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Regeln und Respekt vor dem Spiel
Charles-André Bagnoud ist einer der international tätigen Schiedsrichter der ASG. In seinem Aufsatz beschreibt er mit viel Erfahrung und einer Prise Humor die manchmal undankbare Aufgabe, welche er und seine Kollegen in den Turnieren wahrzunehmen haben. Natürlich: in normalen Clubturnieren sind keine «Schiris» unterwegs – in regionalen, nationalen und internationalen Meisterschaften aber schon!
«Grüezi, kann ich Ihnen behilflich sein?». Das ist ein Beispiel für die Art und Weise, in der ein Schiedsrichter auf dem Golfplatz einen Wettkämpfer begrüsst, der ihn zu sich hat kommen lassen. Ob es sich nun um eines der vier Majors handelt, oder ob wir uns in einem regionalen Turnier der ASG befinden: Regelfragen können überall auftauchen. Natürlich: noch längst nicht alle Turnierspieler landauf, landab haben schon mal einen Schiedsrichter aus der Nähe gesehen. Sie wissen daher auch nicht so genau, wie das Einschreiten durch den Unparteiischen genau vor sich geht.
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Aber da war doch kürzlich an der Clubhaus-Bar eine Diskussion. Beim Suchen eines Balles im Rough ist ein Spieler unbeabsichtigt auf den Ball eines Mitspielers getreten; in einem Strokeplay-Turnier. Ob das nun einen Strafschlag zur Folge hatte oder nicht? Ob der Ball zurückge- legt werden musste oder nicht? Und durch wen, sofern überhaupt...? Da wendet man sich am besten und vor dem Unterschreiben der Scorekarte an den Captain oder an den Clubmanager, die in solchen Clubturnieren auch die Rolle des Schiedsrichters wahrnehmen. So wird sichergestellt, dass das Spiel nach den Regeln und damit nach dem «Spirit of the Game» stattfindet. Es geht dabei um die Einhaltung aller Regeln, also die Golfregeln, die geltenden Turnierregeln und die «Local Rules» des Golfplatzes. Allerdings gilt im Golf die Regel, dass jeder Spieler für sein Score und das korrekte Ausfüllen und Unterschreiben der Karte selber verantwortlich ist; die Schiedsrichter befinden sich also eher in der Rolle des Assistenten. Allerdings: ist etwas falsch gelaufen, dann drohen sofort Sanktionen. Nicht selten ist es die Disqualifikation; und weil das keine geringe Strafe ist, muss sich der Spieler darauf verlassen können, dass der Schiedsrichter sattelfest im Regelwerk ist. Die Pros zögern nicht, im Zweifelsfall den Regelexperten kommen zu lassen. «Rules» steht auf dem Cart, mit welchem der Schiedsrichter die notwendige Mobilität auf dem Turnierplatz hat, und per Walkie Talkie wird er gerufen. Wird er nicht gerufen, hält er sich als Beobachter im Hintergrund. Am Ort des Geschehens lässt er sich kurz über den Sachverhalt ins Bild setzen und erteilt dann regeltechnische Auskunft.
Das «Nein» für Ballesteros
Solche Auskunft erhielt auch Severiano Ballesteros vor einigen Jahren von John Paramor. Es geschah am Volvo Masters in Valderrama, in der letzten Runde: Seves Ball lag am Fuss eines Baumes in einem Loch, das Paramor beim besten Willen nicht als von einem «Erdgänge grabenden Tier» verursacht anerkennen konnte, wie der Spanier das behauptete.
In frischerer Erinnerung ist der Zwischenfall, in welchen Ian Woosnam verwickelt war. Sein Caddie hatte es verpasst, vor dem Start zur Schlussrunde des British Open die Anzahl Clubs im Bag nachzuzählen. Leider steckten 15 Clubs drin; Woosnam hatte auf der Range mit zwei Drivern experimentiert, und Regel 4-4 schreibt ein Maximum von 14 Clubs vor. Was dem Referee keine andere Möglichkeit liess, als beim Entdecken des Sachverhaltes vor dem zweiten Abschlag zwei Strafschläge für das erste Loch auszusprechen. Woosnam war als Turnierleader unterwegs!
Mir selber blieb es nicht erspart, am Omega European Masters 2007 dem Italiener Emanuele Canonica mitteilen zu müssen, dass versehentliches Berühren des eigenen Balles bei der Suche im Rough einen Strafschlag zur Folge hat (Regel 18-2), und dass der Ball an die ursprüngliche Stelle zurückgelegt werden muss.
Die Rolle des Schiedrichters im Golf unterscheidet sich von derjenigen des Unparteiischen im Fussball, im Hockey oder in den anderen Ballspielen. Er überwacht nicht das gesamte Spielgeschehen. Doch er wird nicht nur aktiv, wenn er von einem Spieler gerufen wird, sondern schreitet auch ein, wenn er von sich aus eine Unregelmässigkeit beobachtet oder von Drittpersonen über eine solche informiert wird. Zu seinen Aufgaben gehört es auch, darüber zu wachen, dass alle Spieler die gleichen Spielbedingungen haben.
Berühmt sind die Fälle von Turniere, die am Fernsehen übertragen werden und wo Zuschauer anrufen, die eine
Driver! – Legal? – Checklist
«Hot»-Drivers sind ab 1. Januar 2008 «out». Drivers mit Trampolineffekt, welche bereits seit 2005 für «highly skilled players» und seit 1. Januar 2006 für Wettspiele des offiziellen ASG-Kalenders verboten waren, sind ab diesem Datum nicht mehr legal.
Zur Erinnerung:
➜ Es ist die Pflicht jedes Golfers, regelkonformes Material, das betrifft auch Schläger, mitzuführen.
➜ Vermeiden Sie es, sich auf Ihrer ersten Runde im neuen Jahr bereits eine Disqualifikation zuzuziehen.
Dazu dient die folgende Checklist
■ Einzelheiten über www.randa.org
■ Golfregeln gelten für alle Spielformen
■ Prüfen der Liste der konformen Driver
■ Prüfen der Liste der nicht-konformen Driver
■ Beachten, dass die Liste der nicht-konformen Driver möglicherweise unbedeutende Marken nicht erfasst
■ Noch Fragen?
E-Mail an clairebates@randa.org
(Claire Bates ist die Herrin über jede Art von Golfschlägern)
■ Mark Bruppacher, ASG Regelkomitee solche Unregelmässigkeit beobachtet haben. Das ist vor einigen Jahren sogar in Crans-Montana passiert: Nick Faldo hatte bei einem Schlag aus dem Wasserhindernis beim 14. Loch mit seinem Club im Backswing die Wasseroberfläche berührt. Wegen Verletzung der Regel 13-4 mussten wir ihn bitten, zwei Strafschläge zu seinem Score hinzu zu zählen.
Respekt vor dem Spiel
Der Schiedsrichter wird immer bemüht sein, einem Spieler in einer delikaten Situation Hilfe und freundschaftlichen Rat anzubieten. Am besten wäre es, wenn er ihm die Textstelle in den Regeln oder den Decisions zeigen könnte; das würde beruhigend wirken. Trotz einer gewissen Kollegialität verkörpert der Schiedsrichter auch eine Autorität und symbolisiert den Respekt vor dem Spiel, den wir alle haben. Der bekannte Argentinier Roberto de Vincenzo lieferte dafür ein grossartiges Beispiel. Am 17. Loch im US Masters 1968 wurde ihm irrtümlich eine 4 geschrieben, obschon er nur drei Schläge benötigt hatte. Er bemerkte den Irrtum erst nach dem Unterschreiben der Scorekarte; damit verpasste er einen Platz im Playoff um genau diesen Schlag (Regel 6-6)! Das allerdings hinderte ihn nicht daran, sich anschliessend beim Schiedsrichter dafür zu entschuldigen, dass er ihm Unannehmlichkeiten bereitet hatte...
■ Charles-André Bagnoud, internationaler ASG-Schiedsrichter
Neuheiten für 2008, gesehen an der «Golf Europe» in der Messe München