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Tiger Woods und die neue g eneraTion

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Nirwana

Nirwana

Vor einem Jahr noch dominierten die Europäer, nun hat sich das Blatt zugunsten der Amerikaner gewendet. Trotz der Niederlage beim Ryder Cup zeigte sich die neue Generation der US-Spieler im Saisonverlauf klar stärker.

Und die PGA European Tour steckt selber in der Krise.

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Petra Himmel

Hektisch könnte man die Atmosphäre nennen, die derzeit hinter den Kulissen der PGA European Tour herrscht. Die Lage ist ernst. So ernst wie schon lange nicht mehr. Die Zeit der Hochgefühle, als Europa das Zentrum des weltweiten Golfsports zu sein schien, sind vorbei. Nur einer der vier Major-Titel in diesem Jahr ging an einen Europäer, zwei dagegen an Amerikaner; Europas Top-Profis zieht es zunehmend auf die US PGA Tour und der Turnierkalender des alten Kontinents leidet in Golfländern wie Spanien oder Portugal weiter unter der Finanzkrise. Wie gesagt: Die Lage ist ernst. Ernster, als man es sich noch vor zwei Jahren je hätte vorstellen können. Damals befand sich Europas Golfszene im Erfolgsrausch. Von Juni 2010 bis Juli 2011 holten die Europäer vier von sechs Major-Titeln. Der Grund des Erfolges, so die Argumentation von Spielern wie Graeme McDowell oder Darren Clarke, seien der extrem harte Wettbewerb in Europa sowie die unterschiedlichen Spielbedingungen. Die Profis müssten sich an wechselndes

Wetter, variierende Grüns und Plätze anpassen, seien damit für alle Herausforderungen gerüstet. Ein Blick auf die Weltrangliste schien die Argumentation der Europäer zu unterstützen: Zuerst war es Luke Donald, dann Martin Kaymer, der den ersten Rang besetzte. Als Colin Montgomerie im Herbst 2010 mit seinem Team den Ryder Cup nach Europa holte, war die Verzückung perfekt. Die PGA European Tour war so erfolgreich wie nur einmal zuvor. Die Zeiten der «Big Five», als Seve Ballesteros, Nick Faldo, Ian Woosnam, Bernhard Langer und Sandy Lyle den Golfsport dominiert hatten, schienen zurück.

Neue erfolgsserie

Im November 2012 ist die Lage gänzlich anders: Unter den Top Ten der Weltrangliste werden allein fünf Amerikaner gelistet. Es ist eine neue Generation Spieler, die da auf sich aufmerksam macht. Bubba Watson, der Ballartist, holte sich im April den US-Masters-Titel. «Ich möchte Keegan nicht zu nahe treten, aber ich habe mir gedacht, wenn Keegan gewinnen kann, kann ich bestritten hatte. Keegan Bradley, der 26-Jährige aus Wyoming, hatte sie mit seinem Sieg bei der US PGA Championship 2011 inspiriert. Unerschrocken und wenig beeindruckt von den scheinbar so übermächtigen Europäern hatte Bradley seinen ersten Major-Titel gewonnen und damit eine neue Erfolgsserie für Amerika initiiert. Egal ob Hunter Mahan, Jason Dufner, Matt Kuchar oder Brandt Snedeker – es ist die Post-Woods-Generation, die dieser Tage das Geschehen bestimmt. Dass gleichzeitig der krisengeschüttelte Tiger Woods mit drei Turniersiegen in den USA zum erfolgreichsten Spieler der Saison avancierte und zurück auf Position zwei der Weltrangliste kletterte, kam unerwartet. Das Comeback des Superstars aber rundet die amerikanische Erfolgsserie, die allein durch Europas Überflieger Rory McIlroy und die Ryder-Cup-Niederlage in Medinah gestört wurde, allemal ab. spieler folgeN dem geld Ausserhalb Amerikas, egal ob in Europa oder Asien, sieht man die neue US-Elite dabei selten das auch», erklärte der Amerikaner, den man nicht wirklich zu den Favoriten in Augusta gezählt hatte. Ähnlich formulierte es Webb Simpson, der im Anschluss bei den US Open siegte, obwohl auch er erst vier Major-Turniere spielen. Ihr Erfahrungsschatz bei internationalen Veranstaltungen ist eigentlich gering. Wo ein Tiger Woods vom Beginn seiner Karriere bis zum heutigen Tag stets viel Wert auf internationale Präsenz legte, sorgte schon der Abu-Dhabi-Aus- flug von Hunter Mahan zu Beginn der Saison 2012 für Aufsehen.

Europas Elite dagegen zieht es vermehrt Richtung USA. Während Luke Donald, Justin Rose und Ian Poulter schon seit längerem auf der US PGA Tour zugegen sind, spielte Rory wegen fehlender Sponsorengelder aus. Die langjährigen finanziellen Zuwendungen der Tourismusministerien in Spanien und Portugal haben auch 2013 weitgehend ein Ende. Neue Turniere in Südafrika sollen nun zu Beginn der Saison die Rettung bringen. offensichtlich nicht ganz einfach machen und den Modus der USA schlichtweg kopieren. Stattdessen wird noch an einem Konzept gearbeitet. Auch die Sicherung der extrem hohen Preisgelder ist bis dato noch nicht gelungen. Um im Vergleich mit dem FedExCup in den USA zu bestehen, muss man tief in die Töpfe greifen. Schliesslich ging Brandt Snedeker dort als Sieger mit 11,4 Millionen Dollar nach Hause.

Verzweifelte AktioNeN

McIlroy erst in diesem Jahr gehäuft in Amerika. Selbst Lee Westwood, Brite durch und durch, hat sich inzwischen ein Domizil in Florida zugelegt und zieht mit der ganzen Familie in die USA um, weil er von den besseren Trainingsbedingungen profitieren will.

Dass der PGA European Tour derweil ihr Turnierkalender während der eigentlichen Hochsaison im europäischen Sommer dahinbröckelt, verstärkt die Attraktivität der USA ohnehin. Neben dem Madrid Masters fiel das Masters of Andalucia in dieser Saison kurzfristig

Daneben bastelt man in Wentworth derzeit hektisch an einem Playoff-System zum Ende der Saison, das für Sponsoren und Spieler eine vergleichbare Attraktivität bieten soll wie der FedExCup in den USA. Mit Blick auf den Turnierkalender hat man sogar die vier passenden Turniere parat. Das BMW Masters und die HSBC Champions in China sowie die neu angekündigten Turkish Open (siehe Box) und das Race to Dubai als Finalturnier bieten sich quasi als Austragungsorte an. Allerdings will man es sich bei der PGA European Tour

In ihrem Bemühen, die Attraktivität der PGA European Tour für Top-Spieler zu erhöhen, greifen die Offiziellen derzeit auch zu fast verzweifelten Aktionen. Nur so lässt sich schliesslich der Plan verstehen, in Zukunft den Presidents Cup, die Vivendi Seve Trophy und den Ryder Cup zu jenen Turnieren zu zählen, die für eine Mitgliedschaft bei der europäischen Tour angerechnet werden können. Derzeit muss man eine Mindestteilnahme von 13 Veranstaltungen der PGA European Tour nachweisen, um die Tourkarte zu erhalten. Rechnet man die Major-Turniere und die World Golf Championships hinzu, so muss ein Spitzenspieler nach den neuen Plänen nur noch sechsmal bei normalen europäischen Turnieren antreten, um seine Mitgliedschaft zu behalten. Konzentriert sich ein Spieler dann noch auf die hochdotierten Turniere zu Beginn der Saison in Dubai, Abu Dhabi und Katar sowie auf die finanziell gut ausgestatteten Veranstaltungen in China, Hongkong oder Singapur, so ist ein Turnierplan möglich, in dem Durchschnittsturniere wie das Omega European Masters oder die Open de France überhaupt nicht vorkommen. Für Sponsoren wenig erfreuliche Aussichten: Sie werden auch in Zukunft höhere Startgelder an die Spitzenspieler zahlen müssen, um sie zu einer Teilnahme an ihrem Turnier zu bewegen. Eine Perspektive, die Golf für Sponsoren und Konzerne nicht wirklich attraktiver macht. Wohin diese Entwicklung führt, liess sich Mitte Oktober gut beim Portugal Masters verfolgen. Von den Top 50 der Welt waren nur sechs Spieler am Start. Francesco Molinari, gerade einmal auf Position 31 geführt, war quasi der Superstar im Feld. Dafür spielte ein ausgewählter Kreis von Profis rund um Rory McIlroy und Tiger Woods im türkischen Belek ein paar Matchplay-Partien jenseits des offiziellen Turnierkalenders. 1,5 Millionen Dollar für den Sieger Justin Rose gab es trotzdem.

Ein Ende all dieser Negativtrends ist derzeit kaum abzusehen. Europas Erfolg beim Ryder Cup hat die Stimmung kurzfristig ein wenig aufgeheitert, die Vorzeichen insgesamt aber keineswegs ins Plus gewendet. Man könnte auch von einem kurzen Zwischenhoch sprechen – das nächste Tief lauert um die Ecke.

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