand neben elf seiner Vorfahren und ihren Gemahlinnen in der unterirdischen „Schenkengruft“ seine letzte Ruhestätte. Sie befindet sich unter der Begräbnishalle an der Nordseite des Kirchenschiffs. Von diesem aus durch drei kunstvoll geschmiedete Flügeltüren zwischen den Säulen zugänglich. Früher verdeckte die Treppe zur unteren von einst zwei Emporen, die obere verschwand um 1900 bei einem weiteren Umbau, weitgehend das schöne Renaissancegitterwerk. Als der Frauenprießnitzer Tischlermeister, Orgelbauer und Kantor Siegfried Schenke 1978 die Rettung des verfallenden Kirchengebäu-
des, insbesondere des Chores, und die grundhafte Restaurierung des Innenraumes in die Hand nahm, erwies sich auch die verbliebene Empore als morsch. Da lag es nahe, nur noch die Orgelempore neu zu gestalten und den Aufgang dazu an die westliche Giebelwand zu verlegen. Dem stand die Orgel im Wege. Eines von drei verbliebenen Instrumenten des Blankenhainer Hoforgelbauers Adalbert Förtzsch, geschaffen um 1877. Schon lange hatte Siegfried Schenke die Vision, die Kirche zu einem „kleinen Mekka“ für Organisten und Freunde der Orgelmusik zu machen und dafür eine Orgel zu schaffen, besonders schön anzusehen und mit ganz besonderem Klang. Jetzt, da er die „alte“ für die neue Empore nebst Aufgang abbauen musste, ergab sich dazu die Gelegenheit. Er erwarb dazu zielstrebig historisches Pfeifenmaterial von abgetragenen oder umgebauten Orgeln aus Kirchen in Naumburg und Römhild sowie aus dem Volkshaus Jena. Das Schicksal versagte es ihm jedoch, seine Idee selbst zu verwirklichen. Er starb tragisch früh, am 25. Oktober 1983 – kurz vor der Kirchenweihe. Wie aus einer Vorahnung heraus legte er bereits beim Abbau der Förtzsch-Orgel seinem Sohn Thomas ans Herz: „Falls mir etwas passieren sollte, musst du zusehen, dass d u die Orgel wieder aufbaust.“ Durch die Übernahme der väterlichen Tischlerei und den Geldwertwandel war für Thomas Schenke daran zunächst nicht zu denken: „Ein Wiederaufbau der alten Orgel wäre mit einigen Umbauten an der Empore sicher in etwa zwei Jahren möglich gewesen, kam aber für mich in Anbetracht schon aufgewendeter gedanklicher Arbeit, Zeit, Materialien und letztlich auch eigener finanzieller Mittel nicht in Frage. Ich wollte die Vision meines Vaters verwirklichen.“ 15 Jahre später nahm diese dann Schritt für Schritt sichtbar Gestalt an. Nach Zustimmung des Denkmalamtes, gemeinsam mit dem Großolbersdorfer Orgelbaumeister Georg Wünning während des Schaffensprozesses weiterentwickelt, entstand eine Orgeldisposition, die zuletzt über 53 Register auf drei Manualen mit Pedal und eine rein mechanische Traktur verfügte. Unter Verwendung der Register der FörtzschOrgel, der anderswoher erworbenen und einer großen Menge neu angefertigter Pfeifen, insbesondere für den Orgelprospekt. „Allein der Anblick einer Orgel muss schon Musik sein - ohne auch nur einen
Ton zu hören“, war Thomas Schenke überzeugt und schuf in den folgenden zehn Jahren ein einzigartiges kunsthandwerkliches Meisterstück, das der Frauenprießnitzer Restaurator Jürgen Seifert farblich gestaltete, mit „Goldrand“, und die Bildschnitzerin Alexandra Krause mit Posaunenengeln romantisch verzierte. Die originelle Anordnung mit zentralem Hauptwerk, seitlich flankiert durch die Pedaltürme, verleiht der Königin der Instrumente eine wahrhaft majestätische, Andacht gebietende Ausstrahlung. Ihr Anblick in der Stille des Kirchenraumes lässt tatsächlich ihren singenden, jubilierenden, brausenden Klang erahnen. Den Klang von sage und schreibe 3403 Pfeifen, die kleinste 6,8 cm kurz und die größte 4,98 m lang. Ergänzt durch Schwellwerk, Zimbelstern, Vogelschrey und Trommel. Siegfried Schenke pflegte als Kantor die kirchenmusikalische Tradition bereits in den 60-er Jahren, sein Sohn belebte sie seit der Kirchenrenovierung. Mit dem Gedanken an d i e neue Orgel. Der Jenaer Singkreis unter KMD Horst Fröhlich eröffnete im Juni 1984 eine lange Reihe von Konzerten. Die Kollekte von 275 Mark bildete den Grundstock für den Orgelfonds, der bis zum Beginn der Arbeiten 1998 auf 14 308 DM wuchs. Er wuchs weiter dank der Musiker, die die Konzerteinnahmen dem Fonds überließen, dank vieler Spender, dank großzügiger Unterstützung durch Denkmalpflege, Stiftung Denkmalschutz, Landeskirche und weltliche Gemeinde. Es gibt kaum eine Familie im Dorf, die keinen „Stifterbrief“ für eine ganz bestimmte kleine oder große Orgelpfeife erwarb. So kamen die 250 000 € zusammen, die die Orgel schließlich kostete. Fachleute schätzen ihren Wert auf 1.2 Millionen. Der entstand durch das begeisternde Engagement und Können der Schenkes, der Seiferts und ihrer Mitstreiter. Auch das zahlreicher Organisten, die den Weg der Orgel über zehn Jahre aktiv begleiteten. Neben dem Orgelfest finden in jedem Jahr weitere zehn bis fünfzehn Konzerte für Orgel solo, mit verschiedenen Soloinstrumenten oder mit Chören statt. Mit Organisten aus Thüringen, aus anderen Bundesländern, Europa und den USA. Auf einer großen Orgel im „kleinen Mekka“ der Orgelmusik, in Frauenprießnitz.
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