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Der Stellenwert des Spitzensports

In jedem Sportverband der Welt spielt das wettkampfsportliche Geschehen eine übergeordnete Rolle; Wettkampftermine, Regeln oder Elitesport sind die eigentlichen Aktionsfelder solcher Zusammenschlüsse von Sportclubs – denn auch in der ASG sind es die Clubs, welche Mitglieder sind, während die lizenzierten Golfspieler und -spielerinnen indirekt über ihre Clubmitgliedschaft dem Verband angehören. Über die Strukturen des Elitesports und über die aktuellen Massnahmen zur Hebung des Niveaus hat «Golf Suisse» mit John C. Storjohann, dem Generalsekretär der ASG, ein Gespräch geführt.

Wer die jedes Jahr anlässlich der Delegiertenversammlung publizierten Unterlagen der ASG, insbesondere Budget und Jahresrechnung, aufmerksam durchliest, der findet nirgendwo eine Ausgabenposition Spitzensport. Das hat einen besonderen Grund, der sich aus der Entwicklungsgeschichte unseres Verbandes erklärt. Die längste Zeit nämlich war es im Golfspiel generell unüblich, anderswo als an der Clubhaus-Bar nach einem Matchplay über Geld zu reden; deshalb war für die ASG in den Achtziger Jahren das Thema «Sponsoring» eben gerade – kein Thema. Findige Köpfe wie Geri Heller von der Credit Suisse, der Berner Martin Hodler, der Basler Peter Epp oder auch John C. Storjohann selber kamen dann aber auf die Idee, eine Stiftung zu gründen, welche im Auftrag der ASG Sponsoren suchen und diese Mittel dem Spitzensport zukommen lassen sollte. Unter dem Namen «Swiss Golf Foundation» wurde das 1992 dann auch realisiert; Hodler, damals im ASG-Vorstand und heute Präsident des GCC Blumisberg, wurde ihr erster Präsident, und Epp übernahm die Geschäftsführung.

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Sehr prominente Persönlichkeiten waren oder sind Mitglied des Stiftungsrates, wie Rainer Gut, Gaston A. Barras, Josef Ackermann, Walter Berchtold oder Oswald Grübel – natürlich in erster Linie leitende Angestellte von Hauptsponsor Credit Suisse. Daneben war und ist auch der jeweilige ASG-Vorstand vertreten.

Anfangs Neunziger Jahre war das Interesse der Sportöffentlichkeit auf den Shooting Star aus dem Tessin fokussiert, auf Paolo Quirici, und als die ASG den Schweden Jan Blomquist als Verbandstrainer präsentierte und ein junger Doppelbürger namens André Bossert aus Südafrika in die Schweiz übersiedelte, war der Optimismus grenzenlos. Seither ist die SGF sehr erfolgreich damit beschäftigt, den besten Schweizer Turnierspielern handfeste Unterstützung angedeihen zu lassen; mehr, als man glaubt, und sicher viel mehr, als die sportlichen Leistungen der letzten Jahre vermuten lassen.

Showcase

Nicht nur die Unterstützung der besten Spieler, sondern auch die Schaffung einer Art Schaufenster für das schweizerische Spitzengolf geisterte damals in den Köpfen herum. Man wollte ein schlagkräftiges Pro-Team aufbauen; doch der überraschende Tod des Chefcoachs Jan Blomquist zeigte die Fragilität der Strukturen auf. Allzu stark hing das Gelingen von einzelnen Personen ab – auch auf Seiten der Sportler. Quirici lieferte ab und zu ausgezeichnete Resultate; doch er zog keine ebenso leistungsstarken Spieler nach, und viele Talente aus der nächsten Generation (Christophe Bovet, Dimitri Bieri, Juan Ciola, Carlos Duran, Jean Jacques Blatti und wie sie alle hiessen) versuchten zwar mit viel Geduld, in der European Tour Fuss zu fassen, doch den wirklichen Durchbruch schaffte keiner von ihnen. André Bossert hatte wegen seiner Rückenoperation eine mehrjährige Pause hinzunehmen.

Deshalb verlagerte sich das Schwergewicht von Swiss Golf Foundation mit der Zeit mehr auf die Förderung des Nachwuchses; und das umfasste ausdrücklich auch die Junioren in- nerhalb der ASG. Diese Linie ist bis heute konsequent durchgezogen worden und erfährt für die nahe Zukunft eigentlich eher noch eine Akzentuierung.

Denn man will den unzweifelhaft vorhandenen Talenten die bestmögliche Unterstützung anbieten, bevor man sie im Laufe ihrer Karriere als leistungsorientierte Spitzenspieler in die Selbständigkeit entlässt. Ein bisschen «Trial and Error» war auch dabei – aber heute steht nach langen Jahren der Vorarbeiten eine Struktur, welche man mit gutem Gewissen als einerseits mustergültig, doch andrerseits auch als das Optimum für ein kleines Land wie die Schweiz bezeichnen kann.

System «A la carte»

Golf ist die letzte Sportart, welche die Unterscheidung in Pros und Amateure noch kennt; die meisten Pros sind natürlich Golflehrer, also Berufsleute, und nur die wenigsten verdienen als Turnierspieler genug, um sich durchzuschlagen. Eine Handvoll aus ihrer Mitte kennen wir, weil sie Popstars sind und Millionen machen; doch die meisten Pros kämpfen eher um das Existenzminimum, sind aber so vernarrt in das Spiel, dass sie sich nicht einen Bürojob suchen wollen.

Die typische Sportlerlaufbahn im Golf sieht daher so aus: sportliche Eltern haben aktive Kinder, welche zuerst herumtollen und sich auf diese Weise gute motorische Fähigkeiten erwerben. So gegen das zehnte Altersjahr beginnen sie mit Putten, Chippen oder dem Schwingen von Clubs. Ihr Talent bringt sie sofort an die Spitze der clubeigenen Juniorenabteilung, so dass sie dem Juniorenleiter auffallen. Dieser gibt dem ASG-Regionalcoach einen Tip, was der Start zum Weg durch die verschiedenen Förderungsstufen der ASG sein kann. Als Mitglied des Nationalkaders kommt man zu internationalen Einsätzen und hat am Schluss die Idee, es als Pro zu versuchen. Nach einigen Jahren als Amateur mit zahlreichen internationalen Einsätzen ist der Schritt zum Playing Pro aber noch immer riesengross.

Man versteht heute also den Übertritt zu den Pros als logische Fortsetzung einer Karriere. In welchem Alter dieser erfolgt, das mag individuell sehr verschieden sein; das will man auch höchstens über die Person des Nationalcoachs beeinflussen, der sicherlich einer der besten Ratgeber für die Spieler ist.

Deshalb ist es heute die Philosophie der ASG und der SGF, den ambitionierten Sportlern jede erdenkliche Unterstützung anzubieten (siehe Kasten). Es bleibt allerdings in der Verantwortung jedes einzelnen Spielers, ob und wie weit er diese Angebote auch abrufen will – diese Feststellung gilt nicht nur für die Amateure, sondern auch für die Pros.

Das SGF-Team der Pros

Jedes Jahr stellt die Swiss Golf Foundation die Liste derjenigen Pros, die sie direkt unterstützen will, neu zusammen.

Leistungskriterien, aber auch die Einschätzung des Zukunftspotenzials spielen dabei eine Rolle; der Stiftungsrat arbeitet hier eng mit dem Nationalcoach zusammen. Das SwissGolf Team 2009 ist auf www.asg.ch detailliert aufgeführt. Von besonderer Bedeutung sind und bleiben die Credit Suisse Challenge und neu auch die Sempachersee Classic der EPD Tour. Noch viel besser wäre es, wenn in der Schweiz auch ein Turnier der Alps Tour ausgetragen würde. Es geht um das System des Austausches von Einladungen: die PGAs der Länder tauschen ganze Kontingente von Startplätzen untereinander aus, was nichts anderes bedeutet, als dass für die rund 50 Startplätze an der CSChallenge, welche die Swiss PGA an ausländische Verbände weitergibt, die gleiche Anzahl Schweizer Pros an ausländische Turniere eingeladen werden. Das ist natürlich eine exzellente Förderungsmethode: Wettkampf ist immer noch das beste Training!

Die Strukturen der ASG / SGF

Graham Kaye, der Headcoach, ist der «Chef» eines Teams von Spezialisten, welche für die einzelnen Spieler und Spielerinnen entweder in Trainingslagern oder für individuelle Trainings zur Verfügung stehen. Für die Sportler werden individuelle Programme ausgearbeitet. Bei der Bereitstellung des neuen Programms haben sich ASG und SGF nicht nur an das Modell des schwedischen Verbandes angelehnt, sondern sich auch von dem inspirieren lassen, was die ASG selber in den 90-er Jahren zusammen mit Jan Blomquist bereits realisiert hatte. Ein solches «A-la-Carte-Programm» ist nicht zuletzt punkto Kosten besser kontrollierbar als permanente Trainingszentren mit fest angestellten Trainern.

Das Team von Graham Kaye:

• Dr. John Pates, Sportpsychologe.

• Gary Smith, Kurzspiel-Spezialist aus England.

• Bertrand Théraulaz (Magglingen) und Ralph Hyppolyte (Frankreich), Typologie.

• Ramsay McMaster (Melbourne), Gründer des Programms «Fit for Golf», das von zahlreichen Tourspielern aus vielen Ländern befolgt wird.

• Alison Dalzell (Swiss Olympic), Physiotherapeut.

• Paul Dougan und Gary Malia (Zürich), 3D-Biodynamics.

Im Bereich technische Hilfsmittel stehen den Athleten der ASG-Kader und des SwissGolf Team Trackman (Swing Analyzer), SAM Putt Lab (Putting Mechanics) und 3D-Swinganalyzer mit Videounterstützung (Biodynamics) zur Verfügung.

Finanzielle Unterstützung: Pro Spieler und je nach Tourkategorie (Ladies European Tour, Challenge Tour, Alps Tour, EPD Tour) erhält jeder Spieler / Spielerin pro Saison zwischen 15000 und 25000 Franken direkte Unterstützung, gedacht vor allem für Reise- und Turnierspesen (maximal 1500 Franken pro Turnier). Die Credit Suisse Order of Merit hat die Swiss Golf Foundation mit 72000 Franken dotiert.

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