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«So extrem wie noch nie»
from SWISS GOLF 01-21 DE
by swissgolf.ch
Seit fast 40 Jahren beliefert Andres Breitenmoser mit seiner Firma Lutz Sport-Mode AG in Appenzell die Schweizer Golfhändler. «So schwierig wie dieses Jahr war der Einkauf noch nie», erzählt der Aktionär.
«Wir wissen nicht, was wir bekommen und wann wir es bekommen. Wir wissen nicht, ob die Container dann auch Platz auf dem Schiff haben. Wir können quasi nichts kalkulieren», sprudelt es aus Andres Breitenmoser hervor, noch bevor wir uns an den Besprechungstisch gesetzt haben.
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«Jede bestätigte Lieferung ist für uns schon fast ein Grund zum Feiern», ergänzt sein Sohn Daniel, der vor zwei Jahren die operative Führung des Golf-Grosshändlers übernommen hat. Der Grund für die aktuellen Lieferschwierigkeiten: Weltweit steigt die Nachfrage, die chinesischen Fabriken kommen nach Corona kaum nach mit Produzieren, und gleichzeitig fehlen Containerschiffe respektive wird der Transport immer teurer. «Der Preis für einen Container hat sich innert kurzer Zeit verdreifacht; bei einem Volumengeschäft wie etwa den Bags spielt das natürlich eine wichtige Rolle», erläutert Breitenmoser Junior.
Von Skikleidung zu Elektro-Carts
Seit 1988 importiert die Lutz Sport-Mode AG Golfbags von Sun Mountain, die Nummer eins auf dem Markt. Noch wichtiger als die Taschen sind in den vergangenen Jahren die Elektro-Carts geworden. «Hier sind wir klar die Nummer eins als Partner des Schweizer Fachhandels, das haben wir uns über die letzten Jahre mit viel Aufwand aufgebaut», erzählt Andres Breitenmoser, der als Textilfachmann schon Golfartikel verkaufte, bevor er selber überhaupt mit dem Sport begann. Vor genau 40 Jahren übernahm sein Vater die Firma Lutz Sport-Mode, kurz danach ist er als «Mädchen für alles» in den Kleinbetrieb eingestiegen. «Zunächst hatten wir als Grosshändler Ski- und Tenniskleidung verkauft, doch bald konzentrierten wir uns auf Golf», erinnert sich der heute 63-Jährige.
Klein und sehr fein
Bei bloss 16 000 aktiven Golferinnen und Golfern auf 30 Plätzen könne man den damaligen Markt natürlich nicht mit dem heutigen vergleichen. Gleichzeitig sei es auch spannend gewesen, mitzuverfolgen, wie viele Marken entstanden und vor allem auch wieder verschwanden. «Der erste Kontakt mit Golf war Braun Golfmode, das war absolutes Top-End, ähnlich wie etwa die Tasselli-Lederbags, die schon damals knapp 3000 Franken kosteten», erinnert er sich an die Anfänge vor fast 40 Jahren.

1986 begann Breitenmoser mit dem Import von Spalding-Bällen. «Diese waren damals die klare Nummer eins bei den Golfbällen, und das half mit, dass wir seit 30 Jahren der führende Grosshändler in der Schweiz sind», erzählt der Appenzeller. In den Neunzigerjahren kosteten die Golfausrüstungen in den USA rund halb so viel wie in der Schweiz. «Beim Chef von Spalding wollte ich einmal über bessere Preise verhandeln», erzählt Breitenmoser. «Er sagte: ‘Mit drei Filialen in Mia- mi mache ich gleich viel Umsatz wie du in der ganzen Schweiz.’ Damit war die Diskussion relativ schnell erledigt.»
Unter anderem dank des Imports von Taylor Made und Callaway deckte LS-Golf Mitte der Neunziger gut die Hälfte des Schweizer Hardware-Marktes ab. Später haben die Grossfirmen den Vertrieb in der Schweiz zumeist selber übernommen.
7000 verschiedene Produkte
«Wir mussten uns ständig anpassen, immer wieder sind neue Marken dazu-gekommen», ergänzt Sohn Daniel, der seit gut zehn Jahren im Betrieb mitarbeitet. Der aktuelle Katalog für die Fachhändler umfasst mittlerweile 240 (!) Seiten und 7000 verschiedene Produkte, von der Pitch-Gabel bis hin zum mobilen Launch Monitor für einen Verkaufspreis von 799 Franken im Laden.
Das Angebot werde immer breiter und tiefer, wie es im Fachjargon heisst. Konkret liegen im Lager beispielsweise 100 verschiede Caps, aber auch mehr als 120 unterschiedliche
Headcover. «1000 Schirme sind es sicher auch», schätzt er beim Fototermin im Auslieferungslager.
«Ein einzelner kleiner Sack mit Tees war das kleinste Paket, das hier verschickt wurde», erzählt er. Derzeit beschäftigen sich die insgesamt neun Angestellten mit der Auslieferung der sogenannten Vor-Order an die Fachgeschäfte. Das sind in der Regel 100 bis 200 Positionen, die alle von Hand zusammengesucht, verpackt und verschickt werden, damit die Shops für den Saisonstart gerüstet sind. «Die Nachbestellungen erledigen wir dann normalerweise innerhalb von 24 Stunden», erläutert der Firmenchef.
Erste Eigenmarke
Zum Service gehört für ihn vor allem auch das umfangreiche Ersatzteillager. «Unser Mechaniker kann damit auch 15-jährige Carts noch reparieren. Obwohl wir keinen Direktverkauf haben, kommen praktisch jeden Tag Leute für einen Service oder eine Reparatur zu uns nach Appenzell», ergänzt Andres Breitenmoser. Mit Schrecken erinnert er sich an die allerersten Elektro-Carts in den frühen Achtzigerjahren. «Wir haben sechs Stück importiert, einen verkauft und die anderen fünf als Ersatzteillager gebraucht», erzählt er schmunzelnd. Der rasche Service in der Schweiz sei im wichtigen Geschäft mit E-Carts immer noch matchentscheidend, ist sich Breitenmoser sicher. Gleichzeitig übernimmt er seit kurzem eine zusätzliche Rolle. «Mit dem neu lancierten Albatross E-Cart starten wir erstmals zusammen mit Kiffe eine Eigenmarke. Da haben wir viel Zeit und Geld investiert, wir wollen damit das Sortiment für den Fachhändler im Preisbereich von deutlich unter 2000 Franken ergänzen.» Klar kam es auch hier zu Verspätungen und Lieferschwierigkeiten. Das habe man schon nach dem Ende des ersten Lockdowns vergangenen Sommer gesehen. «So extrem wie jetzt war es aber noch nie.»