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Ball Striking and Scores

Sie hat ihre dritte Saison in der Ladies European Tour an Angriff genommen, und sie spielt nach ihrer eigenen Einschätzung besseres Golf als jemals zuvor. Insbesondere einige kleinere Änderungen in der Technik haben ihr einen solideren Schwung gebracht, der unter Druck besser halten soll. Vor dem Deutsche Bank Ladies Swiss Open in Losone haben wir der Zürcherin Nora Angehrn einige Fragen zum Schwingen und zum Touren gestellt.

Alle Indikatoren in der Karriere von Nora Angehrn zeigen aufwärts. Nach ihrer ersten Saison in der LET standen einige gute Ergebnisse einem Schlussrang in der Order of Merit entgegen, der nicht gut genug war: sie musste erneut in die Q-School, schaffte dort die Tourkarte für 2006 aber problemlos.

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Letztes Jahr schaffte sie mehr Cuts, gewann mehr Euros, lag in der Money List Ende Saison auf Rang 41 und war so um eine Sorge ärmer. Anstelle der Qualifikation konnte sie sich ganz der Vorbereitungsarbeit für die Saison 2007 widmen. Sehr viel Arbeit mit Trainer Beat Grossmann, permanent unterstützt von einer der ausgefeiltesten Videoanlagen der Schweiz, dazu Trips nach Südafrika, Australien und Florida standen auf dem Programm.

Ergebnis: Nora haut den Ball weiter denn je, und sie wird besser scoren denn je. Irgendwann werden alle Elemente fast wie von alleine an ihre richtige Stelle fallen, wird alles zusammen passen, wird sie die Spitzenränge gleich reihenweise einfahren.

Die einzige Frage ist, ob sie die Geduld hat, darauf zu warten.

Ein Golfschwung ist eine komplizierte Angelegenheit; Dutzende, wenn nicht Hunderte von Muskeln tragen dazu bei. Amateure wissen, wie schwierig es ist, dieses Konzert von zuckenden Muskeln zu dirigieren. Noras Schwung ist der Schwung einer Spitzenathletin. Alles ist bestens geölt, perfekt koordiniert; ihre Schwunggeschwindigkeit liegt bei 100 Meilen pro Stunde (etwa gleich wie ein sehr guter männlicher Amateur-Golfer), und es ist nicht übertrieben zu behaupten, dass es zwar noch andere so gute «Swingers» in der LET gibt, aber nicht manche, die den Ball noch besser trifft. Was also waren die wichtigsten Verbesserungsschritte? Nora selber: «Ich musste lernen, noch besser auf der Schwungebene zu schwingen, und ich musste mich mit einem kürzeren Backswing anfreunden».

Kraft und Tricks

Noras Schwung war schon immer nicht schlecht; ihn zu verbessern deshalb eine echte Herausforderung ohne Erfolgsgarantie. Denn mit dem besten Schwung kann man daneben schiessen...

«Ich hatte eine Tendenz, mit den Händen zu weit ausserhalb anzuschwingen und dann oben im Backswing eine Kompensationsbewegung, einen «Loop» zu machen. Das hat oftmals zu nach rechts gepushten Bällen geführt, weil ich mit dem Club nicht perfekt zur Körperrotation synchronisiert war. Als Folge machte ich mit den Handgelenken aktive Korrekturen und hookte den Ball».

Das ist das typische Fehlermuster eines guten Spielers, und es macht es schwierig, einen Ball im Spiel zu halten; speziell auf engen Plätzen oder bei Wind.

«Als erstes musste ich lernen, die Handgelenke beim Take-Away vollständig aus dem Spiel zu nehmen, sie also total passiv zu lassen. Anschliessend ging es darum, den Clubhead während des gesamten Backswings auf seiner eigenen Ebene zu schwingen, was natürlich nicht zuletzt eine Frage des Tempos ist. Und schliesslich musste ich auch weniger weit ausholen, vor allem wegen der damit verbundenen Kontrolle».

Systematische Übungen, Elementschulung auf der Driving Range, 300Bälle pro Trainingseinheit, mit regelmässiger Videokontrolle («Nach jedem Ball!») bildeten deshalb das langweilige Trainingsprogramm, unterbrochen von einigen Runden auf südlich gelegenen Golfplätzen. «Bald merkte ich, dass eine bessere Hüftrotation notwendig war, und dass ich dazu im Beckenbereich zu schwach war. Nur ein gezieltes Krafttraining konnte Abhilfe schaffen. Kräftiger bin ich geworden, aber verletzt habe ich mich auch». Ein Muskelfaserriss zwischen zwei Rippen, das hiess fünf Wochen Trainingspause, fünf Wochen ohne einen einzigen Schwung.

Neben der Videoanlage von Beat Grossmann im GC Unterengstringen hat Nora auch fleissig mit dem Swing- setter, einem von David Leadbetter propagierten Trainingsgerät, trainiert. Man kann damit keine Bälle hauen, kann aber ein Gefühl für die richtige Schwungebene und für das richtige Timing entwickeln.

Life on Tour

Zwei Saison auf Tour: wie sieht da eigentlich ein erstes Fazit aus? «Ich habe mich gut integriert, habe gelernt, mich zu organisieren, und habe auch ein paar Kolleginnen gefunden. Manchmal bringt es viel, wenn man zusammenspannt». Wo liegen denn bei der ständigen Reiserei die grössten Schwierigkeiten?

«Am ärgerlichsten ist es, wenn man in einem miesen Hotel absteigen muss. Einmal in Dänemark war das Zimmer so klein, dass neben dem Bett gerade der Koffer Platz hatte; sonst nichts. Aber das grösste Problem ist das Waschen! Gibt man seine schmutzige Wäsche im Hotel in den Laundry Service, dann sind das zum Beispiel 5 Euros pro Polo Shirt, 8 Euro pro Hose und so weiter. Also einfach viel zu teuer. Aber selber mit einem Sack voller Wäsche auszurücken und einen Waschsalon suchen, das macht auch nicht Spass...»

Und wie hält man sich fit bei all den Unwägbarkeiten? «Ich achte immer darauf, dass ich in Hotels absteigen kann, wo es einen Fitnessraum hat.

Allerdings kennt man das ja: Fitnessräume in Hotels sind nahezu immer sehr schlecht eingerichtet und oftmals noch viel schlechter unterhalten. Deshalb muss man schon etwas Phantasie aufbringen, um sich immer wieder zu organisieren».

Und welches ist das allergrösste Ärgernis? «Es heisst Toi Toi. Die Chemietoiletten an den Turnieren!»

Life on Tour: das sieht aus wie das golferische Paradies. Doch eine Runde dauert vier, vielleicht auch mal fünf Stunden, und daneben hat der Tag noch weitere 19, 20 Stunden, die auch durchgebracht werden müssen. Wer sich hier behauptet, immer wieder die Konzentration für gute Runden aufbringt, Cuts schafft und sich weiter Richtung Weltspitze vorarbeitet, der verdient Bewunderung, Unterstützung und – etwas Nachsicht, wenn's mal daneben geht.

Zudem ist «Life on Tour» auch nicht gerade billig. Nora hat für die laufende Saison einen Aufwand von 150000 Frankern budgetiert. Grosse modo sind das ihre Lebenskosten, die Reisespesen und der Caddie.

«Um dieses Budget auch bestreiten können, muss ich Preisgelder gewinnen. Allein mit meinen privaten Sponsoren reicht das bei weitem nicht!» Vielleicht hiesse es besser «Stress on Tour»...

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