Luft- und Raumfahrt - think ING. kompakt 12/2025 | 01/2026

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Dein Einblick in die Welt der Ingenieur*innen LUFT- UND RAUMFAHRT kompakt magazin

Ein Studium für alle, die hoch hinaus wollen

Wie Ingenieurwesen ins All fliegt

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Die Technik ist gelandet!

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Einsteigen, anschnallen, abheben – Fliegen ist für viele von uns Alltag. Dahinter steckt jedoch Technik, die sich seit dem ersten Motorflug 1903 enorm weiterentwickelt hat. Heute erreichen wir in kurzer Zeit andere Kontinente und erforschen mit Raketen und Sonden andere Planeten. Wie funktioniert das?

In dieser kompakt erfährst du es! Außerdem stellen wir Dr. Niklas Houba vor, der an der ETH Zürich das Weltall erforscht, und Milena Saathoff, die in Hamburg Flugzeugbau studiert.

Wie Ingenieurwesen ins All fliegt

Von der Luft- und Raumfahrt in die Weiten der Forschung:

Dr. Niklas Houba verbindet Technik, Wissenschaft und Verantwortung an der ETH Zürich

Hoch über Zürich mit weitem Blick über die Stadt steht das beeindruckende Hauptgebäude der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, kurz ETH. Historische Mauern treffen auf modernen Forschergeist. Das ist kein Ort, an dem Wissen stillsteht. Wo früher Albert Einstein studierte, arbeitet heute ein junger, wissenshungriger Astrophysiker mit Ingenieurs-Know-how, Dr. Niklas Houba. Die Astrophysik und Raumfahrt liegen nah beieinander, ein großer Vorteil für ihn, wie er später erklärt. Seine Forschung an Gravitationswellen öffnet nicht nur ein neues Fenster ins All, sondern auch in die Zukunft der Technik, wo Physik und Ingenieurwesen ineinandergreifen.

think ING./ Simon Kramer

ZWISCHEN ERDE UND UNIVERSUM

Wenn Niklas über Gravitationswellen spricht, leuchten seine Augen. Für viele weit weg, für ihn Realität, in die er uns mitnimmt. Schon während seiner Promotion bei Airbus am Bodensee war er Teil der LISA-Mission (Laser Interferometer Space Antenna), einem Projekt der Europäischen Weltraumorganisation ESA. Ziel der LISA-Mission ist es, einen Gravitationswellendetektor zu entwickeln, der das Unsichtbare sichtbar machen soll: „Gravitationswellen sind Krümmungen in der Raumzeit, ausgelöst durch gewaltige kosmische Ereignisse, zum Beispiel zwei Schwarze Löcher oder Neutronensterne, die umeinanderkreisen und verschmelzen“, erklärt Niklas in einfachen Worten.

FORSCHUNG, DIE GRENZEN VERSCHIEBT

Wie das funktioniert? Durch ein bis ins kleinste Detail ausgerechnetes System: Der Gravitationswellendetektor besteht unkompliziert gesagt aus drei Satelliten. Diese fliegen als Dreieckskonstellation gemeinsam um die Sonne und auf jedem von ihnen schweben zwei Testmassen frei im Raum, abgeschirmt von äußeren Störungen. Mithilfe von Laserinterferometrie, einer Messmethode, die Laserstrahlen verwendet, werden winzige Abstandsänderungen zwischen den Satelliten gemessen, die eine Folge von durchlaufenden Gravitationswellen sind. Hier gilt höchste Präzision, nur dann gelingt das Unglaubliche, weiß Niklas: „Gravitationswellen verraten uns etwas über den Weltraum, das kein Teleskop der Welt sichtbar machen kann. Sie ermöglichen uns einen neuen Blick auf das Universum, in Bereiche, die uns bisher verschlossen waren.“

EIN WEITER RAUM VOLLER INDUSTRIE UND WISSENSCHAFT

Schon als Kind begeistert von Raketen und Technik, entschied sich Niklas für ein Maschinenbau- sowie Luft- und Raumfahrtstudium an der RWTH Aa-

chen. „Mir hat gefallen, dass man erst einen Überblick bekommt und sich dann spezialisieren kann.“ Bei Airbus schrieb er seine Bachlor- und Masterarbeit sowie seine Promotion. Insgesamt fünf Jahre arbeitete er dort auf der ingenieurwissenschaftlichen Seite der LISA-Mission. „In der Promotion ging es darum, das Gerät so zu bauen, dass alle wichtigen Vorgaben erfüllt werden. Jetzt bin ich auf der anderen Seite tätig: Ich entwickle Methoden, um aus den Messdaten astrophysikalische Informationen zu gewinnen, also aus den Laserinterferometersignalen Rückschlüsse auf die Quellen der Gravitationswellen zu ziehen“, erzählt er stolz.

AUF EINER NEUEN UMLAUFBAHN

Der Wechsel an die ETH war bewusst. „Ich wollte wissen, wie Forschungsalltag an der Uni aussieht aber weiterhin Teil dieser spannenden Mission sein.“ Heute arbeitet Niklas als Physiker, obwohl er Ingenieurwissenschaften studiert hat – gar kein Problem. Zwischen Lehre, Simulationen und Analysen erlebt er täglich, wie Technik und Physik harmoniert. „Eine Gemeinsamkeit zwischen Industrie und Forschung ist die Vielseitigkeit. Der Unterschied ist der Fokus: In der Industrie zählt das Wirtschaftliche, an der Uni dagegen kann man Themen mit

mehr Zeit in größerer Tiefe bearbeiten. Der Kontakt zu den Studierenden, mein Wissen weiterzugeben, macht mir besonders Spaß“, betont der Forschungs-Fan.

AUF EIGENER MISSION

Für Niklas war das Ingenieurstudium der richtige Start: „Wegen der Themenvielfalt, der guten Jobaussichten und der Möglichkeit, im In- und Ausland zu arbeiten. Ich habe Luft- und Raumfahrt studiert und bin jetzt in der Astrophysik gelandet. Das Ingenieurwesen bleibt mir dabei offen.“ Auch wenn seine Arbeit in unendlichen Weiten stattfindet, verliert er den Blick für das Wesentliche nicht. „Luft- und Raumfahrt ist für die Nachhaltigkeit ein zweischneidiges Schwert. Sie verursacht viele CO2-Emissionen, aber sie bringt wichtige Technologien hervor, wie Wettersatelliten oder Frühwarnsysteme bei Naturkatastrophen.“ Was ihn antreibt? „Ich möchte junge Leute von Ingenieurwesen und Wissenschaft überzeugen und sie für Projekte motivieren, die für uns alle relevant sind.“

Das Interview im Video gibt es hier

LISA soll ab 2037 neue Einsichten zum Urknall, zur Entwicklung des Universums sowie zu Einsteins Relativitätstheorie ermöglichen.

Die Technik ist gelandet!

Luft- und Raumfahrt ist nicht so „abgehoben“ wie du vielleicht denkst! Die Space-Tech versteckt sich in vielen Bereichen unseres alltäglichen Lebens, ohne dass man sie sofort bemerkt. Andersherum ist der Weg ins All auch kürzer als man glaubt und auf Umwegen möglich. In den Stories über die QR-Codes zeigen dir unsere ING-Sider, auf welcher gemeinsamen Laufbahn unser Alltag auf der Erde und die Luft- und Raumfahrttechnik kreisen.

Kommunikation mit Marsmännchen?

Der Studiengang Nachrichten- und Kommunikationstechnik scheint auf den ersten Blick ziemlich wenig mit Raketen und Planeten zu tun zu haben. Falsch, weiß Niklas, der sich für das duale Studium bei der Hensoldt Sensors GmbH entschied. Die Inhalte sind nämlich näher an der Rocket Science, als der Name des Studiengangs vermuten lässt: Hochfrequenz-, Übertragungs- und Signalverarbeitungstechnik braucht es auch, um elektronische Sensoren für Weltraummissionen oder generell Flugobjekte zu entwickeln. Ein Auge fürs Detail lohnt sich also bei der Studienwahl.

Menschenleben schützen

Mit dem Wettersatelliten des MetOp-2nd-GenerationProjekts können große Mengen an Daten gesammelt werden, die zur Früherkennung von Extremwettervorkommnissen genutzt werden. Je größer der abgedeckte Bereich – was bei einem Satelliten im Weltall ziemlich groß ist –, desto bessere Prognosen können Forschende treffen und Menschen vor Katastrophen rechtzeitig warnen. Dank Airbus Defence and Space als Praxispartner und dem Studium an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg hat Studentin Isabella einen Überblick bekommen, was mit Luft- und Raumfahrttechnik alles möglich wird.

Technik, die hilft

Die Mischung macht’s! Das merkte David in seinem Studium der Luft- und Raumfahrt ziemlich schnell. Er selbst ist bei der Schnittstelle zur Medizintechnik gelandet und erforscht mittlerweile die Strömung von Blut in den Arterien. Strömungsverhalten gehört zu den Basics eines Ingenieurstudiums. Ob Blutkörperchen oder Raketen – Studierende lernen prinzipiell mit beidem umzugehen. Aber hier ist das Potenzial für die Medizin noch nicht ausgeschöpft: Wusstest du, dass medizinische Prothesen nach Vorlage von Roboterarmen, die in der Raumfahrt Verwendung finden, entwickelt werden?

Nachhaltig abheben

Für die Mobilität der Zukunft ist Leichtbau die Lösung für mehr Nachhaltigkeit in der Luftfahrt . Indem man weniger Material verbaut, wird auch Gewicht und damit Treibstoff sowie Emissionen eingespart. Da die Sicherheit aber immer noch an erster Stelle steht, muss geprüft werden, ob Verbindungsstücke den Strapazen des Fliegens, unter anderem dauerhaften Schwingungen, gewachsen sind. Preisgekrönt ist die Forschung von Dr. Maren Scheels. Ihr neuartiges Messverfahren zu Schwingungen erhielt den Bertha-Benz-Preis der Daimler-Benz-Stiftung. Die neue Messmethode kann somit helfen, Ressourcen zu schonen – ob beim Passagierflugzeug oder Spaceshuttle.

Eintauchen ins Weltall

Wer das Gefühl hat, mit Luft- und Raumfahrt „nur eine begrenzte Karriere“ machen zu können, der wird von Marc und dem Unterwasserroboter DeepLeng des Deutschen Forschungszentrums für Künstliche Intelligenz (DFKI) schnell umgestimmt. Weltall und Tiefsee sind in den Ingenieurwissenschaften nämlich verwandt. Im Studium der Angewandten Informatik an der Universität Duisburg-Essen forschte Marc bereits an autonomen Unterwasserfahrzeugen. Da sich die Bedingungen auf der Erde und im All sehr ähneln, ist geplant, dass der Unterwasserroboter auch zum vereisten Jupitermond Europa gesendet wird. Die Technik kann für beide Zweige eingesetzt werden, von wegen Einbahnstraße!

Tipps

zum Studiengang Flugzeugbau

Im Studiengang Flugzeugbau an der Hochschule für angewandte Wissenschaften Hamburg (HAW) lernt Milena Saathoff alles über die Konstruktion von Flugzeugen: Vom ersten Entwurf bis zur fertigen Maschine.

LEBE DEINEN TRAUM!

Eigentlich stand für Milena beim Abi fest, dass sie Luft- und Raumfahrt studieren wollte. „Aber zu dem Zeitpunkt hab ich mich einfach noch nicht getraut“, lächelt sie. Mit BWL studierte sie erst einmal „was Solides“ und arbeitet danach drei Jahre im Personalwesen, aber dieser eine Gedanke blieb – was wäre, wenn? Schließlich entschied sich die heute 29-Jährige doch noch für ihr Traumstudium, genauer gesagt für den Bachelorstudiengang Flugzeugbau an der HAW in Hamburg. Dieser überzeugte sie vor allem wegen der sehr praktischen Ausbildung: „Ich war schon immer ein eher haptischer Mensch, ich will Sachen am liebsten direkt ausprobieren!“

WAS LERNT MAN IM FLUGZEUGBAU?

Im Grundstudium stehen die ingenieurwissenschaftlichen Grundlagen auf dem Programm: Mathe, Statik und Festigkeitslehre. Dazu kommen Fächer wie CAD, Datenverarbeitung und Werkstoffkunde. „Es ist schon sehr viel Mathe und Technik, aber die Hochschule bietet auch viel Hilfestellung“, verrät Milena. Tutorials und Vorkurse erleichtern den Einstieg für alle, die keine Matheüberflieger sind oder deren Schulzeit schon ein bisschen zurückliegt, so wie bei Milena. Nach dem Grundstudium sind zwei Vertiefungen möglich: Entwurf und Leichtbau oder Kabine und Kabinensysteme.

ECHTE PROBLEME LÖSEN

Spannende Einblicke und Geschichten von Ingenieur*innen, Tipps, Termine und Wissenswertes rund um das Ingenieurwesen findest du auf unseren Social-Media-Kanälen und in der think ING. App.

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„Alle Professorinnen und Professoren haben vorher in der Industrie gearbeitet“, erzählt Milena. Das heißt, sie haben viel Erfahrung und konfrontieren ihre Studierenden auch mal mit echten Problemen aus der Industrie. „Zu Beginn des Semesters bekamen wir die Aufgabe, Lösungen zu entwickeln, um Flugzeugkabinen barrierefreier zu gestalten. Im Moment ist es für Menschen im Rollstuhl noch sehr umständlich, weil der Rollstuhl im Frachtraum transportiert werden muss.“ Solche Aufgaben gefallen Milena besonders, weil sie dabei die im Grundstudium erlernten Werkzeuge praktisch anwenden kann.

IMPRESSUM

Herausgeber GESAMTMETALL

Gesamtverband der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie e. V. Voßstraße 16 – 10117 Berlin

Verantwortliche Leitung Indra Hadeler

Redaktion und Gestaltung concedra GmbH, Bochum

Druck

color-offset-wälter GmbH & Co. KG, Dortmund

erzählt Milena hier

Alle in dieser kompakt enthaltenen Inhalte und Informationen wurden sorgfältig auf Richtigkeit überprüft. Dennoch kann keine Garantie für die Angaben übernommen werden.

zweiten Anlauf hat sich Milena ihren Traum vom Studium Flugzeugbau an der HAW Hamburg erfüllt.
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