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Klar möchten wir nach Kiew zurück

Dank des grossen Engagements der Schweizer Golf Community haben mehrere Kinder und Jugendliche aus der Ukraine die Möglichkeit, ihrem Sport in Sicherheit treu zu bleiben. Wir sprachen mit dem 14-jährigen Andrey Golovko und seiner Mutter Maria.

LUKAS HADORN

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Am 24. Februar hatte Andrey Golovko Glück im Unglück. Am Tag, als Russland den Krieg gegen die Ukraine begann, befand sich der 14-Jährige nicht in seiner Heimatstadt Kiew, sondern in der Türkei, wo er tags zuvor hingeflogen war, um an einem Golfturnier teilzunehmen. «Ich bin froh, dass Andrey den Kriegsbeginn nicht vor Ort miterleben musste», sagt seine Mutter Maria Golovko. «Die Detonationen, die Sirenen – es war schrecklich.» Am 24. Februar verliess die Familie die Stadt. Fünf Tage dauerte die Fahrt bis Warschau, wo Andrey dazu stiess. Zwei Wochen später landete die Mutter mit ihren drei Kindern in der Schweiz. Ein Bekannter der Familie hatte schnell und unkompliziert seine Hilfe angeboten. Seither wohnen die Golovkos in Aesch in der Nähe von Birmensdorf.

GROSSES TALENT

«Am Anfang war ich sehr traurig», erzählt Andrey. «Ich vermisste meine Freunde und mein altes Leben, das einfach so verschwunden war.» Golf spielt in seinem Leben eine zentrale Rolle. Fast täglich trainierte Andrey auf der Driving Range und dem Platz seines Heimatclubs GolfStream in Kiew. Mit einem Handicap von 5,8 gehört er zum ukrainischen Nationalteam der Amateure. Eine beachtliche Leistung, zumal sich der grossgewachsene Teenager erst seit rund drei Jahren seriös dem Golfsport widmet.

Glücklicherweise wohnt in der Schweizer Gastfamilie ein Junge in ähnlichem Alter, der ebenfalls Golf spielt und regelmässig im Golfpark Holzhäusern trainiert. Der Golfclub Ennetsee zeigte sich unbürokratisch und grosszügig; sofort konnte auch Andrey in Holzhäusern trainieren. Über den Swiss Golf Coach Jeremy Carlsen erhielt Andrey zudem die Möglichkeit, mit dem Regional-Kader im Golfclub Sempach mitzutun. Seither verbringt er seine Nachmittage und Abende auf den Ranges, Plätzen und Fitnessräumen in Holzhäusern und Sempach. Ein Stück altbekannte Routine im neuen Leben, immerhin.

Grosse Hilfsbereitschaft

Der Fall von Andrey Golovko sei exemplarisch für die Hilfsbereitschaft der Schweizer Golf Community in den letzten Wochen und Monaten, sagt Barbara Albisetti, Direktorin Sport von Swiss Golf. Rund ein Dutzend Golf spielende Kinder und Jugendliche aus der Ukraine seien derzeit in der Schweiz und würden von verschiedenen Privatpersonen, aber auch von Clubs unterstützt und gefördert. «Die Angebote reichen von Wohnunterkünften über die Unterstützung im Austausch mit den

Behörden bis hin zu kostenlosen Trainingsmöglichkeiten, der Integration in die regionalen Nationalkader oder die Teilnahme an den Meisterschaften von Swiss Golf», erklärt Albisetti. Nicht nur in der Deutschschweiz, sondern auch in der Romandie hätten sich verschiedene Organisationen enorm bemüht, den Familien zu helfen und den Nachwuchs zu fördern. «Das grosse Engagement und die Hilfsbereitschaft unserer Golfgemeinschaft haben mich sehr berührt.»

Auch Andreys Mutter Maria ist dankbar für die Hilfsbereitschaft und die grosse Unterstützung in dieser schwierigen Situation. «Für mich steht die Sicherheit unserer Kinder an oberster Stelle. Hier in der Schweiz können sie sich frei bewegen, Andrey kann selbstständig mit Bus und Bahn nach Zürich zur Schule fahren. Diese Selbständigkeit und die sozialen Kontakte in der Schule und im Sport sind gerade in seinem Alter enorm wichtig. Dafür sind wir sehr dankbar.» Natürlich möchten wir alle so bald wie möglich zurück nach Kiew, erzählt Maria Golovko. Die Frage sei nur, wann das wieder möglich sein werde. «Obwohl die Lage in den letzten Wochen etwas stabiler geworden ist, gibt es nach wie vor täglich Sirenenalarme. Das möchte ich meinen Kindern nicht zumuten. Und selbst wenn der Krieg bald enden sollte, dürfte es lange dauern, bis sich wieder so etwas wie Normalität in unserem Leben einstellt.»

«ICH SCHAUE EINFACH, WAS KOMMT»

Die Abwechslung im Trainingsprogramm von Andrey stellt da eine willkommene Ablenkung dar. «Im Mai hat er im Emmental sogar sein erstes Turnier in der Schweiz spielen können», sagt die Mutter stolz. Andrey selbst verzieht beim Gedanken an den Ausflug ins Emmental leicht gequält das Gesicht. Das Turnier lief nicht nach Wunsch – zu stark hätten ihn während der Vorbereitung darauf das Gymnasium und der Deutschunterricht in Anspruch genommen. «Ich hoffe, dass ich noch an weiteren Turnieren in der Schweiz teilnehmen kann», sagt Andrey. «Gerade im mentalen Bereich habe ich noch viel Aufholbedarf, und da sind Wettkampfsituationen sehr wichtig.»

Andrey stellt sich darauf ein, noch eine Weile in der Schweiz zu bleiben. «In meiner alten Schule ist nur Online-Unterricht möglich, und die Gebäude und Anlagen unseres Golfclubs wurden im Krieg sehr stark beschädigt und müssen erst neu aufgebaut werden. Sosehr ich mein Zuhause und meine Freunde auch vermisse – es ist mir bewusst, dass ich hier sehr gute Perspektiven habe, sportlich wie schulisch.» Andrey lächelt und sagt: «Ich schaue einfach, was kommt.» •

Swiss Golf freut sich, die Einstellung eines Spezialisten für digitale Kommunikation bekanntgeben zu können. «Seit Mai gehört Jérôme Reynard mit einem 40-Prozent-Pensum zum Team und hat die Aufgabe, unsere Kommunikation auf mehreren Ebenen weiterzuentwickeln», sagt Michel Follonier, Direktor Services beim Verband. Der 36-jährige Walliser ist langjähriger Sportjournalist und seit frühester Kindheit begeisterter Golfer. Seit 2014 arbeitet Reynard für verschiedene Westschweizer Medien, die zur TX Group gehören (u.a. 24 heures, Tribune de Genève, Matin Dimanche, 20 minutes und lematin.ch). «Wir sind zuversichtlich, dass seine Kenntnisse des Medienmilieus und seine Erfahrung in der Produktion von Inhalten dazu beitragen werden, uns im Bereich der Online-Kommunikation einen Schritt nach vorne zu bringen», fügt Follonier an.

Hommage an Marie-Christine de Werra

Marie-Christine de Werra, eine der besten Amateurspielerinnen der Schweiz von den Junioren bis zu den Senioren, ist am 9. Juni im Alter von 70 Jahren in der Region Genf verstorben. Einige Highlights ihrer langen Erfolgsbilanz auf allen Kontinenten sind die Europa- und Weltmeisterschaften, an denen sie in den 1980er Jahren teilgenommen hat. Sie gewann unter anderem neunmal die Championnat du Léman, viermal die International de Suisse (ein Rekord), die Fiat Trophy 1980 und den ASG-Cup. Sie war mehrfache Schweizer Meisterin sowohl im Stroke als auch im Matchplay und gewann zahlreiche Titel mit den Seniorinnen. Ihr starker Charakter, ihr fröhliches Wesen und ihre Leidenschaft für den Golfsport prägten die Schweizer Golfszene über viele Jahre. Swiss Golf spricht ihrer Familie und ihren Freunden sein tiefes Beileid aus.

Jedes Jahr organisiert Swiss Olympic das Forum für Geschäftsführer*innen der Mitgliedsverbände mit verschiedenen Workshops. Der Nationalcoach Boys, Alex Chopard, führte sie neben einer Waldhütte in die Geheimnisse des Golfsports ein. Für die ersten Versuche mit Ball und Schläger eignet sich das Equipment von «SNAG» (Starting New At Golf) hervorragend. Hier spielt man mit übergrossen Schlägern und «klebenden» Kunststoffbällen. Die Direktor*innen von Swiss Fencing, Swiss Curling, Swiss Athletics, Swiss Orienteering, dem Schiess-, Fussball- und Pferdesportverband und vielen mehr zeigten sich erwartet sportlich. «Öfters mussten wir uns im Dickicht auf die Suche nach den Bällen machen», sagt Klaus Burkhardt, welcher den Anlass von Swiss Golf organisiert hat. «Der Spass- und Wow-Faktor stieg mit jedem gelungenen Schlag, bis die vielzitierte GolfDemut einkehrte», fügt er an. Interessantes

Detail: Mehr als die Hälfte der 50 Teilnehmenden hatte bereits Erfahrungen auf einer Driving Range gemacht oder besitzt eine Swiss Golf Card.

25.-28.08.2022 GOLF-CLUB CRANS-SUR-SIERRE

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