The Gap 176

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Cornelia Dorfer, »Albastru«, seit 2016 / 17. Foto: Cornelia Dorfer The_Gap_176_014-051_Story_BBA_MF_KORR.indd 31

Plastik ist böse, Plastik ist auch gut. Aber vor allem: allgegenwärtig. In der Ausstellung »Dein Sandwich ist meine Semmel: A Thousand Commitments To Super Glue« werden unterschiedliche Positionen zum Material beleuchtet. ———— Kunststoffe sind überall zu finden: Im Meer, in menschlichen Körpern, in den entlegenen Gebieten der Alpen. Die Menge an Mikroplastik, die ein Mensch im Schnitt wöchentlich zu sich nimmt, liegt bei fünf Gramm – das entspricht einer ganzen Kreditkarte, offenbarte kürzlich ein Forschungsteam der University of Newcastle, Australien. Das bekommt nicht gut. Plastik kann in anderen Kontexten aber auch ganz anders konnotiert sein. Es kann nützlich sein und sogar lebenswichtig. Es kann in Form von Musikinstrumenten oder Spielzeug einfach Spaß machen. Klar ist: Die postindustrielle und kapitalistisch geprägte Erde ist ein »Plastic Planet«, wie Werner Boote 2009 mit seiner gleichnamigen Doku proklamierte. Alltag bedeutet Plastik. Die beiden KünstlerInnen Cornelia Dorfer und Edward E. Kijowski alias Lily Lake sind beide Teil dieser globalisierten Welt. Obwohl sie auf unterschiedlichen Kontinenten zu Hause sind (Wien und New York), ist das Leben beider ganz eindeutig vom vielseitigen Mainstream-Material geprägt. Das spiegelt sich auch in den Zugängen zu ihren jeweiligen Arbeiten wider, in denen sie plastikbedingte Phänomene und deren Auswirkungen auf die Menschheit betrachten und multimedial bearbeiten. Die Idee ihrer gemeinsamen Ausstellung »Dein Sandwich ist meine Semmel: A Thousand Commitments To Super Glue«, die im September in der Galerie 12-14 Contemporary zu sehen sein wird, ist Vermischung und Transformation. Typisch Globalisierung: Eins nimmt vom anderen, vermischt sich und gibt – mal mehr oder weniger verändert – wieder zurück. Durch das Verschieben und Verändern von Kontexten entwerfen die KünstlerInnen Zukunftsvisionen und visualisieren Unsichtbares. Dabei nehmen sie gern Bezug auf ihre eigenen biografischen Hintergründe, wie etwa Fernseherinnerungen aus der Kindheit. Außerdem werden Zusammenhänge von Technologie und sozialer Manipulation thematisiert. Wo Plastik, da Trash nicht weit. Dorfer findet (American) Trash Culture spannend – für sie eine interessante Form einer Idee von Zivilisation und Kultur: »Kaum sonst wo gibt es so viele Hoffnungen, Träume, so viele Gegensätze, so viele Übertriebenheiten, so vieles, was geht – und schief geht, wie in den USA.« In diesem Kontext stellt sie auch moralische Fragen zu Plastik: Was passiert, wenn all das, was wir jetzt kennen und nutzen, längst vorbei sein wird? Werden sich gängige Praktiken der Wegwerfgesellschaft völlig verändern und in 200 Jahren als moralisch verwerflich oder sogar als Verbrechen gesehen werden? Und: Wer darf Plastik? Der Bergiff meint hier also nicht nur das Material, sondern ist auch als Symbol zu verstehen. Alltägliche Situationen (und Materialien) dienen als Quelle ihrer multimedialen Arbeiten. Fast beiläufig und unbeabsichtigt entstehen Skulpturen, zufällig Nebeneinandergelegtes wirkt plötzlich inszeniert. Die Arbeit »Albastru« ist so eine »Zufallsassemblage«: Eine Plastikblume liegt auf blau eingefärbter Schokolade – Farbe ist neben der Beziehung zu Kunst(stoff ) ein weiterer Berührungspunkt der beiden Pia Gärtner KünstlerInnen.

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Cornelia Dorfer: Alltagsassemblage mit Schokolade Wer darf Plastik?

Die Ausstellung »Dein Sandwich ist meine Semmel: A Thousand Commit­ments To Super Glue« ist von 5. bis 27. September in der Galerie 12-14 Contemporary (Schleifmühlgasse 12–14, 1040 Wien) zu sehen.

24.07.19 11:05


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