Berufe im Ingenieurwesen - think ING. kompakt 08/09 | 2025
Dein Einblick in die Welt der Ingenieur*innen BERUFE IM INGENIEURWESEN kompakt magazin
BERUFE IM INGENIEURWESEN
Software, die bewegt
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Ingenieur*in –
Mehr als ein Job
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Konstruktion, Code oder Konzept – Das ist im Ingenieurwesen möglich
Technik ist facettenreich – genau wie die Berufe im Ingenieurwesen. Ob in der Entwicklung, Produktion, im Projektmanagement oder Vertrieb –die Einsatzmöglichkeiten sind breit gefächert. Wir stellen typische Berufsbilder vor und zeigen, was sich hinter Bezeichnungen wie „Industrial Engineer“ oder „Entwicklungsingenieur*in“ verbirgt.
Software, die bewegt
Studiert hat sie Elektrotechnik. Tätig ist sie als Entwicklungsingenieurin. Damit das Sonnenlicht immer in der richtigen Dosis Büros, Wohnräume und Industriegebäude füllt.
Wenn Imke Wagener morgens ihr Büro bei Warema in Marktheidenfeld betritt, geht es um Bewegung. Nicht die eigene, sondern um die von Außenjalousien, Markisen und Rollläden. Denn Imke entwickelt Software für Steuerungen, die dafür sorgen, dass Sonnenschutzprodukte bei Dämmerung tieffahren, die Markise bei zu viel Wind und Regen einfährt oder Jalousien das Schattenspiel ziehender Wolken automatisch ausgleichen. Es ist eine sehr spezielle Aufgabe, die sie als Entwicklungsingenieurin hat.
/ Michael Bokelmann
Die Ergebnisse der Arbeit fließen schließlich auch in die Produktion intelligenter Bauteile. Damit die Sonnenschutztechnik auch wirklich im richtigen Moment vor der Sonne schützt.
VOM MITTELMASS INS STUDIUM
Auf der bayerischen Seite des Dreiländerecks zwischen Hessen, Baden-Württemberg und Bayern wuchs Imke Wagener auf, ging erst zur Realschule, dann aufs technische Gymnasium und sagt von sich selbst: „Ich war eher mittelmäßig. In den naturwissenschaftlichen Fächern etwas besser, aber nie eine Einserschülerin. Im Grunde bin ich immer nur so hochgesprungen, wie ich musste.“ Das kennen Viele. Aber Imke hatte ein Ziel: die Elektrotechnik. Dazu ging sie an die Duale Hochschule Baden-Württemberg. „In der Elektrotechnik beschäftigt man sich mit allem, wo Strom durchlaufen kann – in großen und kleinen Dimensionen. Zudem mit der Entwicklung der passenden Komponenten. Plus Informatikanteil, damit diese Geräte zum Leben erweckt werden“, erklärt sie.
ERST
BACHELOR, DANN MASTER, DANN AUSZEIT
So praxisnah das duale Studium war, so sehr fehlte ihr der theoretische Tiefgang. Also studierte sie noch Elektro- und Informationstechnik im Master und zeigte im gesamten Studium auch deutlich bessere Leistungen als in der Schule. Es ist eben ein großer Unterschied, ob man keine Lust auf Geschichte, aber dafür große Lust auf Technik hat. Dennoch nahm sie sich nach sechs akademischen Jahren eine mehrmonatige Auszeit und startete dann
ihre berufliche Karriere zunächst in einem Unternehmen für höhenverstellbare Möbel. Zwei Jahre später dann der Wechsel zu Warema und der Beginn ihrer Tätigkeit als Entwicklungsingenieurin.
SCHUTZ VOR SONNE UND REGEN DURCH SOFTWARELÖSUNGEN
An über 20 Standorten weltweit beschäftigt das Familienunternehmen rund 5.000 Mitarbeitende, seit 2021 auch Imke Wagener. Und nun kümmert sie sich darum, dass Rollläden hoch- und tieffahren. „Ich entwickle Softwarelösungen zur Steuerung unserer Sonnenschutzanlagen und um deren Funktionalität zu verbessern. Zusätzlich kümmere ich mich um Smart-HomeKomponenten, mit denen ich bequem über das Smartphone alle Funktionen steuern kann. Darüber hinaus erstellt unsere Abteilung Software für Wetterstationen, die unter anderem mit Regen- und Helligkeitssensoren ausgestattet sind.“ Während des Interviews bewegt sich plötzlich die Außenjalousie. Sie blickt kurz hin und erklärt, dass sich der Sonnenstand verändert hat und die Steuerung die Lamellen winkelgenau dem Sonnenstand nachführt. Dadurch wird die bestmögliche Tageslichtnutzung bei optimalem Hitzeschutz erzielt, indem möglichst viel diffuses Tageslicht in den Raum gelangt, aber keine direkten Sonnenstrahlen.
DIE KREATIVE INGENIEURIN
Entwicklungsingenieur*in ist kein Studienfach, es ist eine Tätigkeit, für die man sich entscheidet. „Ich wusste ab dem zweiten Semester, dass ich in die Entwicklung gehen will. Das sind für mich fast kreative Aufgaben.“ Die Außenjalousie rastet ein. Die Steuerung hat ihr Werk getan. Und vielleicht steckt auch in dieser praktischen Anwendung bereits eine Programmierung von Imke Wagener. Möglich wär’s.
Im Team entstehen komplexe Lösungen für komplexe Produkte. Eine Arbeit, die im Zusammenspiel auch viel mehr Spaß macht.
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Schau dir hier das Video mit Imke an!
ING. / Michael Bokelmann
UNTERSCHIEDLICHE ING-BERUFE
Ingenieur*in –Mehr als ein Job
Neben dem „Ingenieurberuf“ Entwicklungsingenieur*in gibt es noch viele weitere. Denn Berufe und Stellenbezeichnungen im Ingenieurwesen sind so vielfältig wie die täglichen Aufgaben und Branchen. Michaela und Konstantin sind Projektmanagerin und Industrial Engineer bei SCANLAB, Hersteller für SCAN-Produktlösungen. Sie erzählen, was ihre Aufgaben sind und warum Stellenbezeichnungen manchmal verwirren.
Konstantin ist Industrial Engineer: „Ich habe als Ingenieur den ersten Kontakt zur Produktion und kommuniziere direkt an und mit der Produktlinie. Diese Stelle wird daher auch ‚Serienbetreuer*in‘ genannt“, erklärt er. Meist ist man für eine bestimmte Produktionslinie zuständig und erste Ansprechperson. Bestandteil ist aber auch, neue Technologien und Prozesse zu entwickeln und bis zur Freigabe zu begleiten. Ein aktuelles Beispiel aus seinem Arbeitsalltag: „Momentan bin ich größtenteils damit beschäftigt, eine neue Maschine in Betrieb zu nehmen, zu prüfen und zu optimieren, die für unsere Produkte die Spiegel verklebt, damit es zum besten Ergebnis kommt.“
WELCHE SKILLS FINDEST DU HILFREICH?
Fachlich: „Speziell als Ingenieur*in im Bereich Produktionstechnik ist es hilfreich, wenn man ein weites Spektrum an unterschiedlichen Verfahren kennt, wie Teile und Komponenten hergestellt werden und die Verfahren dahinter ablaufen. Technisches Grundlagenwissen hilft, um das Produkt zu verstehen, das man herstellt. Ich komme nicht aus der Optik, aber das ingenieurtechnische Know-how aus dem Studium hat mir geholfen, das Produkt und die Funktionsweisen selbst entwickeln zu können.“
Soft-Skills: „Man sollte gut kommunizieren, um Interessenskonflikte professionell moderieren zu können. Mitarbeitende aus anderen Abteilungen ernst zu nehmen und auf Augenhöhe arbeiten, ist wichtig.“
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Das Interview im Video gibt es hier
WAS MACHT EIN INDUSTRIAL ENGINEER?
ING. / Simon Kramer
WELCHE AUFGABEN HABEN PROJEKTMANGER*INNEN?
Michaela ist Projektmanagerin. Ihre Hauptaufgabe ist die Betreuung eines gesamten Projekts von Anfang bis Ende. „Unter anderem führe ich Projektteams, überwache den Fortschritt, erstelle Projektpläne und schätze Aufwände ab. Während des Projekts behalte ich unter anderem den Überblick, motiviere die Mitarbeitenden und kommuniziere die Fortschritte an interne und externe Kunden“, zählt sie auf. Am Ende entsteht ein neues Produkt.
HILFREICHE SKILLS
Fachlich: „Es ist wichtig, einen breit gefächerten, fachlichen Überblick mitzubringen, auch wenn man selbst nicht in jedem Bereich Expert*in ist. Dies hilft einem dabei, grundlegende Zusammenhänge während der Produktentwicklung zu verstehen.“
Soft-Skills: „Viel Empathie für Menschen mitbringen! Kommunikation ist eine Hauptaufgabe. Man muss ein Gespür für die Leute und deren Empfindungen entwickeln. Wenn zum Beispiel ein Teammitglied sehr gestresst ist, überlege ich, wie ich die Person entlasten kann, damit das Team funktioniert und das Projekt vorangeht. Man hat auch eine motivierende Funktion.“
Michaela und Konstantin arbeiten beide im Ingenieurwesen bei SCANLAB – ihr Arbeitsalltag sieht aber ganz unterschiedlich aus.
Stellenbezeichnungen im Ingenieurwesen
Im Ingenieurwesen gibt es viele unterschiedliche Stellenbezeichnungen, die individuell anpassbar sind und daher verwirren können. Allein für Konstantins Stelle gibt es viele Bezeichnungen, zum Beispiel Serienbetreuer*in, Produktionsingenieur*in, Fertigungsplaner/-ingenieur*in. „Das macht es für Berufseinsteiger*innen schwer, durchzublicken“, kritisiert er.
„Man muss genauer in die Aufgabenbeschreibungen schauen und sich auch Stellen anschauen, die einem nicht im ersten Moment ins Auge springen. Oft merkt man dann, dass es das ist, was man machen möchte“, erklärt Michaela. „Genau“, fügt Konstantin hinzu „wichtig ist, sich nicht zu sehr auf ein bestimmtes Berufsbild einzuschießen – das kann einen schnell verunsichern oder abschrecken. Es gibt zahlreiche Ingenieurstellen und viele hat man einfach nicht auf dem Schirm.“
WAS IST WAS?
AUFGABEN UND BERUFSFELDER IM ÜBERBLICK
Welche Berufe gibt es im Ingenieurwesen?
„Was machst du dann damit?“, ist sicher eine Frage, die du dir oder anderen schon mal gestellt hast. Nach einem Ingenieurstudium machst du nicht „den einen“ Job. Es gibt viele Aufgaben und Tätigkeitsbereiche. Einen kurzen Überblick findest du hier – detaillierte Infos über diese und weitere Ingenieurberufe gibt es über den QR-Code.
BERATUNG & SERVICE
Ingenieur*innen im Consulting beraten das eigene oder andere Unternehmen dabei, ihre technischen Produkte und Systeme ideal auszuwählen, einzusetzen oder zu optimieren. Kommunikationsstärke, Analysefähigkeiten und technisches Know-how spielen zusammen.
DESIGN & KONSTRUKTION
Kreativität, Analysefähigkeit und Fachwissen ist gefragt. Hier entstehen aus ersten Zeichnungen und computergesteuerten Simulationen innovative Produkte für Mensch, Umwelt und Zukunft.
PRODUKTION & MONTAGE
Von dem Papier in die Realität: Mit Ingenieur*innen im Bereich Produktion und Montage bleiben Ideen keine leeren Worte. Sie haben Systeme und Produktionslinien unter Kontrolle, sehen Verbesserungspotenzial in Sekunden und sind Ansprechpartner*innen für das gesamte Team.
PROGRAMMIERUNG & IT
Programmierer*innen und Softwareingenieur*innen sind in jeder Branche unerlässlich. Das Klischee von „Coding im Keller“ ist längst überholt. Hier arbeitest du im Team an spannenden Herausforderungen, wichtigen Alltagstechnologien oder Technik, die ins All fliegt.
PRÜFUNG & SICHERHEIT
Qualitätsmanagement, Sicherheit & Co. – jemand muss die Verantwortung tragen. Dein technisches Wissen, Verantwortungsbewusstsein und Genauigkeit sind Grundvoraussetzung. Wenn du willst, hält dieser Bereich grenzenlose Spannung und ungewöhnliche Einsatzgebiete bereit.
VERTRIEB & VERKAUF
Hier verschwimmen die Grenzen zwischen Wirtschaft, Technik und Kundeninteraktion. Du kennst deine Produkte genau, weißt, wie deine Kunden ticken und behältst die Zahlen deines Unternehmens im Blick. Bist du im Außendienst tätig, kommst du richtig rum.
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Das waren noch nicht alle Ingenieurberufe
Spannende Einblicke und Geschichten von Ingenieur*innen, Tipps, Termine und Wissenswertes rund um das Ingenieurwesen findest du auf unseren Social-Media-Kanälen und in der think ING. App.
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Verantwortliche Leitung Indra Hadeler
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