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Immer voll auf dIe fahne
Die Heim-WM in St. Moritz vom nächsten Februar wäre sein Traum gewesen. Noch vor dem Saisonstart musste Skifahrer Marc Berthod wegen Verletzungen seine Profi-Karriere beenden. Aktuell stehen seine Zwillinge im Mittelpunkt, später hofft er wieder mehr Zeit fürs Golfen zu haben.
Stefan Waldvogel
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Was fasziniert Sie persönlich am Golfen?
Wenn der Ball mal weit, hoch und gerade fliegt, ist das schon ein gutes Gefühl. Ich bin eher der Typ, der gern draufhaut, bei mir steht der Spass mit den Kollegen im Vordergrund. Dazu kommt die schöne Natur, ich spiele gern in Davos, aber auch auf vielen anderen Plätzen Graubündens.
Wie sind Sie dazu gekommen?
Meinen Vater Martin hatte der Golfvirus in Samedan gepackt. Er hat mich überzeugt und bin dann jeweils am Mittwochnachmittag ins Juniorentraining gegangen. Zuerst habe ich die Bälle meist nicht getroffen. Ich weiss noch, einmal hat mich die spätere Proette Caroline Rominger ‚wüst’ geschimpft, weil ich so langsam spielte. Mit den Kollegen im JuniorenTraining war es aber lustig, daran mag ich mich noch gut erinnern.
Seither spielen Sie regelmässig?
Eigentlich nicht. Im Sportgymnasium Davos setzte ich voll auf Ski, später spielte ich noch ab und zu mit meinem Vater. In den Sommercamps in Südamerika golften wir immer wieder mit den Nati-Kollegen, das war jeweils auch ganz lustig, aber natürlich die Ausnahme. Mit meiner Partnerin habe ich dann wieder mehr gegolft. Seit gut zwei Jahren sind wir aber Eltern von Zwillingen. Die beiden beanspruchen unsere ganze Aufmerksamkeit, seit der Geburt habe ich, glaube ich, nie mehr gespielt.
Ich war nicht einmal auf einer Driving Range. Zu wenig Zeit, zu wenig Lust.
Nach Ihrer schweren Knieverletzung Ende Dezember 2014 investierten Sie nochmals viel Energie in den Traum vom Karriere-Abschluss an der WM in St. Moritz 2017. Nach der erneuten Verletzung im Januar 2016 haben Sie diesen Herbst den Rücktritt vom Spitzensport angekündigt. Welches wird Ihre Rolle an der Heim-WM?
Sicher nicht die gewünschte als Athlet. Ich habe bereits für einige Aktivitäten wie etwa Charityoder Sponsoring-Anlässe zugesagt, vielleicht kann ich während der WM auch punktuell etwas helfen. Kurz davor habe ich noch Semesterprüfungen für mein Studium in Betriebsökonomie. Dort belege ich das Hauptfach Sportmanagement, mit den weiteren Schwerpunkten Marketing, Events und Kommunikation. So gesehen würde die WM auch hinter den Kulissen passen.
Haben Sie konkrete Pläne für die Zeit nach dem Profisport?
Ich möchte dem Skifahren verbunden bleiben, deshalb habe ich mit der Trainerausbildung begonnen. Gerne würde ich mit Athleten ab Stufe FIS oder Europacup zusammenarbeiten, ich denke in diesem Bereich kann ich am meisten bewirken. Weiter werde ich ab Januar in der Südostschweiz einmal im Monat eine Sportkolumne schreiben, worauf ich mich ganz speziell freue.
Sie galten auf Skiern als Draufgänger, gilt das auch für Ihr Golfspiel?
Ich denke schon, man kann sich auf dem Golfplatz nicht ganz verstellen. Ich bin beim Slalom auch recht oft rausgeflogen. Im Golf gilt für mich erst recht «ran an die Fahne». Ich bin nicht der, der vorlegt, lieber zweimal Droppen statt zurück auf den Fairway. Das versaut einem ab und zu das Score, macht mir aber viel mehr Spass. Da wir meist ein kleines MatchPlay spielen, kann man auch etwas riskieren. Nur wenn der Match ganz eng wird, stelle ich manchmal die Taktik um. Oft ist es dann allerdings zu spät.
Gibt es für Sie Parallelen zwischen Slalom und Golf?
Beides ist auch Kopfsache, der Slalom ist einfach nach einer Minute fertig, beim Golfen
Marc Berthod
dauert es doch deutlich länger. Für uns war es jeweils ein idealer Sommerausgleich und hat immer Spass gemacht. So haben wir beim Gletschertraining öfters mal die Golfschläger mit eingepackt. Bei schlechtem Wetter haben wir uns auf dem Schnee unsere eigenen Ziele markiert, so quasi «Crossgolf on Ice» gespielt. Das war jedesmal ein Riesengaudi.
Haben Sie mit den Ski-Kollegen auch auf «normalen Plätzen» gespielt?
Ja, ab und zu im Sommertraining, das war jeweils ganz cool: zuerst das Training auf dem Gletscher in Chile, dann eine Runde Golf im Grünen. Auch rund um Buenos Aires haben wir ein paar Mal gespielt. Das gab ganz lustige Runden, meist mit Patrick Küng, Didier Defago und Marc Gisin. Wir spielten jeweils im Einzel oder im Doppel gegeneinander.
Wer ist der beste Golfer im Quartett?
Wohl Marc, er ist lang und konstant, im Match aber nicht unbezwingbar.
Wer der Lustigste?
Das kann man nicht sagen, die Konstellation hat einfach gestimmt.
Nach 14 Jahren im Weltcup trat der zweifache Adelboden-Sieger diesen Herbst vom Spitzensport zurück. «Mein Körper und Geist sind müde von den vielen Jahren als Leistungssportler und vor allem die schweren Verletzungen in den vergangenen Jahren haben mir stark zugesetzt.» Nun bereitet sich der Bündner auf seine zweite berufliche Karriere vor. Als Hausmann, Student und Vater von zwei Zwillingsbuben, Roc und Cobe, sei er «sehr gut ausgelastet», sagt der Bündner, der zusammen mit seiner Lebensgefährtin Sara in Davos wohnt.

Marc Berthod wurde am 24. November 1983 in St. Moritz geboren. Sein Vater stammt ursprünglich aus dem Jura und kam vor vielen Jahren beruflich ins Engadin. Sein Bruder René Berthod war ebenfalls Ski fahrer gewesen. Auch zur Skifamilie gehört die 1987 geborene Pascale Berthod. Sie konnte von 2008 bis 2011 verletzungsbedingt an keinem Rennen teilnehmen und beendete nach einer weiteren Verletzung ihre Karriere schon vor vier Jahren.
