Chillen statt Drillen
Das Bundesbad Alte Donau feiert 100. Geburtstag. Wir haben mit zwei der wichtigsten Menschen im Bad gesprochen und uns auf Exkursion begeben. ———— Vom militärischen Drill vergangener Tage ist im Bundesbad heute weder auf den weitläufigen und schattigen Wiesen noch auf dem markanten Steg, etwas zu erahnen. Gegründet wurde es als Militärschwimmschule, um den Soldaten Schwimmen, Disziplin und Temperarturresistenz beizubringen. Bademeister Udo (siehe auch Seite 27) und seine KollegInnen führen ein sanftes Regiment. Dort, wo früher Kommandos gebrüllt wurden, stört heute maximal ein kurzer Stoß in die Trillerpfeife die Ruhe. Nach dem zweiten Weltkrieg wurde die Schwimmschule zum Bundessportbad »Alte Donau«. Daran erinnert heute nur mehr der Badesteg, an dem seinerzeit Abgrenzungen für Wasserballwettkämpfe und Schwimmbahnen befestigt wurden. Ein paar der alteigesessenen Stammgäste, die im Sommer mehr Zeit bei ihren Saisonkabinen als in ihren Wohnungen verbringen, waren wohl damals schon dabei. »Die kommen bei jedem Wetter. Viele gehen lieber ins Bad als zu Hause zu sitzen. Dafür bleiben sie dann zu Hause, wenn es zu heiß oder zu voll ist«, sagt Philipp Bitzinger. Als Betrei-
ber der Schankwirtschaft (siehe auch Seite 28) sieht er viele der eingesessenen Gäste fast täglich. Die Stammgäste sind fester Bestandteil des Flairs des Bades und seiner gemächlichen, entspannten Grundstimmung. Bei zu viel Veränderung – vom Menüplan angefangen bis hin zur Umgestaltung der Anlage – kann diese schon mal bedroht sein, erklärt Philipp: »Letztes Jahr ist eine Dame völlig aufgelöst in die Kantine gekommen: ›Die haben meinen Baum umgeschnitten! Ich bin seit 40 Jahren im Bad und immer unter demselben Baum gelegen. Ich weiß gar nicht, wo ich jetzt hin soll.‹«
Traum von der eigenen Kabine Journalistin Claudia Hubmann ist zwar auch Stammgästin, kann aber leider noch keine Kabine ihr Eigen nennen: »Mah, ich liebe das Bundesbad. Unser Traum von vor ein paar Sommern: eine eigene Kabine. Deshalb sind wir immer auf der Pensionistinnenwiese gelegen und wollten uns mit den Damen dort anfreunden.« Das hat nicht so gut geklappt und darum hat Claudia noch immer keine eigene Kabine. Die vielleicht effizientere Variante ist es, sich von der Burghauptmannschaft, die das Bad betreibt, auf die Warteliste für eine der etwa 257 Saisonkabinen setzen zu lassen.
Rafael Bittermann
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Happy Birthday Bundesbad!
Die 100 Jahre Betrieb sieht man der Schönheit Bundesbad Alte Donau gar nicht an. Vielleicht liegt es daran, dass es ganz genau weiß, wann es sich für Badegäste öffnet. Dieses Jahr von 27. April bis 8. September.
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