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inselhüpfen in Belgien

Das zweisprachige Belgien ist vor allem bekannt für seine Biere und den «Moloch» Brüssel. Das Land bietet neben den schon fast hektischen Städten aber auch viele ruhige «Golf-Inseln». Kombiniert mit hochinteressanter Geschichte gibt es viel zu entdecken in der eher unbekannten Golfdestination.

l ivio Piatti

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Die Flandernrundfahrt, das legendäre Radrennen, ist Belgiens populärstes Sportereignis, der eigentliche Nationalfeiertag. Zehntausende säumen jeweils die Strassen, wenn Anfang April auf dem holprigen Kopfsteinpflaster rund um die kleine Stadt Oudenaarde neue Legenden geboren und alte Mythen beschworen werden. Der Radrennsport ist in Belgien ganz klar die Nummer eins, daran änderte auch der GolfBoom der 80er- und 90er-Jahre nichts, als über 40 neue Plätze gebaut wurden. Heute spielen in den 92 Golfclubs gegen 60 000 Belgierinnen und Belgier Golf, ausländische Gäste sind herzlich willkommen.

STILvoLL Ru ND umS SCHL oSS

Die Anfeuerungsrufe der Velo-Fans am Koppenberg, einem kurzen, brutal steilen Teilstück, können manchmal bis zum Golfclub Oudenaarde gehört werden, der in Sichtdistanz liegt. Dies jedoch dürften – einmal im Jahr – die einzigen Störungen sein, die einem auf den beiden 18-Loch-Plätzen «Anker» und «Kasteel» drohen. Fast gänzlich flach in eine alte Schlaufe des 1974 begradigten Flusses Schelde gelegt, bieten die Plätze ein Golferlebnis der ruhigen, gediegenen Art. Auf einem Gut, das schon im 9. Jahrhundert urkundlich nachgewiesen sei, erbaute 1847 ein reicher Industrieller mit Ambitionen auf einen Adelstitel ein Schloss, das heute als stilvolles Clubhaus dient. Der etwas längere und schwierigere «Anker»-Platz führt auf einigen Bahnen aus dem alten Park heraus und gibt den Blick auf die Landschaft der flämischen Ardennen frei, um dann mit den letzten Löchern wieder zur hinteren, nicht weniger gediegenen Seite des Schlosses zurückzukehren. Das Wasser des Sees, in dem es sich spiegelt, bildet auch das letzte der Wasserhindernisse, die den Platz abwechslungsreich machen und seinen Charakter prägen.

Zimmer werden hier keine angeboten, zur Übernachtung bietet sich das moderne Hotel Leopold in Oudenaarde an, wenige Autominuten entfernt. In der nahen Altstadt, auf dem – leider mit Autos überstellten – grossen Platz unter dem Rathaus im flamboyantgotischen Stil, findet man, wie überall in Belgien, Restaurants von deftig bis

Sterne-Niveau; gut und ausgiebig wird in beiden Sprachregionen getafelt. «Kikkerbilletjes», auf Flämisch, haben mit Fussball nichts zu tun, es sind Froschschenkel.

BLu TIGE GESCHICHTE

Eine Fahrt von knapp einer Stunde führt von hier aus zum Golfclub De Palingbeek in der Nähe der Stadt Ieper oder Ypres. Wenn man heute seine Bälle über die weiten, sanften Hügel schlägt und sich an der ländlichen Ruhe erfreut, kann man fast nicht glauben, dass hier vor genau hundert Jahren hintereinander gleich vier der blutigsten Schlachten des ersten Weltkriegs geschlagen wurden, in denen während Jahren Hunderttausende in Schützengräben sinnlos umkamen. Der Platz, das Clubhaus – alles strahlt heute Wohlstand und Erfolg aus. Die Fairways und Greens sind gepflegt, die Bahnen abwechslungsreich und fair, kleine Kaninchen hoppeln ohne grosse Hast zwischen die Bäume. Die Terrasse des Restaurants bietet herrliche Gelegenheit, nach der Runde gleichzeitig die Greens des 9. und des 18. Lochs zu beobachten und sich über allfällige Taucher am Teich vor dem 18. zu mokieren. Die Freude am grosszügigen Platz bleibt, und der Frust über einzelne kleine Niederlagen am Ball relativiert sich sehr, wenn man in der aufliegenden Broschüre Details der kriegerischen Ereignisse auf dem Gebiet des Platzes liest. Dabei kommen einem wieder die Überreste eines militärischen Bunkers in den Sinn, den man auf dem Fairway des 10. Lochs umspielte, oder der kleine Soldatenfriedhof, der neben dem Green des 12. Lochs liegt.

L’Em

PEREu R m IT AuSBLICK

Im Gegensatz zum flachen Flandern westlich von Brüssel ist die Gegend südlich davon, WallonischBrabant, hügeliger. Wieder winkt die Geschichte mit dem Zaunpfahl, diesmal ist es das endgültige

Stilvoll: Clubhaus des GC Oudenaarde, unendliche Vielfalt bei den belgischen Bieren, schlummern in der Kirche im St. Martin’s Paterhof in Mechelen. Grosszügig, hügelig: Golf L’Empereur, das Rathaus von Leuven. G&CC de Palingbeek und GC Winge. Der Lohn der Anstrengung winkt: 18. Loch Château de la Bawette, Geschichte lebendig: Beginenhof in Kortrijk.

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