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Handicaps und Sport
Europaweites Dach für das Golfspiel, das ist die European Golf Association, von der man sich vielleicht fragen kann, was sie denn überhaupt tut. Von der Vereinheitlichung und der Kontrolle der Handicapregeln sind wir alle betroffen; an die Europameisterschaften schaffen es nur die allerbesten Spieler.
Golf geschieht bei uns innerhalb der ASG – der nationale Verband ist für alles zuständig, was das Spiel und insbesondere den Turniersport umfasst. Als Mitglied eines Golfclubs kommt man direkt mit keiner anderen Organisation in Kontakt (ausser, man brauche Unterricht, wozu der Pro anzusprechen ist, der Mitglied in seinem Berufsverband ist – der PGA nämlich).
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Doch die ASG selber als die nationale Vereinigung der Golfclubs und damit als der Dachverband des wettkampfmässigen Golfspiels ist international eingebettet in zwei Organisationen. Für die Regeln ist es der Royal Ancient Golf Club of St. Andrews, und für das Handicapwesen und den internationalen Turniersport ist es die European Golf Association (EGA), zu welcher es auf der Website der ASG einen Link gibt (www.ega-golf.ch). Um den Bogen zu schlagen: das professionelle Turniergolf untersteht im Wesentlichen der PGA, der Professional Golfers Association – doch die Verhältnisse sind da etwas komplizierter.
Die EGA wurde 1937 in Luxemburg von einer Handvoll Nationen gegründet, darunter auch der Schweiz. Heute hat sie 38 nationale Golfverbände Europas als Mitglieder. Sie wird finanziert über Beiträge dieser 38 Verbände: die ASG muss rund 7500 Euros entrichten, was für jedes der rund 55000 ASG-Clubmitglieder in der Schweiz etwa 20 Rappen bedeutet.
Die beiden hauptsächlichen Tätigkeitsfelder der EGA betreffen das Handicapwesen und die Europameisterschaften in den verschiedenen Kategorien. Für den ganzen Turnierbereich hat die EGA in der Person von Richard Heath einen Championship Manager in Diensten; zusammen mit zwei Mitarbeiterinnen bildet er den professionellen Stab der EGA. Sie unterstehen der Leitung durch den Generalsekretär, Johnny Storjohann, worauf noch zurückzukommen sein wird.
Nicht alle Kontinentalmeisterschaften sind gleichzeitig entstanden; ursprünglich führte die EGA bloss eine TeamEM für Herren durch, später sind auch die Damen dazu gekommen. Mittlerweile gibt es auch eine Einzel-EM für Damen und Herren, eine solche in den Kategorien MidAmateur und Senioren, und dass das so ist, dazu haben die ASG und insbesondere ihr Generalsekretär, Johnny Storjohann, entscheidend beigetragen. Storjohann bekleidet die beiden Ämter also in Personalunion, und auch die Geschäftsstelle der EGA befindet sich an der gleichen Adresse wie diejenige der ASG. «Sowohl die ASG als auch die EGA sind personell gut organisiert, weshalb dieses Doppelmandat für mich durchaus zu be-
Michael Bonallack Trophy wältigen ist. Aber die Aufgabenlast ist in ständigem Zunehmen begriffen, so dass ich für die Zukunft eher eine Trennung der beiden Jobs erwarte. In rein organisatorischer Hinsicht hat das Zusammengehen mit der EGA für die ASG aber durchaus handfeste Vorteile. Einerseits bei den Kosten, wo sich immer wieder Synergien anbieten; andrerseits aber auch deshalb, weil überdurchschnittlich viele Vertreter der Schweiz in den verschiedenen Kommissionen der EGA Einsitz haben, und das gibt uns, gemessen an der Spielstärke unserer besten Amateure und an der Gesamtzahl der aktiven Golfspieler, viel Einfluss!»
Sir Michael Bonallack (Jahrgang 1934) war in seiner Jugend einer der besten Amateure der Welt; er trat nie zu den Pros über, sondern wurde beruflich einer der führenden Persönlichkeiten im administrativen Bereich des Golfsports.
Als Spieler gewann er je fünf Mal die British Amateur Championship und die English Championship, vier Mal die English Strokeplay Championship. Er war neun Mal Mitglied im Walker Cup Team und sieben Mal Mitglied des Eisenhower Trophy Teams. Er war bester Amateur am British Open 1968 und 1971.
Von 1984 bis 1999 war er Sekretär des R&A. von 1976 bis 1981 war er Präsident der PGA of Great Britain and Ireland, 1982 präsidierte er die English Golf Union; um nur die Highlights in der langen Liste seiner Tätigkeiten als Funktionär herauszupicken.
1971 erhielt er wegen seiner Verdienste den Orden des British Empire; 1998 wurde er zum Ritter geschlagen. 1972 verlieh ihm die USGA den Bobby Jones Award für herausragende Verdienste um «Sportmanship in Golf». 2000 wurde er in die World Golf Hall of Fame eingeführt.
Alle zwei Jahre spielen Teams von zwölf Amateuren aus Europa und Asien gegeneinander um die Sir Michael Bonallack Trophy. Diese fand im April 2008 in Valderrama statt; Europa gewann mit 20 zu 12 Punkten. Die Teams werden in den Kontinenten selektioniert, wobei nicht mehr als zwei Spieler aus dem gleichen Land kommen dürfen. Im Team Europas spielten je zwei Schweden, zwei Franzosen, zwei Schotten, zwei Engländer, ein Ire, ein Spanier, ein Deutscher und ein Waliser. Einer der beiden Engländer ist Daniel Willett, der gegenwärtig auf dem ersten Rang des World Rankings der Amateure liegt. Von den bisherigen sechs Austragungen haben die Europäer damit vier gewonnen, die Asiaten zwei. 2002 gehörte der Schweizer Raphael de Sousa zum Team Europas, 2006 Damian Ulrich.
Im WAGR (World Amateur Golf Ranking) sind gegenwärtig auch sieben Schweizer klassiert. Rang 528 Marc Dobias. 587 Steven Rojas. 978 Vincenzo Salina. 1056 Gian Andrin Derungs. 1263 Corsin Caviezel. 1623 Edouard Amacher. 1644 Tobias Müller. Das WAGR kann auf www.randa.org (Website des R&A) eingesehen werden.
Handicap und Course Rating
Das gesamte Handicapwesen wird in ihrem geografischen Zuständigkeitsbereich von der EGA reglementiert und kontrolliert. Das hat sich Mitte der Neunziger Jahre gezeigt, als vom alten SSS auf das heute gängige Course Rating System umgestellt wurde. Einmal ging es da darum, die angeschlossenen Verbände von dieser Umstellung zu überzeugen, was im Fall des englischen Golfverbandes bis heute nicht gelungen ist; sonst aber wird das neue System heute europaweit angewendet.
Zum andern aber musste das neue System auch umgesetzt werden; und das bedeutete, dass alle Golfplätze in einem Land von den Spezialisten vermessen und bewertet werden mussten. Im Rahmen eines solchen «Ratings» geht es darum, den Schwierigkeitsgrad eines Golfplatzes ausschliesslich durch das Zählen und Messen seiner Elemente zu bestimmen und das in einer einzigen Zahl auszudrücken. Genau genommen sind es mehrere Zahlen: für jeden der vier Abschläge gibt es einen Schwierigkeitsgrad für den Null-Handicapper (Course Rating) und einen solchen für den mittleren Amateur, den Bogey Player (Slope Rating). So lassen sich nun alle Golfplätze punkto Schwierigkeit miteinander vergleichen. Dieses Einstufen der Golfplätze war und ist eine sehr aufwendige, teure Angelegenheit, was zum Teil das Zögern der Engländer erklärt, welche für 1500 Parcours zuständig sind. Vermessen werden die Plätze in Europa übrigens nach dem von der USGA übernommenen System, also nach den gleichen Kriterien wie in den USA.
Neben der Möglichkeit, sich dank des Handicaps mit Golfern anderer Spielstärke zu vergleichen, dient diese Zahl auch als Selektionskriterium für das Anmelden an nationale oder internationale Turniere. Hier hat die EGA in den letzten Jahren aber vermehrt auf die internationale Order of Merit abgestellt, welche nicht auf die Handicaps (welche von den Verbänden oft administrativ herabgesetzt wurden, um Spieler in Turniere hinein zu bringen), sondern auf die erzielten Resultate abstellt.
Die Liste der Niederlagen von Golf-Suisse-Redaktoren gegen prominente Gegner ist lang; der neuste Sieger heisst Johnny Storjohann. Das Gespräch mit ihm über die EGA fand im Clubhaus des GC Lausanne statt, wo Storjohann Mitglied ist. Anschliessend forderte er den Journalisten zu einem Neunloch-Mätschli auf, das er deutlich gewann. Er spielte die Front Nine in 36 Schlägen; dem hatte ich trotz einigen guten Shots und einem Birdie am letzten Loch nicht viel entgegen zu setzen... OK, Storjohann war einmal Mitglied der Nationalmannschaft und hielt zum Beispiel mit 68 Schlägen einmal den Platzrekord in Blumisberg. Aber man muss sich doch die Ziele hoch setzen, nicht wahr? Ich werde mir also weiterhin starke Gegner suchen und viel üben –wegen des nächsten Games mit Johnny!


