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Bellas letzte Reise

„Indem ich die Geschichte meiner eigenen Reise teile, möchte ich andere Mitmenschen dazu inspirieren, beharrlich nach dem Licht zu suchen, statt überall nur Dunkelheit zu sehen.“

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ROB KUGLER

BELLAS LETZTE REISE Der lange Roadtrip einer großen Freundschaft

TEXT: ANJA MORITZ · FOTOS: ROB KUGLER

Als der US-Marine Rob Kugler von seinem Einsatz im Irak zurückkehrte, hatte er nicht nur ein Jahr seines Lebens, sondern auch seinen Bruder, der dort im Einsatz starb, verloren. Seine Beziehung war in die Brüche gegangen und er fiel in eine tiefe Depression. In seiner Trauer spendete ihm seine schokoladenbraune Labradorhündin Bella Trost. Sie war es, die seinem Leben wieder kleine Momente der Freude schenkte. Dieser Hund strahlte einfach pure Lebensfreude aus und hatte, ob man es glaubte oder nicht, immer ein Lächeln auf dem Gesicht. Bella war die Freundin, die Rob in dieser schweren Zeit brauchte, die ihm Halt gab und seinen Tagen Struktur. Er begann zu studieren, machte seinen Abschluss. In seiner freien Zeit erkundete er zusammen mit Bella die Natur, sie unternahmen Ausflüge und Rob fing wieder an, sich seiner Leidenschaft, der Fotografie, zu widmen.

Doch gerade als sich die dunklen Schatten der Vergangenheit zu lichten begannen, bemerkte Rob eine Verdickung an Bellas Vorderbein. Sofort fuhr er mit seiner Hündin in die Tierklinik. Röntgenbilder wurden erstellt. Der Tierarzt kam mit ernster Mine aus dem Untersuchungsraum und sagte zu Rob: „Können wir im Nebenraum über die Bilder sprechen?“ Robs Magen zog sich zusammen. Das klang nicht gut. War er doch bisher von einer kleinen Sportverletzung ausgegangen, nichts Ernstem, nichts, was man nicht wieder gerade biegen konnte. Doch danach hörte sich der Satz des Arztes nicht an.

Mit Bella an der Leine folgte er dem Arzt ins andere Zimmer. Er beugte sich herunter zu seiner Hündin und streichelte ihr über das weiche, schimmernde Fell. Dann knipste der Arzt die beiden Leuchtpanels an, an denen die Aufnahmen befestigt waren. Dort, wo der Knochen ihres Vorderbeins war, gab es seltsame Auswucherungen, und das zweite Bild, das ihre Lunge zeigte, sah wolkig aus und war mit hellen, weißen Flecken gesprenkelt.

Seine schlimmsten Befürchtungen bestätigten sich. Der Tierarzt diagnostizierte ein Osteosarkom, bösartigen Knochenkrebs, im fortgeschrittenen Stadium, und teilte ihm mit, dass Metastasen bereits die Lunge befallen hatten. Seiner Meinung nach gab es nur zwei Möglichkeiten: Bella zeitnah einzuschläfern, um ihr die unweigerlich folgenden, unerträglichen Schmerzen zu ersparen, oder ihr Vorderbein zu amputieren. „Drei bis sechs Monate“, sagte er ihm. Das sei danach das Maximum, das ihnen an gemeinsamer Zeit noch bliebe.

Seine beste, erst neunjährige Freundin einzuschläfern, die gerade schwanzwedelnd vor ihm stand und trotz ihrer Erkrankung ein Ausbund an Lebensfreude zu sein schien, war für Rob keine Option. Ebenso wenig, abends nach der Arbeit nach Hause zu kommen – voller Angst, dass der Hund den Tag ohne ihn nicht überlebt hatte und einsam gestorben war.

Rob entschied sich für die OP und dafür, die letzten Monate seines Dreibeins zu den schönsten ihres Lebens zu machen: Und so stiegen beide in seinen Pickup und verließen ihre Heimatstadt Broken Bow in Nebraska ostwärts Richtung Chicago, reisten über Kentucky zum Eriesee und von dort zu den Niagarafällen am Ontariosee an der kanadischen Grenze. Aus den prognostizieren sechs Monaten wurden ganze 18, in denen die beiden kreuz und quer durch die USA fuhren. Sie besuchten 43 Bundesstaaten, schliefen oft gemeinsam im Auto, wurden aber auch von den unterschiedlichsten Menschen herzlich aufgenommen, sie stiegen auf Berge, schwammen in Seen und Meeren und trafen, wo immer sie hinkommen, neue Freunde.

Mit ihrer bedingungslosen Liebe und überbordenden Lebensfreude ist Bella Rob ein stetes Vorbild, niemals aufzugeben und jeden Tag so zu leben, als ob er der letzte wäre. Am Ende der Reise hat Rob etwas gefunden, das ihm schon abhandengekommen schien: seinen Glauben an das Gute im Menschen und die Erkenntnis, dass Leben, Liebe und Verluste uns alle verbinden, ganz egal, wie unterschiedlich wir auch sein mögen.

„Bellas letzte Reise“ ist als Buch bei Random House erschienen und wird auch auf unserer Top-Ten-Seite vorgestellt. Einen Buchtrailer mit weiteren tollen Bildern der beiden finden Sie hier:

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