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In der richtigen Gewichtsklasse schwingen
Ein Schläger soll dem Spieler in erster Linie gefallen: Wie niemand gerne mit einem unsympathischen Menschen zusammenarbeitet, so schwer fällt es, zu einem als hässlich empfundenen Schläger Vertrauen zu gewinnen. Aber auch Schläger, die beim ersten Anblick grösstes Wohlgefallen erregen, können sich als untauglich erweisen. Beispielsweise, wenn deren Gewicht nicht zum Schwung des betreffenden Spielers passt.
Das Gewicht der Schläger differiert nicht nur innerhalb eines Sets, sondern auch von Set zu Set. Und zwar in der Regel in drei Gewichtsklassen. Das Totalgewicht eines Schlägers lässt sich hauptsächlich durch die Wahl des Schaftes beeinflusst. Extraleichte Schäfte in Graphit, die für Ladies und ältere Spieler in Betracht fallen, sind bereits ab 45g erhältlich, während der leichteste Stahlschaft 85g wiegt. Ob die Gewichtsklasse individuell stimmt, zeigt sich im Fittingprozess deutlich. Wenn sich die Spieler über mangelndes Schwunggefühl beklagen, den Ball schlecht treffen, falsch beschleunigen, wenn also der Schwung insgesamt unkontrolliert ausfällt und die Bälle entsprechend unregelmässig fliegen, dann muss ein Gewichtsproblem vorliegen. Zum Beispiel neigen ältere Spieler dazu, beim Schwung die Balance und damit die Kontrolle zu verlieren. Das kann davon herrühren, dass die Betreffenden mit zu schweren Schlägern ausgerüstet sind, die nicht zu ihren physischen Möglichkeiten passen, denn der Gleichgewichtssinn und die Stabilität im Stand lassen mit zunehmendem Alter nach. Ein leichterer Schläger erzeugt weniger Fliehkraft und kommt damit den Gegebenheiten in dieser Spielerkategorie entgegen. Sind die Schläger zu leicht, kann sich ebenfalls kein gutes Schwunggefühl entwickeln. Darüber hinaus besteht die Gefahr, dass das Material gar zu Bruch geht. Wohlverstanden, das Gewicht eines Schaftes hat mit dessen Härte nichts zu tun. Ein Stahlschaft kann, obwohl schwerer als ein Graphitschaft, den identischen Härtegrad aufweisen.
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Je länger, je leichter
Das Gewicht des Schlägers erzeugt zusammen mit der Schwunggeschwindigkeit Fliehkraft. In einem guten Set sollte diese bei jedem Schläger dieselbe sein, denn diese Rückmeldung an den Spieler vermittelt das Schwunggefühl, das den Rhythmus als Garant für regelmässiges Spiel bestimmt. Ob der Schaft aus Stahl oder Graphit besteht, ist einerlei; der Spieler soll aber mit jedem Schläger im Set dieselbe Fliehkraft spüren. Das bedeutet mit anderen Worten: die Schläger müssen derselben Gewichtsklasse angehören. Nun ist es aber so, dass in einem Set die Schläger unterschiedlich lang sind, von einem Eisen zum anderen differiert die Länge um einen halben Inch. Da bei einem längeren Schläger, der eine schnellere Schlägerkopfgeschwindigkeit erzeugt, die Fliehkraft höher wäre, muss als Ausgleich der Schlägerkopf leichter gebaut sein. Das dem so ist, zeigt Alain Pfister anhand eines zufällig ausgesuchten Schlägersets: Das Eisen 9 wiegt 452g, das Eisen 8
446g, das Eisen 7 440g und das Eisen 6 430g. Je länger die Eisen, desto leichter werden sie. In der Regel besteht von Schläger zu Schläger ein Gewichtsunterschied von 4-6g.
Dasselbe gilt natürlich auch für die Hölzer. Demnach muss der Driver als längster Schläger im ganzen Set auch der leichteste sein. Verfügt ein Standard Driver über einen Schaft von 65g, so wiegen die Schäfte der Fairwayhölzer, die schwerer sein sollen, zum Beispiel 75g. Gute Spieler gehören oft einer höheren Gewichtsklasse an und benötigen deshalb entsprechend schwerere Schäfte. Für Ladies aus der 45-Gramm-Klasse reichen dagegen die Gewichtsunterschiede der Köpfe aus, um die Gewichtsklasse zu halten. Wägungen bestätigen diesen Sachverhalt: Ein Herren-Driver mit einem 65g Schaft wiegt 324g, das Holz 3 mit einem 75g-Schaft 336g. Ein Ladies-Driver mit einem Schaft von 45g wiegt 300g, das Holz 3 mit demselben Schaft 314g. Um negative Erfahrungen mit den Hölzern zu vermeiden, ist, wie Alain Pfister betont, grundsätzlich darauf zu achten, dass das Holz 3 im Set schwerer ist als der Driver. In diesem Zusammenhang weist der Fachmann auf eine Tatsache hin, welche das Fitting immer wieder klar aufzeigt: Mit mehr Gewicht in den Händen schwingt man in der Regel schneller; wer aber über seinen Verhältnissen spielt, wird unkonstant. Diese Tatsache sollte man besonders auch bei Kindern berücksichtigen. Denn es kann nicht dienlich sein, den Nachwuchs mit eigenhändig verkürzten und damit zu schweren Schlägern aus einem ausgedienten Set auszurüsten.

Zudem muss man sich bewusst sein, dass Griffe, insbesondere JumboGriffe, ebenfalls das Schlägergewicht beeinflussen.
Hybrids und Wedges
Hybrid-Schläger erfreuen sich wachsender Beliebtheit. Dass auf den Parcours Rough oder Semirough eine immer grössere Rolle spielen, trägt dazu bei. Hybrid-Schläger sind länger als lange Eisen, aber kürzer als ein Holz 5. Ob ein ausgewähltes Modell zum Set passt, zeigt der Gewichtstest: Es wiegt 362g, das Eisen 4 im Set 416g und das kürzeste Holz, ein Holz 5, 344g. Vom Totalgewicht her passt dieser Hybrid-Schläger perfekt zur übrigen Ausrüstung. Was es jetzt noch zu bestimmen gilt, sind Schafthärte und Loft.
Gemäss der Schwungphysik müssen die Wedges die schwersten Clubs im Bag sein. Das Lob-Wedge ist demnach der absolut schwerste Club. Diese Tatsache gilt für alle Spielerkatego- rien. Zudem werden mit den Wedges häufig nur dreiviertel oder halbe Schläge gespielt – also ein weiteres Argument, das zum Vorteil eines besseren Schwunggefühls mehr Gewicht rechtfertigt. Da die Auswahl an Wedges immer grösser wird, und damit individuelle Wünsche besser zum Tragen kommen, werden heute die Schlägersets vermehrt ohne Wedges angeboten
Frequency
Die optimale Schafthärte ermöglicht eine Ballgeschwindigkeit, die bei Eisen 30% und beim Driver 45% über der Schlägerkopfgeschwindigkeit liegt. Neben dem Gewicht der Schläger variiert auch die Härte der Schäfte im Set. Das, damit der Distanzunterschied von Schläger zu Schläger stimmt. Der Loft muss natürlich auch entsprechend abgestuft sein. Die Schafthärte wird unter dem Begriff Frequency gemessen und auf einem speziellen Apparat bestimmt: ein Sensor misst die Schwingungen des am Griff eingespannten Schlägers. Eine Messung zur Probe ergibt: Eisen 6: 300, Eisen 7: 309 und Eisen 8: 318
Frequency. Das zeigt, dass – je länger die Schläger werden, desto weniger schnell schwingen sie – der Schaft demnach fortlaufend weicher gebaut ist. Einen Unterschied von 4 bis 9 Fre-
Ein Tipp vom Fachmann
Ein kurzer Blick in den Bag genügt dem Spezialisten manchmal bereits, um Mängel zu erkennen. Beispielsweise sticht Alain Pfister oft negativ ins Auge, dass sich in einem Set Hölzer verschiedener Prominenz und Ausprägung befinden. Hölzer werden beispielsweise mit geschlossenen oder squaren Schlagflächen, mit oder ohne Offset angeboten. Es empfiehlt sich im Hinblick auf ein konstantes Schwungverhalten, diese Hölzer-Typen nicht zu mischen. Manchmal kann es Schwierigkeiten bereiten, die Unterschiede überhaupt zu erkennen. Zum Beispiel, ob die Schlagfläche wirklich square zur Schaftlinie liegt oder nicht.
quency von einem Schläger zum Nächstfolgenden mit tieferer Nummer gilt als korrekt. Bei den Hölzern fällt die Differenz mit 4 bis 8 Frequency minim kleiner aus. Ein seriöses Fitting bringt Mängel in der Ausrüstung an den Tag. Dazu gehören auch Fabrikationsfehler in Köpfen und Schäften, wie sie einem Clubfitter bei seiner Tätigkeit immer wieder begegnen. Wenn sich ein Spieler – und das betrifft nach der Meinung von Alain Pfister alle Golfer unabhängig von ihrem Können und Alter – mit dem Schläger wohl fühlt, er diesen voller Vertrauen laufen lassen kann, dann stimmt alles zusammen und das Ziel des Fittings ist erreicht, das individuell passende Material ist gefunden. Im Handel sind die Schlägersets je nach Marke in zwei oder in der Mehrzahl in drei Gewichstklassen erhältlich. Dazu bieten die Hersteller auf Bestellung vielfältige Optionen an, die bis zu 20 verschiedene Variationen ermöglichen. Bei einem Fitting kann die Feinabstimmung noch bedeutend erweitert werden, denn die riesige Auswahl an Schlägerköpfen, Schäften und Griffen, lässt dem Fachmann alle Möglichkeiten zur individuellen Anpassung des Schlägersets offen – vom Driver bis zum Putter.
Alain Pfister, Pro in Interlaken, Clubmaker und Clubfitter, eignete sich das Metier an den renommiertesten Clubfitting-Schulen in England und den USA an und besucht weiterhin regelmässig Fortbildungskurse. Unter dem Firmennamen Par Golf AG betreibt er zusammen mit seiner Frau Karin in Leissigen am Thunersee einen Golfshop mit angeschlossener Werkstatt. Neben zahlreichen Spitzengolfern aus dem Pro- und Amateurlager profitiert auch eine wachsende Zahl von Clubspielern von den Kenntnissen und Erfahrungen des wohl am besten ausgebildeten Clubfitters in der Schweiz.
