The Gap 212a – Sonderausgabe: Waves Vienna 2025

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Editorial Auf geht’s, ab geht’s, drei Tage wach

Kurz kopfrechnen: Vierzehn Jahre, etwa hundert Acts pro Jahr, macht in Summe ungefähr 1.400 Acts, die bei Waves Vienna gespielt haben dürften. Bei solchen Zahlen heißt es gleich nochmal genau nachzählen. Und tatsächlich, es waren 1.405 Acts, sofern mir da am Abakus keine Perle verrutscht ist. Um das mal in den notwendigen Kontext zu setzen: Die Musikdatenbank von Mica kennt aktuell 1.383 zeitgenössische Bands und Ensembles in Österreich. So was kann natürlich nie den Anspruch auf Vollständigkeit erheben. Wenn man allerdings bedenkt, dass die letztjährige Branchenstudie von derzeit insgesamt 7.000 »Kreativen« – also Einzelpersonen, die quer über alle Genres direkt mit der Entstehung von Musik beschäftigt sind – ausgeht, dann dürfte zumindest die Größenordnung stimmen. Und diese Tatsache ließe dann einen Satz zu wie etwa: »Bei Waves Vienna haben schon vergleichbar viele Acts gespielt, wie es in Österreich überhaupt gibt.«

Diese Abschätzungen machen die Bedeutung eines im internationalen Vergleich recht kleinen Showcase-Festivals für den im internationalen Vergleich winzigen Markt Österreich deutlich. Eine lebendige Musikszene braucht den Input von und die Vernetzung nach außen. Ganz besonders in einem Land, aus dem ein Großteil der Majors regelrecht geflohen ist, dessen nennenswerte Tourstopps für heimische Acts sich an einer Hand abzählen lassen und in dem die Musikförderung erst langsam erkennt, dass es abseits der E-Sparte auch noch etwas gibt. Denn selbst mein antikapitalistisches Herz muss leider zugeben, dass Kunst ohne realistischen Weg, davon leben zu können, höchstens zur Liebhaberei derer verkümmert, die sich so einen Freizeitspaß eben leisten können. Und dieser Weg führt halt meist über das (angrenzende) Ausland. Insofern sollte man das fünfzehnte Jahr von Waves Vienna schon gebührend feiern. Nicht zuletzt, weil das Zelebrieren solcher Anlässe Hand in Hand mit einer zunehmenden Institutionalisierung der Gefeierten geht. Und so sehr »Institution« auch verstaubt und altbacken klingt, manchmal braucht es diese grauen Eminenzen auf der eigenen Seite, um gegen all die anderen grauen Eminenzen auf den anderen Seiten bestehen zu können.

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Herausgeber

Manuel Fronhofer, Thomas Heher

Chefredaktion

Bernhard Frena

Gestaltung

Markus Raffetseder

Autor*innen dieser Ausgabe

Sarah Aberer, Bernhard Frena, Manuel Fronhofer, Ania Gleich, Selma Hörmann, Josef Jöchl, Sarah Wetzlmayr

Coverfoto

Teresa Wagenhofer

Lektorat

Jana Wachtmann

Anzeigenverkauf

Herwig Bauer, Manuel Fronhofer (Leitung), Thomas Heher, Martin Mühl

Distribution

Wolfgang Grob

Druck

Grafički Zavod Hrvatske d. o. o.

Mičevečka ulica 7, 10000 Zagreb, Kroatien

Geschäftsführung

Thomas Heher

Produktion & Medieninhaberin

Comrades GmbH, Hermanngasse 18/3, 1070 Wien

Kontakt

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6 Ausgaben; € 19,97 abo.thegap.at

Heftpreis

€ 0,—

Erscheinungsweise

Sonderausgabe zum Waves Vienna – Music Festival & Conference; Erscheinungsort Wien; Verlagspostamt 8000 Graz

Offenlegung gemäß § 25 Mediengesetz www.thegap.at/impressum

Diese Sonderausgabe entstand mit finanzieller Unterstützung von Waves Vienna. Die redaktionelle Verantwortung liegt bei The Gap. Aufgrund personeller Überschneidungen und geteilter Organisationsstrukturen besteht außerdem ein Naheverhältnis zwischen The Gap und Waves Vienna.

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Herausgeber*innen wieder. Für den Inhalt von Inseraten haften ausschließlich die Inserierenden. Für unaufgefordert zugesandtes Bildund Textmaterial wird keine Haftung übernommen. Jegliche Reproduktion nur mit schriftlicher Genehmigung der Geschäftsführung.

Die Redaktion von The Gap ist dem Ehrenkodex des Österreichischen Presserates verpflichtet.

Magazin

006 Wellen schlagen

Die Musikerin Oska zwischen Waldviertel, Wien und Nashville

013 Mehr als Flamenco

Ein Blick in Spaniens Musikszene

018 Macht und Musik Warum Missbrauch in der Branche keine Normalität sein muss

022 XA – Export Award 2025 Die Nominierten lauten …

024 Was bisher geschah Waves Vienna von 2011 bis heute

030 Fünfzehn Menschen, fünfzehn Highlights

036 »Wir mussten allen erst erklären, was ein Showcase-Festival ist« Ein Round Table zu fünfzehn Jahren Waves Vienna

042 Eine kleine ShowcaseFestival-Typologie Unsere augenzwinkernde Einordnung der Besucher*innen von Waves Vienna

046 Ein Festival in Bildern 15 Jahre Waves Vienna

Rubriken

003 Editorial / Impressum 082 Sex and the Lugner City: Josef Jöchl

Richard Taylor, Adobe Stock

The Gap Popquiz meets Waves Vienna

Für all diejenigen, die gerne austesten möchten, wie viel sie über musikalische Nischen wissen, bietet das The-Gap-Popquiz die Gelegenheit. Am Samstag, 4. Oktober, um 16:30 Uhr im Wintergarten des Café Concerto werden Frage um Frage die Untiefen der zeitgenössischen Popmusik ausgelotet.

Anmeldung unter office@thegap.at

Bereitet euch vor auf Fragen wie diese: Zwei Bands, die ihr alle kennt: Bilderbuch und Wanda. Wir haben uns durch Interviews mit ihnen gearbeitet und fünf Zitate rausgeholt. Eure Aufgabe wäre es, zu erraten, welches Zitat von wem stammt.

Also: Wer hat’s gesagt?

#1 »Wien scheißt was auf Bescheidenheit, weil Bescheidenheit verdächtig ist. In einem Wiener Beisl geht man immer davon aus, dass jemand, der nichts sagt, was zu verbergen hat.«

#2 »Musikhören ist genauso meine Arbeit wie Musikmachen. Deswegen begebe ich mich auf die Suche nach Ideen, die mir was nutzen, sei das eine Klangfarbe, eine Stimmung oder ein textlicher Ansatz.«

#3 »Man muss die Dinge nicht immer direkt an die Wand malen, allen möglichen Leuten was erklären und sich extrem politisch zeigen, um politisch zu sein.«

#4 »Ich bin Musiker! Von dem her muss ich spirituell sein! Wenn wir auf die Bühne gehen, sind wir alle Medizinmänner für unsere Generation.«

#5 »Wir sind keine Hallodri.«

Antwort: #1 Wanda, #2 Wanda, #3 Bilderbuch, #4 Bilderbuch, #5 Wanda

Zwischen Tourneen, Songwritingaufenthalten und Verschnaufpausen in der Heimat ist Oska derzeit ständig auf Reisen.

Wellen schlagen Die Musikerin Oska zwischen Waldviertel, Wien und Nashville

Ein kurzer Blick in ihren Terminkalender verrät: Oska ist fast immer auf dem S prung. D azwischen wühlt sie im Waldviertel in der Erde, schreibt Songs und denkt darüber nach, warum es so wichtig ist, genau zu wissen, wo man steht. Am 1. Oktober führt die Musikerin und Songwriterin durch den großen Eröffnungsabend des Festivals Waves Vienna. ———— Wenn sich selbst im Waldviertel kein Lüftchen mehr rührt und das Thermometer über die Dreißig-Grad-Marke klettert, stehen die Zeichen eindeutig auf Hitzewelle. Das bedeutet auch, dass im Grunde nur noch ein Sprung ins kalte Wasser hilft, um der lähmenden Schwere der sogenannten Hundstage zu entkommen. Doch um Kopfsprünge – im buchstäblichen wie auch im metaphorischen Sinne – wird es etwas später noch gehen. Jetzt nimmt Oska erst einmal einen großen Schluck Holundersaft und anschließend zwei Holzstufen auf einmal, um in ihr Zimmer im ersten Stock zu kommen.

Die heiße Augustluft liegt zwar schwer auf der kleinen Gemeinde unweit des Ottensteiner Stausees, drückt jedoch ganz und gar nicht auf die Laune der Musikerin. Vor etwa zwei Jahren sei sie nach einer längeren Zeit in Wien wieder in jenes Haus zurückgezogen, in dem sie aufgewachsen ist, sprudelt es aus ihr heraus. Schnell ist klar: Bei aller Reflektiertheit, die sich auch in ihren Songs ausdrückt, steckt die Musikerin voll brodelnder Energie, der man sich vermutlich nur dann entziehen kann, wenn man sich den Panzer einer Riesenschildkröte zulegt. Aber warum sollte man das überhaupt anstreben?

Wir haben es uns mittlerweile auf dem Boden ihres Zimmers gemütlich gemacht. Obwohl dieser Umstand nicht überinterpretiert werden sollte, sagt er dennoch etwas über die Songwriterin aus. Zum Beispiel, dass sie den Dingen gerne genau auf den Grund geht. »Früher habe ich mich immer von hier weggeträumt. Jetzt, wo ich so viel reise und unterwegs bin, finde

»Ich weiß immer genauer, was ich will. Ich singe viel besser, ich performe viel besser und ich bin sehr viel selbstsicherer.«
— Oska

ich es schön, immer wieder hierher zurückzukommen. Mir bedeutet dieser Ort sehr viel.«

Im Wintergarten im Erdgeschoß des Hauses habe sie viele ihrer ersten Lieder geschrieben, erzählt sie. Einige seien aber auch in jenem Zimmer entstanden, in dem wir uns gerade befinden und das mit seiner Holzdecke und den Holzwänden an das Innere eine Gitarre erinnert. Erst gestern hat sie hier wieder an einer Songidee getüftelt. Abgesehen davon wühle sie einfach auch gerne mit den Händen in der Erde, hält die gebürtige Niederösterreicherin lachend fest. Und das geht im Waldviertel einfach deutlich besser als in Wien. »Wenn ich meiner Mama im Garten helfe, sehe ich sofort,

was ich gemacht habe. Obwohl man beim Musikmachen im Idealfall am Ende auch ein Album in der Hand hält, ist das ein ganz anderes Gefühl.«

Full-Circle-Moment

Mit vier Geschwistern in diesem Haus aufzuwachsen, bedeutete, dass fast immer und überall musiziert wurde. Außerdem liefen ständig Songs der von ihrer Mama sehr geschätzten Joan Baez. »Weil ich mit ihrer Musik aufgewachsen bin, war es für mich ganz normal, dass eine Frau mit ihrer Gitarre auf Tour geht. Trotzdem haben mir in meinem direkten Umfeld die Vorbilder gefehlt. In dem Genre, in dem ich mich schon damals gesehen habe, gab es eigent-

lich kaum jemanden – bis Avec kam. Ihre Musik hat mir das Gefühl gegeben, dass ich das ja vielleicht auch kann und dass englischsprachige Musik mit tiefgehenden Texten in Österreich ihren Platz hat.«

Dass sie es kann und es diesen Platz in der österreichischen Musikszene gibt, erwies sich ziemlich schnell: 2020 unterschrieb Oska ihren ersten Plattenvertrag beim kanadischen Label Nettwerk und gewann beim Waves Vienna den XA Music Export Award. 2022 erschien ihr erstes Album »My World, My Love, Paris«, für das sie prompt einen Amadeus Award abstaubte. Im selben Jahr spielte sie über hundert Konzerte – unter anderem als Support-Act von Tom Odell. 2025 gewann sie erneut einen Amadeus Award, spielte auf Wunsch der Band vor Coldplay im Ernst-HappelStadion und veröffentlichte mit »Refined Believer« ihr zweites Album.

Bei der 2025er-Ausgabe von Waves Vienna wartet nun eine ganz neue Aufgabe auf die auftrittserprobte Künstlerin: Am 1. Oktober wird sie als Host durch das Programm der großen Eröffnungsgala im Volkstheater führen und gemeinsam mit Christina Stürmer, Josh, Yasmo, Oskar Haag, Hans Platzgumer sowie vielen anderen auf der Bühne stehen. Die Nettoeinnahmen des Abends fließen in ein neues UKResidency-Programm im Frühjahr 2026.

»Ich dachte mir, dass ich im Rahmen dieses Abends gerne mit den Musiker*innen darüber sprechen würde, was sie am Anfang ihrer Karriere gebraucht hätten«, so die Musikerin. Dass bei Festivals wie Waves Vienna großartige Dinge entstehen können, sei für sie unbestreitbar, fügt sie hinzu. »Es ist einfach eine tolle Plattform für junge Musiker*innen – um zu spielen, aber auch, um miteinander in Kontakt zu kommen und sich als Teil einer Community zu fühlen. Bei mir war das damals auf jeden Fall so. Ich freue mich auch immer sehr über Erfolge von Kolleg*innen, denn im Endeffekt bringt es ja der ganzen

Auswahl an Requisiten gab es beim Shooting im Schiffmuseum Wien genug.

Eine Frau und ihre Gitarre: Oska ist mit der Musik von Joan Baez aufgewachsen.

Szene etwas, wenn jemand erfolgreich ist. Ich habe sowieso das Gefühl, dass es momentan sehr viel gegenseitige Unterstützung gibt.«

Ihr Job bei der diesjährigen Eröffnung von Waves Vienna ist für Oska auch eine gute Gelegenheit, über jene Zusammenhänge nachzudenken, die sich für sie durch das Festival ergeben haben. Kurz einmal rauszoomen, weil das im Alltag ohnehin nur sehr selten vorkomme, wie sie betont. »Mir hat einerseits der Musikfonds sehr geholfen, andererseits auch der XA – Export Award, weil er zum einen dotiert und zum anderen an einen Auftritt beim Reeperbahn Festival geknüpft war. Dort hat mich wiederum Tom Odell gesehen, der mich dann als Support für seine Europatour angefragt hat.«

In jenem Haus, in dem sie 2003 das »Starmania«-Finale mitverfolgt hat, sprechen wir auch über Christina Stürmer

– deren Vorbildwirkung und Einsatz für Newcomer*innen sowie die Tatsache, dass »sie einfach unser Popstar ist«. Was das bedeutet, bekam Oska diesen Sommer als Support-Act für die Musikerin hautnah mit. »Alle singen mit, alle können die Texte auswendig. Und alles, was Christina sagt und singt, wird immer Christina Stürmer sein. Deshalb werden die Menschen auch noch zu ihren Konzerten gehen, wenn sie sechzig ist.«

Positionierung statt Posing

Von ihrem eigenen sechzigsten Geburtstag ist Oska zwar noch ziemlich weit entfernt, trotzdem setzt sie sich immer wieder mit der Frage auseinander, was es bedeutet, als Frau im Musikbusiness älter zu werden. Sie erinnert sich in diesem Zusammenhang an zwei Dinge, die ihr von ihrem ersten Musiklehrer in Wien mit auf den Weg gegeben wurden: »Er meinte einerseits,

dass man in Österreich nur mit Kommerzmusik erfolgreich sein könne. Und dann hat er noch gesagt, dass man es als Frau bis dreißig schaffen müsse, sonst schaffe man es gar nicht.«

Mit dieser Offenheit, die sich durch unser ganzes Gespräch zieht, spricht die Musikerin auch darüber, dass sie in der Vergangenheit immer wieder mit ihren Geburtstagen gehadert habe, weil diese stets mit dem Gedanken verknüpft waren, dass sie noch gar nicht dort sei, wo sie gerne sein würde. »Dann wird man älter und merkt, dass es nicht nur komplett egal ist, sondern auch, dass man in vielen Dingen immer besser wird. Ich weiß immer genauer, was ich will. Ich singe viel besser, ich performe viel besser und ich bin sehr viel selbstsicherer«, sagt sie und man glaubt es ihr sofort. Mit der Musikerin und Sängerin zu sprechen, bedeutet nämlich auch: Posing? Fehlanzeige. Positionierung? Ja, bitte.

Zudem wird rasch klar: Draußen ist es zwar windstill, aber in Oska beginnt ein kleiner Sturm zu toben, wenn sie über Themen wie Repräsentation und Älterwerden nachdenkt. Einer, den sie jedoch in geordnete Bahnen lenken kann, wenn sie darüber spricht – klar und offen und mit dem ein oder anderen zwischendurch eingestreuten »oag«.

Sich nicht zu fragen, wer man in Zukunft sein möchte oder ob man schon dort ist, wo man sein sollte oder zumindest gerne wäre, ist ein Themenkomplex, der die Musikerin auch bei der Arbeit an ihrem neuen Album »Refined Believer« sehr stark umtrieb. Und zu dem sie mittlerweile eine klare Haltung hat: »Am ersten Album haben wir sehr lange getüftelt, beim zweiten war es mir wichtig, dass ich mehr loslasse und die Dinge ein bisschen schneller von der Hand gehen. Kurz: Dass ich einfange, wo ich gerade stehe. Ich glaube, dass nichts Gutes dabei herauskommt, wenn man versucht, wo zu sein, wo man noch nicht ist.«

Oskas Wunsch, Momente festzuhalten, schließt ihr Bestreben danach, mehr losund das scheinbar Unperfekte zuzulassen, im Übrigen überhaupt nicht aus. Wobei: »Mit Loslassen bin ich jetzt mal fertig«, sagt sie lachend. Die Gelassenheit, mit der sie den Satz ausspricht, unterstreicht, dass es tatsächlich so ist. Wobei das nicht bedeutet, dass man gewisse Dinge nicht ein

»Ich mache mir schon sehr viele Gedanken, auch was meine Musik betrifft«, merkt sie mit ruhiger Stimme an. »Gleichzeitig bin ich viel selbstsicherer als früher und kann viel besser mit kritischen Bemerkungen umgehen. Für mich ist das Wichtigste, ins Tun zu kommen. Wenn ich länger nicht gespielt habe, ist die Überwindung oft groß und es tauchen negative Gedanken auf. Setze ich mich dann aber hin und spiele, lege ich die Gitarre zwei Wochen nicht mehr aus der Hand. Es hilft auch, sich jeden Tag daran zu erinnern, dass ich gerade richtig glücklich bin mit meinem Leben.«

Ab nach Nashville

Wie viel selbstsicherer sie sich mittlerweile auch in Sessions fühlt, wurde ihr unter anderem bewusst, als sie für die Arbeit an ihrem dritten Album nach Nashville flog. Ein weiterer Aufenthalt in jener Stadt, die unter anderem für Taylor Swift wegweisend war, ist bereits fix eingeplant. »Das Schöne an der Arbeit dort ist unter anderem, dass es den Leuten egal ist, wo du herkommst. Den Menschen, mit denen ich dort arbeite, geht es einfach darum, einen guten Song zu schreiben – dem Song zu dienen. Sie lassen ihre Egos draußen. Das finde ich toll.«

Insgesamt hätte sie die Stimmung in der für ihre lange Songwriting-Tradition bekannten Stadt als sehr beflügelnd empfunden, fügt sie hinzu und erinnert sich dabei

»Den Menschen, mit denen ich in Nashville arbeite, geht es einfach darum, einen guten Song zu schreiben – dem Song zu dienen.«
— Oska

Leben lang mitnimmt, weil sie einen auf bestimmte Weise geformt haben. So heißt es am Ende von »Refined Believer«, dem gleichnamigen letzten Song des Albums: »It’s gonna take all my life.« Trotzdem habe sich dann beim Schreiben des gerade entstehenden dritten Albums ein Gefühl der Befreiung eingestellt, erzählt sie. Sie sei nun wieder sehr viel näher dran an jener Angstfreiheit und Selbstverständlichkeit, mit der sie als Kind Musik gemacht habe.

unter anderem an folgende Situation: »Ich war zum Schreiben bei einem Songwriter zu Hause und als er das Fenster geöffnet hat, um ein bisschen Luft reinzulassen, habe ich gehört, dass jemand aus der Nachbarschaft auch gerade einen Song schreibt.«

Wir sprechen über ihr drittes Album, bei dem die Gitarre möglicherweise etwas weniger präsent sein wird als bei den beiden Alben davor, und auch noch einmal darüber, wie wichtig es ist, sich nicht zu

Teresa Wagenhofer
»Ich war eine eher brave Jugendliche – vielleicht hole ich gerade das ein oder andere nach.«
— Oska

vergleichen und zu erkennen, wo man gerade steht. Aber manchmal eben trotzdem ins kalte Wasser zu springen. Schließlich landen wir bei der Frage, ob weibliche Artists dem Druck, sich ständig neu zu erfinden, verstärkt unterworfen seien. »Ich finde, dass man, wenn man beispielsweise an die Shows von Chappell Roan oder Sabrina Carpenter denkt, schon sehen kann, dass von Frauen im Musikbusiness mehr erwartet wird als von ihren männlichen Kollegen. Das macht auch mir Druck. Andererseits macht es auch Spaß, sich ein Bühnenbild auszudenken und Sachen anzuziehen, die ich im Alltag nicht tragen würde.« Lachend fügt sie hinzu: »Ich war eine eher brave Jugendliche – vielleicht hole ich gerade das ein oder andere nach.«

Ein Gedanke hallt nach dem Gespräch noch lange nach: Wissen, wo man gerade steht, hin und wieder aber auch springen. Zum Beispiel ohne Erfahrung und Anleitung ins Musikbusiness oder auch in den Flieger nach London oder Nashville. Nur von dem einen Felsen wollte sie nie hüpfen, macht Oska klar. Wir sitzen mittlerweile an ihrem Lieblingsbadeplatz am Ottensteiner Stausee und sie zeigt auf einen etwa fünf Meter hohen Felsblock am gegenüberliegenden Ufer. Dann wird die Gitarre ausgepackt. Gemeinsam mit ihrer Mama singt sie noch ein paar Songs. Es wird langsam dunkel, die Musikerin klopft sich den Waldboden von der Hose und verabschiedet sich mit einer herzlichen Umarmung. Wir sehen uns am Waves Vienna.

Sarah Wetzlmayr

Oska wird am 1. Oktober durch den Eröffnungsabend von Waves Vienna 2025 leiten. Gemeinsam mit ihr werden auch Christina Stürmer, Josh, Teya, Yasmo, Hearts Hearts, Farce, Hans Platzgruber und Oskar Haag auf der Bühne des Volkstheaters stehen.

Musizieren ist für Oska schon seit ihrer Kindheit im Waldviertel fixer Lebensbestandteil.

Jetzt im Abo 6 Ausgaben plus CD Oska »Refined Believer« um € 19,97 unter abo.thegap.at

Mehr als Flamenco

Ein Blick in Spaniens Musikszene

Spanische Musik findet sich weltweit in den Charts und begeistert Fans auf allen Kontinenten. Von Flamenco bis Trap, von Indie bis Reggaeton – kaum eine Szene ist so vielfältig und dynamisch. Das Waves-Vienna-Gastland 2025 im Porträt. ———— Flamencorhythmen pulsieren in der warmen Luft. Aus einem Club dröhnt treibender Reggaeton. Irgendwo erklingt das leise Klimpern von Gitarrensaiten. Das sind die Bilder, die sofort in den Kopf kommen, wenn man an Musik aus Spanien denkt – und doch kratzt diese Vorstellung nur an der Oberfläche dessen, was das Land musikalisch zu bieten hat. Die Kultur Spaniens ist geprägt von einer Vielzahl von traditionellen Musikstilen und

Tänzen. Flamenco, Pasodoble, Bolero – um nur ein paar zu nennen. Obwohl diese Gattungen nach wie vor eine Rolle spielen, hat sich das spanische Musikrepertoire über die Jahre stark erweitert. Dies bietet einen Nährboden für innovative Klänge. Wenige kennen Spaniens Musikszene vermutlich so gut wie César Andión. Immerhin bringt er mehr als 35 Jahre Erfahrung in der Musikbranche mit. Derzeit ist er für PR, Talent-Management sowie Export bei Live Nation Spain zuständig und er leitet dort auch das Exportprogramm »The Spanish Wave«. Im Gespräch erzählt er uns, dass er regelmäßig eine Vielzahl von Mails und Anrufen erhalte: Was kommt als

Nächstes aus Spanien? So laute die Frage, die ihm dann häufig gestellt wird. »Ich denke, dass es aktuell ein großes Interesse an spanischer Musik gibt. Sie ist frisch, spannend und anders«, meint Andión. Besonders hebt er die weiblichen Stimmen des Landes hervor, die urbane Crossover-Musik prägen – etwa die Andalusierinnen Judeline oder Maria José Llergo. Deren Mischung aus Flamenco, Pop und Elektronik begeistere über die Landesgrenzen hinaus ein internationales Publikum. Doch auch im Indie könne sich Spanien sehen lassen. Alcalá Norte und Arde Bogotá sind Bands, die es vom Underground in den Mainstream geschafft

haben. Inzwischen füllen sie Arenen in ihrer Heimat ebenso wie Venues in Mexiko und Südamerika.

Kaum verwunderlich, weil die kulturellen Verbindungen zu den ehemaligen Kolonien bis heute stark sind: »Spanien ist europäisch, aber unser größter Markt ist Lateinamerika«, so Andión. »Es ist ein einzigartiges Land, weil es eine Brücke zwischen diesen Regionen bildet.« Auch der ursprünglich puerto-ricanische Reggaeton, der die Welt im Sturm erobert hat, beeinflusst spanische Popkünstler*innen. Ähnlich populär ist in Spanien das Genre Latin Pop. Die Sängerin Rosalía erzielte damit etwa große Erfolge. Und wem der Name Enrique Iglesias nichts sagt, der erinnert sich spätestens dann an den Sänger, wenn die Zeile »I can be your hero, baby« aus dem Autoradio tönt.

Spanisches Sprungbrett

Doch, um sich als Artist in der so unüberschaubaren wie diversen Musikszene Spaniens zu etablieren, braucht es ein Sprungbrett. Hier kommt »The Spanish Wave« ins Spiel, jenes Exportprojekt, das César Andión betreut. Es fördert junge Artists, die am Talenthorizont Spaniens aufleuchten. Eines der Hauptziele des Projekts sei es, Verbindungen innerhalb Europas auszubauen. Dafür setze er sich seit sechs Jahren ein, so Andión – etwa mit der Teilnahme an zahlreichen Showcase-Festivals oder der Durchführung von Musikkonferenzen. Acts können sich selbst aktiv bei »The Spanish Wave« bewerben. »Die Open Calls sind eine tolle Möglichkeit, zu sehen, was passiert. Wir hören uns alles an.«

Emotionale Tiefe

Eines der »The Spanish Wave«-Talente ist Los Acebos. Für Alberto Rodríguez Carrasco, der hinter dem Projekt steckt, sind Showcase-Festivals wie Waves Vienna entscheidend, um überhaupt Sichtbarkeit zu erlangen. Sein Sound sei von spanischer Intensität geprägt. Das klingt in der Praxis dann nach einer Mischung aus geballter Rockenergie und akustischer Intimität. Das derzeitige Wachstum der spanischen Musikszene sehe er als guten Moment, um sich als Band an US- oder UK-Sounds anzunähern und gleichzeitig im lateinamerikanischen Markt Fuß zu fassen: »Ich glaube, man kann durchaus

»Spanien ist ein einzigartiges Land, weil es eine Brücke zwischen Europa und Lateinamerika bildet.«
— César Andión

einen traditionell amerikanischen oder britischen Sound anstreben – aber ihn mit all der emotionalen Tiefe verbinden, die die spanische Kultur zu bieten hat«, fasst er seine Sicht zusammen.

Die Valencianerin Sandra Monfort ist vermutlich eine der innovativsten Interpret*innen der neuen Rootsmusik Spaniens. Ihr Auftritt im Rahmen von Waves Vienna ist das einzige Konzert, das sie dieses Jahr außerhalb ihrer Heimat geben wird. Sie singt auf Katalanisch und Spanisch, kombiniert spanischen Folk mit urbanem Flair. An der spanischen Musikszene schätze sie besonders, dass sich die Artists von der reichen Kultur inspirieren lassen und ohne Scheu traditionelle Elemente in ihre Songs einbauen. Spanische Musik werde aber fälschlicherweise oft mit Flamenco gleichgestellt: »Dabei ist Flamenco nur eine von vielen traditionellen Musikrichtungen, die wir auf der Halbinsel haben – und es gibt zahlreiche andere Stile und Formen, die genauso spannend sind.«

Positivere Resonanz

Ohne die Unterstützung eines Majorlabels sei es kaum möglich, allein vom Musikmachen zu leben, ist Monfort überzeugt. Und ihr Musikerkollege Rodríguez Carrasco berichtet, dass junge Bands ihre Projekte in den ersten Jahren meist selbst finanzieren und lange nach Partner*innen in der Industrie suchen müssten, die an sie glauben. César Andión sieht darin nicht unbedingt eine Besonderheit Spaniens, solche Hürden gebe es überall. Er nehme heute vor allem eine deutlich positivere Resonanz auf spanische Musik wahr als noch vor fünfzehn Jahren, sagt er. Sein Wunsch für die Zukunft: ein starker, vereinter europäischer Musikmarkt. Ein Markt, in dem Spanien – das erkennen auch Außenstehende – sicherlich seinen Platz finden würde.

Selma Hörmann

Auf den folgenden Seiten finden sich die fünf Acts von »The Spanish Wave« im diesjährigen Waves-Vienna-Line-up.

Helena Luzon, Luis Cuervo

Los Acebos

Alberto Rodríguez Carrasco spielt Indierock, der unter die Haut geht. Große Riffs wechseln sich ab mit viel Emotion – gepaart mit Lyrics, die sich um die High-Voltage-Momente im Leben drehen: Liebe, Chaos, Nostalgie, Rebellion. Dabei stellt Los Acebos Passion über Perfektion. Sein Sound lässt an Größen wie Arcade Fire oder Foo Fighters denken. Die Liebe zur Musik entdeckte er beim Jammen im Schlafzimmer, 2023 entstand daraus das Projekt Los Acebos. Er wolle Songs schreiben, vor denen er sich ein bisschen fürchtet, erklärt der Musiker – nur so könne er sicher sein, dass sie etwas Wahres transportieren.

Eddi Circa

Feministische Balladen kombiniert mit Trap-Beats – ungefähr so lässt sich die Musik der in Madrid ansässigen Singer-Songwriterin beschreiben. Circa liefert ansteckende Reggaeton-Hymnen und würzt diese mit experimentellen Sounds. Ihre Texte handeln dabei von Machomännern, feministischer Selbstverteidigung und sapphischer Liebe. Emotionsgeladen, aber ohne Kitsch changiert ihre Musik zwischen purem Singer-Songwriter-Flow mit himmlischer Stimme und urbanen elektronischen Sounds.

García Picasso

Das Konzept Geschlecht löst sich in der Performance von García Picasso auf. Gleich wie Outfits und Auftreten ist auch die Musik weder klar feminin noch maskulin einordenbar. Diese Ambivalenz soll an die Hörer*innen weitergegeben werden. Am ehesten lässt sich der Sound wohl als Alternative Pop beschreiben. Songs wie »Solo soy« liefern eine bunte Mixtur aus Flamenco, Elektronik, Disco sowie Pop – und sind wie García Picasso selbst irgendwo zwischen Granada und Berlin zu Hause.

García Picasso, Bnrl,
Pro 21 Cultural

Sandra Monfort

Die katalanische Musikerin verbindet in ihrem Sound spanische Folktraditionen mit elektronischen Texturen – tanzbar, elegant, süß und gleichzeitig roh. Ihre Laufbahn begann zunächst mit dem Komponieren für andere Künstler*innen, bevor sie 2021 mit ihrem Debütalbum »Niño reptil ángel« eine Solokarriere startete. Mit dem Album »La mona« habe sie sich, wie sie selbst erklärt, zwei Jahre später in eine Folk-Diva verwandelt. Musikalisch sei sie schon in ihrer Kindheit von Celine Dion, den Spice Girls und den Beatles geprägt worden – Einflüsse, die heute in ihren Songs mit feminin-queerer Energie nachhallen.

Jøl

Die fünfköpfige Band Jøl klingt genau so, wie sie aussieht: heavy, punkig und laut. Verzerrte Gitarrenriffs treffen auf rauen Gesang. Die neue EP »Vicios modernos« verbindet Industrial- mit Synthpunk-Elementen. Trotz seiner Härte und Rohheit wirkt der Sound ausgereift und bereit für die großen Festivalbühnen. Im Juli waren die Newcomer immerhin schon beim Mad Cool zu sehen, einem der wichtigsten Festivals Spaniens – im selben Line-up wie ihre großen Vorbilder Nine Inch Nails.

Macht und Musik Warum Missbrauch in der Branche keine Normalität sein muss

»Die Zahl der Falschanschuldigungen in Sexualstrafdelikten ist verschwindend gering. Als Gesellschaft konzentrieren wir uns zu stark auf diese Fälle.«

— Sophie Rendl

Ob Rammstein, Diddy oder #TechnoMeToo – die Musikbranche und Machtmissbrauch scheinen Hand in Hand zu gehen. Das schlägt sich auch in Übergriffen auf Fans und Mitarbeiterinnen nieder. Wie kann man dem entgegenwirken? Mit dieser Frage beschäftigt sich ein Panel bei der diesjährigen Waves Vienna Conference. ———— Sex mit Fans, Drogen und Machtmissbrauch galten lange Zeit als untrennbar mit der Musikindustrie verbunden. Künstler seien eben manchmal etwas exzentrisch. Ohne Wahnsinn kein Genie. Und welche Fans hätten nicht gerne Sex mit ihren Idolen? Spätestens die #MeToo-Bewegung sollte allerdings gezeigt haben: So einfach ist es nicht. Zwischen Künstler*innen und ihren Fans herrscht ein Machtgefälle. Extreme Idealisierung beeinflusst die Entscheidungsfähigkeit. Zudem bestehen in der Musikindustrie oft Abhängigkeiten von einigen wenigen

Entscheidungsträger*innen. Übergriffiges Verhalten wird in so einem System allzu oft unter den Teppich gekehrt. Doch wie ist die aktuelle Lage in Österreich?

Awareness im Club

Vor zwei Jahren erschütterten schwere Vorwürfe die Wiener Club- und Technoszene. Mehreren DJs wurde vorgeworfen, sich (sexuell) übergriffig gegenüber Fans und Frauen in der Branche verhalten zu haben. Mittlerweile folgte – unter anderem deshalb – eine Novellierung des Wiener Veranstaltungsgesetzes. Seit dem 1. Juli 2025 muss bei Veranstaltungen ab 300 Personen ein Awarenesskonzept vorgelegt werden. Ab 5.000 Besucher*innen müssen Awarenessmaßnahmen in das Sicherheitskonzept der Veranstaltung einfließen. Beispielsweise in Form von ausreichender Beleuchtung der WC-Anlagen. Ist es damit getan?

»Es ist ein großer Fortschritt«, meint Sophie Rendl, Teil der Initiative Frauendomäne und von Vera*, einer Vertrauensstelle für Betroffene im Kunst- und Kulturbereich. Geht es nach ihr, bräuchte es solche rechtlichen Rahmenbedingungen österreichweit, weil darin ein großes Potenzial für mehr Sicherheit in der Musikbranche liege. Ines Fernau, Geschäftsführerin der Veranstaltungsagentur Cute Concerts, befürwortet das Gesetz ebenfalls, betont jedoch die Notwendigkeit einer Unterstützung durch die Politik. »Die Veranstaltungsbranche ist äußerst stressig und zeitaufwendig. Ein verpflichtendes Awarenesskonzept ist da eine große zusätzliche Aufgabe.« Organisationen wie die Vienna Club Commission und Kollektive wie Awa* könnten laut Fernau zwar Hilfestellung bieten, allerdings benötigten auch sie ausreichend politischen Rückhalt.

»Gerade im Partykontext ist es besonders wichtig, dass sich Künstler*innen gegen Übergriffe aussprechen.«
— Ines Fernau

Und abgesehen von Gesetzen? Bewusstseinsbildung für die Mitarbeiter*innen und Risikoanalysen von Veranstaltungslocations sind Möglichkeiten, um ein sichereres Umfeld zu schaffen. Ein positives Beispiel sei hier die Wiener Stadthalle, so Sophie Rendl. Diese schule ihre Ordner*innen und Mitarbeiter*innen, um sie für den Umgang mit Übergriffen zu sensibilisieren. Die ausgebildete Juristin erwähnt auch Codes of Conduct, also Regeln und Richtlinien, die auf das Verhalten von Mitarbeiter*innen abzielen. Außerdem sollten Fördergelder an Sicherheitsmaßnahmen gekoppelt werden. Für Ines Fernau wäre es ergänzend denkbar, dass Künstler*innen in ein Team investieren, das sie in puncto Sicherheit unterstützt. Gerade bei großen Acts sei das finanziell machbar.

Im Wiener Nachtleben gibt es einige Venues, die schon seit Jahren mit g u tem Vorbild vorangehen. Ein Beispiel ist etwa der Club Sass. Awarenessteams sind dort bei jeder Veranstaltung fix dabei. Das ist eine Besonderheit, denn in der Regel stellt derzeit nicht der Club das Awarenessteam, sondern die jeweiligen Veranstalter*innen des Events. Überdies beschäftigen sich immer mehr Venues mit der Frage, wie sie ihre Veranstaltungen sicherer gestalten können.

Ines Fernau meint, dass Maßnahmen an die Art der Veranstaltung angepasst werden müssten. Eine Konzerthalle brauche andere Sicherheitsmaßnahmen als ein Club; es komme auch auf die Acts und das Publikum an. »Gerade im Partykontext ist es besonders wichtig, dass sich Künstler*innen gegen Übergriffe aussprechen«, erklärt Fernau. Positivbeispiele seien hier junge Künstler*innen wie Ski Aggu.

Wirtschaft und Sicherheit

Besonders in einem Punkt sind sich unsere beiden Gesprächspartnerinnen einig: Opfer müssen wissen, an wen sie sich wenden können. Und sie müssen sich sicher sein können, dass sie ernst genommen werden. Wenn Übergriffe von Acts bekannt werden, stellt sich die Frage nach dem Umgang damit. Für die Zwickmühle, in der Veranstalter*innen sich dann oftmals befinden, hat Ines Fernau Verständnis. Bei großen Konzerten wie beispielsweise Shows von Rammstein seien diese dann gezwungen, eine wirtschaftlich schwie -

rige Entscheidung zu treffen: Verluste einfahren oder potenziellen Tätern eine Bühne bieten. »Hier wäre es schön, wenn die Stadt Wien oder der Staat Österreich einen Beitrag dazu leisten würde, dass so eine Absage finanzierbar ist.«

Raues Klima

Sophie Rendl betont wiederum, dass Zuständige wirtschaftlich auch profitieren können, wenn sie für die Sicherheit ihrer Mitarbeiter*innen und Fans sorgen. »Projekte können von solchen Vorwürfen überschattet werden, das hat man beim Film ›Corsage‹ gesehen.« Konsequenzen zu ziehen, wenn es Vorwürfe gegen bestimmte Künstler*innen gibt, könne also auch in dieser Hinsicht vorteilhaft sein. Natürlich dürfe man sich nicht dazu verleiten lassen, Menschen pauschal zu verurteilen und zu »canceln«, so die Expertin weiter. Aber: »Die Zahl der Falschan -

Ines Fernau, Co-CEO Cute Concerts

schuldigungen in Sexualstrafdelikten ist verschwindend gering. Als Gesellschaft konzentrieren wir uns zu stark auf diese Fälle. Demgegenüber steht die Tatsache, dass es in Österreich eine sehr geringe Verurteilungsquote gibt. Da muss man sich natürlich fragen, warum sich eine Person dem aussetzen sollte, wenn gar nichts dahinter ist.«

Während die Verurteilungsquote bei sexueller Gewalt niedrig ist, ist bei der Dunkelziffer genau das Gegenteil der Fall. Eine Prävalenzstudie aus dem Jahr 2011 vom Österreichischen Institut für Familienforschung geht von einem Verhältnis von eins zu fünfzehn aus – jedem offiziell

verzeichneten Fall stehen also fünfzehn Fälle gegenüber, die nie publik werden. Hat sich die Situation seit Beginn der #MeTooBewegung verbessert? Sophie Rendl bezweifelt das. Es gebe immer noch viel zu viele Fälle, meint sie. Sie findet auch, dass sich das aktuelle politische Klima gerade wieder in eine andere Richtung entwickle. Momentan würden eher Stimmen laut werden, die sexualisierte Grenzüberschreitungen wieder bis zu einem gewissen Grad legitimieren. Das mache es schwer für Betroffene, sich gegen Übergriffe zur Wehr zu setzen oder darüber zu sprechen.

Wird trotzdem der Gang an die Öffentlichkeit gewählt, sei die Sensibilisierung von Journalist*innen für das Thema essenziell, erklärt Rendl. Diese sollten nicht nur feinfühlig mit potenziellen Opfern umgehen, sondern sie auch informieren, was so ein Schritt medienrechtlich bedeutet. Das heißt: Aufklärung über mögliche Verleumdungsklagen oder auch sogenannte SlappKlagen, also strategische Klagen, um be-

troffene Personen einzuschüchtern. Hinzu kämen unter Umständen auch Shitstorms, Retraumatisierungen und berufliche Konsequenzen, weshalb man dafür sorgen müsse, dass Menschen strukturell geschützt sind. Zurück zur Frage, ob eine Musikbranche ohne Machtmissbrauch überhaupt denkbar ist. Schließlich zieht Macht ja bekanntlich automatisch Missbrauch an, oder? Sophie Rendl betont, dass übergriffiges Verhalten sicherlich nicht zwangsläufig zur Kunst dazugehöre: »Sehr viele Künstler*innen gehen höchst respektvoll mit ihren Fans um. Es gibt Menschen, die Macht haben, ohne diese zu missbrauchen.«

Macht und Missbrauch

Auch Konzertbesucher*innen wissen einen achtsamen Umgang mit dem Thema Sicherheit durchaus zu schätzen. Weltweit berühmte und damit überdurchschnittlich mächtige Musiker*innen wie Taylor Swift oder Harry Styles zeichnen sich durch einen besonders respektvollen Umgang mit ihren Fans aus. Macht und Missbrauch gehen also nicht zwangsläufig Hand in Hand.

Vielleicht geht es bei der Behauptung, dass Macht ohne Missbrauch unmöglich sei, vorwiegend darum, eine unangenehme Wahrheit zu normalisieren. Nämlich jene, dass in unserer angeblich so sicheren westlichen Gesellschaft immer noch Übergriffe stattfinden. Missbrauch als zwangsläufige Folge von Macht zu verstehen, gibt uns ein einfaches Erklärungsmodell und damit einen paradoxen inneren Frieden. Und, ja, hierzulande leben Menschen weitgehend sicher. Sexuelle Übergriffe sind in Österreich – soweit sie erfasst werden können – insgesamt gesehen eher die Ausnahme als die Regel. Doch sie finden statt, werden oft bagatellisiert und ignoriert. Auf diesem unbefriedigenden Status quo sollten wir uns nicht ausruhen. Alle Menschen haben schließlich ein Anrecht darauf, sicher zu sein – in jedem Lebensbereich. Sarah Aberer

Das Panel »Breaking the Silence: Abuse of Power in the Music Industry« mit Sophie Rendl, Ines Fernau und Sonja Eismann, moderiert von Yasmin Hafedh aka Yasmo, findet am 2. Oktober um 11 Uhr in der Brunnenpassage im Rahmen der Waves Vienna Music Conference statt.

»Sehr viele Künstler*innen gehen höchst respektvoll mit ihren Fans um. Es gibt Menschen, die Macht haben, ohne diese zu missbrauchen.«
— Sophie Rendl

XA – Music Export Award 2025

Die Nominierten lauten …

Der XA – Export Award geht in die nächste Runde. Wie jedes Jahr wird er im Rahmen des Festivals Waves Vienna verliehen. Die Vergabe des Awards findet in Kooperation mit Mica – Music Austria, Austrian Music Export, Austro Mechana / SKE Fonds sowie Radio FM4 statt. Folgende sechs Artists sind heuer nominiert.

Beaks

Viel lässt sich online noch nicht über die Künstlerin Beaks in Erfahrung bringen. Ihre Präsenz erscheint ebenso mysteriös, wie ihre Musik klingt. Von wummernden Basslines, klaren Gitarrensounds und geheimnisvollen Synthbeats getragen, zieht sich Beaks’ markanter Sprechgesang durch ihre Musik. Untermalt wird das Ganze von pointierten Aussagen in den Lyrics wie etwa »I wanna do drugs to forget what I want« (»Clueless«), die ihren Songs eine klare Punkattitüde verleihen. Ein Album befindet sich derzeit noch nicht im Repertoire der Musikerin, die auch als Model arbeitet. Dafür aber mehrere Singles, von denen »I Dropped the Bottle« schon über zwei Millionen Streams verzeichnen kann.

Filiah

Nach dreijähriger Pause ist die Sängerin Filiah zurück – mit gewohnt lieblicher Stimme und autobiografischem Storytelling. Bei ihrer neuen Single »Sad Girl with a Punchline« vom gleichnamigen Album verwebt sie Erinnerungen an kindliche Unsicherheiten mit schonungsloser Selbstkritik: »If anyone disappoints me, it’s myself.« Zwischen Verletzlichkeit und Fassade bewegen sich die Zeilen dieses Songs, der mit ambivalenter Bildsprache innere Konflikte zum Ausdruck bringt. Musikalisch erinnert Filiah mal an Phoebe Bridgers, mal an Lizzy McAlpine. Ihren Stil beschreibt sie selbst als »indie folk with a glittery sparkle of pop«. In Summe klingt das dann so, wie sich eine warme Umarmung anfühlt.

Jo the Man the Music

»Skinny Dipping«, die erste Single von Jo the Man the Music, verspricht einiges. Nicht allzu verwunderlich, begann die Musikerin doch schon im Alter von sechs Jahren damit, mehrere Instrumente zu erlernen. Und obwohl sie auf ihrer Debütsingle »I am not making moves / I’m too scared I’m not good« singt, ist von Unsicherheit wenig zu spüren. Vielmehr fusioniert sie auf raffinierte Weise träumerischsüße Momente mit roher Energie. Auch genretechnisch gelingt ihr mit »Skinny Dipping« ein Brückenschlag: zwischen Indie- und Alt-Pop. Ihre erste EP, die noch im Laufe des Jahres erscheinen soll, dürfen wir jedenfalls mit Spannung erwarten.

Selma Hörmann
Fabi Rettenbacher, Marie Schrentewein, Andy Kohl, Jan Brunner, Lovehead, Mario Wallner

Kids Don’t Smoke

»Fuck Genres« lautet die Spotify-Beschreibung von Kids Don’t Smoke. Dieser Einstellung wird die Musik durchaus gerecht: Zu hören ist ein Mischmasch aus Synthie-Elementen, rockigen Gitarrenriffs, treibenden Beats und Indie-Singer-Songwriter-Flow. Jan Brunner, der hinter dem Projekt steckt, ist von Tirol nach Wien gezogen und spielt nebenbei auch Gitarre in der Alternative-Rock-Band Mindless Minds. Sein Soloprojekt setzt ganz auf DIY-Mentalität und erreichte mit der Debütsingle »Headlights« gleich die Spitze der FM4-Charts. Auch die neueren Nummern von Kids Don’t Smoke – der Name ist übrigens als Aufforderung gedacht – führen diesen Ansatz konsequent weiter.

Lovehead

Lovehead – das sind drei Burgenländerinnen, die deutschen Indiepoprock spielen und sich dabei kein Blatt vor den Mund nehmen. Ihren erfolgreichen Auftakt gaben sie mit der Verflossene-LiebeSingle »Denkst du an mich?«. Für virales Geschehen sorgte die Band dann auch mit ihrem Megaohrwurm »Erdnussallergie«. Anna, Elena und Mara erzählen Geschichten von Wodka mit Kirschsaft, Exfreunden und Nüssen. Das Songwriting teilen sich die drei Freundinnen. Trotz ihrer noch jungen Musikkarriere haben Lovehead schon einiges an Auftritten zu verzeichnen, unter anderem beim diesjährigen Popfest Wien.

Sanna Frankie

Gefühle werden in Sanna Frankies Musik großgeschrieben. Die Sängerin kreiert Songs zum Mit- sowie Wohlfühlen und gibt dabei mit mutiger Offenheit ihr Innerstes preis. Seit ihrer 2023 erschienen Debüt-EP hat sie eine Reihe von Singles veröffentlicht, in denen sie ein Themenspektrum von Nicht-Dazugehören bis hin zu Leere nach Liebeskummer behandelt. Ihre Stimme steht dabei stets im Vordergrund der Musik, die am poppigeren Ende des Indiepop-Spektrums angesiedelt ist. Zuletzt erschien mit »Fucked Up« ein Vorbote ihres ersten Albums. Darin beweist Sanna Frankie abermals, dass sie großes gesangliches Talent besitzt, und wagt sich gleichzeitig an gesellschaftskritischere Themen rund um Geld- und Machtgier. Verleihung Sa., 4. Oktober

Was bisher geschah Waves Vienna von 2011 bis heute

Waves Vienna ist in seiner Geschichte schon kreuz und quer durch Wien gezogen und hat dabei weit über tausend Acts auf die Bühnen gestellt. Heuer feiert das Showcase-Festival ein kleines Jubiläum. Fünfzehn Jahre im detailreichen Schnelldurchlauf.

2011 — Ahoi beim Waves Vienna!

Als erstes Showcase-Festival Österreichs ging Waves Vienna 2011 mit viel Erklärungsbedarf an den Start. Zum Beispiel hinsichtlich der Frage, was das überhaupt ist, ein Showcase-Festival. Im 166 Seiten starken, zweisprachigen Programmbooklet schrieb Festivaldirektor Thomas Heher: »Mit einem Ticket auf Entdeckungsreise durch die Wiener Clubszene gehen, etablierte Künstler*innen in neuem Rahmen auf sich wirken lassen, gehypte Acts erstmals live erleben und noch völlig unbekannte Musikperlen auskundschaften – dafür steht Waves Vienna.« Zu sehen waren Artists wie Gang of Four, Actress oder Photek, in Musikvenues und Off-Locations (vor allem) entlang des Donaukanals und im Prater – von Flex über Flucc

(damals noch Fluc) bis Pratersauna. Auch eine Wiener-Linien-Bim wurde bespielt, genau wie zwei Schiffe, was sich auch im nautisch angehauchten Festivalsujet niederschlagen sollte. Bei der Eröffnung im Stadtsaal begeisterte Soap & Skin das Publikum. Die Waves Vienna Music Conference, damals im Collegium Hungaricum, verschrieb sich dem Überthema »East Meets West« und sollte »Basis und Inspiration für eine langjährige, gesamteuropäische Zusammenarbeit sein«. Als Keynote -Speaker konnte der britische Musikmanager Peter Jenner (Pink Floyd, Marc Bolan, The Clash, …) gewonnen werden. Mit dem TBA Daily (später Waves Daily) erschien sogar eine tagesaktuelle Printpublikation zum Festival.

2012 — Erstmals Gastländer im Fokus

Mit mehr als hundert Acts an vier Tagen und auf zwölf Bühnen ging es im zweiten Jahr ähnlich ambitioniert weiter. Mit dabei waren Bunny Lake, Ghostpoet, Gold Panda, Gravenhurst, Kavinsky, Mile Me Deaf, Pantha du Prince, The Soundtrack of Our Lives und viele, viele andere. Bei der Eröffnung im Gartenbaukino war die LCD-Soundsystem-Doku »Shut Up and Play the Hits« zu sehen. Die Konferenz widmete sich erstmals zwei Gastländern: Polen und Frankreich. Als Teil davon fanden Im Vorfeld des Festivals und in Kooperation mit dem

Austrian Music Export Networkingsessions mit Showcases österreichischer Acts in Warschau und Paris statt. Neben dem Waves Daily dokumentierte das englischsprachige Waves Magazine (im Zeitungsformat) die Aktivitäten rund um Waves Vienna sowie rund um Wavesnet, »das partnerschaftliche Netzwerk zum Austausch innerhalb der zentraleuropäischen Musikmärkte«. Erstmals gab’s auch eine Festival-App. Und Fische – eigentlich Angelköder – hielten Einzug in die CI, also das grafische Erscheinungsbild, des Festivals.

2013 — Bratislava Meets Vienna

Mit sechs zusätzlichen Locations in der »Twin City« Bratislava wurde Waves Vienna 2013 um ein zweites, eigenständiges Festival erweitert. Shuttlebusse verkehrten zwischen den beiden Hauptstädten, die so nah beieinander liegen wie keine anderen in Europa. Am »Stammsitz« in Wien wid-

mete man sich den Gastländern Slowenien und Belgien. Die Konferenz übersiedelte in die Urania. Attwenger, CSS, Nathan Fake, Kreisky, I-Wolf, Múm, Slut, Skream und Sohn waren Teil des gewohnt breiten Lineups. Charli XCX war gebucht, musste aber leider kurzfristig absagen.

2014 — Ins Herz der Stadt

Die Waves Vienna Music Conference fand 2014 erstmals in den Räumlichkeiten der Universität für Musik und darstellende Kunst statt (gemeinsam mit den Vienna Music Business Research Days) – sowie zur Hälfte in Bratislava, wo auch das Konzertprogramm auf zwei Tage ausgebaut wurde. In Wien verlagerte sich das Fes tivalgeschehen mit neuen Venues wie der Alten Post, Brut, Haus der Mu -

sik, Konzerthaus und Porgy & Bess ins Herz der Stadt, in den ersten Bezirk. Die Gastländer des Jahres: Kroatien und Niederlande. Auf den Bühnen standen unter anderem: Manu Delago, First Aid Kit, The Hidden Cameras, Kommando Elefant, Scott Matthew, Alexis Taylor (Hot Chip) und Thees Uhlmann. Überdies wurde im Vorfeld von Waves Vienna das Waves Film Fest veranstaltet.

2015 — Gewohnte Vielfalt

Im fünften Jahr schwamm wieder ein Schiff auf den Wellen der Waves-CI. Diverse Tiere sollten darin ab sofort auch eine Rolle spielen. Erstmals richtete sich der Blick des Festivals gleich auf drei Gastländer: Estland, Lettland und Litauen. Mit Acts wie Austra, Avec, Ebony Bones, Kids N Cats, Little Boots, Mynth, Oddisee, Mike Skinner (The Streets), We Walk Walls oder Young Rebel Set war das musikalische Angebot – aus

den Musikbiotopen Indierock, Folk, Pop, Elektronik und Hip-Hop – vielfältig wie gewohnt. Filmvorführungen und Lesungen (etwa mit Andreas Dorau, Stefanie Sargnagel und Dirk Stermann) ergänzten das Programm. Mit Squirrel’s Finest, einem hopfengestopften Session IPA, gab es ein eigenes Festivalbier. Und ein letztes Mal wurde auch bei Waves Bratislava genetzwerkt und neue Musik entdeckt.

2016 — Neuer Bezirk, neues Glück

Der neunte Wiener Gemeindebezirk sollte ab 2016 für einige Jahre die neue Heimat von Waves Vienna werden. In der und um die Festivalzentrale Wuk wurde Acts wie Avec, Black Honey, Gold Panda, Holy Fuck, Jardier, Lola Marsh, Mule & Man und We Are Scientists eine Bühne geboten. Diverse Off-Locations – etwa das Café Weimar oder das Schubert Theater – sorgten für außergewöhnliche Konzertsettings. »Wir verstehen uns als Entdecker*innenfestival und wünschen uns, dass sich die Besucher*innen von einem großartigen Musikbeitrag zum nächsten treiben lassen, sich austauschen

und vernetzen und am Ende des Abends bereichert nach Hause gehen«, fasste Festivaldirektor Thomas Heher die Idee hinter Waves Vienna damals zusammen. Bei der Konferenz bot Conchita Wurst Einblicke in ihre Musikkarriere und das neue Format der Pop-up-Sessions sollte den ungezwungenen Austausch mit namhaften Musikprofis ermöglichen. Als Gastländer waren Deutschland und Israel vertreten. Auch ein Label Markt und der Music Hack Day waren Teil des Programms. Um ein Zeichen zu setzen, wurde in diesem Jahr außerdem das Produktionsteam ausschließlich mit Frauen besetzt.

Peter Jenner, 2011
Conchita Wurst, 2016

2017 — Ab sofort mit Award

Mit der sehr stimmungsvollen Canisiuskirche und der Modeschule gleich hinter dem Wuk setzte Waves Vienna 2017 auf zwei weitere Locations in direkter Nachbarschaft seiner Festivalzentrale. Dreizehn Bühnen waren es in diesem Jahr und abermals etwa hundert Acts – unter anderem At Pavillon, Louis Austen, Chuckamuck, Clap Your Hands Say Yeah, Forest Swords, Lubomyr Melnyk und Wandl. Ein Craft Beer & Street

Food Market sorgte fürs leibliche Wohl. Fokusländer waren Italien und Tschechien. Neu und im Rahmen der Konferenz verliehen: der XA – Music Export Award. Die gemeinsame Initiative von Mica – Music Austria, Austrian Music Export, Austro Mechana / SKE Fonds, Radio FM4 und Waves Vienna unterstützt österreichische Acts mit besonderem Exportpotenzial und ging bei seiner Premiere an Cari Cari.

2018 — Sync Rights und andere Themen

An die einhundert Newcomer und etablierte Acts zierten auch das Line-up der achten Ausgabe von Waves Vienna. Mit dabei: Chad Valley, Neneh Cherry, Futurski, The Go! Team, Mile Me Deaf und WWWater. Dives konnten die XA-Jury von sich überzeugen. Der alljährliche Länderfokus richtete sich auf Portugal und die Slowakei. Im Rahmen der Konferenz tauschten sich heimische wie international Professionals

zu den aktuellen Themen der Musikbranche aus: Wie bringen Künstler*innen ihre Musik in Filmen, Serien und Videospielen unter? Schlagwort: Sync Rights. Lässt sich eine Karriere als Musiker*in mit dem Familienleben vereinbaren und wie steht es dabei um die soziale Verantwortung der Branche? Welche Bedeutung haben Musikblogs für die Karriere junger Künstler*innen? Spielt Radio noch eine wichtige Rolle?

2019 — Jeder dritte Act aus Österreich

Auch 2019 standen die Branche und die Waves Vienna Music Conference natürlich nicht still: Unter dem Titel »Agent of Change« wurden aktuelle Herausforderungen und Zukunftsperspektiven für Kultur- und Musikzentren sowie für das kommunale Leben aufgezeigt – inklusive Best-Practice-Beispielen wie dem Konzept des Nachtbürgermeisters, das in Form der Vienna Club Commission zwischenzeitlich auch in Wien umgesetzt worden ist. Eine Podiumsdiskussion zum Thema Cancel Culture widmete sich dem Umgang

mit in Verruf geratenen Künstler*innen. Mit 34 Acts war das Konzertprogramm zu einem Drittel mit Künstler*innen aus Österreich bestückt, beispielsweise mit den damaligen XA-Gewinner*innen Anger, Good Wilson, Bernhard Eder, Lisa Pac, Petrol Girls und Titus Probst, um nur ein paar zu nennen. Als internationale Vertreter*innen seien noch Alyona Alyona, Iris Gold, Martin Kohlstedt, Dan Mangan, Marissa Nadler und Shortparis erwähnt. Die Fokusländer in diesem Jahr: Ungarn und Schweden.

Cari Cari, 2017
Shortparis, 2019

2020 — Corona und die Folgen

Das erste große Jubiläum – zehn Jahre Waves Vienna! – hatte man sich anders vorgestellt: Die Coronapandemie hatte die Welt fest im Griff, Veranstaltungen mussten reihenweise abgesagt werden oder konnten nur unter erheblichen Einschränkungen stattfinden. Für ein Showcase-Festival, bei dem es um Austausch und Networking zwischen der heimischen und der internationalen Musikszene geht, eine kleine Katastrophe. Mit einem Hybridkonzept versuchte man, das Beste

daraus zu machen. Die Konferenz fand im Wesentlichen online statt (mit Covid-19 auch als thematischem Fokus) und die Konzerte wurden gestreamt – inklusive Public Viewing im Hof des Wuk. Wie ursprünglich geplant gab’s zum Zehnjährigen eine neue CI mit auffälligen, welligen Grafikelementen, eine Vinyl-Compilation mit den acht XA-Nominierten (als Gewinnerin ging in diesem Jahr Oska hervor) und natürlich auch zwei Fokusländer: UK und Ukraine.

2021 — Back to (Almost) Normal

Corona war noch nicht ausgestanden, aber Indoor-Konzerte unter gewissen Auflagen (Masken!) wieder möglich, weshalb wir uns 2021 über ein Comeback von Waves Vienna in alter Form freuen durften. Wegen Renovierungsarbeiten fiel die Modeschule als Location aus, zusätzliche Bühnen in den Räumlichkeiten der Canisiuskirche sorgten für adäquaten Ersatz. Auch der Länderfokus wurde neu gedacht: Speziell hervorgehoben wurden in diesem Jahr die zehn Länder des Do -

nauraums – also Deutschland, Österreich, die Slowakei, Ungarn, Kroatien, Serbien, Rumänien, Bulgarien, die Republik Moldau sowie die Ukraine. Bei der Konferenz wurden deren Musikmärkte vorgestellt und grenzüberschreitende Themen diskutiert. Den XA räumte Florence Arman ab. Live zu sehen waren außerdem: 52 Hertz Whale, Aze, Discovery Zone, Eli Preiss, Faux Real, Hearts Hearts, Mira Mann, Rahel, Sparkling, Zinn und viele andere mehr.

Waves Vienna 2011

2022 — Diversity als neues Generalthema

Eine Plattform zu schaffen, über die sich die Musikszenen Ost- und Westeuropas austauschen können, stand als Gründungsgedanke am Anfang von Waves Vienna. Dieser Brückenschlag ist unauslöschlich in die DNA des Festivals eingeschrieben. Ohne ihn aus den Augen zu verlieren, nahm das Team rund um Thomas Heher 2022 auch gesellschaftspolitische Anliegen mit auf die Agenda. Dafür wurde sogar ein Beirat ins Leben gerufen. Dem neuen Generalthema Diversity, also dem »wertschätzenden, bewussten und respektvollen Umgang mit

Verschiedenheit und Individualität«, näherte man sich bei der Konferenz in diesem Jahr über den Aspekt des Micro-Activism. Und sonst so? Kanada war »Guest of Honor«, erstmals waren auch einige der stadtbekannten Gürtelclubs mit von der Partie und Farce erhielt den XA – Austrian Music Export Award. Weitere Highlights: Bibiza, Bipolar Feminin, Finley Quaye, Levin Goes Lightly, Lil Julez, Naima Bock, Oskar Haag, Salò, Superorganism, The Haunted Youth, The Psychotic Monks, W1ze, Wallners und Zack Zack Zack.

2023 — Entlang des Gürtels

Den bislang letzten Umzug (und das letzte Redesign) brachte Waves Vienna im Zuge seiner dreizehnten Ausgabe über die Bühne. Da umfangreiche Renovierungsarbeiten das Wuk für längere Zeit in Beschlag nehmen sollten, wurde die Ausgehmeile entlang des Gürtels, wo sich Lokal an Lokal reiht, zum neuen Herzstück des Festivals. Im nahegelegenen Metropol gab es ebenfalls Konzerte. Und die Konferenz fand im West Space, im

Gebäude der ehemaligen Wirtschaftsuniversität, statt – zum Thema » Unconscious Bias«. Gastland 2023 war die Schweiz. Neben dem »klassischen« Waves-Vienna-Line-up – etwa mit Ada Oda, Anda Morts, der XA-Gewinnerin Bex, Cousines Like Shit, Endless Wellness, Güner Künier, Annie Taylor, Shelf Lives und Sam Quealy – stellte das Festivals im Rahmen von »Upbeat« erstmals auch aufstrebende Global-Pop-Acts aus ganz Europa vor.

2024 — Konferenzen im Doppelpack

Auch letztes Jahr bespielten wieder hundert heimische und internationale Artists zehn Venues, dieses Mal ausschließlich entlang des Gürtels. David Arcos, EatGirls, Freak Slug, Gatafiera, I Hate Myself Because, Leber, Low Life Rich Kids, Edna Million, Modular, Power Plush und Unflirt hießen ein paar davon. Lucy Dreams holten sich den XA – Austrian Music Export Award und Lara Cortellini erhielt

den erstmals vergebenen The-Gap-Nachwuchspreis für Musikjournalismus. Wir gratulieren! Kolumbien als Gastland und – wie gewohnt – die Konferenz rundeten die 2024er-Ausgabe von Waves Vienna ab. Im Rahmen von Letzterer gab es erstmals ein Treffen des Dachverbandes der europäischen Musikexportbüros (EMEE) sowie eine Kooperation mit der parallel stattfindenden Musikwirtschaftskonferenz Bzzzz.

2025 — Vorfreude jetzt!

In seinem Jubiläumsjahr setzt Waves Vienna auf altbewährte Stärken und holt wieder spannende neue Acts aus Österreich sowie weiten Teilen Europas auf die Festivalbühnen entlang des Gürtels. Viele davon mag man noch nicht kennen, aber es lohnt sich zumeist, sie kennenzulernen. Die Eröffnung im Volkstheater wird von Oska gehostet. Die Musikerin wird dabei mit Christina Stürmer, Josh, Teya, Yasmo, Hans Platzgumer, Oskar Haag, Hearts Hearts und Farce auftreten. Für den XA

sind dieses Mal Beaks, Filiah, Jo the Man the Music, Kid’s Don’t Smoke, Lovehead und Sanna Frankie nominiert (Seite 22). Und bei der Konferenz wird unter anderem über Machtmissbrauch in der Musikbranche (Seite 18), die Chancen, die der Eurovision Song Contest für Österreichs Musikszene birgt, sowie den Musikmarkt des Gastlandes Spanien (Seite 13) gesprochen. Außerdem wird erstmals der Central European Indie Festivals Award (CEIFA) verliehen. Wir sehen uns vor Ort!

Offenlegung: Der Autor dieses Textes war lange Jahre bei Waves Vienna für die Pressearbeit mitverantwortlich. Seit 2024 übt er keine Funktion mehr beim Festival aus.

Patrick Münnich, Hannah Tögel
Farce, 2022
Edna Million, 2024

24/10/25

Fünfzehn Menschen, fünfzehn Highlights

Anlässlich der fünfzehnten Ausgabe von Waves Vienna haben wir fünfzehn Leute, die dem Festival nahestehen, gute Erfahrungen damit verbinden oder einen interessanten Blickwinkel darauf haben, gebeten ihren persönlichen Höhepunkt aus der Festivalgeschichte mit uns zu teilen. Hier sind ihre Antworten.

Michel Attia

Leiter Booking und Events Radio FM4 ———— Ich liebe Wien. Aber manchmal wünsche ich mir mehr kosmopolitischen Vibe in der Stadt. Und ich liebe Festivals. Aber manchmal wünsche ich mir mehr unbekannte spannende Acts im Line-up. Waves Vienna schafft beides: Wien für ein paar Tage mit den vielen internationalen Gästen aus der Musikbranche zu einem kosmopolitischen Ort zu machen. Und unbekannte spannende Acts im Line-up zu präsentieren. Für mich ist Waves Vienna ein jährliches Highlight in meiner Heimatstadt. Am liebsten erinnere ich mich an das Jahr 2022 und unser gemeinsames »Speak Ösi«-Pop-up-Dinner im versteckten Top 6 – The Supersense Private Supper Club. Die leuchtenden Augen der nationalen und internationalen Gäste beim Betreten dieser absurd-stylishen Wohnung sehe ich immer noch genau vor mir.

Alona Dmukhovska

Leiterin Music Export Ukraine ———— Mein Waves-Vienna-Highlight war, als die Ukraine 2020 während Covid als Fokusland präsentiert wurde. Zusammen mit dem Ukrainischen Institut haben wir damals unsere größte Delegation bis heute organisiert: sechs diverse Acts (Dakh Daughters, Fo Sho, Krapka Koma, The Castle, Tik Tu und Tse Sho) sowie eine Paneldiskussion. Alle Performances wurden in der Venue Atlas in Kyiv unter erstklassigen Produktionsbedingungen gefilmt und live gestreamt. Das hat die ukrainische Musikszene trotz Lockdown für ganz Europa zugänglich gemacht.

Susanna Fellner

Kulturkommunikatorin Wiener Konzerthaus ———— Ein einziges Highlight aus fünfzehn Jahren Waves Vienna herauszupicken, ist ob der unzähligen Erlebnisse quasi unmöglich, selbst wenn ich mich auf die sieben Ausgaben während meiner Mitarbeit beschränke. War es die legendäre Schifffahrt nach Bratislava in meinem ersten Jahr als Praktikantin, Wandls heilige Musikmesse in der Canisiuskirche oder doch die queere Knutscherei des Schmusechors im Prückel? Ganz oben steht aber definitiv – Achtung Kitsch! – die Zusammenarbeit mit dem wunderbaren Festivalteam hinter Waves Vienna.

Alexander Galler

Fotograf Waves Vienna ———— Ein einzelnes Highlight auszumachen, ist für mich unmöglich. Seit 2017 ist Waves Vienna fester Bestandteil meines Jahres-Event-Kalenders und es wurde zu einem jährlichen Highlight an sich, vor allem wegen seines vielseitigen Bookings, der informativen Conferences und der Nähe zur Wiener Undergroundszene. Besonders in Erinnerung geblieben sind mir der Besuch am alten OttoWagner-Areal (im Rahmen der Waves Vienna Delegates Tour; Anm.), der Auftritt von It’s the Lipstick on Your Teeth und die Canisiuskirche als eine der schönsten Venues.

Wolfgang Grob

Finance und Controlling Waves Vienna ———— 2014, Flex. Eigentlich nur noch ein schnelles Bier im Flex Café – und dann: Auf der Ministage legt ein Trio los, dass mir fast die Flasche aus der Hand fällt. Repetitor aus Belgrad. Ein Gitarrist, der die Wut der Welt hinausschreit, eine Bassistin, stoisch wie eine Statue – und die Drummerin: pure, scheinbar unerschöpfliche Energie. Zornig, roh, atemberaubend. Punk, Pre-Punk. Post-Punk und alles dazwischen. So geht Showcase-Festival..

Sabine Kronowetter

Musik-PR und -Marketing / PR Waves Vienna ———— Ich habe, glaube ich, kein einziges Waves Vienna ausgelassen, unzählige tolle Acts und Menschen kennengelernt – ein Highlight herauszupicken, ist unglaublich schwer. Doch Bex vor zwei Jahren im Loft kommt mir als Erstes in den Sinn. Fast wäre ich nicht hingegangen, ich war müde und eigentlich schon auf dem Heimweg. Das wäre ein Fehler gewesen! Das Loft: überfüllt, heiß, kein Platz. Aber Bex entfachte eine Energie, die jede*n im Raum erfasste. Wir schwitzten alle zusammen, drängten uns aneinander – eines der coolsten Konzerte. Genau für diese Überraschungen liebe ich Waves Vienna. Bex hat verdientermaßen dann auch den XA gewonnen.

Smaranda Krings

Leiterin Question Me & Answer (QMA) ———— Mein Highlight war natürlich unser QMA-Showcase. Das war 2021 und alle waren zwischen den Lockdowns in voller Feierlaune. Die Fotos vom Abend zeigen eine wild tanzende Menge, wie man sie selten in Wien sieht. Es gab Performances von Jungle Jade, Vereter, Dacid Go8lin und Aygyul – die Audience hat es so gefühlt! Nur leider nahm jemand an diesem Abend unsere coolen QMA-Kissen mit. Ich hoffe aber, die Person verbindet mindestens genauso schöne Erinnerungen an den Abend wie ich.

Theresa Langner-Schibranji

Leiterin Morinoko / Marketing und Sponsoring Waves Vienna ———— Waves Vienna 2016, ich besuchte als Radiomitarbeiterin erstmals die Konferenz. Nach einem Panel von Scott Cohen (damals The Orchard) kamen Scott und ich ins Gespräch: Er schwärmte von Streaming und Blockchain, ich vom Radio. Am Ende führte dieser Austausch zu meinem ersten richtigen Job in der Musikindustrie – einem Praktikum bei Music Ally in London. Heute, fast zehn Jahre später, betreue ich alle Marketing- und Sponsoringthemen bei Waves Vienna und leite meine eigene Musikagentur Morinoko.

Mwita Mataro

Musiker und Filmemacher ———— Drei Jahre bevor ich mit At Pavillon selbst am Waves Vienna gespielt habe, war ich 2014 mit unserem Schlagzeuger Paul Ali als Besucher des Festivals im Flex. Wir waren wegen der britischen Band Blaenavon dort, die Paul vorher aus dem Line-up herausgesucht hatte. Was diese drei Burschen an Sound kreierten, war zehnmal krasser als das, was wir damals aus Wien gewohnt waren. Im Anschluss lernten wir sie sogar persönlich kennen und ich blieb mit ihnen in Kontakt. Als sie dann ein paar Jahre später als Support der Europatour von Two Door Cinema Club im Gasometer spielten, übernachteten sie bei mir in der Wohnung. So eine internationale Band nicht nur zu erleben, sondern auch kennenzulernen, machte die Musikszene für mich gleich viel greifbarer.

Hyden, Michaela
Pichler,

Dominik Oswald

Musikjournalist The Gap ———— Über 300 Bands bei Waves Vienna gesehen, über zig davon für The Gap geschrieben (heuer wieder!), über zig davon wieder vergessen. Einiges hatte Nachhall, besonders: die (alte) Pratersauna beim allerersten Waves Vienna 2011, weltenöffnend für Indie-Boys aus der Provinz. Ja, Club war super, Line-up in der Venue sowieso, Sound sicher auch, aber am erinnerungswürdigsten bestimmt die Visuals bei Ken Hayakawa. Wellen (ha!), die mich sofort auf die Wellenlänge (ha!) des Waves (ha!) brachten.

Michaela Pichler

Musikjournalistin Radio FM4 ———— Waves Vienna bedeutet nicht nur, neue Musik aus allen Ecken und Enden der Welt zu entdecken, sondern auch viele, viele Artists, die man schon länger liebt, endlich in Österreich live zu sehen. Ein solcher Glücksfall war zum Beispiel der Auftritt von Chastity Belt – einer US-amerikanischen Truppe aus Walla Walla, Washington, die 2019 ihren Indie-Garage ins Wuk brachte. Davor gab’s mit den vier Musiker*innen noch ein Interview für Radio FM4, das mir lange im Gedächtnis blieb, danach noch ein Bandshirt frisch aus ihrem Tourbus. Und, ja, das trag ich natürlich immer noch.

Annemarie Reisinger-Treiber

Managerin Oska ———— Waves Vienna 2020 markiert mein ganz persönliches Highlight, als Singer-Songwriterin Oska, die ich seit 2019 manage, den XA gewann. Diesen sehe ich bis heute als ganz wichtigen Schritt in Richtung internationale Karriere. Er war quasi das Eintrittsticket zum Reeperbahn Festival im darauffolgenden Jahr, bei dem Oska für den Anchor Award nominiert wurde, von Jurymitglied Tom Odell entdeckt und wenig später eingeladen wurde, mit ihm auf Europatour zu gehen. Seit dem Auftritt bei Waves Vienna wächst der internationale Erfolg Oskas stetig.

Katja Thalerová

Konferenz- und Projektmanagerin Lala – Slovak Music Export ———— Waves Vienna bedeutet mir sehr viel. Es war eines der ersten Showcase-Festivals, das ich besuchte, und es prägte meine professionelle Ausrichtung. Seit meinem ersten Jahr 2017 entdeckte ich dort stets coole neue Musik. Dazu kommen noch all die großartigen Konzerte, wie Wandls Auftritt in der Kirche, der einzigartige Fai Baba oder Orions Belte, die bei mir auf große Resonanz stießen. 2018 war die Slowakei Fokusland und wir hatten Gelegenheit eine wunderschöne Reception und ein paar slowakische Delegations zu organisieren. Für mich ist Waves Vienna immer ein sehr angenehmer musikalischer Start in den Herbst, bei dem sich großartige Leute auf einem großartigen Festival treffen.

Hannes Tschürtz

Labelchef Ink Music ———— Es erscheint mir unmöglich, fünfzehn Jahre in einem einzigen Moment zu bündeln. Zu schrill und vielseitig sind die Erinnerungen und Erlebnisse. Aber durch unser Mitwirken am Booking in den Anfangsjahren erinnere ich mich besonders lebhaft an die Entstehung an sich, an viele Debatten um Details und frühe Line-up-Highlights mit einstigen Zukunftshoffnungen. Manche von denen wurden leider zu Unrecht völlig vergessen; andere sind tatsächlich riesige Acts mit schönen Karrieren geworden. Was bei all dem toll ist: Das Festival hat sich immer wieder stark gewandelt und mittlerweile eine schöne Form im Dasein als echtes, niederschwelliges Entdecker*innenfestival für ein buntes Publikum gefunden.

Stefan Weinöhrl

Booking Waves Vienna ———— 2014 – ich war Praktikant bei Waves Vienna und ziemlich nervös – unterstützte ich Max Zeller beim Booking und Artist Care. Als Mount Kimbie in der Alten Post spielten, drehte der Lichttechniker die Nebelmaschine so stark auf, dass man praktisch nichts mehr sah. Statt an seinem Platz zu stehen, tanzte er wild hinter den Musikern. Der Feueralarm ging los, die Feuerwehr rückte an. Alle mussten raus. Chaos. Auf die Frage, warum er den Nebel so hochgedreht hatte, sagte er nur grinsend: »Wenn i dabei bin, bin i voi dabei!«

Fall for Pop

Pressyes © Tiemo Frantal
Grandbrothers © Dominik Groetz
NENDA Live © Suna Films
LYLIT © Helena Wimmer
Leyla McCalla © Chris Scheurich
Lucy Dreams © David Reiterer
Arooj Aftab © Kate Sterlin

»Wir mussten allen erst erklären, was ein ShowcaseFestival ist«

Ein Round Table zu fünfzehn Jahren Waves Vienna

Seit fünfzehn Jahren bringt Waves Vienna internationale Acts, die heimische Szene und Branchenprofis in Wien zusammen. Drei Menschen, die von Anfang an dabei waren, im Gespräch. ———— Was heute wie ein selbstverständlicher Teil des Festivalkalenders wirkt, war anfangs ein Experiment zwischen Off-Locations, DIY-Spirit und großem Kommunikationsaufwand. Thomas Heher ist Initiator von Waves Vienna und seit Beginn an dessen Leiter. Tatjana Domany und Franz Hergovich sind federführend bei Austrian Music Export, der die zugehörige Konferenz mitorganisiert. Am runden Tisch haben die drei über die Anfänge, Krisen und Zukunftsperspektiven des Showcase-Festivals gesprochen.

Welche Ausgangslage habt ihr damals in der heimischen Musikszene vorgefunden und wie entstand daraus die Idee, gemeinsam ein Festival wie Waves Vienna zu starten?

thomas teher: Ich maturierte Mitte der Neunziger, gründete dann The Gap mit und betrieb ein Label. Anfangs lief das gut, aber um 2000 war die Luft draußen, ich zog mich sogar eine Zeit lang zurück und schoss mich mehr auf die Literatur ein. Als ich dann 2006 mit dem Magazin TBA wieder in die Musik zurückkehrte, war Osteuropa für mich ein großes Thema. In der Literatur gab es Austausch, in der Musik fast gar keinen. Wien war zu klein und am Rand der Landkarte. Da entstand die Idee: ein Festival, das Ost mit West verbindet und gleichzeitig die heimische Szene zeigt. 2009 fand ein erstes Treffen am Karlsplatz unter dem Titel »Braucht Österreich ein Showcase-Festival?« statt. 2010 gab es dann bei der Berlin Music Week einen österreichischen Abend – da war zu spüren, was passiert, wenn man Acts gebündelt präsentiert. Zurück in Wien ging ich zur Stadt, sprach über Förderungen und Sponsorings. Das war der Startpunkt für Waves Vienna. Dabei traf ich auch Tatjana

und Franz regelmäßig. Und aus diesen Begegnungen entwickelte sich die enge Zusammenarbeit mit Austrian Music Export.

tatjana domany: Ich maturierte Ende der Neunziger und arbeitete erstmals in den Nullerjahren in der Branche. Das war eine harte Zeit: Nach dem Aufschwung der Neunzigerjahre und durch die zunehmende Digitalisierung fehlte es überall an Geld, das Interesse an österreichischer Musik schien minimal. Gleichzeitig gab es aber viele spannende Artists und junge Indielabels, die mehr wollten. Es lag ein »Da muss doch was gehen« in der Luft. Auf internationalen Events wie der Popkomm oder dem Reeperbahn Festival traf man sich immer wieder – dort kamen auch Thomas und ich ins Gespräch.

franz hergovich: Meine Geschichte beginnt etwas anders: Ich maturierte bereits 1985 und begann Ende der Achtziger in der Branche zu arbeiten, viele Jahre beim Vertrieb Soulseduction. Da erlebte ich die

»Für mich ist Waves Vienna eine Plattform, die anderen Menschen aus der Branche Möglichkeiten eröffnet.«
— Thomas Heher

Hochzeiten der österreichischen Elektronik und auch ihren Niedergang, als durch die Digitalisierung die Vertriebe wegbrachen. 2008 kam ich zu Mica, wo wir, parallel zur Labelinitiative Aman, ebenfalls Musikexport betrieben. Das war wenig sinnvoll und sogar verwirrend für Internationale. Ich fand, man müsste diese Kräfte bündeln. Mit Tatjana hatte ich daher schon bald Kontakt und irgendwann stand Thomas bei uns im Büro mit seiner Festivalidee. Da kamen unsere Welten dann zusammen.

Wie entwickelte sich die Idee anschließend konkret?

heher: Dass wir gleich beim Start Partner wie Heineken gewinnen konnten, war ein riesiger Vertrauensvorschuss. Niemand verstand damals das Konzept: ein Ticket für mehrere Venues, Konzerte ohne große Headliner*innen. Wir mussten allen – Clubs, Fördergeber*innen, Acts – erst erklären, was ein Showcase-Festival überhaupt ist.

Heute wirkt Waves Vienna selbstverständlich, damals war es ein immenser Kommunikationsaufwand.

Gleichzeitig war das ja auch die Zeit, in der das Popfest ins Leben gerufen wurde. Welche Rolle spielte das für euch?

domany: Wir waren mitten im Aufbau, liefen von Behörde zu Behörde, suchten Geld für internationale Projekte und, gemeinsam mit Hannes Tschürtz, für ein Festival in Wien. Dann kam plötzlich »aus dem Nichts« das Popfest. Für uns war das frustrierend, weil wir immer betont hatten: Es braucht eine internationale Komponente. Aber am Ende existierten plötzlich beide Festivals und das war letztlich auch gut so.

hergovich: Wir bei Mica hatten ebenfalls ein Festivalkonzept beim Bürgermeister auf dem Tisch. Am Ende wurden das Popfest und glücklicherweise auch Waves Vienna umgesetzt. Gleichzeitig gab es viele

Thomas Heher leitet das Festival von Beginn an.

neue Talente: Soap & Skin, Dorian Concept und andere. Umso wichtiger war es, eine Plattform wie Waves Vienna zu schaffen. domany: Und man darf nicht vergessen: Vertriebe mussten damals schließen, die Musikpresse brach weg – viele Magazine verschwanden. Die öffentliche Fläche und die Sichtbarkeit für Musik schrumpften. Für viele Labels fühlte sich diese Zeit wie ein schwarzes Loch an, das alles aufsaugte.

Wenn wir einen Schritt weitergehen: Wie war das erste Festival 2011? Was für ein Gefühl war damals da? Gab es gleich Begeisterung oder eher Zweifel? heher: Zweifel gab es sofort. Wir sind unendlich viele Kilometer gelaufen, die Füße waren am Ende kaputt. Niemand kannte das Konzept, es war schwierig, es in die Stadt zu werfen. Wir wollten Waves Vienna aber einzigartig machen und ein Erlebnis für die Besucher*innen schaffen. Deshalb gab es neben klassischen Venues

»Waves Vienna sollte einen Gegenstempel setzen und Pop- und Clubkultur sichtbarer machen.«
— Tatjana Domany

wie dem Flex auch Off-Locations: ein Schiff am Donaukanal, einen Glaskubus, ein Zelt im Prater und die alte Pratersauna.

hergovich: Für mich war es bei der Konferenz super aufregend, weil wir gleich beim ersten Mal prominente Speaker*innen gewinnen konnten – etwa Peter Jenner, den Manager von Pink Floyd. Auch Panels wie »East Meets West« sorgten für Aufsehen. Eine Herausforderung war, die heimische Branche zu mobilisieren: Wer nicht selbst als Speaker*in auf der Bühne stand, kam oft nicht.

domany: Das hat viel mit österreichischer Skepsis zu tun. Viele fragten: »Warum soll ich dafür zahlen?«, weil man Konferenzen gratis gewohnt war. Das war in Wien neu. Anderswo ist es sogar normal, mehrere Hundert Euro für eine Branchenveranstaltung auszugeben.

heher: Waves Vienna war von Anfang an groß gedacht: rund hundert Acts. Klein anzufangen, hätte bedeutet, international nicht wahrgenommen zu werden. Wir hatten gute Sponsor*innen, aber der Aufwand war enorm. Wir produzierten sogar jeweils über Nacht eine eigene Festival-Tageszeitung. Dazu kamen irrwitzige Ideen wie etwa, ausschließlich Glasflaschenwasser per Lastenrad in die Venues zu bringen. Es war chaotisch, niemand hatte Erfahrung mit einem Festival dieser Art. Aber finanziell blieb uns nichts anderes übrig, als immer am Limit zu arbeiten.

Warum gerade Wien? Was macht die Stadt als Standort für so ein Festival relevant?

heher: Wien bot die nötige Infrastruktur: Verkehrsanbindung, Hotels, Flughafen. Für internationale Delegates ist das entscheidend.

domany: Außerdem gilt Wien international als Stadt der Klassik. Waves Vienna sollte einen Gegenstempel setzen und Pop- und Clubkultur sichtbarer machen.

hergovich: Natürlich spürt man das Festival in Wien nicht so stark wie Eurosonic in Groningen, wo die ganze Stadt im Bann steht. Aber Waves Vienna hat Wien international gesehen auf die Landkarte gesetzt.

domany: Wir haben das in den ersten zehn Jahren verstärkt, indem wir Gastländer eingeladen und mit kleinen Budgets Austauschreisen organisiert haben. Rückblickend war das angesichts der Ressourcen Wahnsinn, aber unbezahlbar wichtig.

hergovich: Genau, es geht um Gegenseitigkeit. Nur wenn andere Länder hier ebenso ihre Acts präsentieren können, entsteht nachhaltige Vernetzung.

Wenn ihr auf die letzten fünfzehn Jahre schaut: Welche Veränderungen waren für euch die größten – inhaltlich, aber auch strukturell?

domany: Heute ist es selbstverständlich, dass österreichische Acts international touren. Früher war das deutlich eingeschränkter. Inzwischen spielen bei internationalen Branchenevents wie dem Reeperbahn Festival jährlich über zwanzig österreichische Acts, beim Eurosonic acht oder neun.

hergovich: Bei der Konferenz setzen wir heute gezielt auf Delegates, die tatsächlich mit heimischen Künstler*innen arbeiten. Früher holten wir große Namen, die nie eine Band aus Österreich signen würden, aber Aufmerksamkeit brachten.

heher: Zwei Dinge haben sich stark verändert: Erstens brauchen wir keine Headliner*innen mehr, um Publikum zu ziehen. Heute trägt sich das Festival in dieser Hinsicht selbst. Zweitens: Der OstWest-Fokus ist noch da, aber inzwischen setzen wir stärker auf gesellschaftspolitische Themen, weil hier die Dringlichkeit gestiegen ist. Einen massiven Einschnitt gab es 2015: Waves Bratislava hatte uns finanziell schwer getroffen, dazu kam die

Tatjana Domany ist Projektleiterin des Austrian Music Export und organisiert in dieser Rolle die Waves Vienna Conference mit.
Klaus Ranger

Flüchtlingskrise und ein Benefizkonzert am Heldenplatz, das Publikum von unserem Festival abzog. Am Ende standen wir vor einem riesigen Schuldenberg. Wir überlegten aufzugeben, entschieden uns aber dagegen: mit Zahlungsaufschüben, Vorauszahlungen und Early-Bird-Tickets. Über 1.000 Pässe wurden verkauft, ohne Line-up oder Venues zu verraten, und das half uns enorm weiter, auf finanzieller und emotionaler Ebene. Seither hat sich auch die Finanzierung verändert: Anfangs kamen siebzig Prozent des Budgets von Sponsor*innen. Heute machen Tickets und Förderungen den größten Teil aus, Sponsoring nur noch rund fünfzehn Prozent.

Gab es für euch einen Moment, an dem ihr gespürt habt: Jetzt ist Waves Vienna etabliert – auch beim Publikum, nicht nur bei den Branchenleuten?

heher: So ab 2015, 2016. Da sahen die Leute, dass Bands, die hier gespielt hatten, später größer wurden; dass man bei unserem Festival Neues entdecken kann. Ab diesem Zeitpunkt funktionierte es, wobei »funktionieren« relativ ist: Wirtschaftlich ist es nach wie vor ein Irrsinn. Eine schwarze Null hatten wir bislang nur 2023 – ein

licher Schlag, für die Szene dort ein Desaster. Die Marke »Waves Bratislava« war danach verbrannt.

domany: Und dann kam Corona. 2020 organisierten wir eine Onlineausgabe des Festivals mit Livestreams, 2021 gab es absurde Mischformen: drinnen Maskenpflicht und Sitzplätze, draußen Party. Aber wir haben durchgehalten!

Abseits von Internationalität: Welche Bedeutung hat Waves Vienna heute für die österreichische Szene?

heher: Ein Indiz für die Relevanz war, dass es plötzlich Gegenveranstaltungen gab – Secret Partys, Konkurrenzformate wie Ripples. Kritik heißt auch: Man wird ernst genommen.

hergovich: Heute kennt jede*r Waves Vienna – und fast alle wollen dort spielen. Viele probieren sich lieber hier in einem vertrauten Umfeld aus, bevor sie ins Ausland gehen. Dafür ist Waves Vienna perfekt: geschützter Rahmen, internationales Publikum.

heher: Jedes Jahr gibt es rund 3.500 Bewerbungen. Das zeigt die Bedeutung, macht die Auswahl aber schwierig. Vorwürfe der Parteilichkeit gehören dazu. Wichtig

sehen, welche Bands Strukturen für Internationalisierung aufbauen. Dazu kommen persönliche Eindrücke: Wir sind auf vielen Showcase-Festivals unterwegs, scouten Acts, die spannend wirken, sowohl für das Publikum hier als auch für die Vernetzung. Außerdem gibt es interne Spezialisierungen im Team, etwa durch EU-Programme wie Upbeat, das sich auf das Genre-Crossover zwischen World und Pop konzentriert. Am Ende bespricht das Team gemeinsam, welche Acts ins Line-up passen.

Wie haben sich eure Rollen und Zugänge im Laufe der fünfzehn Jahre verändert? Und welche Bedeutung hat das Festival heute für euch persönlich?

domany : Die ersten Jahre waren ein Strudel. Rollen waren nicht klar, wir machten vieles zum ersten Mal und versuchten oft schon während des Festivals, mit Künstler*innen und Branchenbesucher*innen zu reden, um direkt Anregungen und Feedback für das nächste Jahr zu bekommen. Nach ein paar Jahren geht man es anders an – mit mehr Überblick, weniger im Detail. Das ist sinnvoll, aber natürlich fühlt es sich auch anders an. Die Aufbruchstimmung der Anfangszeit

»Waves Vienna war von Anfang an groß gedacht: rund hundert Acts. Klein anzufangen, hätte bedeutet, international nicht wahrgenommen zu werden.« — Thomas Heher

ausgesprochen gutes Jahr! Als gemeinnütziger Verein fließt jeder Gewinn in neue Projekte – etwa eine UK-Residency 2026, ein Songwriting-Camp oder den Central European Indie Festival Award. Auch die große Eröffnung im Volkstheater hilft bei der Finanzierung neuer Projekte.

Unerwartete Rückschläge gab es auch, wie ich höre – welche waren für euch prägend?

heher: Am härtesten war das Bratislava-Debakel. Eine Partneragentur, geleitet von einem Freund, ging nach Absage eines ihrer Festivals bankrott. Wir hatten ihm Geld geborgt, das nie zurückkam. Für uns war das ein finanzieller und persön-

ist: Qualität und Potenzial. Ein zusätzlicher Faktor ist der XA – Export Award. Viele Acts sehen eine Nominierung inzwischen als Ziel. Auch weil man an Beispielen wie Oska oder Cari Cari sieht, dass dieser den Sprung ins Ausland erleichtert.

Wie trefft ihr die Auswahl für das Lineup?

heher: Der Prozess hat sich über die Jahre kaum verändert. Es gibt Kooperationen mit Export-Offices: Sie schlagen uns Acts vor, wir wählen daraus einige aus. Dann gibt es den Open Call – meistens eben rund 3.500 Bewerbungen, die wir durchsehen. Bei österreichischen Acts stimmen wir uns eng mit Austrian Music Export ab, um zu

ist nach fünfzehn Jahren nicht mehr so stark. Was ich mir wünsche: noch mehr Ressourcen, um die vielen Ideen, die wir immer noch haben, wirklich verfolgen zu können. In vielen Bereichen arbeiten wir nach wie vor mit denselben Mitteln wie zu Beginn und das ist sehr limitierend.

heher : Von Waves-Vienna-Seite hat sich das Team in den letzten Jahren erneuert, neue Leute bringen frische Ideen ein. Zum ersten Mal kann ich mich etwas mehr

Franz Hergovich ist Projektleiter bei Mica – Music Austria und damit gemeinsam mit Tatjana Domany für den Austrian Music Export und die Konferenz verantwortlich.

aus dem Operativen zurückziehen und dem Team Verantwortung überlassen. Für mich ist Waves Vienna eine Plattform, die anderen Menschen aus der Branche Möglichkeiten eröffnet. Meine Rolle sehe ich zunehmend darin, Strukturen zu schaffen, damit das Team seine Ideen auch wirklich umsetzen kann.

hergovich : Für die Konferenz gilt Ähnliches. Es ist großartig, wenn neue Leute mit anderen Ansätzen und Themen dazukommen. Fünfzehn Jahre lang eine Konferenz zu programmieren, birgt die Gefahr, sich zu wiederholen. Neue Inputs sind da sehr wertvoll. Wir holen uns inzwischen auch systematisch Ideen aus der Branche, um die Formate besser an den Bedarf anzupassen. Für den Austrian Music Export bleibt es eine Herausforderung, die Waves Vienna Conference zu co-organisieren und gleichzeitig als Exportplattform zu nutzen wie bei anderen Festivals. Personell sind wir knapp aufgestellt und während der Konferenz sind alle im Einsatz. Wir haben dafür Formate entwickelt, aber da gibt es sicher noch Luft nach oben.

Gibt es noch Anekdoten, die unbedingt erzählt werden müssen?

heher: Ach, da gäbe es viele. Eine besonders witzige vielleicht: 2013 war Belgien Gastland und brachte ein eigenes Bier mit, rund 3.000 Flaschen. Unser unerfahrenes Cateringteam hat es dann einfach ohne Limit in die Backstages gestellt. Nach zwei Tagen war alles weg, die Acts ziemlich betrunken und Belgien frustriert. Denn eigentlich war das Bier auch fürs Reeperbahn Festival gedacht. Österreich hat es einfach ausgetrunken.

domany: Typisch. Aber irgendwie passt es auch zu Waves Vienna: viel Improvisation, kleine Missgeschicke und Geschichten, die bleiben.

Wenn in weiteren fünfzehn Jahren jemand die Geschichte von Waves Vienna nacherzählen würde, was sollte unbedingt darin vorkommen?

»Waves Vienna ist perfekt, um sich auszuprobieren: geschützter Rahmen, internationales Publikum.«
— Franz Hergovich

heher: Ich hoffe, dass es dann ein Team gibt, das Waves Vienna trägt und weiterentwickelt – zeitgemäß, mit neuen Ideen. Und dass es für die Branche ein Werkzeug bleibt: zum Vernetzen, zum Präsentieren, zum Austesten. Wichtig ist, dass Acts das Festival als Chance begreifen – als Startpunkt einer Karriere, nicht bloß als netten Gig. Und dass sich Waves Vienna immer weiterentwickelt, weil sich die Branche so schnell verändert. domany: Ja, man darf nicht aufhören zu hinterfragen, was man tut. Aktuelle Themen wie KI, Nachhaltigkeit oder ökolo-

gische Fragen – das alles gehört in Zukunft noch mehr mitgedacht. Und gesellschaftspolitische Schwerpunkte wie Diversität und Gleichberechtigung müssen weiterhin präsent sein, wenn Waves Vienna relevant bleiben soll.

hergovich: Ich wünsche mir, dass es auch 2040 noch Menschen mit dieser Leidenschaft gibt – so wie Thomas –, die das Festival als Werkzeug für die ganze Branche verstehen. Und dass es viele Erfolgsgeschichten gibt: nicht nur von einzelnen Künstler*innen, sondern auch von Labels, Vertrieben, Manager*innen, die hier Kontakte geknüpft und etwas aufgebaut haben. Da Waves Vienna Krisen wie Bratislava, Corona oder Finanzlöcher überlebt hat, bin ich zuversichtlich, dass es noch lange weitergeht. Ania Gleich

Bei Waves Vienna werden auch heuer wieder internationale auf lokale Acts treffen – von 1. bis 4. Oktober. Die Waves Vienna Conference findet am 2. und 3. Oktober statt. Austrian Music Export unterstützt die Musikszene beim Export österreichischer Musik in allen Aspekten. Mica – Music Austria ist ein Musikinformationszentrum für zeitgenössische österreichische Musik.

Maria Frodl

AND THE ODDNESS OF THE OTHER WORLD

Eröffnungsfilm

FILM BY FLORIAN POCHLATKO

Eine kleine Showcase-Festival-Typologie

Unsere augenzwinkernde Einordnung der Besucher*innen von Waves Vienna

Professionals

Untertags auf der Konferenz, abends am Festival unterwegs sein und zwischendurch Verpflegung bei den diversen Receptions sowie Meet-ups abstauben: Professionals leben für die Dauer von Waves Vienna am, vom und für das Festival. Oft nicht mehr ganz jung, treten sie gerne in Gruppen Gleichgesinnter auf und zeichnen sich durch das stets präsente Goodie-Bag sowie den mit gewissem Stolz getragenen Festival-Badge aus. Während der Konzerte stehen sie meist ganz hinten. Sie kommen als Letzte und gehen als Erste – fünf Minuten müssen ausreichen, um die Erfolgsaussichten des Acts einzuschätzen. Dann heißt es flott weiterziehen zum nächsten potenziellen Signing. Denn das Line-up des eigenen Labels, Festivals oder Managementportfolios braucht stetig neues Futter.

Bernhard Frena, Manuel Fronhofer, Selma Hörmann Nina Ober

Showcase-Nerds

Was wäre Musik ohne ihr Nerdtum? Wer sich gerne mit Wissen über obskure Bands und neuentdeckte Genres schmückt, ist auf einem Showcase-Festival genau richtig. Ein Stapel frisch erworbener Vinyls unterm Arm, T-Shirt eines obskuren Post-New-Wave-Acts (oder von Joy Division) am Körper und den individuell durchgeplanten FestivalTimetable in den Händen: So stehen sie meist in der ersten Reihe des Konzerts, den prüfenden Blick auf die Effektgeräte zu Füßen der Musiker*innen gerichtet und im Takt mit dem Kopf nickend. Sobald das Set vorüber ist, sind sie dann die Ersten am Merch-Stand, um für weiteren Zuwachs in ihrer Plattensammlung zu sorgen. Außer natürlich die Band bietet kein Vinyl an, aber dann ist sie für die Showcase-Nerds ohnehin gestorben.

Social Butterflys

03.09.25 07:59

Das eigentliche Festival ist rund ums Festival! So oder so ähnlich dürfte wohl der Leitspruch von Social Butterflys lauten. Ticket brauchen sie keines, weil ihr Ziel ohnehin nicht ist, Musik zu hören, sondern mit ihren Freund*innen vor den Venues zu quatschen. Und Freund*innen haben sie viele, scheinen sie doch gefühlt neunzig Prozent des Publikums persönlich zu kennen. Da wird ausgiebig begrüßt, ein Tschick nach dem anderen geschnorrt, anschließend gemeinsam geraucht, das mitgebrachte Dosenbier verteilt sowie über Gott und die Welt diskutiert. Nur über das Festival selbst wird verdächtig wenig geredet. Kein Wunder, denn welche Veranstaltung hier gerade stattfindet, tut ja wenig zur Sache und lenkt nur vom Socialising ab. Letzteres geht dann übrigens gleich anschließend vor dem Werk oder vor dem Flex weiter.

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Friends of the Band

Waves Vienna zeichnet sich durch über hundert Acts aus, die hier live zu sehen sind. Doch Friends of the Band sind nur wegen genau einer Band zu Gast, wegen ihrer Band, von der sie zwei Drittel der Mitglieder schon seit dem Kindergarten kennen. Voll im zugehörigen Merch eingekleidet tanzen sie, noch bevor die erste Nummer überhaupt begonnen hat. Das Set kennen sie schließlich bereits von den letzten dreizehn Konzerten auswendig. Gleiches gilt für die Lyrics jedes Songs, die entsprechend laut und enthusiastisch mitgesungen werden. Damit auch ja keine Sekunde verpasst wird, werden alle Essentials stets in der praktischen Bauchtasche mitgeführt. Nach dem Auftritt geht es gleich Backstage, wo dann die restliche Zeit mit der Band verbracht wird – bis die Tourkarawane in die nächste Stadt weiterzieht.

Sich am Waves Vienna ohne Plan und Vorwissen treiben zu lassen, kann sehr schön sein. Carpe-diem-UItras haben diesen Modus perfektioniert. Sie entdecken während des Festivals mindestens fünfmal die neue Lieblingsband, nur um sie gleich wieder aus dem Gedächtnis zu verlieren. Warum sie hier sind, wissen sie selbst nicht so genau – vielleicht hat ihnen jemand davon erzählt, vielleicht haben sie irgendwo davon gelesen, vielleicht hat sie auch einfach jemand mitgeschleppt – oder war es doch das Universum, das sie hergeführt hat? Fakt ist, dass sie nun das Beste aus dem machen, was hier geboten wird. Und sie lassen sich leicht begeistern, allerdings wollen sie eben auch begeistert werden. Dann spüren sie die Musik und tauchen in den Strom des Lebens ein. Zumindest bis Montag um acht Uhr, wenn der Bürojob wieder ruft.

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Ein Festival in Bildern 15 Jahre Waves Vienna

Armin
Soap & Skin, 2011
Zola Jesus, 2011
Sohn, 2013
Bunny Lake, 2012

hosted by

07.05.26Erlangen → Heinrich-Lades-Halle ausverkauft!

08.05.26 Leipzig → Haus Auensee

09.05.26 Berlin → Columbiahalle ausverkauft!

11.05.26 Köln → Palladium

12.05.26 Hamburg → Inselpark Arena

15.05.26 Stuttgart → Liederhalle

16.05.26 München → Olympiahalle

14.05.26 Wiesbaden → Schlachthof ausverkauft!

22.05.26 [CH] Basel → Volkshaus

23.05.26 [CH] Zürich → Volkshaus

29.05.26 Braunschweig → Lokpark

24.05.26 [AT] Gmunden → Gmunden Rockt

17.06.26 Markdorf → Markdorf Open Air 2026

18.06.26 [AT] Kufstein → Kufstein Festung

19.06.26 Coburg → Kulturfabrik Cortendorf

17.07.26 Dresden → Junge Garde

20.06.26 Koblenz → Festung Ehrenbreitstein Open Air

18.07.26 [AT] Wien → Arena open Air ausverkauft!

23.07.26 [AT] Graz → Schlossbergbühne Kasematten

24.07.26 Freiburg → ZMF Zelt-Musik-Festival

07.08.26 Rothenburg o.d. Tauber → Taubertal Festival

13.08.26 Bayreuth → Seebühnenfestival 2026

14.08.26 Eisenach → Burg Creuzberg Open Air Alle Konzerte & INfos hier!

Thees Uhlmann, 2014
The Hidden Cameras, 2014
Patrick Münnich, Erli Grünzweil (2), Armin Rudelstorfer
Crazy Bitch in a Cave, 2014
Little Boots, 2015
Ebony Bones, 2015
Jimi Tenor, 2016
Lola Marsch, 2016
Tomáš Kuša (2)

WE PRESS

TURNING WAVES INTO VINYL YOUR MUSIC.

Cari Cari, 2017
Christoph Kaltenböck, Patrick Münnich (2)
Jugo Ürdens, 2017
Yungblud, 2017
Neneh Cherry, 2018
Kids N Cats, 2018
Alexander Galler (2), Nikolaus Ostermann
Garish, 2018
Keke, 2019
Alyona Alyona, 2019
Laura Lopocsi, Patrick Münnich

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Digitale Sichtbarkeit für starke Kultur.

SCAN ME!
Petrol Girls, 2019
Alexander Galler (3)
Public Viewing im Wuk, 2020
Oska, 2020
Salò, 2021
Public Viewing im Wuk, 2020
Alexander Galler, Hannah Tögel
Rahel, 2021
Hannah Tögel (2)
Zinn, 2021
Bibiza, 2022
W1ze, 2022
Patrick Münnich (2)
Bipolar Feminin, 2022
Hannah Tögel
Anna Mabo, 2023
Bex, 2023
Maria Viola Kaufmann
Ernst, 2024
Peter R. Horn
Lucy Dreams, 2024
Gatafiera im Publikum bei Enesi M., 2024
15 JAHRE WAVES VIENNA
Hannah Tögel, Klaus Zwinger

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From old-vine vineyards, crafted with patience, our liquid symphonies elevate your journey, hitting all the right notes. This is our music. Will you join us?

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Haltungsübung Nr. 99

Nach vorne schauen.

Der Haltung gewidmet.

Eine Haltungsübung für stürmische Zeiten: Nach vorne schauen. Und zwar so oft es geht. Dann spüren Sie nämlich nicht nur den Gegenwind, sondern sehen vielleicht auch die Chancen und Möglichkeiten, die auf Sie zukommen. derStandard.at

Josef Jöchl

artikuliert hier ziemlich viele Feels

Sex and the Lugner City Taylor Swift ist schuld

Tickets kaufen war auch schon mal einfacher. Mittlerweile geht das ja fast nicht mehr ohne eine Kreditkarte und eine Dreiviertelstunde, die man auf einen Counter starrt, während man sich auf schmerzhafte Weise den Urin einhält. Dann wird man in ein virtuelles Stadion gelassen, in dem alle Plätze schon längst vergeben sind. Dabei hätte man so gerne mal einen richtigen Popstar aus ein paar hundert Metern leuchten gesehen und dafür ebenso viele Euros bezahlt. So in etwa die leidvolle Erfahrung, die zahlreiche Menschen beim Online-Anstellen für Oasis in Manchester oder Lady Gaga in Milano machten. Manche allerdings auch beim Comedian Dave Chapelle im Wiener Gasometer. In diesem Fall kostete ein Ticket sage und schreibe 180 Euro. Mir persönlich ja ein Rätsel. Nicht falsch verstehen: Es wundert mich nicht, dass es in Wien mehrere Tausend Edgelords gibt, die bereit sind, einen solchen Preis für eine transphobe Comedyshow zu bezahlen. Bemerkenswert finde ich, dass deren Englischkenntnisse auszureichen scheinen, um einem abendfüllenden Special zu folgen.

Typisch Wien

Eigentlich ist Wien keine Stadt, in der man sich gerne anstellt, ob digital oder in echt. So viele Kassen kannst du im Supermarkt gar nicht aufstellen. Typisch wienerisch ist hingegen, zu reservieren und dann nicht zu kommen, oder, fast häufiger, sich vorab gar nicht darum zu kümmern und darauf zu vertrauen, irgendwie hineinzuflutschen. An-

stellkultur gibt es jedenfalls keine in dieser Stadt. Davon nehme ich mich selbst gar nicht aus. Vor zwei Jahren hätte ich gerne aus der Nähe beurteilt, wie gut Brian Molko gealtert ist. Allerdings war ich nicht bereit, dafür 80 Euro auszugeben. Ich entschied mich also für den Wiener Weg und lungerte am Bühneneingang der Stadthalle herum, um mich im richtigen Moment, am Portier vorbei, in die Halle zu schummeln. Schlecht gealtert ist jedoch vor allem eines: meine Unverfrorenheit. Der Portier brauchte mich nur kurz anzuschauen, schon machte ich kehrt und versteckte mich hinter einem Pfeifen. Richtig peinlich, für so was 80 Euro zu bezahlen, dachte ich mir auf dem Heimweg.

Lieber als NFT

Es ist ja auch alles so schrecklich teuer geworden. Wer schuld ist, hängt davon ab, wen man fragt. Taylor Swift, sagen Männer über vierzig. Der Kapitalismus, sagen alle anderen. Wenn du in Amerika auf ein Konzert von Tay Tay möchtest, kann dich das schon mal 5.000 Dollar kosten. Denn je mehr Menschen sich für eine Erfahrung interessieren, desto höher schrauben die Ticketing-Anbieter die Preise. Resale-Plattformen, Venues, diese großen Schaumstofffinger – alles Monopole. Dafür kannst du dann nicht nur fühlen, was dein liebster Popstar singt, sondern währenddessen auch noch Bungee jumpen. In zehn Jahren gehen wir sowieso nicht mehr auf Konzerte, sondern kaufen uns Erfahrungen als NFTs. So besitzen wir sie nachweislich

und nicht nur als Insta-Story, die nach Ablauf von 24 Stunden niemand mehr sehen kann. Sage ich jetzt mal so als Mann über vierzig. Doch hin und wieder gönne auch ich mir einen Konzertbesuch. Vor allem wenn der Edgelord meiner Jugend in die Stadt kommt.

Ein seltsamer

Mittelweg

Morrissey hat in den vergangenen Jahren –gelinde gesagt – viel Unsinn geredet. Deshalb wird er auch von vielen ignoriert. Andere wiederum trennen Künstler von Kunstwerk und kaufen sich ein Ticket um 80 Euro. Diesmal wählte ich einen seltsamen Mittelweg. Am Tag des Konzerts suchte ich auf der führenden Resaleplattform der Stadt (Willhaben) nach günstigen Tickets – und wurde zum Halbpreis fündig, was ich echt okay fand. Auf dem Konzert war dann kein einziger Mensch unter vierzig. Ich dachte mir, zugegebenermaßen etwas opportunistisch: Wenigstens habe ich den in Ungnade Gefallenen nicht direkt alimentiert. So stand ich zwischen tausend Typen, die aussahen wie ein zum Leben erwecktes Der-Standard-Forum und meine Annahmen über mangelnde Anstellkultur bestätigten. Aber die wollten ja auch nur noch mal fühlen, was der Popstar singt. Wie ich. InstaStory habe ich dann aber keine gemacht. joechl@thegap.at • @knosef4lyfe

Josef Jöchl ist Comedian. Sein aktuelles Programm heißt »Erinnerungen haben keine Häuser«. Termine und weitere Details unter www.knosef.at.

Ão (BE) Astral Bakers (FR) Crow Baby (DE)

Ão (BE) Astral Bakers (FR) Crow Baby (DE)

Caterina Lee (AT) [ K S R ] (UK) Julia Rover (PL)

Caterina Lee (AT) [ K S R ] (UK) Julia Rover (PL)

Filiah (AT) Anoraak (FR) Flirtmachine (AT)

Filiah (AT) Anoraak (FR) Flirtmachine (AT)

Fraeulein Astrid (AT) Genn (UK) Holli (AT)

Fraeulein Astrid (AT) Genn (UK) Holli (AT)

Jonny Mahoro (DE) Lovehead (AT) Gloin (CA)

Jonny Mahoro (DE) Lovehead (AT) Gloin (CA)

KOIKOI (RS) BRÖ (FR) Joe & The Shitboys (FO)

KOIKOI (RS) BRÖ (FR) Joe & The Shitboys (FO)

Ängel (SE) Josh Island (LU)

Ängel (SE) Josh Island (LU)

Glazyhaze (IT) badtime (BE)

Glazyhaze (IT) badtime (BE)

Cordoba78 (AT) DVTR (CA)

Cordoba78 (AT) DVTR (CA)

Rap&Vogue (BY) Beaks (AT)

Rap&Vogue (BY) Beaks (AT)

GB (DK) Indoor Foxes (UK)

GB (DK) Indoor Foxes (UK)

Ziferblat (UA) Duolia. (AT) … more to come soon!

Ziferblat (UA) Duolia. (AT) … more to come soon!

1. OktoberWaves Vienna Opening Volkstheater

OSKA • StürmerChristina • Josh. Teya • Oskar Haag Yasmo uvm.

1. OktoberWaves Vienna Opening Volkstheater OSKA • StürmerChristina • Josh. Teya • Oskar Haag Yasmo uvm.

www.wavesvienna.com

www.wavesvienna.com

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