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Wie lang darf’s denn sein?

Wer es fertig bringt, wirklich lange Abschläge in die Gegend zu schiessen, dem winkt mit der Longest Drive Weltmeisterschaft ein Aktionsfeld, auf dem Zehntausende von Dollars zu holen sind. 350 Meter müssten es aber schon sein. Alle andern der rund 50 Millionen Golfer auf dem Erdball bleiben besser auf dem Golfplatz, wo für die ganz langen Abschläge auch schon Preise und – wichtig –Anerkennung winken. Da ist man oft mit 250 Metern schon dabei. Aber auch das ist schwierig; deshalb werden alle Tricks aus dem Material herausgequetscht, die in paar Meter bringen könnten. Am einfachsten wäre ein längerer Schaft…

David Mobley heisst der gegenwärtig Longhitter des Planeten Golf; er hat mit 376 Yards und einem Big Bertha Titanium 454 im letzten November in der Nähe von Las Vegas den Titel gewonnen. Angetrieben wurde der Driver von einem XXS-Schaft von Accuflex, der 48 Inch lang ist. Dieser Schaft wurde für Mobley extra angefertigt und kostete natürlich Tausende. Unerwähnt bleibt an dieser Stelle, dass man ein veritabler Bodybuilder sein muss, um die Weltelite im Weitschuss wegzupusten – die andern heben ja schliesslich im Kraftraum auch wie gestört Gewichte. Ohne eine extreme Explosivität ist das nicht zu machen, und die setzt beispielsweise die OberschenkelKraft eines Hundertmeter-Sprinters voraus. Wir andern – aber halt! Einen längeren Schaft, das kann sich doch jeder kaufen. Golf Suisse hat sich deshalb einen identischen Driver von Callaway beschafft und anschliessend Pro Alain Pfister, den Custom-Fitting-Guru im Redaktionsteam, gebeten, den Schaft gegen einen längeren auszutauschen. Zwar nicht auf ein Modell mit der Stiffness XXS, sondern nur S, aber immerhin von der gleichen Länge wie der Schläger des Weltmeisters. Systematisch haben wir anschliessend herauszufinden versucht, ob ein längerer Driver dem normalen Amateur etwas bringen kann. Je nach Vergleichsmodell ist dieser Driver jetzt siebeneinhalb bis zehn Zentimeter länger als ein handelsüblicher Driver. Der Schaft hat wegen seiner Überlänge ein anderes Schwingungs- und Biegungsverhalten; er musste mit S daher deutlich steifer gewählt werden, als es für Amateure üblicherweise opportun ist. Der eingesetzte Longwood 48’’ wird von Aldila in kleinen Serien hergestellt; er ist nicht ganz billig und muss speziell geordert werden. Der Clubhead mit seinen 10°Loft hat sich als ideal erwiesen. Zum einen müssen wirklich weite Bälle einen höheren Abflugwinkel haben, als man das vielleicht gewohnt ist, weil sie nach wie vor den weitaus grössten Prozentsatz der Gesamtdistanz durch die Luft zurücklegen müssen. Und zum anderen reduziert der steifere Schaft den dynamischen Loft.

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Vorteile

Wird er gleich geschwungen, hat ein längerer Driver eine höhere Schlägerkopf-Geschwindigkeit (bei gleicher Winkelgeschwindigkeit vergrössert sich durch den längeren Arm die Bahngeschwindigkeit). Der Ball, square getroffen, bekommt also mehr Speed mit auf den Weg.

Um den längeren Driver voll zu schwingen, ist etwas mehr Zeit für den Beschleunigungsaufbau und etwas mehr rohe Kraft notwendig, was für viele Golfer eigentlich günstig ist. Das ist nicht zuletzt mit ein Grund, weshalb Spieler auf der Champions Tour (der früheren Seniors Tour) längere Driver einsetzen. Im Alter büsst man an Schnellkraft früher ein als an Rohkraft.

Nachteile

Das Timing mit einem deutlich längeren Schaft ist anders, ungewohnt. Um einen solchen Driver auszunützen, muss die Feinkoordination im Schwung genau stimmen, man muss den Clubhead genau spüren; spüren lernen. Der Schaft ist wesentlich länger, und das Schwunggewicht ist ganz anders als bei einem normalen Driver, weshalb der Golfer ein präzises Feeling dafür entwickeln muss. Der Club fühlt sich schwerer an. Der frühere Nachteil längerer Schäfte – nämlich, dass der Ball schwieriger zu treffen ist – hat sich mit den grösseren

Deutlich länger: Testdriver Big Bertha 454 Titanium mit einem 48 Inch langen Schaft, im Vergleich mit der serienmässigen Gegnerschaft.

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