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KEIN DICHTESTRESS IN BELEK

Golfferien während Corona? Ungewöhnlich, aber durchaus vergnüglich. Wir waren elf Tage in Belek und haben auf den schönsten Plätzen der populären Golf-Destination bemerkenswert wenig Touristen getroffen.

Knapp 200 Meter sind es nach dem sehr missglückten Drive bis zur Fahne, und natürlich wäre es nun vernünftig, mit dem zweiten Schlag vorzulegen. Aber wer will schon vernünftig sein, wenn ein Holz-3-Traumschlag aufs Inselgrün lockt? Vorne und hinten ist Wasser, links und rechts ist Wasser, doch es wäre eine Schande, diesen Versuch nicht zu riskieren.

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Hinter dem künstlichen See ist das Golfrestaurant, es ist Mittagszeit, an interessierten Zuschauern auf der Terrasse fehlt es nicht. Na dann, Schlag 2: ab ins Wasser! Weil die Flightpartner den Ehrgeiz anstacheln, probieren wir es selbstverständlich noch einmal – und noch einmal.

Schlag 4 und Schlag 6 landen im Wasser! Wir nehmen den Ball zerknirscht auf, streichen das Loch, es ist ein unschönes Ende einer schönen Golfrunde. Aber sie endet mit einem Versprechen: Diesen Schlag probieren wir in diesen Ferien noch einmal.

Die Plätze sind fast leer Loch 18 auf dem Dunes Course im Sueno Golf Club in Belek ist spektakulär –insbesondere, wenn der Drive zu kurz geraten ist. Und es ist der Abschluss einer kurzweiligen Runde zum Start von elftägigen Golfferien. Das Coronavirus hat die Welt fest im Griff, Reisen ist kompliziert, aber nicht unmöglich geworden. In Belek warten auf den Golffreund 15 tolle Golfplätze, wie der Dunes Course.

Und nach dem Mittagessen, oben auf der Terrasse mit Blick aufs Inselgrün und auf jede Menge Schläge ins Wasser, lässt sich im Sueno Golf Club problemlos noch der Pines Course spielen. Wenn man Lust und Energie hat. Vielleicht ist es aber auch angemessener, auf dem riesigen Übungsgelände ein wenig an der Technik zu feilen, etwa mit dem Holz 3. Wir entscheiden uns für die Extremvariante, besuchen zuerst die Driving Range und hängen dann bis zum Eindunkeln noch 18 Löcher an. Es sind schwierige Zeiten für die Reisebranche, das betrifft auch und besonders den Golfbereich. Und so werden Plätze, auf denen normalerweise ein Viererflight nach dem anderen gebucht ist, zu relativ verlassenen Orten. So war das im Herbst auch in Belek. Egal, ob in den Clubhäusern, bei den Golfplatzangestellten auf der

Anlage, an der Bar oder bei jenen Unternehmen, die für den Transport auf die Plätze verantwortlich sind – überall hört man, wie stark die Golfer fehlen. Immerhin: Russen hat es viele, was zuweilen anstrengend sein kann, weil sie eher nicht daran interessiert sind, die CoronaRegeln strikt zu befolgen.

Bizarres am Buffet

Denn selbst wenn die Türkei – auch aus Rücksicht auf die Tourismus-Destinationen – nicht die allerstrengsten Virus-Restriktionen erlässt, sorgt die Pandemie selbstredend für einige Einschränkungen. Besonders an den opulenten Buffets in den schicken Hotels, an denen nicht selber geschöpft werden darf. Weil die Küchen aber trotz weniger Gäste nicht unbedingt weniger Essen zur Verfügung stellen, bedeutet das einen immensen Personalaufwand für die Hotels. Grösstenteils sind mehr Angestellte im Buffetraum anwesend als Touristen, manchmal sind es bis zu 50 Helfer. Die Szenerie ist bizarr, das Essen aber exzellent. Und an die Maske haben wir uns längst gewöhnt, auf dem Golfplatz ist sie ohnehin im Bag verstaut. Wer zum ersten Mal als Golfer nach Belek reist, kann ob der vielen Angebote leicht den Überblick verlieren. Wir haben uns für ein Arrangement entschieden, bei dem wir zuerst sechs Nächte im zweckmässigen Sueno Golf Hotel verbringen, fürs Abendessen aber ins wunderbare Sueno Deluxe nebenan dislozieren. Danach wechseln wir für vier Nächte ins sogar noch traumhaftere Kaya Palazzo Golf Resort. Während der Zeit im Sueno-Komplex ist unbegrenztes Benutzen der beiden hoteleigenen Plätze Dunes und Pines inbegriffen. Und weil es derart wenige Golftouristen hat, gibt es auch immer genügend freie Tee Times. «So wenige Golfer habe ich hier noch gar nie gesehen», sagt der gelangweilte Starter.

Uns stört es keineswegs, dass die Plätze in Belek nicht überlaufen sind. Und die Gyms sowie die gewaltigen PoolAnlagen in den Hotels sind glücklicherweise ebenfalls ge- öffnet. Während der Zeit im Kaya Palazzo besuchen wir die Kurse Pasha und Sultan, Kaya und Montgomerie. Es sind aussergewöhnliche Plätze, wobei Montgomerie nicht nur wegen seiner Historie sogar noch heraussticht. Berühmte Grössen wie Tiger Woods, Rory McIlroy, Sergio Garcia (Gewinner 2014), Brooks Koepka, Justin Rose und viele mehr haben hier bereits an den Turkish Airlines Open teilgenommen. Im schmucken, edlen Clubhaus hängen Bilder der Stars der Szene wie Trophäen an den holzgetäferten Wänden.

Auch auf diesen normalerweise recht teuren, aber ständig vollbesetzten Plätzen herrscht nahezu kein Betrieb. An dem Tag, an dem wir auf dem Montgomerie-Kurs sind, haben sich total acht Golfer angemeldet. Kein Wunder – und das bleibt unter uns – spielen wir nahezu jedes Loch mit zwei, drei Bällen.

Versöhnung mit Loch 18

Während den zwar ungewöhnlichen, aber vergnüglichen Tagen in Belek lernen wir auch zwei Schweizer kennen. Der eine hat sich gleich für den ganzen Winter hier nie- dergelassen, der andere wollte eigentlich während seines Sabbaticals drei Monate um die Welt reisen, ist aber in Belek gestrandet und feilt nun wochenlang an seinen Golffähigkeiten. «Ich könnte mir derzeit keinen besseren Ort vorstellen», sagt er. «Hier hat es gutes Wetter, tolle Hotels, feines Essen, die schönsten Golfplätze.» Und weil sich die Preise der Lage angepasst haben, ufern auch die Kosten nicht aus.

Unser Fazit jedenfalls fällt überaus positiv aus: Belek hat seinen Ruf als «Golf-Mekka» während der vergangenen Jahre redlich verdient, selbst in Zeiten des Ausnahmezustands. Und was wir unbedingt noch erwähnen möchten: Am letzten Abend im Sueno Golf Club, als der Dunes-Kurs leer ist, spazieren wir mit 20 Golfbällen und dem Holz 3 zu jener Stelle, von der aus wir uns am ersten Tag in Belek blamierten. Diesmal fliegen zwar erneut viele Bälle ins Wasser, ein paar der langen Annäherungsschläge aber landen tatsächlich auf dem kleinen Inselgrün, einer sogar fast im Loch. Von der Terrasse, auf der gerade Apéro-Zeit ist, ist tatsächlich leiser Applaus zu vernehmen. Die späte Versöhnung mit Loch 18 ist gelungen. •

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