syndicom - die zeitung

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Nr. 6 9. 5. 2014

www.syndicom.ch Gewerkschaft Medien und Kommunikation

die zeitung

AZB 3001 Bern Adressänderungen sind zu richten an: syndicom, Adressverwaltung, Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern

Logistik

Medien

Zwischenbilanz zu den GAVPost-Verhandlungen aus der syndicom-Basis  Seite 4

Doppelseite IG Pensionierte

Das digitale Buch – der neue Trend auch bei kleinen Buchhandlungen?  Seiten 6-7

Kommentar zur Vernehmlassung der Grossreform «Altersvorsorge 2020»  Seiten 8–9

syndicom-Mitgliederporträt

Wie Post-Angestellte Elisabeth Revuelta erfolgreich um ihren Job kämpfte  Seite 14

Stress im Arbeitsalltag: Cablex

Fotorückblick 1. Mai

Mindestlöhne als zentrale Forderung

«Vor allem die Jüngeren können sich nicht wehren»

Der 1. Mai 2014 hat landesweit ein kraft­ volles Zeichen für die Mindestlohn-Initi­ ative gesetzt. SGB-Präsident Paul Rech­ steiner bezeichnete in seiner Rede in Nürnberg (DE) die Forderung nach Min­ destlöhnen «heute als so zentral wie einst das Verbot der Kinderarbeit, die Einfüh­ rung von Höchstarbeitszeiten und die Regelung von Ferienansprüchen». In Zü­ rich erntete die Rede von syndicom-Mit­ glied und SP-Präsident Christian Levrat den Applaus von 14 000 Kundgebungsteil­ nehmerInnen. In Bern sprach syndicomVizepräsidentin Bernadette Häfliger Ber­ ger, in Basel ergriff Frauensekretärin Toya Krummenacher das Wort, und in Yverdon begeisterte syndicom-Präsident Alain Car­ rupt die Anwesenden. Wir sammelten fotografische Eindrücke in Basel, Bern, Genf, Lausanne, Rheinfel­ den (Bild unten) und Zürich.  › Seite 2

Auch im Zeitalter des Mobilfunks und des Satellitenfernsehens braucht es Fernmel­ dekabel. Es braucht sogar immer mehr davon. Zu den alten Kupferleitungen fürs Telefon kommen die Glasfaserleitun­ gen für Telekommunikation, Fernsehen und Internet. Die Eisenbahn benötigt Ka­ bel, der Staat und Privatfirmen lassen sie ebenfalls legen: für ihre ICT, die Informa­ tions- und Kommunikationstechnologie. Diese Arbeit erledigen vor Ort die Netz­ elektriker. Sie ist allerdings nicht virtu­ ell, wie die übermittelten Daten, sondern harte Realität, sagt der 55-jährige Freibur­ ger Pascal Wicht. Der gelernte Schlosser montiert seit 25 Jahren Kabel. Zunächst war er in der Kreisdirektion der PTT an­ gestellt, seit einigen Jahren arbeitet er für

Fortsetzung auf Seite 4

© Peter Krebs

© Frant iŠek MatouŠ

Der Freiburger Pascal Wicht arbeitet seit 25 Jahren als Netzelektriker. Er mag seinen Beruf, warnt aber vor dem zunehmenden Stress auf den Baustellen.  Peter Krebs

Harte Arbeit in den Schächten ∙ Die Alltagsrealität der Netzelektriker.

Lohnstrukturerhebung 2012

Lohnungerechtigkeit wächst schon 15 Jahre lang Die am 28. April veröffentlichte Lohn­ strukturerhebung 2012 zeigt eine be­ sorgniserregende Entwicklung: Zwischen 2010 und 2012 sind die Reallöhne der un­ tersten 10 Prozent (Löhne unter 3886 Franken) um 286 Franken pro Jahr gesun­ ken. Damit wird es ausgerechnet für jene Arbeitnehmenden noch härter, die schon heute Schwierigkeiten haben, über die Runden zu kommen. Betroffen sind Berufsleute in Branchen ohne Gesamtarbeitsverträge (Detailhänd­

ler ohne GAV, Gartenbau, Callcenter u. a.). Umso stos­sender ist diese Entwicklung angesichts der weiterhin steigenden Top­ löhne. Die Reallöhne der obersten 10 Pro­ zent der Arbeitnehmenden legten von 2010 bis 2012 erneut um 7,1 Prozent zu. Das sind 9901 Franken mehr pro Kopf und Jahr. Damit hat sich die in den letzten 15 Jah­ ren festgestellte ungleiche Lohnvertei­ lung in der Schweiz weiter verschärft. Diejenigen, die hohe Löhne haben, erhal­

ten noch mehr. Wer hingegen mit dem Lohn kaum über die Runden kommt, hat weniger. Mit einem Ja zur MindestlohnInitiative kann diese Entwicklung ge­ stoppt werden. Mit der Einführung eines gesetzlichen Mindestlohns von 22 Franken in der Stun­ de würden die untersten Löhne gegen Lohndruck geschützt. Was für die Betrof­ fenen einen grossen Fortschritt bedeutet, ist für die Schweizer Wirtschaft ein abso­ lut tragbarer Schritt. Die gesamte Lohn­

summe müsste um nur gerade 0,4 Pro­ zent angehoben werden. Das Geld wäre vorhanden – wie der starke Anstieg der Toplöhne zeigt. Bedenklich ist weiter, dass sich die Lohn­ ungleichheit zwischen Frauen und Män­ nern erstmals seit 2008 wieder ver­ grössert. Nahm die Lohn­ ungleichheit zwischen 2008 und 2010 um fast ein Pro­ zent ab, ist sie gemäss der Erhebung nun wieder um 0,5 Prozentpunkte auf 18,9 Prozent angestiegen. Daniel Lampart, SGB


2 | Aktuell  Tag der Arbeit 2014

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

© Nina Scheu, Zürich

1. Mai überall in der Schweiz gefeiert

Im Zeichen der Mindestlohn-Initiative An rund 50 Orten der Schweiz haben am Tag der Arbeit Zehntausende für «Gute Arbeit. Mindestlohn.» demonstriert. Allein in Zürich versammelten sich 14 000 Menschen zu einer eindrücklichen und friedlichen Kundgebung. Wir waren mit der Fotokamera in verschiedenen Städten unterwegs und haben den Reden zugehört. In seinem Aufruf zum 1. Mai stellt der SGB die Abstimmung über die Mindestlohn-Initiative ins Zentrum seiner Forderun­ gen. 22 Franken pro Stunde oder 4000 Franken pro Monat sollen die neue Messlatte für Fairness beim Lohn sein. Unia-Co-Präsi­ dentin Vania Alleva wies in Zug

Betroffenen jedoch enorm wich­ tig.» – In Olten zeigte VPOD-Prä­ sidentin Katharina Pre­licz auf, was bessere Mindestlöhne in der Kinder- und Betagtenbetreuung bewirken: «Damit wird die Ar­ beit attraktiver. Es steigen mehr Menschen in diese Berufe ein und verweilen auch dort.» Und

auf die Panikmache der Gegner hin: «Sie tun so, als ob bei einer Annahme der Initiative das hal­ be Land unterginge. Dabei geht es um eine bescheidene Erhö­ hung der Schweizer Lohnsumme um 0,5 Prozent – verteilt auf drei Jahre! Eine wirtschaftlich abso­ lut tragbare Erhöhung, für die

«In den letzten Monaten ist die ‹Austeritätspolitik› zu einem ­Modewort geworden. Damit lässt sich der Abbau des Sozialschutzes und der Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer rechtfertigen. Die Austerität dient als Vorwand für die Privatisierung der Infrastrukturen und den Abbau des Service public.» Alain Carrupt, Präsident syndicom. Auszug aus der Ansprache zum 1. Mai in Yverdon.

«Die Mindestlohn-Initiative fordert, dass alle Menschen, die Vollzeit arbeiten, vom Lohn auch wirklich leben können. Im reichsten Land der Welt verdient jeder Zehnte weniger als 4000 Franken im Monat. Ein solcher Lohn bietet keine Garantie für ein menschenwürdiges Auskommen und schon gar keine Möglichkeit, eine Familie zu ernähren.» Bernadette Häfliger Berger, Vizepräsidentin syndicom, Leiterin Gleichstellung und Recht. Ausschnitt aus der 1.-Mai-Ansprache in Bern.

«Der Mindestlohn ist das richtige Instrument, damit alle vom Wohlstand der Schweiz profitieren. Und das ist in unserem Interesse und in unserem Staatsverständnis.»

© Bruno Schmucki

Toya Krummenacher, Zentralsekretärin Frauen/Migration/Freischaffende. Zitat aus der 1.-Mai-Rede in Basel.

Bern

Unia-Co-Präsident Renzo Ambro­ setti verwies in Freiburg darauf, wie die Einführung von Mindest­ löhnen den Kampf gegen die Lohndiskriminierung der Frau­ en voranbringe: «In der Schweiz verdienen Frauen immer noch über 18 Prozent weniger als Män­ ner. Zwei Drittel der Tieflohnbe­ schäftigten sind Frauen.»

© Parfai t Bayala

© Barbara Bassi

Uns trägt der Wind einer neuen Epoche

Lugano

Basel

© Yves Sancey

© Frant iŠek MatouŠ

© Frant iŠek MatouŠ

Genf

Basel

In Fleurier geisselte Alain Car­ rupt, Präsident syndicom, die ungleiche Verteilung in der Schweiz: «In der Schweiz gibt es heute mehr als 11 000 Personen mit einem Einkommen von ei­ ner halben Million Franken oder

mehr pro Jahr. Das sind viermal so viel Leute wie 1997. Und auf der anderen Seite gibt es 330 000 Menschen, die weniger als 4000 Franken pro Monat verdienen. Das ist ein Skandal!» Dass die Gewerkschaften antre­ ten, um mit diesem Skandal Schluss zu machen, drückte Cor­ rado Pardini in Langenthal so aus: «In der Schweiz scheint al­ les seinen alten Gang zu gehen. Lohndumping. Abbau des öffent­ lichen Dienstes. Angriff auf die AHV. Steuersenkungen für die Unternehmen und die Reichen. Die Ökonomen stehen stramm.» – Aber: «Uns trägt an diesem 1. Mai der Wind einer neuen Epo­ che.» (red/sgb)

Lausanne


Mindestlohn  Aktuell | 3

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014 Gute Arbeit: Mindestlohn

Prekariat im Buchhandel

Auch im Buchhandel arbeiten Angestellte mit Löhnen unterhalb der Mindestlohngrenze. Ein Beispiel ist Antonia K.*, die trotz jahrelangen Einsatzes das Opfer einer Sparrunde werden soll, die ihr die Existenzgrundlage zu entziehen droht.  Peter Krebs im Winter dreht sie die Heizung nicht zu sehr auf, um Kosten zu sparen. Sie besitzt kein Auto, kein Generalabonnement. Von Ferien im Ausland kann sie nur noch träumen. «So wie ich lebe, das steht für viele ausser Diskus­ sion», fasst sie zusammen, «aber ich achte darauf, dass man mir die prekäre Lage nicht ansieht.» Auch auf den Gang ins Café oder ins Kino verzichtet sie meistens, weil sich diese kleinen Auslagen Ende Monat doch zu­ sammenläppern. Nur ganz selten leistet sie sich einen kleinen Lu­ «So wie ich lebe, das steht für xus. viele ausser Diskussion.» Dem Lebensplan ent­ spricht dies nicht. Antonia K. hat vor knapp zwanzig Jah­ anders als die meisten anderen ren die Matur bestanden und Angestellten. Das ist auch mit nach dem Abbruch des Ökono­ mie-Studiums einzelne kürze­ Unsicherheit verbunden. Sie ist für eine Teilzeitstelle re Anstellungen angenommen. von weniger als 50 Prozent ein­ Sie zog dann um in eine ande­ gestellt worden. Mit der Zeit re Schweizer Stadt, in der sie wurden es aber tatsächlich ein neues Studium begann. Den mehr. Antonia K. arbeitet oft Job in der Buchhandlung hat sie am Abend und am Wochenen­ angenommen, um sich das Stu­ de, ohne zusätzliche Entschä­ dium und das Leben zu finan­ digung. So reicht der Lohn nur zieren. «Ich habe keine ande­ knapp zum Leben. Er liegt un­ ren Einnahmen.» Mit der Zeit ter dem vom Schweizerischen nahm die Arbeit allerdings im­ Gewerkschaftsbund geforderten mer mehr Raum ein und absor­ Mindestlohn von 22 Franken bierte mehr Energie, sodass die pro Stunde und ist seit mehre­ Universität in den Hintergrund rückte. Heute sagt sie, sie hätte ren Jahren nicht mehr angepasst besser ein paar Jahre voll gear­ worden. Die Buchhändlerin schränkt beitet, um sich das Geld fürs Stu­ sich ein. Sie lebt in einer klei­ dium beiseite zu legen. nen und günstigen Wohnung. Die Angestellte war bereit, im Es zieht durch alle Ritzen, doch Bedarfsfall kurzfristig für ande­ Antonia K. arbeitet seit mehr als zehn Jahren in der gleichen Buchhandlung, in der Filiale ei­ ner der grossen Ketten, die den Schweizer Buchhandel dominie­ ren. Sie hat keine Ausbildung als Buchhändlerin, aber inzwischen grosse Erfahrung im Beruf. Sie ist fachlich versiert und mit der Software und den vielen wich­ tigen Details ihres Metiers ver­ traut. Trotzdem wird sie weiter­ hin im Stundenlohn beschäftigt,

re einzuspringen, sie begehrte nicht auf, als sie ohne Rückfra­ ge auf einen Wochentag ein­ geteilt wurde, der eigentlich für Vorlesungen und Semina­ re vorgesehen war. Antonia K. ist einsatzfreudig, kompetent und pflichtbewusst, das hat ihr auch ihre Vorgesetzte beschei­ nigt. «Ich bin von mir aus en­ gagiert und sehe, was es zu tun gibt, man muss mich nicht dazu anhalten.» Trotzdem lässt die Wertschätzung zu wünschen üb­ rig. Die Filialleiterin erwartet eine hohe Verfügbarkeit, sogar

während der Freizeit: «In vielen Dingen wird mit uns nicht kor­ rekt umgegangen», bilanziert Antonia K. Sie hat sich dennoch mit dem geringen Lohn und der Situati­ on bisher arrangiert. Nun droht sie im Rahmen einer Sparrun­ de, von der die angeblich zu teu­ re Niederlassung betroffen ist, einen grossen Teil der Arbeits­ zeit und damit des Lohns zu ver­ lieren. Ihr Pensum soll auf ihre ursprünglich im Vertrag verein­ barten Stunden zurückgestuft werden, «obschon ich immer

viel mehr arbeitete». Sie weiss im Moment nicht, wie es wei­ tergeht. Sie sorgt sich um die Zu­ kunft, ist enttäuscht, dass trotz des jahrelangen Einsatzes «im­ mer wieder alles in Frage ge­ stellt wird». Ein Stellenwechsel ist nicht einfach und eine Aus­ bildung wäre mit weiteren Jah­ ren mit nur geringem Lohn ver­ bunden. Ausserdem braucht es für einen Neuanfang viel Ener­ gie, die der Buchhändlerin im Moment fehlt.

* Der Name wurde geändert

Tomz

© Benyamin Schlegel

Mein Abend mit Christoph Blocher Am 24. April fand in Herrliberg bei Zürich die kantonale Delegiertenversammlung der SVP statt. Inmitten der knapp 400 SVP-Mitglieder sass ich; ein junger und den Bürgerlichen gänzlich unbekannter Regionalsekretär von syndicom. Wie kam ich zu dieser Ehre? Ich vertrat unsere Regionenleiterin Julia Gerber Rüegg, die eingeladen worden war, vor der Versammlung – die an diesem Abend über die Parolen zur Abstimmung vom 18. Mai bestimmen sollte – die Mindestlohn-Initiative der Gewerkschaften zu vertreten. Da Julia Gerber Rüegg aber bereits für ein anderes Podium gebucht war, durfte ich versuchen, die SVP-Delegierten für ein Ja zur Mindestlohn-Initiative zu motivieren. Und so sass ich denn am selben Tisch wie die SVP-Elite, also mit Christoph Blocher, Christoph Mörgeli und Natalie Rickli, und machte Smalltalk. Nachdem sich alle erhoben hatten, um die Schweizer Nationalhymne zu singen, begann der politische Teil des Abends. Nationalrat Alfred Heer verkündete seine Erkenntnis, dass dringendst neue Wählerinnen und Wähler mobilisiert werden müssten, weil die Stadt Zürich immer linker werde. Auch die Parolenfassung für die Beschaffung von 22 Kampfflugzeugen wurde nach Blochers Votum «Ein Nein zum Gripen bedeutet ein Nein zur Schweizer Armee!» rasch über die Bühne gebracht. Erst gegen 21.30 Uhr, nach dem Referat von Nationalrätin Natalie Rickli zur Volksinitiative «Pädophile sollen nicht mehr mit Kindern arbeiten dürfen», kam mein grosser Moment. Ich stieg gemeinsam mit Nationalrat Hans Egloff auf die Bühne, um für die Mindestlohn-Initiative zu werben. Nationalrat Egloff bezeichnete in seinem Votum unsere Initiative als unsinnig, da wir in der Schweiz eine

mustergültige Sozialpartnerschaft pflegten. Ich entgegnete, dass in der Schweiz nur gerade knapp 50 Prozent aller Beschäftigten einem Gesamtarbeitsvertrag unterstehen und darum ein gesetzlicher Mindestlohn für den Schutz von Löhnen mehr als notwendig sei. Und ich zeigte den Delegierten im Vergleich mit den wohlhabendsten OECD-Ländern auf: die Schweiz ist das einzige Land, das einen GAV-Abdeckungsgrad von unter 60% aufweist und trotzdem keinen gesetzlichen Mindestlohn kennt. Nach diesen Voten wurde die Runde für Fragen geöffnet, was einige der Delegierten dazu animierte, die Angstmacherparolen der SVP lauthals zu wiederholen. Meine Antworten wurden durch ständige Zwischenrufe unterbrochen. Erst als Christoph Blocher den Moderator aufforderte, die Zwischenrufer zu unterbinden und den Referenten aussprechen zu lassen, war es auf dem Herrliberg auf einen Schlag wieder ruhig. Trotzdem stimmten die Delegierten schliesslich einstimmig gegen die Mindestlohninitiative. In der Pause meinte Christoph Blocher zu mir: «Herr Dietrich, Sie dürfen stolz auf Ihren Auftritt bei der SVP Zürich sein. In meiner gesamten Karriere durfte ich noch nie bei der SP auftreten.» Viel schöner fand ich aber das Gespräch mit einem Rentner, der mir sagte: «Ich hätte gerne Ja gestimmt, aber dann wäre ich ganz alleine unter all den Delegierten gewesen.» Mit dem Verdacht, vielleicht sogar mehr als diese eine Person für die Mindestlohn-Initiative überzeugt zu haben, endete mein Abend mit Christoph Blocher. Dominik Dietrich, Regionalsekretär Zürich/Ostschweiz


4 | Sektoren  Telecom/Logistik

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

Stress im Arbeitsalltag: Cablex

© Peter Krebs

wartet. Während die Montage der schweren Kupferkabel un­ ten im Schacht erfolgt, kön­ nen die leichteren Glasfaserlei­ tungen ans Tageslicht gehisst und dort verschweisst werden.

zwei Wochen wären nötig, Eine Woche bekommt er ∙ Pascal Wicht am Verteilerkasten.

«Vor allem die Jüngeren können sich nicht wehren»  Fortsetzung von Seite 1 die Nachfolgefirma, die Cablex AG. «Heute ist schönes Wetter, aber wir steigen auch bei Re­ gen und Schnee in die Schächte, dann ist es weniger angenehm.»

Arbeit unter Tag In diesen Schächten hat Pascal Wicht regelmässig zu tun. Sie befinden sich unter den guss­ eisernen Dolendeckeln mit der Aufschrift TT: unter Strassen, Plätzen und Trottoirs. Es sind enge Keller. Nach Regenwetter

sind manche mit Wasser gefüllt, dann muss Pascal Wicht sie aus­ pumpen, bevor er auf der Leiter hinuntersteigt, nasse Füsse gibt es manchmal trotzdem. Diese Arbeit wird aus Sicher­ heitsgründen immer zu zweit ausgeführt, erklärt der Romand. Im Schacht können sich giftige Dämpfe aus dem Stadtgasnetz anreichern. Deshalb misst der Monteur mit einem Spezialge­ rät zuerst die Gaswerte. Sind sie zu hoch, setzt er das Absaugege­

rät in Betrieb, das er in seinem Firmenauto mitführt. Der Venti­ lator kommt auch zum Einsatz, wenn er sich an den dicken Blei­ muffen zu schaffen macht, die zum Verspleissen der Kupferka­ bel dienen. Ihre Anzahl nimmt zwar ab, doch verschwunden sind sie noch lange nicht. Der Schacht ist die Nahtstel­ le für die verschiedenen Ka­ bel. Sie laufen hier zusammen und werden von den Netzelekt­ rikern zusammengefügt und ge­

(siehe Interview rechts mit Da­ niel Münger). Seinen Beruf mag er aber immer noch; er erachtet auch den Lohn als «ziemlich kor­ rekt». Gewisse Entwicklungen geben ihm jedoch zu denken, vor allem der zuneh­ mende Zeitdruck. Die Termine zum Ausfüh­ «Die Leute müssen die ren eines bestimmten Verantwortung für sich selber Auftrags würden im­ übernehmen und nicht bloss mer knapper: «Die Ar­ beit muss schon erle­ arbeiten wie gestört.» digt sein, bevor die Baustelle eröffnet «Das erleichtert die Arbeit», sagt ist», meint er ironisch. Pascal Wicht. Die Netzelektriker bei Wicht, der seinen Kopf mit ei­ Cablex seien inzwischen mit den ner Mütze schützt, ist ein alter nötigen Arbeitsgeräten ausge­ Hase. Er grenzt sich wenn nötig rüstet, findet er. «Aber man muss ab. Andere, denen das weniger sie auch benutzen und den Kopf leicht fällt, stehen nach seiner bei der Sache haben.» Meinung unter einem «enormen Stress». Das sei nicht nur bei Cablex so, sondern überall auf Die heutige Mentalität Pascal Wicht ist ein aktives Mit­ dem Bau: «C’est un état d’esprit», glied von syndicom. Er sagt seine die heutige Mentalität. Meinung, wenn ihm etwas miss­ Vor allem den jüngeren Mitar­ fällt. So macht er Vorbehalte ge­ beitern, die noch um ihre Stel­ genüber der neuen Spesenrege­ lung kämpfen, rät er, auch mal lung, die ihn nicht überzeugt Nein zu sagen. «Man muss rich­

Einladung

Firmenkonferenz Cablex Freitag, 16. Mai 2014, 10.15–14.00 Uhr, mit Mittagessen. Restaurant Kreuz, Zeughausgasse 41, 3011 Bern An der Firmenkonferenz Cablex diskutieren wir die neue Spesenpauschale bei Cablex, den Stand der Diskussion über einen allfälligen Branchen-GAV Netzbau und weitere relevante Themen wie die Arbeitssicherheit bei Cablex. Bitte teilt uns mit, ob ihr teilnehmen werdet und ob ihr ein SBB-Billett benötigt: telecom@syndicom.ch.

GAV Post

Verhandlungsergebnisse auf dem Prüfstand Die syndicom-Basis äusserte unterschiedliche Rückmeldungen zu den bisherigen Verhandlungsergebnissen GAV Post.  Bruno Schmucki

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schäftsbereichen der Post die aktuellen GAV-Verhandlungen. Die Gruppe funktioniert als so­ genanntes «Soundingboard»

für die Delegation am Verhand­ lungstisch: Sie prüft die Ergeb­ nisse in regelmässigen Abstän­ den. Am 25. April fand in Bern bereits die 5. Sitzung statt, und auf der Traktandenliste figurier­ ten unter anderem die Themen Nacht- und Sonntagszulagen, Fe­ rien und Pausen sowie Spesen oder Treueprämien.

der des Soundingboards klar zu und lobten die Arbeit der Ver­ handlungsdelegation. Doch ei­ nige Resultate fielen bei der Prü­ fung durch und wurden von den Anwesenden als «nicht akzepta­ bel» taxiert. Die Rückmeldungen aus den drei Diskussionsgrup­ pen wurden am Schluss der Ver­ anstaltung sorgfältig ausgewer­

tet. Mit diesem Feedback der syndicom-Basis geht die syndi­ com-Delegation an den Verhand­ lungstisch mit der Post. Bis zu den Sommerferien soll dann der GAV 2015 so ausformuliert sein, dass er den Entscheidungsgre­ mien der verschiedenen Sozial­ partner zur Ratifizierung vorge­ legt werden kann.

Zustimmung und Kopfschüt teln Angesichts der weitreichenden Bedeutung einzelner Bestim­ mungen waren die Diskussio­ nen in den drei Arbeitsgruppen intensiv. Macht dieser System­ wechsel Sinn? Ist das eine Ver­ besserung oder eine Verschlech­ terung gegenüber der bisherigen Regelung? Gibt es dafür eine Kompensation? Welchen Ein­ fluss hat der Wechsel der ge­ setzlichen Grundlagen auf den GAV der Post? Einem Teil der bisherigen Er­ gebnisse stimmten die Mitglie­

© Bruno Schmucki

Seit August letzten Jahres be­ gleitet eine breit abgestützte Gruppe mit über 50 syndicomBasismitgliedern aus allen Ge­

Intensive Diskussion ∙ Die Mitglieder des Soundingboards GAV Post.


Telecom/Logistik  Sektoren | 5

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014 Interview

Kabel für die Überwachung Pascal Wicht öffnet einen der unscheinbaren Schränke, die am Strassenrand stehen. Darin sind Kassettenreihen mit dün­ nen farbigen Drähten zu sehen. Es sind die Telefon- und Fern­ sehleitungen, die von hier aus zu den Endkunden abzweigen: für die letzte Meile. Die Monta­ ge dieser Kassetten und Kabel ist eine weitere Aufgabe des Netz­ elektrikers. Heute ist Pascal Wicht allerdings auf der Poya­ brücke über die Saane bei Freiburg beschäftigt, die im Oktober eröffnet wird. Der Cablex-Angestellte sorgt da­ für, dass die Kabel der Überwa­ chungskameras rechtzeitig und richtig zusammengefügt wer­ den. Laut der Vorgabe hat er da­ für eine Woche Zeit, aber nach seiner Erfahrung sind zwei Wo­ chen nötig, um die Arbeit sauber auszuführen.

Dumpinganbieter abblocken Im Bereich der Kabelnetze stehen in den nächsten Jahren gewaltige Investitionen an. Für die Angestellten sind damit laut Daniel Münger, Zentralsekretär Telecom/IT, Chancen und Gefahren verbunden. syndicom strebt einen GAV für die ganze Branche an. syndicom: Die Firma Cablex baut und unterhält Kommunikationsnetze: für Telefon, Fernsehen, Internet und weitere Anwendungen. Das gilt als grosser Wachstumsmarkt. Daniel Münger: Die Swisscom

Daniel Münger:

wird in den nächsten 20 Jahren bis zu 15, 20 Milliarden Fran­ ken in den Um- und Neubau der Kommunikationsnetze in­ vestieren. Es handelt sich um das grösste Tiefbauvorhaben der Schweiz. In der gleichen Zeit wird ein ähnlich hoher Betrag in den Ausbau der Hochspannungs­ leitungen investiert.

schlagen die Vorgesetzten heu­ te aber einen angemesseneren Umgangston an als vor einigen Jahren noch. Die extremen Fäl­ le haben abgenommen, aber es besteht noch Verbesserungspo­ tenzial.

Was bedeutet das für die Angestellten? Es gibt Chancen und Gefahren. Einerseits werden neue Arbeits­ plätze geschaffen, andererseits besteht das Risiko, dass Unter­ nehmen mit Dumpingangebo­ ten und entsprechenden Löhnen auf den Markt drängen.

Seit Anfang 2013 gibt es einen GAV. Wie gut ist er denn für die ArbeitnehmerInnen? Das ist für uns ein sehr guter GAV. Er gilt als Referenz-GAV für die Branche und ist gleichwertig mit dem Swisscom-GAV.

«Unser erklärtes Ziel ist, eine allgemeinverbindliche Lösung für die Branche zu finden.»

© zvg

tig einschätzen, was man zu leis­ ten vermag.» Wicht erwähnt den Fall eines Kollegen, der oft bis um sieben Uhr am Abend arbei­ tete und hunderte von Überstun­ den anhäufte, bis er ein Burn­ out erlitt. Die Leute müssten lernen, Verantwortung gegen­ über sich selbst zu übernehmen. Sonst arbeiteten sie «comme des dingues», wie gestört, nur um ei­ nes Tages festzustellen, dass sie das Wichtigste verpasst haben: das Zusammensein mit der Frau, den Kindern. Es sei aber auch an den Vorgesetzten, die Zahl der Überstunden zu begrenzen.

Das Ziel ist ein GAV für die ganze Branche. Wie weit sind die Verhandlungen? Bei den hohen Investitionen, die anstehen, ist es das erklärte Ziel, eine allgemeinverbindliche Lö­ sung für die Branche zu finden. Wir treiben das voran. Ziel ist es, die Umsetzung im laufenden Jahr zu konkretisieren.

Diese Forderung wurde an einer der letzten Fir­ menkonferenzen erhoben. Wir haben sie an den Gesundheits­ beauftragten der Swisscom ge­ leitet. Der klärt die Frage ab. Sollte sich die Problematik be­ wahrheiten, werden wir für Ab­ hilfe sorgen.

Zu reden gibt die Abrechnung der Mittagsspesen. Neu wird eine Pauschale von 350 Franken pro Monat ausbezahlt, inklusive der Klein­ spesen wie Kurzparkgebühren. Darüber sind nicht alle Mitarbeitenden glücklich.

Der Umgangston des Cablex-Kaders scheint manchmal rüde zu sein. Stimmt das?

Die Regelung ist für 95 Prozent der Leute deutlich besser. Ei­ nige wenige erhalten mit der Pauschale weniger Spesen aus­ bezahlt. Für sie wird eine in­ dividuelle Lösung gesucht. Mit der Spesenpauschale haben wir eine langjährige Forderung un­ serer Mitglieder bei Cablex um­ gesetzt.

Es ist eine bauaffine Branche. Da ist der Umgangston natur­ gemäss deutlicher. In der Regel

In den Kabelschächten gibt es noch immer alte Muffen aus Blei.

Beim Spleissen entstehen giftige Bleidämpfe. Wie steht es mit der Forderung, das arbeitsmedizinisch zu untersuchen?

Wie sieht es mit dem Organisationsgrad in der Branche aus? In vielen Unternehmungen, die keinen GAV kennen, ist er noch sehr klein. Bei Cablex ist er hin­ gegen sehr gut. Ein grosser Teil der Angestellten ist bei uns or­ ganisiert.

Man sagt den Cablex-MitarbeiterInnen auch eine hohe Identifikation mit ihrer Arbeit und dem Unternehmen nach. Ja, die Identifikation ist einma­ lig gross. Der Dienstleistungsge­ danke hat trotz zeitweise miss­ lichen Verhältnissen bis heute nicht gelitten.

Interview: Peter Krebs

Protestaktion der Beschäftigten von Meiller ghp

Angestellte aus Deutschland fordern von der Post ein neues «Wunder von Bern» 40 Angestellte des deutschen Direktmarketing-Unternehmens Meiller GHP haben am 29. April vor dem Hauptsitz der Schweizerischen Post in Bern eine zweistündige Protestaktion durchgeführt. Sie fordern von der Post als Mitbesitzerin des Unternehmens mehr Geld für die über 250 Mitarbeitenden, die schon in den nächsten Wochen auf die Strasse gestellt werden.  Bruno Schmucki Die gleiche Botschaft hat die Meiller-Delegation aus Bamberg vor einer Woche schon in Wien der Österreichischen Post über­ bracht. Denn die Meiller GHP ge­ hört zu 35 Prozent der Schwei­ zerischen und zu 65 Prozent der Österreichischen Post. Das Un­ ternehmen ist auf die Herstel­ lung und den Versand von Wer­ besendungen spezialisiert und kämpft seit Jahren um Antei­ le auf einem schrumpfenden Markt.

© Bruno Schmucki

Die Gruppe von rund 40 MeillerBeschäftigten ist in der Nacht mit dem Bus vom bayerischen Bamberg nach Bern gereist. Dort soll in den nächsten Wochen ein ganzes Werk stillgelegt werden, und über 250 Menschen verlie­ ren ihren Job. Die Forderung, welche die Angestellten den Ver­ antwortlichen der Schweizeri­ sche Post persönlich überbrin­ gen wollen, ist konkret: Für die Entlassenen muss gleich viel Geld für einen anständigen So­ zialplan zur Verfügung gestellt wie bei einer ähnlichen Restruk­ turierung im Jahr 2011. Nicht zu­ frieden sind sie mit den zwei­ einhalb Monatslöhnen, die im Rahmen des laufenden Restruk­ turierungsverfahrens vorgese­ hen sind.

Post will Verant­w ortung wahrnehmen

Transpis in ungewohnter Optik ∙ Eine lange Reise nahmen diese Leute auf sich.

Ganz vergebens sind die Meil­ ler-Leute nicht nach Bern ge­ reist. Post-Personalchef und Konzernleitungsmitglied YvesAndré Jeandupeux empfing die

Protestgruppe und erklärte, die Post müsse zuerst den Sanie­ rungsplan abwarten, den ein Sachwalter zusammen mit dem Meiller-GHP-Geschäftsführer aus-

arbeitet. «Wir werden unsere Verantwortung als Minderheits­ aktionärin innerhalb des Sanie­ rungsplans wahrnehmen», ver­ sprach Jeandupeux.

Jörg Radtke, der stellvertretende Vorsitzende des Betriebsrats von Meiller, der mit der Delegation angereist war, meinte: «Für die Betroffenen sieht es düster aus.» Wenn die Standortschliessung schon unumgänglich sei, dann müsse diese wenigstens zu fai­ ren Konditionen erfolgen. Die Gewerkschaft syndicom un­ terstützte die deutschen Kolle­ gInnen organisatorisch bei der Durchführung der Protestakti­ on vor dem Berner Hauptsitz der Post. Denn die Forderung nach anständigen Sozialplänen bei Restrukturierungen und Stel­ lenabbau ist ein gemeinsames Anliegen. Und es ist wichtig, dass die Verantwortlichen bei der Post diese Botschaft immer wieder hören.


6 | Sektoren  Medien

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

E-Books ohne Amazon

Der Lieblingsbuchladen im Netz

Die Digitale Revolution macht auch vor der Welt der Bücher nicht halt. E-Books und E-Reader scheinen der neue Trend zu sein. Bisher dominiert die Riesen um Amazon den Markt. Doch die kleineren, unabhängigen Buchhandlungen holen auf. Zur Seite stehen ihnen die Buchzentren, die u anderem die Web-Infrastruktur liefern.  Felix Graf* Schon heute wird die «Digitale Revolution» von ihrer Tragweite her mit der Industriellen Revo­ lution vor rund 200 Jahren ver­ glichen. Auch Buchhandlungen und Bücher wurden von der di­ gitalen Welle erfasst. Das Buch in digitaler Form wird gemein­ hin als E-Book bezeichnet. Die ins Deutsche übernommene Be­ zeichnung des «elektronischen Buches» steht für eine Umwäl­ zung in der Bücherbranche, de­ ren Ausmass noch nicht abseh­ bar ist. Werden wir in 20 Jahren vielleicht gar keine gedruckten Bücher mehr lesen? Oder wird der E-Book-Verkauf stagnieren – alles nur halb so wild? Therese Heiniger von der Berner Münstergass-Buchhandlung ist von der E-Book-Welle noch nicht gerade weggespült worden. Sie sagt: «Der Umsatz, den wir mit E-Books und E-Readern erzielen, liegt nach wie vor unter einem Prozent des Gesamtumsatzes.» Den Stellenwert des E-Book-Ver­

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kaufs ordnet sie daher als «noch nebensächlich» ein. Links liegen lässt man die elektronischen Bü­ cher und Lesegeräte aber nicht. «Wir betrachten E-Books als Er­ gänzung zu unseren gedruck­ ten Büchern. Deswegen machen wir – wenn auch dezent – Wer­ bung für sie.» Die Preise neu erschienener EBooks bewegen sich meist 20 bis 30 Prozent unter dem Preis für das gleiche Buch in gedruckter Form. Der neue Bestseller «Der Hof» von Simon Beckett kostet beispielsweise 28.50 Franken in gedruckter und 21 Franken in elektronischer Form. Dabei vari­ iert der Erlös, den die Buchhand­ lung mit einem E-Book erzielt, zwischen 15 und 30 Prozent des Kaufpreises.

E-readers.ch Neben Hinweisen auf das haus­ eigene E-Book- und Reader-An­ gebot im Laden ist die Müns­ tergass-Buchhandlung mit

www.e-readers.ch assoziiert. Die Seite wird vom westschweize­ rischen Buch- und Multimedia­ zentrum OLF (Office du Livre Freiburg) betrieben. Sie dient kleineren und mittleren Buch­ handlungen zum einfacheren Vertrieb von E-Books und E-Rea­ dern. «Seit 2010 gibt es ‹e-readers. ch›. Damit reagierten wir auf die Monopolstellung des Giganten Amazon mit seinem Kindle-Rea­ der» sagt Nicolas Moser, Leiter Vertriebskanäle bei OLF. «Die Buchhandlungen begegnen dem E-Book-Markt immer noch mit Skepsis, obwohl dieser lang­ sam, aber stetig wächst. Klei­ nen und mittleren Buchhand­ lungen bieten wir mit ‹e-readers. ch› eine Plattform, die ihnen das Feld der elektronischen Bücher erleichtert.» Das System von ‹e-readers.ch› ist lese- und benutzungsfreundlich: Die Interessierten besuchen die Internetseite und wählen aus den schweizweit im Moment

E-Book-Handel in der Schweiz Der Anteil der E-Books am Gesamtbuchhandel in d Schweiz betrug im Jahre 2013 knapp 8 Prozent, w Verdoppelung zum Vorjahr bedeutete. Die Zahlen vom Schweizer Buchhändler- und Verleger-Verban Februar veröffentlicht. Im Vergleich zum angelsäc schen Raum, in dem E-Books schon länger erhältl sind, ist der Anteil jedoch klein. Dem Schweizer Bu handel könnte eine ähnliche Entwicklung bevorst Hohe Wachstumsraten, die nach wenigen Jahren bei 20 bis 25 Prozent stagnieren. Vom Verlag direkt oder via zentrale Vertriebsstelle gelangen die E-Books an die Buchz die dann den Buchhandlungen Kataloge mit vorhandenen E-Books anbieten. Alternat es auch das Modell von ‹e-readers.ch›.

72 assoziierten Buchhandlungen ihre favorisierte aus. Es steht ihnen ein Angebot von rund 700 000 E-Books zur Verfügung. Die ausgesuchte Buchhandlung profitiert ab jetzt von jedem Kunden-Einkauf auf ‹e-readers. ch›. Zudem ist sie bei Fragen die direkte Ansprechpartnerin für Kunden. «Die KundInnen stehen ohne Umwege mit ihrer bevor­ zugten Buchhandlung in Kon­

takt», sagt Nicolas Moser. Erst 72 Buchhandlungen nutzen das An­ gebot von ‹e-readers.ch›. «Da gibt es noch viel Potenzial, denn EBooks bieten mehr Chancen als Risiken.»

e-bookit.ch Ähnlich wie OLF arbeitet Come­ livres, das eng mit dem deutsch­ schweizerischen Buchzentrum in Hägendorf zusammenarbei­


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Medien  Sektoren | 7

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

Iistige – Usstige

tet. Mit www.e-bookit.ch bietet Comelivres verschiedene ShopLösungen für die Internetauf­ tritte der kleinen und mittle­ ren Buchhandlungen an. Damit können diese ihre E-Books ein­ fach vertreiben. Auch E-Reader, mit denen man direkt auf den E-Book-Shop zugreifen kann, sind im Angebot. Dies bedeu­ te eine Chance für kleine Buch­ handlungen, die damit Terrain von den grossen Vertrieben zu­ rückerobern, sagt ComelivresGeschäftsleiter Rolf Merioz. Die deutlich grössere Nähe zum Kunden als bei Orell-Füssli oder Thalia müsse man auch im EBook-Bereich nutzen. Merioz ortet noch Nachholbedarf bei den BuchhändlerInnen: «Was EBooks angeht, sind die Buch­ handlungen noch nicht da, wo sie sein könnten. Aber es geht aufwärts!» Mit E-Books und E-Readern muss man also nicht zwangsläufig die Riesen der Branche unterstüt­ zen. Genau wie beim gedruckten Buch kann man auch bei elektro­ nischen Büchern die eigene Lieb­ lingsbuchhandlung bevorzugen, ohne preisliche oder qualitative Einbussen zu machen.

Urs Buess – Publizistischer Leiter «TagesWoche». Neu: Offen für Neues. Barbara Colpi – Radio SRF. Neu: TV-Radsport-Kommenta­ torin. Stefan Del Fabro – U. a. Radio Top. Neu: Redaktionsleiter Radio Inside. Vera Dillier – Offen für Neues. Neu: Kolumnistin «Blick». Gianluca Galgani – U. a. «Rundschau». Neu: Korrespondent SRF Bündnerland. Christian Jäckli – Radio Energy. Neu: Leitung Musikredaktion Radio 24. Peter Kreiliger – «Mini­ sguard». Neu: Redaktionsleiter «SRF mySchool». Alexandre Lanz – Musikressort «Edelweiss». Neu: Chefredaktor. Silvan Lüchinger – Stv. Chefredaktor «St. Galler Tagblatt». Neu: Blattmacher «Ostschweiz am Sonntag». Grégoire Nappey – «Newsnet Romandie». Neu: Chefredaktor «Le Matin». Karin Oehmigen – «SonntagsZeitung». Neu: U. a. «Schweizer Landliebe».

* Redaktionspraktikant

Presseförderung

Medienkommission kommt ins Tessin Der Präsident der Eidgenössischen Medienkommission, Otfried Jarren, hat in Lugano mit ExponentInnen der regionalen Medienlandschaft diskutiert. Im Tessin sieht man der Zukunft mit gemischten Gefühlen entgegen, vor allem, weil die Post ihre Zeitungstarife weiter anheben will.  Barbara Bassi Die Eidgenössische Medienkom­ mission (EMEK) wurde vergange­ nen Frühling ins Leben gerufen, seither ist sie verschiedentlich in Plenarsitzungen und Arbeits­ gruppen zusammengetreten. Dabei ging es nicht zuletzt um die heikle Frage der Subventio­ nen. Ein erster Bericht der EMEK ist im Sommer 2014 zu erwarten. Um das Thema in seiner ganzen Breite zu beleuchten, kam es am 29. März zu einem Treffen zwi­ schen dem Kommissionspräsi­ denten, Professor Otfried Jarren, der Kommissionssekretärin, Dr. Martina Leonarz, und mehre­

ren Vertretern der Tessiner Me­ dien, namentlich Maurizio Ca­ netta, dem neuen Direktor der RSI, Giacomo Salvioni, Präsident des Tessiner Verlegerverbandes Stampa Svizzera, Rocco Salvio­ ni, CEO der Regiopress-Grup­ pe, sowie Marcello Foa, Direktor der Timedia-Gruppe. Eingeladen hatte Barbara Bassi, die Tessiner Vertreterin in der Kommission und politische Sekretärin von syndicom.

Subventionen bröckeln weg Das Gespräch kam ohne Um­ schweife zum zentralen The­

Preisausschreibung Mitte September 2014 vergibt die Studer/Ganz-Stiftung zum fünften Mal in der Deutschschweiz einen Preis für das beste unveröffentlichte Prosa-Debütmanuskript. Gesucht werden unveröffentlichte Romane, Erzählungen und Novellen (keine Textsammlungen) von Autorinnen und Autoren unter 42 Jahren, die noch keine eigene Buchpublikation (ausgenommen Lyrik) vorweisen und das Schweizer Bürgerrecht besitzen oder ihren Wohnsitz in der Schweiz haben. Das ausgezeichnete Manuskript wird mit 5000 Franken prämiert und im Dörlemann Verlag veröffentlicht. Alle Infos: www.studerganzstiftung.ch.

ma: Soll man Medienunterneh­ men mit Subventionen unter die Arme greifen oder nicht? Be­ reits heute gibt es indirekte För­ dermittel wie den reduzierten Mehrwertsteuersatz für Zeitun­ gen (2,5% anstatt 8%), vor allem aber den Beitrag an die Post für die Auslieferung der Printme­ dien. Diese Fördermittel wer­ den aufgrund klarer Kriterien zugesprochen; nicht alle Zei­ tungstitel haben ein Anrecht. Gegenwärtig erhält die Schwei­ zer Regionalpresse Beiträge im Gesamtumfang von 30 Millionen und die Verbandspresse 20 Milli­ onen Franken. Doch jetzt hat die Post die Versandkosten erhöht – weil die aktuellen Subventi­ onen ungenügend seien. Die­ se Begründung kann allerdings nicht nachgeprüft werden, da keinerlei Zahlen veröffentlicht werden.

Neue Modelle gibt es nicht Aber sind solche Mechanismen überhaupt noch zeitgemäss? Vielleicht muss man über ganz neue Fördermodelle nachden­

ken? Die Tessiner Verleger fin­ den, dass die indirekte Presseför­ derung erhalten bleiben muss und dass es genügend weitere Probleme gibt, die einer Lösung harren. Zum Beispiel die Zustell­ zeiten. Die heutigen Zustelltou­ ren führen dazu, dass die Zeitun­ gen immer häufiger erst im Lauf des Morgens und sogar nach dem Mittag ausgeliefert werden. Dadurch verlieren sie nur noch weiter an Aktualität gegenüber der elektronischen Konkurrenz und den Abendblättern. Vielleicht entsteht in Zukunft die Möglichkeit einer gegensei­ tigen Unterstützung auf loka­ ler Ebene auf der Grundlage gemeinsamer Interessen, viel­ leicht durch Kooperationen im technischen Bereich, die direkt vom Bund finanziert werden könnten? Die Aussprache vom 29. April war jedenfalls ein erster Schritt zu einem Dialog zwischen Kom­ mission und Tessin über die heiklen Themen rund um Medi­ en und Service public. Wir blei­ ben dran, wie man so schön sagt.

Christian Ortner Blattmacher «Ostschweiz am Sonntag». Neu: Projektgruppe NZZ-Mediengruppe. Jonas Proier – SRFKorrespondent in Brüssel. Neu: «Arena»-Moderation. Sebastian Ramspeck – «10 vor 10». Neu: TV-Korrespondent für SRF in Brüssel. Joël Rominger – Meteotest Bern. Neu: Radio SRF «Meteo». Dirk Ruschmann – Stv. Chefredaktor «SonntagsBlick». Neu: Offen für Neues. Ivo Sonderegger – Neu: Radio SRF «Meteo». Thorsten Stecher – Red.Leitung «Schweizweit» (3Sat). Neu: Red.-Leitung «Einstein». Christoph Stöckli – U. a. Radio Neo1. Neu: Head of Music bei Radio Inside. Peter Voegeli – «Echo der Zeit». Neu: Deutschland­ korrespondent SRF.

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8 | Interessengruppen  Pensionierte

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

Josef Hunold, Präsident Pensionierten-Verein Zürich

Der Pöstler, das war jemand

Am 4. Februar 2014 ist der Pensionierten-Verein Zürich von Post und Swisscom aufgelöst worden. Sehr zum Leidwesen von dessen Präsidenten Josef Hunold. 14 Jahre lang leitetete er die Geschicke: an den Zusammenkünften wurden Post-Vorlagen erläutert, Abstimmungsvorlagen debattiert, ReferentInnen äusserten sich zu politischen Themen, KünstlerInnen traten auf. Die Weihnachtsanlässe nutzte Hunold jeweils für eine politisch-poetische Botschaft an den Nikolaus.  Suleika Baumgartner eins: alle Namen auswendig ken­ nen! «Heute kann man es sich gar nicht mehr vorstellen: Aber unsere Paketpöstler waren am Monatsende mit bis zu 80 000 Franken in bar unterwegs.»

Verschenkte seine Sammlung

© Sabine Rock

Aus Briefträgern wurden Zustel­ ler. Monopol-Lehren wurden sie genannt – jene Berufsausbildun­ gen, die in Bundesbetrieben wie der Post angeboten wurden und dazu führten, dass die Berufs­ leute anschliessend genau einen möglichen Arbeitgeber hatten. So wie Josef Hunold, der Mitte der 1950er-Jahre in der Stadt Zü­ rich seine Ausbildung zum uni­ formierten Postbeamten abso­ vierte. Danach arbeitete er beim Ortsdienst, wo es unter anderem darum ging, die Briefe und Pa­ kete nach Kreis und Strasse zu sortieren. «Damals gab es noch keine Postleitzahlen», erinnert sich Hunold, «Geografiekennt­ nisse standen deshalb weit oben in der Liste der Anforderungen.» Und schon sprudeln die Anek­ doten aus ihm heraus: «Wissen Sie, dass es in der Schweiz 20 verschiedene Rüti gibt? Und ein Dorf im Schaffhausischen, das Moskau heisst, oder im Bernbiet das Dorf ‹Chäs und Brot›?»

Eine von Josef Hunolds Lieblingserinnerungen ∙ Die Nationale Briefmarken-Ausstellung, NABA, Zürich 1984.

natsende die Rente, brachte Un­ ternehmen und Privaten Bargeld und kassierte Beträge per Nach­ nahme ein. Er kannte die Leute und ihre Marotten – denn ohne Stras­ sennummern gab es nur

Die Müsterchen kennt er in- und auswendig, sie stammen aus sei­ ner Zeit als Lehrlingsausbildner, jener Tätigkeit, der er 22 Jahre lang nachging. Der Pöstler, das war jemand. Er brachte am Mo­

Die neue IG Pensionierte Zürich

Als Lehrlingsausbildner kam Jo­ sef Hunold auch mit Drogenab­ hängigen in Kontakt. Das SilvaBuch «Rauschgift» von 1973 steht heute noch in seinem Bücherre­ gal. «Das Phänomen der Sucht war für uns völlig neu, wir wa­ ren unvorbereitet. Wir mussten uns bei der Stadtpolizei schulen lassen.» Das schönste Erlebnis seiner Laufbahn sei die nationale Brief­ markenausstellung (NABA) von 1984 in Zürich gewesen: «Ein grossartiger Anlass.» Der Phil­ atelist war untröstlich, als die private Firma Courvoisier in La Chaux-de-Fonds, wo einst­ mals Briefmarken für 40 Länder gedruckt worden waren, nach

England verkauft wurde. Zudem wurde fast gleichzeitig die post­ eigene Druckerei in Bern ge­ schlossen. Seine zwei eigenen Sammlungen hat er verschenkt: Eine an eine Mädchenschule in Mali, die andere an Benediktiner in Tansania. Von Letzteren er­ hielt er als Geschenk eine Eben­ holz-Schnitzerei.

«Annehmen, was kommt» Zu Beginn von Hunolds Prä­ sidiumszeit zählte sein Verein 600 Mitglieder, zuletzt 321. Die Mitglieder sterben weg, und: «Die Post hat heute viele Teil­ zeit- und Temporär-Angestellte, da entsteht kaum Bindung zum Unternehmen.» Der 77-Jährige gibt sich alles in allem versöhnlich, doch eines wurmt ihn: «Der neue Gesamt­ arbeitsvertrag ist voller Unbe­ kannten.» Deshalb werde er die Einladung zum Pensionierten­ ausflug nicht annehmen: «Wenn die Post so sparen muss, wie sie

Postveteranen Zürich

Interessengruppe Pensionierte Zürich Telecom und Sektor Logistik mann, Ruth Brunner, Etrit Hasler (Moderation).

Glasproduktion waren der Hö­ hepunkt des Tages und fanden sehr grossen Anklang bei den TeilnehmerInnen. Auch auf der abschliessenden Zugfahrt nach Zürich sah man viele glückli­ che und zufriedene Gesichter. Der ganze Tag wurde von Kolle­ ge Walter Blessing super organi­ siert und durchgeführt. Wir dan­ ken an dieser Stelle Walti ganz herzlich für seine Arbeit.

nächste Veranstaltungen 13. Mai: Faire Löhne! Sichere Renten! Tisch der Generationen. Kanzlei, Zürich, öffentlich. Teilnehmende: Ruth Dreifuss, Paul Rechsteiner, Fabian Molina, Angela Kindli-

Anmeldemöglichkeiten Telefonisch unter 058 817 18 98 oder per Mail an zuerich@syndicom.ch. Wir hoffen, dass unser Angebot Anklang findet und zu einem regelmässigen kameradschaftlichen Austausch unter vielen lieben Kolleginnen und Kollegen führen wird. Wir freuen uns, euch zu treffen, und danken euch für eure grosse Treue zu syndicom. Ohne euch gehts einfach nicht! Mit kollegialen Grüssen, Sektionsvorstände Zürich Telecom und Zürich Sektor Logistik

© zvg

25. Juni: Rheinschifffahrt Ab Kreuzlingen mit dem Kursschiff nach Schaffhausen, Mittagessen auf dem Schiff. Die Kosten für die Schifffahrt und das Essen werden von den Sektionen bezahlt. 29. September: Herbstwanderung Wir wandern vom Atzmännig über Chrüzegg zur Höhenklinik Wald. Mit SAC-Wanderleiterin Monika Saxer. 1. Dezember: Der Chlaus kommt zu Besuch Im Zentrum Schluefweg in Kloten sitzen wir gemütlich zusammen.

© zvg

Geschätzte pensionierte Kolle­ ginnen und Kollegen, die erste Veranstaltung im Rahmen der IG Pensionierte hat stattgefun­ den. Am 20. März 2014 trafen sich eine Handvoll Kolleginnen und Kollegen, um gut gelaunt nach Hergiswil zu reisen und die Glasi zu besichtigen. Schon während der Zugfahrt, aber spä­ testens beim Apéro und dem fei­ nen Mittagessen lernten sich die TeilnehmerInnen besser kennen und es wurden schon eifrig An­ ekdoten aus der ereignisreichen Aktivzeit ausgetauscht. Die anschliessende Besichti­ gung des Museums mit vielen interessanten historischen In­ formationen und die aktuelle

Der Postveteranen-Verein Zürich organisiert monatlich eine eintägige Wanderung, in den Sommermonaten sind wir an zwei Tagen irgendwo in der Schweiz unterwegs. Die Wanderungen werden wenn immer möglich so organisiert, dass auch ältere Mitglieder teilnehmen können, und wenn es auch nur zum Mittagessen ist. Wandern ist gesund, gut für die Moral und erhält jung, und so nehmen oft bis zu 30 Kolleginnen und Kollegen an den Ausflügen teil. Freundliche Grüsse, Karl Bichsel Oben: Mont Vully, September 2009. Unten: Auf der Moosalp, August 2011.


Pensionierte  Interessengruppen | 9

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014 Rentenreform

AHV stärken statt schwächen

behauptet, dann muss sie mir weder ein Mittagessen noch eine Fahrt mit der Dampfbahn be­ zahlen!» Den 90. und letzten Jahresbe­ richt des Vereins beendet Hu­ nold mit einem Rückblick. In den 1950er-Jahren sei es vor al­ lem um Lohnfragen gegangen. Später wurde die Arbeitszeitver­ kürzung ein Schwerpunkt. Mit den Veränderungen der Arbeits­ bedingungen wurden Einrei­ hungsfragen sowie der Aufstieg des uniformierten Personals in

Der Bundesrat muss andere Akzente setzen, sagt der Schweizerische Gewerkschaftsbund im Rahmen der Vernehmlassung zur Grossreform «Altersvorsorge 2020».  Doris Bianchi* Der Gewerkschaftsbund unter­ stützt das Anliegen des Bun­ desrats, bei der Reform der Al­ tersvorsorge gesamtheitlich vorzugehen. Denn Einzelrefor­ men, die Rentenleistungen ver­ schlechtern, würden – wie in der Vergangenheit – zu Recht scheitern. Bei den vorgeschlagenen Mass­ nahmen fordert der SGB eine deutliche Akzentverschiebung, die der heute ungenügenden Rentenhöhe Rechnung trägt: Die AHV muss gestärkt statt ge­ schwächt werden. Ausser­ dem dürfen die Leistungen der obli­ gatorischen beruflichen Vorsor­ ge nicht geschmälert werden. Dies hat der SGB-Vorstand im Rahmen der Vernehmlassung

«Wenn die Post so sparen muss, braucht sie mir auch keinen Ausflug zu bezahlen.» höhere Funktionen ein Thema. Später dominierte der Personal­ mangel. Inzwischen sind typi­ sche Post-Berufe verschwunden und im Gegenzug dazu neue Tätigkeiten entstanden. Hunold schliesst mit einem Zitat des Da­ lai Lama: «Es gibt nichts Span­ nenderes, als anzunehmen, was kommt.» Ganz heimatlos wer­ den die Post- und SwisscomRentnerInnen im Raum Zürich ohnehin nicht. Neu treffen sie sich zum Stammtisch.

zur «Altersvorsorge 2020» be­ schlossen. Die Zukunft der Al­ tersvorsorge liegt für den SGB in einer Stärkung der AHV. Den Weg weist der SGB mit seiner Volksinitiative «AHVplus – Für eine starke AHV». Die Vorschlä­ ge des Bundesrats, welche zu schlechteren AHV-Leistungen führen, lehnt der SGB dagegen ab, denn: • die Erhöhung des Rentenal­ ters für Frauen auf 65 Jahre trägt der Lebenssituation der Frauen über 60 nicht Rechnung. Ausser­ dem ist schon heute der Arbeits­ markt nicht fähig, Personen in diesem Alter genügend Stellen anzubieten. •  denn mit dem Referenz-Ren­ tenalter 65 steigt die Unsicher­

heit für die Beschäftigten. Ab dem Erreichen des frühesten Rücktrittsalters von 62 Jahren würde den Arbeitnehmenden häufiger die Kündigung drohen als heute und die Altersdiskrimi­ nierung damit verschärft. Aus­ serdem öffnet das Referenz-Ren­ tenalter 65 Tür und Tor für eine schrittweise Erhöhung des Ren­ tenalters auf 67 Jahre. • denn der teilweise Rückzug des Bundes aus der Finanzierung der AHV (Neuordnung des AHVBundesbeitrags) führt zu höhe­ ren Mehrwertsteuern oder tie­ feren Rentenleistungen. • denn die Streichung der Witwenrenten für verwitwe­ te Ehefrauen mit erwachsenen Kindern missachtet die entstan­

denen Erwerbseinbussen der be­ troffenen Witwen. Weiter lehnt der SGB eine Schwä­ chung der ohnehin schon tiefen Renten der obligatorischen be­ ruflichen Vorsorge ab. Die vorge­ schlagene drastische Absenkung des Mindestumwandlungssatzes auf 6 Prozent beruht auf einer dünnen Faktenlage. Der SGB ist gegen einen Mindestumwand­ lungssatz von 6 Prozent. Die vor­ geschlagenen Massnahmen für den Leistungserhalt kommen die Menschen mit tiefen Löh­ nen sehr teuer zu stehen und schmälern ihr Budget während der Erwerbsarbeit.

* Geschäftsführende Sekretärin SGB

© Jens Friedrich

Kommentar

Basel Medien Der Sektor 3 von Basel besichtigte am 26. März das Bally-Museum in Schönenwerd. Der Schuhhersteller Bally wurde 1851 gegründet. Carl Franz Bally sammelte schon früh Schuhe aus aller Welt, um die Geschichte der Schuhe zu dokumentieren. Uns wurde eine sehr interessante Führung durch die Welt der Schuhe geboten. Sehr empfehlenswert! Freundliche Grüsse, Rosmarie Gerber

Die AHV bringt uns mehr und kostet weniger Die Gesamtbetrachtung des bundesrätlichen Vorschlags zur Altersreform 2020 fällt aus gewerkschaftlicher Sicht negativ aus. Bei der Finanzierung beschränken sich die Vorschläge auf die stärkere Belastung der Beschäftigten. Der Umwandlungssatz in der zweiten Säule und damit die BVG-Renten sollen massiv gesenkt werden. Der Bundesrat will diese Senkung durch deutlich höhere Lohnabzüge vor allem auch bei kleineren Einkommen ausgleichen. Das Leistungsniveau bei der AHV will er über eine Erhöhung der Mehrwertsteuer erhalten. Bezahlt würde das gleich doppelt von allen, die von einem Lohn leben müssen. Ich bin davon überzeugt, dass sich das Rentenniveau mittelfristig nur über eine Stärkung der AHV erhalten lässt. Ein einbezahlter Franken in der AHV bringt eine deutlich höhere Rente als ein Franken in der zweiten Säule.

Die AHV ist eine gewerkschaftliche Erfolgsgeschichte, die auch im 21. Jahrhundert weitergeschrieben werden kann und muss. Mit der gewerkschaftlichen Initiative AHVplus ist der erste Schritt in die richtige Richtung getan. Wir müssen heute den Mut aufbringen, gewisse grundsätzliche Fragen zu stellen und eingetretene Pfade zu verlassen. syndicom verlangt selbstverständlich nicht, die zweite Säule abzuschaffen. Dazu steckt zu viel angespartes Geld der Arbeitenden dieses Landes darin. Wir erachten es aber als ebenso falsch, diese Säule mit zusätzlichen Milliarden zu speisen, obwohl wir mit dem gleichen Geld in der AHV weit höhere Renten erreichen könnten. Bernadette Häfliger Berger, Vizepräsidentin syndicom, Leiterin Gleichstellung und Recht

6. Februar 2014

© zvg

Pünktlich um 15 Uhr kann unser Präsident Paul Gränicher 11 Gäs­ te befreundeter Organisationen und 74 aktive Mitglieder im Ber­ ner Restaurant Casa d’Italia be­ grüssen. Einige Eingeladene ha­ ben sich entschuldigt, ebenso 11 Mitglieder. Hugo Gaberell wird als Stimmenzähler gewählt. Pe­ ter Rutschi verliest das Proto­ koll der letzten Versammlung, es wird einstimmig genehmigt. Der Mitgliederbestand ist durch 14 Todesfälle auf 227 gesunken. Wir erheben uns zu ihrem Ge­ denken. Der Präsident darf 3 Mit­ gliedern zu einem hohen run­ den Geburtstag gratulieren. Unser Versammlungslokal «Map­ pamondo» ist immer noch ge­ schlossen. Roland Gutmann schlägt das Restaurant Jardin im Breitenrain als Ersatz vor. Mit 18 zu 30 Stimmen wird in ei­ ner Konsultativabstimmung die Länggasse bevorzugt.

In seinem Jahresbericht dankt der Präsident den verschiedenen ReferentInnen, welche jeweils unsere Versammlungen berei­ chern. Gewerkschaftlich ist im abgelaufenen Jahr viel gesche­ hen. Besonders erwähnt wer­ den der Kongress in Lausanne und die beiden durchgeführten Grossdemos. Die politische Lage und die vielen eidgenössischen Abstimmungen des vergange­ nen Jahres sind ein weiteres Thema. Zum Abschluss dankt Paul den verschiedenen Pensio­ nierten-Gruppen, dem Vorstand sowie den 57 Mitgliedern, die durchschnittlich die Versamm­ lungen besuchen. Freddy Kir­ cher erläutert die Rechnung des vergangenen Jahres, welche mit einem Einnahmenverlust von Fr. 1455.25 abschliesst. Rechnung, Budget und der Mitgliederbei­ trag von Fr. 15.– werden einstim­ mig genehmigt. Es folgen die

© zvg

Hauptversammlung Pensioniertenvereinigung Bern

Der Vorstand (v. l. n. r.) ∙ Thierstein, Gränicher, Bracher, Rutschi, Kircher.

Grussbotschaften der verschie­ denen Gäste. Der Vorstand mit Paul Gränicher (Präsident), Fred­ dy Kircher (Kassier), Beat Thier­ stein (Sekretär) und Peter Rut­ schi (Protokoll) wird einstimmig wiedergewählt. Maria Bracher wird einstimmig gewählt und besetzt die vakante Stelle als Bei­ sitzerin. Peter Stettler (T) wird als Ersatzrevisor gewählt. Nach

der Hauptversammlung wird rege weiterdiskutiert. Wir ge­ niessen ein vorzügliches Essen, das von der Kasse offeriert wird. An dieser Stelle danken wir der Sektion Bern Postpersonal herz­ lich für den offerierten Kaffee. Zufrieden verlassen wir am frü­ hen Abend die «Casa d’Italia» und treten den Heimweg an. Beat Thierstein, Sekretär


10 | Kultur

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014

Neu im Kino

Die Strahlung der Liebe Die Ausgangslage erinnert an einen Western: Ein tatkräftiger junger Mann kommt in eine neue Stadt, um dort sein Glück zu finden. Gary, so heisst der von Tahar Rahim («Un prophè­ te», «Le passé») glaubhaft verkör­ perte Abenteurer, ist Hilfsarbei­ ter ohne berufliche Ausbildung, aber trotzdem scheint für ihn alles gut anzufangen. In einem Atomkraftwerk findet er eine Ar­ beitsstelle. Gleich am ersten Arbeitstag wird Gary zu verstehen gege­ ben, dass er in der Hier­archie der Belegschaft ganz unten steht. Während sich die fest angestell­ ten Kollegen von Electricité de France bei den schmutzigen, ge­ fährlichen und kontaminieren­ den Jobs schön zurückhalten und dennoch viel besser bezahlt werden, sind es Leute wie Gary, die in der Anlage buchstäblich den Dreck wegräumen. Doch für ihn, der aus einfachsten Verhält­ nissen stammt, ist das einer der wenigen Jobs, die er überhaupt bekommen kann. Auch in der Wohnwagensied­ lung, wo die meisten seiner Ar­ beitskollegen wohnen, fühlt sich Gary gar nicht so unwohl. Die raue und freundschaftliche Art der Männer, mit denen zu­ sammen er Tag für Tag seine Gesundheit riskiert, gibt ihm das Gefühl, vielleicht doch et­ was Besonderes zu sein. Schliess­ lich macht Gary Bekanntschaft mit Karole (Léa Seydoux, «La vie d’Adèle»), der zukünftigen Ehe­ frau seines Kumpels Toni, der in der Hierarchie am Arbeits­ platz über ihm steht. Gary ver­ guckt sich in Karole und diese ist selber von dem Neuling an­

© Frenet ic films

Die französische Regisseurin Rebecca Zlotowski hat mit «Grand Central» ein Drama geschaffen, das in perfekter Balance lebensgefährliche Arbeit und eine verbotene Liebe kontrastiert. Aussergewöhnlich: Der Film spielt in einem AKW.  Geri Krebs

Verstrahlt, aber glücklich · Tahar Rahim als Hilfsarbeiter Gary (am Steuer).

getan – eine heimliche Liebe nimmt ihren Lauf. Als die Som­ mertage verstreichen, und auch die Hochzeit immer näher rückt, wird Karole von Gary schwanger. Und als dann auch noch ein Vor­ fall im AKW die Gemeinschaft der Arbeiter erschüttert, droht alles kaputtzugehen.

Intoxikationen Ungewöhnlich ist Rebecca Zlo­ towskis Film nicht nur wegen des Settings und der Verknüp­ fung der Intoxikationen der Lie­ be und jenen der Atomenergie, sondern auch wegen der Selbst­ verständlichkeit, mit der diese beiden Handlungsfäden zusam­ menfinden und in der Balan­ ce bleiben. Basierend auf dem 2010 erschienenen Erstlingsro­ man «La centrale» (2011 deutsch: Der Reaktor), in dem die fran­

Das syndicom-Literaturquiz 1/6 6 Mal 5 Fragen an alle Bücherwürmer: syndicom testet deine Belesenheit! Zu gewinnen gibt es jeweils einen Büchergutschein im Wert von 50 Franken, gesponsert vom Schweizer Bücherbon. Los gehts: 1. Aus welchem Land stammt Gabriel García Márquez? 2. Der kubanische Fischer Gregorio Fuentes inspirierte Hemingway zu welchem Roman? 3. Wie heisst der erste Band der Highland-Saga von Diana Gabaldon, in dem Claire durch einen Steinkreis ins Jahr 1743 fällt und den rothaarigen Schotten Jamie kennenlernt? 4. Tschipo und Tschako sind die Protagonisten welches Autors? 5. In welchem Roman schildert Hermann Hesse (1877–1962) die Lebenskrise Harry Hallers? Die Auflösung wird in der nächsten Ausgabe zusammen mit dem Namen des Gewinners oder der Gewinnerin veröffentlicht. Die Antworten mit Absender auf einer A6-Postkarte senden an: syndicom-Zeitung, Literaturquiz, Monbijoustrasse 33, Postfach 6336, 3001 Bern. Einsendeschluss: 19. Mai 2014.

zösische Wirtschaftswissen­ schaftlerin Elisabeth Filhol die brutalen Arbeitsbedingungen von TemporärarbeiterInnen in Frankreichs Atomindustrie be­ schreibt, ist «Grand Central» ein Filmdrama, das in seinen bes­ ten Momenten die Qualitäten eines dokumentarischen Arbei­ terfilms entwickelt: Die Schil­ derungen aus dem Werkalltag fügen sich mit grösster Natür­ lichkeit in das persönliche Dra­ ma der Hauptfigur ein.

Gedreht wurden die unter die Haut gehenden Aufnahmen aus dem Innern des AKW übrigens in einem realen Umfeld, im Atom­ kraftwerk Zwentendorf in Öster­ reich. Dieses einzige AKW un­ seres östlichen Nachbarlandes ist eine riesige Investitionsrui­ ne: 1978 hatte eine Volksabstim­ mung seine Inbetriebnahme ver­ hindert, Österreich ist eines der kernenergiefreien Länder Euro­ pas. Ganz anders Frankreich, das mit über 50 Atomkraftwerken in

Europa beispiellos an der Spitze steht. Das seit 1980 bestehende Werk von Tricastin, im Rhônetal zwischen Valence und Avignon gelegen, bildet mit seinen vier Reaktorblöcken die beklemmen­ de Kulisse zu den Aussenaufnah­ men von «Grand Central». Die Liste der schweren Pannen, Zwi­ schenfälle und tödlichen Unfäl­ le ist in diesem AKW besonders lang und damit ein weiteres Ele­ ment, das die Glaubwürdigkeit dieses mutigen Films verstärkt.

Buchtipp

Mit Toggenburger Mundart in die Badi Wer beim Stichwort «Appenzel­ ler Verlag» nach wie vor an Heimat-Kalender und Literatur für ältere Leser denkt, hat sich gewaltig getäuscht. Seit gerau­ mer Zeit publiziert der in Heris­ au beheimatete Verlag nämlich auch Krimis, Romane und freche Kurzgeschichten. Auf den neus­ ten Wurf «Mer gönd i d Badi – Gschichte vo hüt» sollte dabei besonderes Augenmerk gelegt werden. Autor ist Frank Kauff­ mann, geboren 1967 im Toggen­ burg. Seine kurzen, prägnanten Mundartgeschichten kommen mitten aus dem Alltag, sie sind spritzig, fröhlich, stimmen aber auch nachdenklich, haben Tief­ gang. «Aapasse oder verreise»: Das Gespräch zwischen zwei Freunden im Grotto (bei ­Grappa) zum Thema Ausländer ist scho­ ckierend aktuell. Ja, beim Lesen fand ich mich oft selbst wieder, bekannte Bilder und erlebte Si­ tuationen kamen mir vor Augen. Szenen im Tram zum Beispiel, mitgehörte Handy-Gespräche,

weinselige Abende. Kauffmann studierte in Zürich Germanis­ tik, Rumänisch und Didaktik. Neben seiner Arbeit als Dozent beim Sprachenzentrum der Uni und ETH Zürich ist er leiden­ schaftlicher Fotograf, Zeichner und Dramaturg – oder nennen wir ihn lieber «Sprachartist». Ja, Kauffmann spielt gerne mit dem

Wort, er wählt auch nicht des­ wegen Toggenburger Mundart, weil er der deutschen Gramma­ tik oder Rechtschreibung nicht mächtig wäre. Sondern weil sich seine Texte am mündlichen Er­ zählen orientieren. Viele da­ von sind für die Bühne entstan­ den. Es ist eine Lust, Kauffmann anlässlich des «MundArt»-Pro­ gramms zuzuhören, in dem er gemeinsam mit dem Mundhar­ monika-Spieler Daniel Hilde­ brand auftritt. Die Ostschweizer Geschichten hörend oder lesend zu erleben, lässt Herz und Hori­ zont weit werden. Packen wir also Kauffmanns Buch in die «Badi-Tasche» und machen uns auf zu neuen Ent­ deckungen im Alltag!

Christine Hunziker, Buchhändlerin und Museums­ mitarbeiterin Frank Kauffmann, «Mer gönd i d Badi», Appenzeller Verlag 2014, 136 Seiten, 28 Franken, ISBN 978-3-85882-689-3.


Aktuell | 11

syndicom | Nr. 6 | 9. Mai 2014 Mitgliederporträt

«Sie minütelen bis ins Letzte»

Ein Vierteljahrhundert ist Elisabeth Revuelta nun Gewerkschafterin. Als Reinigungskraft der Post steht ihre Sparte selten im Fokus der Berichterstattung. Dabei hat die nicht-gelbe Pöstlerin vom Kampf um ihre Stelle bis zum Büezen nach Minutenzähler schon viel erlebt.  Johannes Supe

© Johannes Supe

Elisabeth Revueltas Mann putzt. «Heute morgen hat er den Bo­ den gemacht. Ich hatte einfach keine Zeit», berichtet die 57-Jäh­ rige. Ein Erziehungserfolg: Ge­ gen die Widerstände von Grossund Schwiegermutter bestand die resolute Frau auf der Haus­ haltspartizipation ihres Gatten. Einfach sei es nicht gewesen, den Pöstler spanischer Abstam­ mung an den Besen zu krie­ gen. Doch irgendwann wurde es ihr zu bunt: «Da habe ich ge­ sagt: Stopp jetzt, du hast mir zu helfen. Ich arbeite schliess­ lich auch.» Gewerkschafterin mit langem Atem ∙ Elisabeth Revuelta hat ihren Job verteidigt.

5 Stunden und 28 Minuten Angestellt ist Elisabeth Revuel­ ta bei der Post. Zum Reinema­ chen. Zur Stelle ist sie nach einer wechselhaften Karriere ge­ kommen. Neben diversen Ar­ beiten, unter anderem als Ver­ packerin in einer Glace-Fabrik, landete sie vor 25 Jahren bei der PTT. Dort betreute sie ein Lehrlingswohnheim. «Ein irrsin­ nig schöner Job, mit den jun­ gen Leuten zu arbeiten.» Mit dem Ende des Heims kam für sie vor 10 Jahren der Wechsel in die Reinigung, wo sie der «Post Immobilien Management und Services AG» unterstellt ist. Vorbehalte gegen ihre Arbeit kennt Revuelta nicht. «Ich bin immer gefragt worden, ob ich

auch die Toiletten putzen wür­ de. Mir ist das egal. Hauptsache, dass der Lohn und die Stellen­ prozente stimmen», sagt die ge­ bürtige Thunerin. So säubert sie grösstenteils jene Orte, für die sich andere noch zu fein sind. Fünf Tage in der Woche arbeitet sie für die Post, von 06.10 Uhr bis 11.40 Uhr – nach generalstabs­ mässigem Plan: «Mittlerweile minütelen sie wirklich. Alles ist auf die Minute ausgerechnet.» Exakt 5 Stunden und 28 Minu­ ten arbeitet sie. Aber besonders für die Ferien­ ablöserinnen sei die Arbeit nach Stechuhr nur schwer zu bewältigen. Früher habe man weniger Stress gehabt. Dennoch: «Die Post ist ein guter

Arbeitgeber», meint Revuelta. Auf 65 Stellenprozente hat sie es mittlerweile gebracht. Entlöh­ nung: gegen 2900 Franken mo­ natlich. Für die Tieflohnbranche Reinigung ist das bereits viel. Dank einem GAV für die ausge­ gliederten Geschäftseinheiten der Post gibt es auch einen drei­ zehnten Monatslohn.

Knochenarbeit «Ich habe mich bei anderen um­ gehört. Da liegt der Stunden­ lohn teils bei 15 Franken», so skizziert die erfahrene Reini­ gungskraft die Spirale nach un­ ten. Mit einem Nebenerwerb kommt Elisabeth Revuelta im­ merhin auf 4200 Franken net­

to im Monat. Hart erarbeitetes Geld: «Es ist eine anstrengende, körperliche Arbeit. Man spürt sie vor allem im Rücken. Du musst dich ständig bücken beim Putzen.» Den Rücken bei der Ar­ beit krumm machen, das hat auch gesundheitliche Folgen. Einmal war sie bereits wegen Problemen in Physiotherapie. Nicht so schlimm, winkt sie ab. Könnte ja auch von ihrer Leiden­ schaft, dem Achterbahnfahren, kommen. Die Frau hat Humor.

Nicht aufgegeben Wenig spassig war hingegen der Kampf um ihren Job. Den woll­ te die Post vor Jahren streichen. «Wir hören immer wieder, dass wir eigentlich zu teuer sind.» Als man auf sie zukam und ihr na­ helegte, doch mit dem Schrei­ ben von Bewerbungen anzufan­ gen, protestierte sie. «Ich habe meinem Chef gesagt: ‹Ich habe noch mit Fieber gearbeitet, und jetzt wollt ihr mich kündigen?›» In der Folge zeigte Revuelta jede Bewerbung und jede Absage ih­ rem Vorgesetzten. Bis der sich entschloss, ihr ein neues Ange­ bot zu machen. Damals habe ihr auch syndicom sehr gehol­ fen. Den Berner Regionenleiter Res Keller nahm sie kurzerhand mit zum entscheidenden PostGespräch. «Die meinten, ich hät­ te das ankündigen müssen. Da

entgegnete ich nur, dass sie mir ja auch nicht angekündigt ha­ ben, dass sie zu dritt wären und ich allein sein würde. Danach war Ruhe.» Revuelta konnte wei­ terarbeiten.

Treffpunkt Gewerkschaft Mittlerweile sitzt die überzeugte Gewerkschafterin im Sounding­ board von syndicom und arbeitet am neuen Post-GAV mit. Etwa für einen ordentlichen Kündigungs­ schutz. Die seit 25 Jahren enga­ gierte Gewerkschafterin weiss genau: «Die Gewerkschaft macht viel für uns, braucht aber un­ sere Hilfe. Alleine geht nichts.» Trotzdem geht es für sie um mehr als nur um einen GAV und die Gesprächsbegleitung. «In meinem Job bin ich Einzel­ kämpferin», sagt Revuelta. Für sie ist es eine richtige Wohltat, sich am Berner Frauenstamm­ tisch von syndicom auszutau­ schen: «Alle werden gleich an­ geschaut, egal was sie arbeiten.» Man kann zusammen über Pro­ bleme reden. Etwa die aus Re­ vueltas Beruf: «Männer arbeiten weniger in der Reinigung, und wenn überhaupt, dann meist mit schweren Maschinen. Es gilt noch immer das Motto: ‹Putzen ist nur für Frauen.›» Da müsse man aufklären. Und erziehen. Bei ihrem Mann hat es ja auch geklappt.

Recht so!

«Seit einem Jahr beziehe ich eine Viertelrente der IV. Davor war ich mehrere Jahre wegen Krankheit arbeitsunfähig. Deshalb verlor ich auch meine Stelle. Bis zum rechtskräftigen Rentenentscheid hatte ich mehrere Jahre kein Einkommen. Meine Frau verdient zwar auch, aber wir mussten bei Verwandten Geld leihen. Diese Darlehen bezahlte ich mit dem Pensionskassenguthaben zurück, welches ich mir mit 60 auszahlen liess. Habe ich Anspruch auf Ergänzungsleistungen, wenn mir erneut Gefahr droht, mich verschulden zu müssen?» Wer eine IV-Rente bezieht und in der Schweiz wohnt, hat grundsätzlich Anspruch auf Er­ gänzungsleistungen (EL) zur Deckung der notwendigen Le­ benskosten, falls das Einkom­ men nicht ausreicht. Das Ge­

such kann bei der Gemeinde eingereicht werden. Vor dem Entscheid muss das Amt deine persönlichen und finanziellen Verhältnisse sehr detailliert ab­ klären. Da du mit deiner Frau in einem Haushalt zusammen­ lebst, werden eure Einkünfte und die Ausgaben für den Fa­ milienbedarf (Miete, Kranken­ kasse usw.) gemeinsam betrach­ tet. Aus­serdem müsst ihr eure Vermögenssituation offenlegen. Hier sucht das Amt auf Antwor­ ten zu Fragen wie: Gibt es noch zu erwartende Einkünfte, wur­ den ursprünglich vorhandene Vermögenswerte bereits aufge­ braucht bzw. verwendet, wur­ de auf ein Vermögen verzichtet? Falls der Anspruch auf Ergän­ zungsleistungen individuell und aktuell bejaht wird, wird die Höhe des Anspruchs ausge­ rechnet als Differenz zwischen

den anrechenbaren Einnahmen und den anerkannten Ausga­ ben. Eure Ausgaben werden also nicht unbedingt in voller Höhe auch anerkannt. Als anrechenbare Einnahmen werden unter Umständen ju­ ristisch auch tatsächlich inexis­ tente Vermögenswerte oder ein gar nicht erzieltes Einkommen betrachtet, und zwar wenn das Amt zur Ansicht gelangt, dass man darauf «verzichtet» hat. Ein Verzicht in diesem Sinn liegt allgemein gesprochen dann vor, wenn absichtlich, ohne Ver­ pflichtung und ohne adäqua­ te Gegenleistung auf Vermögen verzichtet wird, wenn von einem Rechtsanspruch auf bestimm­ te Einkünfte nicht Gebrauch ge­ macht wird oder wenn, z. B. bei Teilinvalidität wie in deinem Fall, eine eventuell mögliche Er­ werbstätigkeit unterbleibt. Ein

so definiertes hypothetisches Einkommen oder ein hypotheti­ scher Vermögensverzehr könn­ te dann durchaus deinen An­ spruch auf Ergänzungsleistung mindern oder ausschliessen. Der ideelle Hintergrund ist hier das Prinzip der Pflicht zur Schaden­ minderung: niemand soll zu­ lasten der Sozialversicherungen fahrlässig oder vorsätzlich seine Fähigkeit zur Existenzsicherung aus eigener Kraft gefährden. Ob bei dir der Verzichtstatbe­ stand erfüllt ist und deinen An­ spruch auf EL schmälert, hängt von mehreren Dingen ab: Wird überhaupt anerkannt, dass du mit deiner Familie während ei­ ner bestimmten Zeit auf Geld von Dritten angewiesen warst? Welcher Betrag wird für diese Zeitspanne als angemessen be­ trachtet? Hast du diesen Betrag mit deinen Darlehen überschrit­

© zvg

Ergänzungsleistungen: Wer Vorsorgegeld «zweckwidrig verwendet», kann dadurch spätere Ansprüche mindern oder ganz verlieren.

Ruth Wenger, lic. iur., Mitarbeiterin Rechtsdienst ten? Nicht auszuschliessen ist zudem, dass dir, weil du nur im Rahmen einer Viertelrente inva­ lid bist, ein hypothetisches Ein­ kommen angerechnet wird. Da du, wie du schreibst, derzeit nicht auf Ergänzungsleistungen angewiesen bist, könntest du dir bei einer Beratungsstelle wie Pro Infirmis oder bei der Gemein­ deausgleichskasse deine theore­ tischen Ansprüche ausrechnen lassen. Bevor du dich erneut ver­ schuldest, solltest du es auf je­ den Fall zuerst mit Ergänzungs­ leistungen versuchen.


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syndicom | Nr. 6 | 9. Mai

Weiterbildung Bildungsinstitut Movendo Wie funktioniert die Altersvorsorge? D2.3.1401: 22. Mai; Trigon-Bildungszentrum, Zürich. Inhalt: Funktionsweise, Leistungen, Finanzierung, Zusammenspiel, Zukunftsperspektiven, gewerkschaftliche Positionen in der Altersvorsorge. Referentin: Christine Goll (Movendo). Sachgerecht und erfolgreich verhandeln für PeKo-Mitglieder D1.7.1412: 27./28. Mai; Fortbildungszentrum, Oberdorf SO. Inhalt: Verhandlung vorbereiten und beeinflussen, Interessen und Positionen durchsetzen, Berichte aus GAV-Verhandlungen von erfahrenen GewerkschafterInnen. Referenten: Roland Christen (Organisationsentwickler), Jérôme Hayoz (SEV), Beat Keller (Unia). Basisseminar für Mitglieder von Personalvertretungen D1.7.1402: 2. bis 4. Juni; Seminarhotel Semp­achersee, Nottwil. Inhalt: Aufgaben und Rechte einer Personalvertretung, Rollenverständnis. Referent: Peter Lüthi (Team- und Organisationsberater). für Mitglieder von Stiftungsräten und Vorsorgekommissionen öffentlicher Pensionskassen D1.8.1429: 11./12. Juni; Seminarhaus Boldern, Männedorf ZH. Inhalt: Änderungen der gesetzlichen Grundlagen von öffentlichen Pensionskassen, Leistungsniveau unter geänderten Rahmenbedingungen, Parität, Teil- / Vollkapitalisierung, Ausfinanzierung. Referenten: Aroldo Cambi (SEV), Stefan Giger (VPOD), Jorge Serra (VPOD), Alfred Wyler (syndicom).

Für einen starken Service Public D1.8.1407: 16. Juni; Trigon-Bildungszentrum, Zürich. Inhalt: Steuerpolitik und Sparprogramme von Bund, Kantonen und Gemeinden, Auswirkungen auf öffentliche Dienste und Infra­ strukturen, gewerkschaftliche Positionen und Aktionen. Referentinnen: Dore Heim (SGB), Annette Hug (VPOD). Schreibwerkstat t D1.8.1421: 23. und 24. Juni/6. Oktober; Computerschule Bern, Bern. Inhalt: Themen in den Medien setzen, Artikel verfassen, LeserInnenbriefe schreiben, Wirkung eigener Texte überprüfen. Referent: Stefan Keller (Historiker und Autor). Selbstsicheres Auftreten D2.4.1414: 23 und 24. Juni; Hotel Cascada, Luzern. Inhalt: Sicherheit gewinnen, rhetorische Stilmittel, Videotraining. Referent: Michael Liechti (Erwachsenenbildner). S.O.S. Stammtisch: Schlagfertigkeit und Argumentation D2.4.1409: 25. Juni; Hotel Cascada, Luzern. Inhalt: Regeln der Schlagfertigkeit, Tipps für verschiedene Gesprächssituationen; wann ist diplomatisches, wann direktes Vorgehen angebracht? Ref.: Michael Liechti (Erwachsenenbildner). Gerechte Löhne durchsetzen D1.8.1409: 25. Juni; Trigon-Bildungszentrum, Zürich. Inhalt: Analyse und Ursachen der Lohnentwicklung, Lohnsysteme und Lohnfestsetzungsmechanismen, Instrumente für faire Löhne und gegen Lohndiskriminierung, Mindestlöhne.

Der Gewerkschaftsbund Graubünden (GGR) ist die kantonale Vereinigung der im SGB zusammengeschlossenen Gewerkschaften. Der GGR vertritt die gewerkschaftlichen Interessen der Arbeitnehmenden und koordiniert die gemeinsamen Kam­pagnen und Projekte seiner Mitgliederverbände. Zur Führung unseres Sekretariates suchen wir in Chur per 1. Oktober 2014 oder nach Vereinbarung eine oder einen

Politische/n Sekretär/in 20 % Zu Ihren Aufgaben gehören: – Entwicklung und Führung von gewerkschaftlichen – Kampagnen im Kanton Graubünden – Betreuung der GGR-Gremien, Sicherstellen des Informationsflusses zwischen SGB und Berufsgewerkschaften – Vernetzung mit kantonaler und kommunaler Politik sowie Vertretung in Gremien – Medienarbeit – Eigenverantwortliche Führung des Sekretariates (Administration, Protokollführung) Wir suchen eine selbstständige und aufgeschlossene Persön­ lichkeit mit ausgeprägtem Organisationstalent sowie verant­ wortungsbewusstem Denken und Handeln. Sie besitzen Offenheit für politische Themen sowie eine grosse Affinität für die Anliegen der Arbeitnehmenden. Zusätzlich bringen Sie stilsichere Deutschsowie sehr gute MS-Office-Kenntnisse mit. Von Nutzen sind Erfahrungen im Bereich Medienarbeit und Sozialpolitik. Es erwartet Sie ein verantwortungsvolles, vielseitiges Aufgabengebiet mit vielseitigen Kontakten zu internen wie auch externen Stellen. Wir bieten eine interessante und abwechslungsreiche politi­sche Tätigkeit in Zusammenarbeit mit unseren Mitgliedern, in welcher Sie sich flexibel und eigenständig einbringen können. Wir freuen uns auf Ihre Bewerbung bis am 22. Mai 2014 an: Gewerkschaftsbund Graubünden, Postfach, 7001 Chur

ReferentInnen: Daniel Lampart (SGB), Christina Werder (SGB). Infos und Anmeldung: Die Kosten übernimmt meist deine Gewerkschaft. Mit deiner Anmeldung klären wir die Kostenfrage ab und informieren dich. Anmelden und weitere Kurse auf Movendo.ch, per info@movendo.ch, Tel. 031 370 00 70 oder Fax 031 370 00 71. syndicom bei Movendo syndicom-Pensionierte Internet einsetzen für die Arbeit in der Pensioniertengruppe D4.6.1406: 12. September; Bern, Bildungszentrum syndicom. Inhalt: Nützliche Internetportale für die Infobeschaffung und die Inanspruchnahme von Dienstleistungen, Zahlungsverkehr im Internet, Schnittstellen zu anderen elektronischen Medien, Vereinsverwaltung im Internet, Mail-Client versus Webmail, Verhaltensregeln im E-Mail-Verkehr. Referent: Peter Berger (Webmaster). einführungskurs Neu in der Gewerkschaft syndicom? D4.1.1401: 12. und 13. September; Nottwil, Seminarhotel Sempachersee. Inhalt: Geschichte, Werte und Visionen der Arbeiterbewegung in der Schweiz, Strukturen von syndicom, Vernetzungsmöglichkeiten. ReferentInnen: Bernadette Häfliger (Gleichstellungsverantwortliche), ­Adrian Zimmermann (Historiker), Loïc Dobler (Jugendsekretär), Toya Krummenacher (Zentralsekretärin Frauen). Infos und Anmeldung: Mit deiner Anmeldung klären wir die Kostenfrage ab und informieren dich. Anmeldung auf syndicom.ch (Kursangebote > syndicomWeiterbildungskurse).

Helias-Fachkurse Medien Printmedienverarbeiterİn: Ausbildungsgrundlagen 3. Juni, Schule für Gestaltung Bern. Referent: Patrick Rotzetter. Anmeldeschluss: 13. Mai. Workshop Schneidmaschine/Compucut 5. Juni, Schule für Gestaltung Bern. Referent: Patrick Rotzetter. Anmeldeschluss: 13. Mai. Gestaltung von Buchcovern 15. bis 17. September. Referent: Niklaus Troxler. Anmeldeschluss: 26. August. Photoshop: T ipps und Tricks 18. und 19. September. Referent: Dieter Wassmer. Anmeldeschluss: 26. August. Adobe Lightroom 5: Einstieg 13. und 14. Oktober. Referent: Michel Mayerle. Anmeldeschluss: 23. September. Infos und Anmeldung: Die Kurse finden – wo nicht anders vermerkt – im syndicom-Bildungszentrum, Looslistras­ se 15, Bern, statt. Anmeldung: Helias.ch. Maz Web-Journalismus: Potenzial Und Grenzen von Twit ter, Facebook & Co. 30. Mai, Leitung: David Bauer, Webstratege, «TagesWoche»; Thom Nagy, Journalist, «Neue Zürcher Zeitung». Lokaljournalismus: Der Ort der Belangbarkeit 10. und 11. Juni (2 Tage). Leitung: Markus von Rotz, Chefredaktor «Neue Obwaldner Zeitung»; Jörg Meier, Autor, Kolumnist, AZ Zeitungen AG. Infos und Anmeldung: MAZ.ch


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syndicom | Nr. 6 | 9. Mai Unsere Pensionierten laden ein Region Basel Wanderung Geschätzte Kolleginnen und Kollegen. Die Wanderung vom 22. Mai führt uns durch Hard nach Schweizerhalle. Wir treffen uns um 14 Uhr an der Tramendstation 3er, Hard, von dort spazieren wir durch Hard in den Gasthof Zur Saline Schweizerhalle. Es sind alle, auch diejenigen, die nicht mehr gut zu Fusse sind, Kolleginnen und Kollegen der Gruppen 2 + 3 sowie Ehefrauen und Freundinnen eingeladen. Auch die Jasser kommen zu ihrem Spiel. Für Nichtwanderer ist der Gasthof Zur Saline mit Bus 80/81 ab Aeschenplatz oder Liestal, Haltestelle Saline, erreichbar. Euer Wanderleiter Othmar Pensioniertenvereinigung Bern Geschätzte Kolleginnen und Kollegen, unter kundiger Führung besichtigen wir das Bundeshaus: Mittwoch, 4. Juni, von 17.30 bis 20.30 Uhr (inkl. Apéro). Treffpunkt beim Bundeshaus, Besuchereingang Seite Bundesterrasse. Anmeldung bis Dienstag, 13. Mai, bei Paul Gränicher, Fellenbergstras­ se 3, 3052 Zollikofen, Tel. 031 911 69 64 oder 079 281 68 48. Wir hoffen auf eine gros­se Beteiligung. Beat Thierstein, Sekretär Lötschberg Post Liebe KollegInnen, am 3. Juni machen wir den Jahresausflug 2014. Die Reise führt uns zuerst nach Röthenbach i. E. zum Kaffeehalt und weiter durchs Emmental über Sumiswald–Langenthal zum Mittagessen ins Restaurant Eintracht in Balsthal. Die Rückfahrt führt über Moutier–Biel nach Aarberg, wo wir eine Pause einlegen, bevor wir wieder die Heimreise antreten. Der Ausflug kostet ca. Fr. 40.– pro Person. Im Preis inbegriffen sind Carfahrt, Znüni mit Gipfeli, Mittagessen (ohne Getränke). Einsteigeorte und Abfahrtszeiten: Interlaken Ost ab 8.00 Uhr, West ab 8.10 Uhr, Spiez Bahnhof ab 8.30 Uhr, Thun Schiffländte ab 8.45 Uhr. Anmeldungen bis Freitag, 30. Mai, nimmt unser Obmann Markus Stender, Tel. 033 335 17 18, entgegen und erteilt auch Auskünfte. Den Kranken wünschen wir gute Besserung. Werner + Margrit Haldi Swisscom Luzern Wandergruppe 2. Frühlingswanderung 2014, am 22. Mai. Vom Bahnhof Utzenstorf sind wir in 15 Min. an der Emme, an deren linkem Ufer wir nordwärts in 2 Stunden in Biberist ankommen und im Restaurant zum «goldenen Gallier» zum Mittagessen einkehren. Nach der Mittagspause gehts durchgehend auf ebenem Weg auf der rechten Emmenuferseite bis zum

Wir nehmen Abschied

Rastplatz Emmenspitz. Vor hier gelangen wir auf dem rechten Aareufer nach Solothurn. Leichte abwechslungsreiche Wanderung mit einer Marschzeit von ca. 4 Stunden. Es sind Abkürzungen bis zu 1 Std. möglich. Treffpunkt: 7.40 Uhr im Bahnhof Luzern im UG vor den Billettschaltern zur Verteilung der Kollektivbillette. Reisekosten Halbtax Fr. 26.50, Wanderbeitrag Fr. 2.–. Fahrplan: Luzern ab 7.54 IR Olten. Rückkehr: Luzern an 19.05. Anmeldung bis zum 19. Mai an Meinrad von Däniken, 041 280 58 58. Medien Schaffhausen Einladung zur Jubiläums-Zusammenkunft am Mittwoch, 4. Juni, 14.30 Uhr im «kafi bijou» an der Neustadt Schaffhausen. Apéro zum 20-Jahr-Jubiläum der Pensionierten-Gruppe syndicom Schaffhausen und zum 20-Jahr-Jubiläum des Präsidenten. Mit kollegialen Grüssen: Arthur Müller, Präsident (Tel. 052 625 32 12) Post Solothurn und Umgebung Unsere nächste Zusammenkunft ist am Dienstag, 27. Mai. Auf dem Programm steht eine geführte Besichtigung der Ausstellung im Turm Halten, Heimatmuseum. Wir treffen uns um 13.30 Uhr auf dem Parkplatz vom Res­taurant Kastanienbaum in Recherswil. Bildung von Fahrgemeinschaften nach Halten. Um ca. 15.30 Uhr Rückkehr und Einkehr ins Restaurant Kastanienbaum. Möglichkeit, etwas zu essen. Wer nicht ins Museum möchte, hat die Möglichkeit, im Restaurant zu jassen. Wir hoffen, dass wir Ihr Interesse geweckt haben, und freuen uns über zahlreiche Teilnahme. Der Organisator Markus Jäggi Thurgauer Posthalter Halbtagsausflug, Besichtigung Kloster Fischingen Am 26. März 2014 trafen sich 28 interessierte Mitglieder um 9.45 Uhr vor dem Kloster in Fischingen, um miteinander an einer Führung durch die Klosterräume und die Kirche zu gehen. Unsere Führung wurde von Herrn Signorelli gemacht. Mit viel Humor und Wissen erzählte er uns aus der Geschichte des Klosters, der Mönche und der Äbte einige lustige und auch einige ernste Geschichten. Ebenfalls erhielten wir von Herrn Signorelli eine wunderbare Demonstration der riesigen Orgel in der Klosterkirche. Nach ca. 1½ Stunden Besichtigen und Erklären durften wir uns im hauseigenen Restaurant niederlassen, wo wir zusammen noch ein sehr feines Mittagessen genossen. Zeit, um miteinander zu plaudern und über eben Erfahrenes zu diskutieren, war hier also gegeben. Etwa

um 16 Uhr begab man sich wieder auf den Weg nach Hause. In Erwartung auf den Tagesausflug am 21. Mai und die Ferienwoche im Juli freuen wir uns auf ein Wiedersehen. Achtung, Anmeldeschluss für die beiden Termine nicht verpassen: Tagesausflug 10. Mai und Ferien 24. Mai. Eveline Schranz Zürich Medien Mit dem Alter merken viele, dass ihr Hörvermögen nachlässt. Es gibt viele Ursachen, die Beschwerden sind unterschiedlich, und deshalb muss die Lösung für jede Person individuell angepasst werden. Am 11. Juni erhalten wir bei der Besichtigung der Phonak AG in Stäfa einen Überblick über die heutigen Möglichkeiten, wie ein Hörverlust korrigiert werden kann. Dauer 2 Stunden: Präsentation, Besichtigung (1,5 Std.), Zvieri. Bitte festes Schuhwerk, keine hohen Absätze und keine Stiefel. Beim Eingang müssen ESD-Schuhbänder angebracht werden (einfache Montage). Treffpunkt: 13.20 Uhr vor dem Haupteingang der Phonak AG, Laubisrütistrasse 24, 8712 Stäfa. (S7: Zürich HB ab 12.42, Stäfa an 13.07, Bus 955 ab 13.10, Phonak an 13.16). Anmeldeschluss: Montag, 19. Mai, maximal 20 Personen, Anmeldung an Jürgen Schendekehl, Sonnenbergstras­ se 35, 8032 Zürich, Telefon 044 252 13 35, ­juergen.schendekehl@bluewin.ch. Postveteranen Zürich Wandergruppe Liebe Wanderkolleginnen, liebe Wanderkollegen, am 22. Mai wandern wir im Nordwesten des Kantons Luzern, von Richenthal nach Ebersecken und weiter nach Nebikon. Das Programm für diesen Tag: Zürich HB ab 8.30, Olten 9.00/9.06 weiter bis Reiden und mit dem Bus bis Richenthal, an 9.25. Im Res­ taurant Fleury werden uns Kaffee und Gipfeli serviert. Die Wanderung führt uns zum Kurhaus Richenthal und weiter bergauf nach «Uf äm Aesch» und hinunter nach Ebersecken, Zeit zwei Stunden, bergauf 220 m, bergab 170 m. Im Restaurant Sonne werden wir mit einem feinen Essen verwöhnt. Gestärkt und frohen Mutes ziehen wir weiter nach Gläng und der Luthern entlang bis Nebikon, Wanderzeit 1 Std. 50 Min., bergab 120 m. Nebikon ab 16.01, Olten 16.23/29, Zürich HB an 17.02. Billette: Wohnort–Richenthal Kirche und retour ab Nebikon, Fahrpreis Halbtax ab Zürich HB Fr. 32.–. Nächste Wanderung Donnerstag, 26. Juni, mit Nino im Ticino! Ich freue mich auf eine rege Beteiligung und grüsse euch herzlich. Kari Bichsel (044 302 40 51oder 079 459 74 71)

Das syndicom-Sudoku Zu gewinnen gibt es Reka-Checks im Wert von Fr. 50.–, gespendet von unserer Dienstleistungspartnerin Reka. Die Lösung (die dreistellige Zahl aus den farbigen Feldern, Reihenfolge: von links nach rechts) wird in der nächsten Ausgabe zusammen mit dem Namen des Gewinners oder der Gewinnerin veröffentlicht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen. Lösung und Absender auf einer A6-Postkarte senden an: «syndicom, die zeitung», Monbijoustrasse 33, Postfach 6336, 3001 Bern. Einsendeschluss: 19. Mai. Kreuzworträtsel Die Lösung des syndicom-Kreuzworträtsels aus Nr. 5 lautet: Tag der Arbeit. Gewonnen hat: Emmy Furrer aus Niederglatt. Sie erhält Tankgutscheine im Wert von 30 Franken von unserer Dienst­ leistungs­partnerin Eni. Wir gratulieren herzlich!

Heinrich Ammann, Sektion Bern Post­ personal, 92 Jahre, Mitglied seit 1947. Franz Bartl, Sektion Zürich Telecom, 94 Jahre, Mitglied seit 1974. Edmond Besson, Sektion Biel/Bienne, 85 Jahre, Mitglied seit 1949. Markus Binggeli, Sektion Region Basel, 49 Jahre, Mitglied seit 1994. Peter Flückiger, Sektion Biel/Bienne, 77 Jahre, Mitglied seit 1996. Jean Gerber, Sektion Bern syndicom, 82 Jahre, Mitglied seit 1959. Hans-Rudolf Habegger, Sektion Bern syndicom, 69 Jahre, Mitglied seit 1976. Walter Haltner, Sektion GIV St. Gallen, 61 Jahre, Mitglied seit 1986. Helmut Hesse, Sektion GIV Basel, 73 Jahre, Mitglied seit 1988. Hans Hirschi, Sektion Biel/Bienne, 67 Jahre, Mitglied seit 1968. Armin Keller, Sektion Bern syndicom, 94 Jahre, Mitglied seit 1948. Werner Link, Sektion Bern syndicom, 59 Jahre, Mitglied seit 2007. Rolf Meister, Sektion GIV Bern, 74 Jahre, Mitglied seit 1976. Hans Mullis, Sektion Rhätia, 83 Jahre, Mitglied seit 1952. Paul Murer, Sektion Region Basel, 83 Jahre, Mitglied seit 1949. Trepp Rageth, Sektion Rhätia, 99 Jahre, Mitglied seit 1999. Rosina Rossi, Sektion Zürich Post, 65 Jahre, Mitglied seit 1993. Margrit Rüegg, Sektion Zürich Logistik, 53 Jahre, Mitglied seit 2013. Fritz Ryter, Sektion Lötschberg Post, 81 Jahre, Mitglied seit 1953. Erna Schumacher, Sektion GIV Bern, 87 Jahre, Mitglied seit 1946. Werner Stauffer, Sektion Region Basel, 66 Jahre, Mitglied seit 1964. Walter Surbeck, Sektion Zürich Logistik, 66 Jahre, Mitglied seit 1999. Jakob Walt, Sektion Zürich Logistik, 79 Jahre, Mitglied seit 1952. impressum «syndicom» Chefredaktion: Nina Scheu Redaktion: Naomi Kunz, Tel. 058 817 18 27, redaktion@syndicom.ch layout: Katja Leudolph korrektorat: Ulrike Krüger adressänderungen: syndicom, Adressverwaltung, Monbijou­strasse 33, Postfach 6336, 3001 Bern inserate: stab@syndicom.ch druck: Ringier Print Adligenswil, Postfach 3739, 6002 Luzern ISSN 1664-8951 verlegerin: syndicom – Gewerkschaft Medien und K ­ ommunikation, Monbijou­strasse 33, Postfach 6336, 3001 Bern, Tel. 058 817 18 18, Fax 058 817 18 17 «syndicom» erscheint 15 Mal im Jahr. Ausgabe Nr. 7 erscheint am 30. Mai 2014 (Redaktionsschluss: 12. Mai).


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Grosse Umfrage:

Wie soll syndicom mit den Mitgliedern kommunizieren? Als Mitglied wirst du von syndicom auf verschiedenen Kanälen über die Aktivitäten deiner Gewerkschaft informiert. Regelmässig findest du die syndicom-Zeitung in deinem Briefkasten, und unter www.syndicom.ch können jederzeit alle möglichen Informationen abgerufen werden. In E-Mails, Broschüren und Flyern wirst du über Aktionen und Verhandlungen in deiner Branche und der Region auf dem Laufenden gehalten. Aber auch auf Facebook und Twitter ist syndicom präsent. Wir stellen nun all unseren Mitgliedern die Frage, ob unsere Kommunikation auch wirklich ankommt. In einer grossen Online-Umfrage*, welche wir in Zusammenarbeit mit dem Institut für Angewandte Medienwissenschaft der Zürcher Hochschule ZHAW durchführen, wollen wir wissen, ob die Informationen in der Zeitung, im Internet, in den Flyern und den E-Mails gelesen werden. Was interessiert unsere Mitglieder und wie erreichen wir sie auf eine effiziente Weise? Was sollen wir ausbauen oder wie können wir Bestehendes verbessern? Die Umfrage ist auch eine gute Gelegenheit, uns eine Rückmeldung zu geben. Denn Kommunikation funktioniert ja nie nur in einer Richtung. Mach jetzt mit bei unserer Umfrage! www.syndicom.ch/kommunikation * Mitglieder, welche keinen Zugang zum Internet haben, können die Umfrage in Papierform bestellen bei: Zentralsekretariat syndicom, Postfach 6336, 3001 Bern, Tel. 058 817 18 18. Oder sie können die Fragebögen auf den regionalen Sekretariaten und bei den lokalen Sektionen beziehen.

Parolen des SGB zur Abstimmung vom 18. Mai

Ja zum Mindestlohn und zur Hausarztmedizin, Nein zu Gripen und Pädophilen-Berufsverbot Beim eidgenössischen Urnengang vom 18. Mai sagt der SGB zweimal Ja und zweimal Nein. Er befürwortet die Mindestlohn-Ini­ tiative und den Gegenvorschlag zur Haus­ arzt-Initiative. Ein Nein empfiehlt er zum Kauf des Gripen und zur Volksinitiative für ein Berufsverbot von Pädophilen. Das – selbstverständliche – Ja zur eige­ nen Mindestlohn-Initiative braucht an dieser Stelle nicht behandelt zu werden. Der SGB wird sich mit aller Kraft für ein Ja zu dieser Initiative einsetzen. Denn ein Erfolg des Volksbegehrens wird die Ar­

beitswelt gerechter machen und für über 330 000 ArbeitnehmerInnen existenzielle Verbesserungen bringen. Den Kauf des Gripen lehnt der SGB ab. Eine vernünftige Beurteilung der mit­ telfristig drohenden Gefahren für die Schweiz führt zum Schluss, dass es ein neues Kampfflugzeug nicht braucht. Vor allem aber gibt der SGB zu bedenken, dass die in den neuen Flieger investierten Milliarden dann anderswo fehlen, etwa in der sozialen Sicherheit, in der Bildung oder beim Bundespersonal.

Genau dort werden sie dringender ge­ braucht. Es kann nicht sein, dass der Kauf eines Kampffliegers zu Sparübungen in diesen Bereichen führt. Nein sagt der SGB ebenfalls zur Volksini­ tiative für ein Berufsverbot von Pädo­ philen. Diese ist unpräzise und verstösst gegen Grundsätze der schweizerischen Rechtsordnung. Weil sie zu starr formu­ liert ist, riskieren sogar Ehepartner einer ursprünglich illegalen «Jugendliebe» ein lebenslanges Verbot, mit Jugendlichen zu arbeiten. Das durchaus ehrenwerte

Grundanliegen der Volksinitiative, wo­ nach Kinder und Abhängige auch durch schärfere Präventionsmassnahmen und härtere Bestrafung der Täter vor sexuel­ ler Ausbeutung zu schützen seien, ist auf gesetzlicher Ebene wahrzunehmen. Den Gegenvorschlag zur Hausarzt-Initi­ ative bejaht der SGB, weil der Gegenvor­ schlag gerechtfertigte Massnahmen zur Besserstellung der Hausarztmedizin un­ terstützt, diese jedoch in das System der medizinischen Grundversorgung integ­ riert. Ewald Ackermann, SGB

nachrichten aus der romandie «Sie sollten, sehr geehrter Herr, sich zunächst ein bisschen foltern lassen, steinigen oder sonst wie exekutieren, denn wir brauchen handfeste Beweise, damit wir Sie als Flüchtling akzeptieren …», schrieb Matthieu Béguelin, Regisseur und Schauspieler, vor zwei Jahren zum 300. Jahrestag von Rousseaus Geburtstag. Und erzählte die erfundene Story weiter: Rousseau, als Flüchtling in der Schweiz angekommen, sei entsetzt über die hiesige Asylpolitik auf dem Fusse umgekehrt und nach Frankreich zurückgeflüchtet, wo die Häscher ihn ergriffen und um einen Kopf kürzer gemacht hätten. © Sandro C amparo

Mat thieu Béguelin stört. Doch jetzt haben seine Häscher den SP-Kantonsrat und engagierten Künstler erwischt. Béguelin hatte in der Folge persönlicher und beruflicher Schwierigkeiten versäumt, seine Steuererklärung auszufüllen, war vom Steueramt zwangseingeschätzt worden, konnte nicht zahlen, schuldet ausserdem Monatsmieten und Krankenkassenprämien, denn als freischaffender Künstler hat er keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld. Ein kurzes anonymes Telefon aus einem kleinen

empfehlen. Ohne jede böse Absicht, bien sûr, vergessen sie zu erwähnen, dass sie Verwaltungsräte der empfohlenen Firma sind… Die Geschichte hinter der Geschichte wurde am Tag vor Matthieu Béguelins Steuerskandal enthüllt. Bei der Neuenburger Linken glaubt man, die Hatz gegen Béguelin sei ein Störfeuer, um vom Skandal der Beraterfirma abzulenken.

Matthieu Béguelin verabschiedete sich aus der Politik, als seine Verschuldung publik gemacht wurde.

Büro der kantonalen Verwaltung an die Presse, und schon gings los: Ausgerechnet ein Linker mit Steuerschulden, pfui, wie unmoralisch! Kein Zweifel: Volksvertreter müssen über jeden Zweifel erhaben sein. Doch hinter der

Geschichte des verschuldeten Linkspolitikers steckt eine zweite Geschichte. Die von zwei Rechtspolitikern, die aufgrund ihrer politischen Funktionen als Grossräte, der eine auch als Aufsichtsrat der kantonalen Pensionskasse, eben dieser Kasse die Dienste einer privaten Finanzberatung

Béguelin selbst hat sich aus dieser Politlogik zurückgezogen und tritt als Grossrat zurück. Er könne nicht weiter Politik machen, solange man auf seine Vorstösse mit sarkastischem Grinsen und der Bemerkung reagiere, er solle zuerst seine Schulden bezahlen, bevor er das Maul öffne. Ein Schuldner mit Moral, sozusagen. Wenn sein Beispiel Schule machte, müsste noch mancher, sogar ein Bundesrat namens Johann Schneider-Ammann, zurücktreten, dessen Familienunternehmen auf einer Offshore-Insel Steuern «optimierte». Helen Brügger ist freie Journalistin und berichtet aus der Romandie.


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