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Vergleich mit Österreich

Bei den Amateuren sind beide kleinen Länder erfolgreich, bei den Profis tun sich aber sowohl die Schweiz als auch Österreich schwer. Einzig Bernd Wiesberger macht den Unterschied.

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Von der Einwohnerzahl her sind die beiden Staaten vergleichbar – Österreich zählt rund 8,7 Millionen Einwohner, die Schweiz 8,3 Millionen. In Österreich schwangen im letzten Jahr erfolGreich bei den a mateuren

101 479 Menschen die Schläger, in der Schweiz waren es 89 579. In beiden Nationen lag der Frauenanteil bei gut einem Drittel; in Österreich waren 8,5 Prozent der Golfer im Juniorenalter, in der Schweiz 7,7 Prozent. Einen markanten Unterschied allerdings gibt es: Österreich – mit 83 879 Quadratkilometern doppelt so gross wie die Schweiz und topographisch etwas «golffreundlicher» ausgestaltet – beherbergt 50 Prozent mehr Golfanlagen; 156 sind es aktuell, in der Schweiz zählt man 96 Clubs.

Im Gespräch mit österreichischen Berufskollegen werden weitere Parallelen erkennbar. Der Boom ist vorbei, Golf stagniert, und die Einstiegshürden scheinen (zu) hoch. Die ASG hat mit der «Golf –it’s magic»-Kampagne eine Publikumsoffensive gestartet. Der Österreichische Golf-Verband (ÖGV) will an Ostern 2017 mit «In City Golf» für Aufruhr sorgen: Am 14./15. April werden in Wien achtzehn Golfbahnen aufgebaut (neun rund um den Rathausplatz, neun in der Innenstadt), die unter anderem an Oper und Stephansdom vorbei in typische Wiener Gassen führen. Bespielt werden diese Bahnen von 72 geladenen Gästen. «Wir hoffen, so viele Menschen zu erreichen, die noch nicht mit diesem Sport zu tun hatten. ‚In City Golf’ ist eine Chance, den Leuten zu zeigen, wie spannend und interessant Golf wirklich ist», sagt ÖGV-Präsident Peter Enzinger.

Wieviel Herzklopfen Golf verursachen kann, erfuhr er beim Kick-off zu «In City Golf Wien» am 20. Oktober am eigenen Leib. Gemeinsam mit dem einstigen European-Tour-Sieger Markus Brier, den ÖGV-Nationalspielern Markus Mautner und Emma Spitz sowie dem Ex-Skispringer Stefan Thurnbichler war Enzinger auf die Figurengalerie des Wiener Rathauses gestiegen und hatte von einer Tee-Box Bälle in Richtung Burgtheater oder – genauer gesagt – auf ein 40 Meter tiefer gelegenes, 300 Quadratmeter grosses künstliches Grün geschlagen. Golf is magic!

Unvergessliche Momente sind eine Facette von Golf, sportliche Erfolge eine weitere. Ob Clubs und Verbände ihre Hausaufgaben gemacht haben, zeigt sich besonders bei internationalen Turnieren. Bei Mannschafts-Welt- und -Europameisterschaften mussten sich zuletzt weder ASG noch ÖGV verstecken. Die Schweizerinnen gewannen bei der diesjährigen WM eine historische Silbermedaille, für Österreichs Herren gab’s Bronze. Bei Europameisterschaften brillierten vor allem die Damen: Die Schweizerinnen holten 2015 Silber und 2014

Bronze, heuer verpassten sie als Vierte Edelmetall nur knapp. Die Österreicherinnen durften 2013 EM-Silber bejubeln. Die Förderkonzepte der Sportdirektoren Paolo Quirici (ASG) und Niki Zitny (ÖGV), beide ehemalige Tour Pros, greifen. Und setzen früh an: In der ASG-Kaderstruktur werden «Elitespieler» in zwölf Ausbildungsregionen bereits im U14-Alter erfasst und gezielt gefördert. Junioren-Touren gibt es in beiden Ländern, wobei Österreich zusätzlich Schulgolf-Landesmeisterschaften durchführt.

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Zu den ProS

Auf Amateur-Ebene trägt die Nachwuchsarbeit Früchte, beim Wechsel zu den Professionals aber scheitern viele hoffnungsvolle Talente. Nicht nur jene mit Schweizer Pass, auch zahlreiche rot-weiss-rote Professionals bleiben in der «3. Liga» hängen. 2016 kämpften fünfzehn Österreicher (und ebenso viele Schweizer) auf der Alps Tour und der Pro Golf Tour um den Aufstieg in die Challenge Tour. Ausgeglichen war auch das Verhältnis auf der Challenge Tour: Je fünf Schweizer und Österreicher waren hier 2016 spielberechtigt.

Auf höchster Stufe ist das Kräfteverhältnis allerdings ein anderes: Auf der European Tour blieben die beiden Österreicher Bernd Wiesberger und Lukas Nemecz 2016 unter sich, wobei sich bisher nur Wiesberger auf der Tour wirklich etablieren konnte. Dabei hatte die Schweiz ursprünglich die Nase vorn: 1995 holte André Bossert bei der Cannes Open 1995 den ersten (und bislang einzigen) European-Tour-Sieg für die Schweiz. Österreich musste länger warten: 2006 gewann Markus Brier die Austrian Open im Golfclub Fontana, 2007 siegte er in China. Ende April 2012 triumphierte Bernd Wiesberger in Südkorea erstmals auf der European Tour, zwei Monate später doppelte er bei der Lyoness Open in Atzenbrugg nach.

Sein dritter Sieg auf der European Tour bei der Open de France im Juli 2015 brachte den Burgenländer in der Weltrangliste – kurzzeitig – auf Platz 23. Diese Saison stand der 31-Jährige zweimal als Runner-Up auf dem Podest und beendete drei weitere European-Tour-Events in den Top 10. Nach der Turkish Airlines Open im November kehrte er zurück in die Top 50 der Welt. Seine Landsleute liegen ausserhalb der Top 800 – dort, wo sich auch die eidgenössischen Professionals wiederfinden. So gesehen macht der Ausnahmespieler Bernd Wiesberger aktuell den grossen Unterschied im «Länderkampf Schweiz – Österreich» aus. auf dem PlatZ GroSS Geworden

Ist Wiesberger ein «ÖGV-Produkt» oder vielmehr ein talentierter Einzelkämpfer? Um es an die Spitze zu schaffen, ist Talent ebenso unabdingbar wie gezielte Förderung durch Verband und Familie. Zum Golf gekommen ist Wiesberger als Achtjähriger; damals übernahmen seine Eltern den Pro-Shop in Bad Tatzmannsdorf, und der Sprössling wuchs auf dem Golfplatz auf. «Wenn er zum Spielen nach draussen geschickt wurde, schnappte er sich einen Golfschläger», erinnert sich ein langjähriges Clubmitglied. Wiesberger besuchte die Golf-HAK (Handelsakademie) in Stegersbach, die seit 1998 eine optimale Ausbildung in Wirtschaft und Golf ermöglicht. Die Eltern blieben eingebunden: Damit ihr Sohn bei Claude Grenier im GC Fontana trainieren konnte, fuhr Claudia Wiesberger den Junior mehrmals pro Woche von Bad Tatzmannsdorf nach Baden ins Training.

Österreichs Golf-Idol gehörte in jungen Jahren den Kadern des ÖGV an und vertrat sein Land unter anderem auch zweimal bei Team-Weltmeisterschaften (Eisenhower Trophy) – 2004 gemeinsam mit Florian Prägant (2016 auf der Challenge Tour). Dem Verband ist das Aushängeschild des österreichischen Golfsports nach wie vor verbunden. Wiesberger engagiert sich stark in der Nachwuchsförderung und hat seit 2014 das Patronat der Austrian Juniors Golf Tour inne, deren diesjähriges Finale Mitte Oktober in seinem Heimclub Bad Tatzmannsdorf gespielt worden ist.

Wiesberger wurde vor genau zehn Jahren Profi und verdiente seither allein auf der European Tour rund 7,4 Millionen Euro an Preisgeld. André Bossert, nach wie vor sportlich und finanziell der erfolgreichste Schweizer Playing Professional, erspielte sich seit 1990 insgesamt gut 955 000 Euro auf Challenge, European und Senior Tour zusammen.

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