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Willst du mit mir gehen?

Wir Menschen dagegen neigen dazu, zu kritisieren, dem Hund mit Unverständnis, Ungeduld und Misslaune zu begegnen oder ihn im nächsten Moment mit übersteigerter Fürsorge oder einem Zuviel an Liebe zu überhäufen. Viel zu oft wollen wir mit unseren Hunden irgendwelche Ziele erreichen. Ziele, die uns vorgesagt werden, Ziele, die wir hören, Ziele die wir uns wünschen. Perfekte Leinenführigkeit, kein Jagdverhalten, absoluter Gehorsam, Freundlichkeit allem und jedem gegenüber etc.

Worum geht es also? Reden wir aneinander vorbei? Der eine möchte erziehen und bestimmte Ziele verfolgen, der andere möchte sich wahrhaft und authentisch binden. Verbindend geht es Mensch wie Hund im Herzen gleichermaßen um Freundschaft, um Geborgenheit, um Vertrauen und um das Gefühl, geliebt zu werden, so, wie man eben ist, ohne verändern zu wollen, Vorstellungen oder Illusionen erfüllen zu müssen. In dieser Hoffnung findet sich ein gemeinsamer Weg zu einer harmonischen Beziehung.

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Um jedoch in unserer Menschenwelt mit all ihren Gefahren und Regeln derart frei und uneingeschränkt miteinander leben zu können, bedarf es natürlich einer gewissen Struktur – gewissen Regeln und Grenzen. Ergo: professioneller Erziehungsarbeit an unseren Hunden. Hierbei ist es unsere Aufgabe, den Vierbeinern geduldig zu erklären, wie dieses Ziel im Zusammenleben mit uns erreicht werden kann.

Dem gegenüber steht, was unsere Hunde motiviert, mit uns in Beziehung zu treten. Respekt, Vertrauen, Kompetenz und Sicherheit in der Führung. Ein liebevoller Umgang, ein Bewusstsein für den Hund und dafür, was er seinem Wesen und seinen genetischen Anlagen entsprechend leisten kann. Hier zeigt sich für mich der Weg in ein harmonisches Zusammenleben. Finden Sie die Ursache und helfen Sie Ihrem Hund, sich in unserer Welt zurechtzufinden. Er weiß schlicht und ergreifend nicht, dass uns sein Verhalten stört.

Wir haben unseren Alltag mit Stress, Zeitdruck, Job, Familie usw. Unsere Hunde haben nur uns und das, was wir ihnen im Alltag anbieten könAn erster und wichtigster Stelle stehen Akzeptanz und der Respekt vor dem Wesen des Hundes. Ihm gebührt der gleiche Respekt, den der Hund unserem Wesen gegenüber zeigt. Egal, ob wir schlecht gelaunt, wütend, traurig, depressiv, behindert, entstellt oder genervt sind, unser Hund schenkt uns vorerst sein uneingeschränktes Ja!

TEXT: JULIA HÖHN

nen. Erinnern Sie sich immer wieder daran, wie oft Ihr Hund sich Ihnen anpasst. Wird er jemals allein bleiben können? Hört er irgendwann auf, Eichhörnchen zu jagen? Wird er jemals andere Hunde lieben? Mein Hund kann nicht an der Leine gehen. Machen Sie sich all die Veränderungswünsche und Hoffnungen, die Sie täglich an Ihren Hund stellen, bewusst. Und tauschen Sie sie gegen Empathie, Vertrauen, Stärke und Durchhaltevermögen ein.

Nutzen Sie gemeinsame Spaziergänge in der Natur. Dies ist für Ihren Hund die wichtigste, interessanteste und spannendste Zeit mit Ihnen. Das ist seine Welt. Hier können Sie mit ihm lernen, verstehen und bewältigen. Für den Rest des Tages wird er wieder ruhig auf seinem Platz im Büro liegen oder er wartet allein zu Hause, bis Sie wiederkommen, begleitet Sie auf geschäftliche Meetings, durch Ihren Alltag oder sitzt im Auto, bis

JULIA HÖHN schreibt an dieser Stelle regelmäßig zu Themen rund um Verhalten, Kommunikation und Erziehung unserer Hunde. Die Münchnerin ist zertifizierte Hundetrainerin mit Zusatzqualifikation im Bereich Tierheilpraktik und Assistenzhundeausbildung. Sie vom Einkaufen zurück sind. Er wird weiter uneingeschränkt Ihr Leben mit Ihnen teilen.

Sollten Sie auf Ihren Spaziergängen doch das Handy zücken, telefonieren, Nachrichten tippen, mit Freunden quatschen oder darüber nachdenken, wie Sie das nächste Meeting organisieren, dann vergessen Sie dabei nicht, dass dies Ihre Entscheidung war. Sie überlassen Ihren Hund sich selbst. Aus gemeinsam wird einsam. Und wir verpassen jede Möglichkeit der Interaktion und Einflussnahme in unvorhersehbaren Situationen. Wir verpassen die wirklich gemeinsame Zeit mit unseren Hunden und die Möglichkeit, ihnen unterwegs ein kompetenter Begleiter zu sein. Er wird in der Zukunft seine Entscheidungen ohne Sie treffen, was sich im Umkehrschluss in seinem uns verhassten Fehlverhalten zeigen wird.

Möchten Sie unerwünschtes Verhalten ändern, seien Sie fair und fragen Sie sich, in welchen Situationen sich dieses Verhalten bei Ihrem Hund zeigt. Haben Sie Ihren Hund vielleicht doch hier und dort sich selbst überlassen? Ist Ihr Anspruch an ihn überhaupt leistbar für Ihren Hund? Wissen Sie wirklich über sein Wesen und seine Wünsche Bescheid?

Das Geheimnis einer guten Bindung und Beziehung liegt in der gemeinsamen Zeit, die Sie wahrhaftig und wirklich mit Ihrem Hund verbringen. Beobachten, erleben und fühlen Sie Ihren Hund, um zu verstehen, warum er vielleicht ein – in Ihren Augen – falsches Verhalten zeigt. Ich kann Ihnen versprechen, er tut das nicht mit Absicht! Hinterfragen Sie Ihre Kommunikation. Versuchen Sie, seine „Sprache“, seine Signale zu verstehen. Finden Sie heraus, was ihm Freude bereitet, was ihn ängstigt oder worin er eine potentielle Gefahr vermutet. Gehen Sie mit Ihrem Hund in eine gemeinsame Welt.

Unsere Hunde sind – genau wie wir – sozial motivierte Lebewesen. Das ist ausreichend für eine wunderbare Gemeinschaft und ein Zusammenleben mit ihm. Geben Sie Ihrem Hund die Möglichkeit, seine Treue und Anhänglichkeit Ihnen gegenüber zu entfalten. Binden Sie ihn fair und aufrichtig in Ihr Leben ein, dann steht einer schönen Bindung und Beziehung nichts mehr im Wege.

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