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SO GEHT WASSERMANAGEMENT
Modernste Technik, Fachwissen und ein engagiertes GreenkeepingTeam ermöglichen den effizienten Einsatz wertvoller Ressourcen. Wir fragten in Schweizer Golf Clubs nach «best practices» rund ums Thema Bewässerung.
Ein sonniger, warmer Nachmittag Ende Juni auf dem Golfplatz von Bad Ragaz. Es hat in den Wochen zuvor wenig geregnet, der Parcours präsentiert sich dennoch in Topzustand – sollte er auch, denn in zwei Wochen wird die Legends Tour für das Swiss Seniors Open zu Gast sein.
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Head Greenkeeper Jonas Friedrich wartet neben Green 7, bis die Amateurgruppe das Loch beendet hat. Dann schreitet er zügig über den vorderen Teil des Grüns. In der Hand hält er ein Gerät, das wie ein etwas zu dick geratener Spazierstock mit einem Display von der Grösse eines Smartphones am oberen Ende und zwei kleinen, dünnen Metallstäbchen am unteren Ende aussieht. Ohne stehenzubleiben steckt Friedrich diese kleinen Metallstäbchen im Abstand von zwei bis drei Metern in die kurzgeschnittene Rasenfläche. Er grüsst freundlich und erklärt auf Nachfrage: «Mal schauen, wo wir heute Abend etwas Wasser geben müssen. Petrus liefert erst in drei Tagen.»
T Gliche Manuelle Feuchtigkeitsmessung
Mit dem Messgerät zu Fuss über den Platz gehen und an besonders sensiblen Stellen das Messgerät kurz in den Boden stecken, das ist für das GreenkeepingTeam des Golf Club Bad Ragaz tägliches Brot. Nicht nur, wenn die Legends Tour im Anmarsch ist. «Während der Saison kontrollieren wir die Grüns und Abschläge jeweils am späten Nachmittag mit diesen Feuchtigkeitsmessgeräten», erklärt Friedrich. Insgesamt sieben mobile Geräte – vier Fieldscout TDR 300 und drei POGO – stehen in Bad Ragaz dafür zur Verfügung. Pro Green wird die Sonde bis zu 30 Mal in den Boden gesteckt. Die Messergebnisse können später am Computerbildschirm abgelesen werden. Anhand der Messergebnisse wird am
Computer die Wassermenge eingegeben, die nachts auf die einzelnen Greens und Tee-Boxen gesprüht wird. Nicht nur in Bad Ragaz, auch auf anderen Schweizer Golfanlagen wird die Bodenfeuchtigkeit regelmässig gemessen, um eine optimale Bewässerung zu erzielen. Selbst der auf 1900 Metern über Meer gelegene Golf Club Arosa, der aufgrund seiner Lage und der klimatischen Bedingungen einen relativ geringen Wasserverbrauch hat, verfügt über ein Feuchtigkeitsmessgerät. Weiter westlich, im Golf & Country Club Wallenried, erklärt Head Greenkeeper
Jean-Claude Schouwey: «Zweimal täglich ermitteln wir den Wasserbedarf durch Besichtigung der sensiblen Bereiche auf dem Platz sowie mittels Bodensondierung.» Auch Romain Lodieu, Head Greenkeeper im Golf Club Vuissens, vertraut einem solchen Messgerät. Er betont aber, dass die permanente Be - obachtung von Rasen und Wetter ebenfalls wichtige Anhaltspunkte liefere und dass auch die Erfahrung helfe bei der Entscheidung, ob und wie viel Wasser ausgebracht werden soll.
COMPUTERGESTEUERT…
«Die Digitalisierung ist ein grosses Thema, das im Greenkeeping immer mehr an Bedeutung gewinnt», sagt Yannick Weber, Course Manager im Golf & Country Club Zürich-Zumikon, wo das Messen der Bodenfeuchtigkeit zur täglichen Arbeit der Greenkeeper zählt. «Die Digitalisierung verhilft uns zu ‹informierten Daten›, das heisst, wir kennen nicht nur die absoluten Zahlen für den ganzen Platz, sondern können mit wenigen Klicks präzise Informationen zu einer einzelnen Spielbahn oder sogar zu einem bestimmten Sprinkler abrufen.» Weber und sein Team können am Computer und per Smartphone-App jeden Sprinkler auf dem Platz einzeln ansteuern, Dauer und Wassermenge lassen sich individuell einstellen.

Eine computergesteuerte Bewässerung mit einzeln zu- und abschaltbaren Sprinklern gehört heute zum Standard auf Schweizer Golfplätzen. Nicht nur Yannick Weber, auch seine Kollegen aus Bad Ragaz, Blumisberg und Wallenried nutzen die Möglichkeit, einzelne Versenkregner gezielt ansteuern zu können.

…UND ZUSÄTZLICH VON
HAND
Eine noch zielgenauere Bewässerung einzelner, sehr trockener Stellen auf dem Platz ist durch Handwässerung möglich. In Zumikon setzt man bei Abschlägen und Greens konsequent auf diese Methode. «Erst, wenn die Handwässerung nicht mehr ausreicht, kommt die automatische Beregnung zum Einsatz», sagt Yannick Weber. Handwässerung ist eine zeitaufwändige und personalintensive Arbeit, aber der Aufwand lohne sich. «Um den Wasserverbrauch zu reduzieren, bewässern wir sehr trockene Stellen manuell mit einem Schlauch», erklärt der Head Greenkee - per von Vuissens. Diese Handwässerung wird oft mit sogenannten Netzmitteln kombiniert, die die Wasseraufnahmefähigkeit des Bodens verbessern und so den Wasserbedarf deutlich reduzieren. Diese «Wetting Agents» kommen auf allen Golfplätzen zum Einsatz, da sie vor allem in Hitzeperioden wichtige Dienste leisten: «Wenn die Böden sehr trocken sind, helfen diese Netzmittel, die wenige vorhandene Feuchtigkeit im Boden zu halten. Ohne diese Massnahme würde das Wasser an der Oberfläche ablaufen oder verdunsten», erklärt Kurt Deflorin, Head Greenkeeper im Buna Vista Golf Sagogn.
BEIM WASSER SELBSTVERSORGER
Nur gerade knapp ein Viertel bzw. 24 Prozent der gesamten Golffläche in der Schweiz wird künstlich bewässert; in Dürrephasen kann dieser Anteil gar auf bis zu 2 Prozent sinken. Doch woher beziehen die Schweizer Golfanlagen das Wasser?
Immer mehr Golfclubs sind diesbezüglich Selbstversorger. Häufig dienen Seen auf Golfplätzen nicht nur als Wasserhindernis und optische Aufwertung, sondern auch als Wasserspeicher. In Vuissens wurden beim Bau des Platzes drei Teiche als Wasserreservoire angelegt. Sie werden einerseits mit Regenwasser, andererseits mit Drainagewasser gespeist. Sind die Teiche voll, fliesst das überschüssige Wasser in die Petite Glâne. «Dieser Bach war früher in Rohre verlegt worden. Beim Bau des Golfplatzes wurde er wieder offengelegt, und es entstanden mehrere Teiche, die durch diesen Bach miteinander verbunden sind», erklärt Romain Lodieu. In Wallenried hat der Club zwei Brunnenbohrungen auf dem Platz durchgeführt. Dieses Wasser wird bei Bedarf zusammen mit Oberflächen- und Drainagewasser in einem Speichersee gesammelt. Im Golf & Country Club Blumisberg wurde im letzten Winter ein Speichersee gebaut, der 25 000 Kubikmeter Wasser fasst – genug, um die Bewässerung während der ganzen Saison sicherzustellen. Dieser See ist mittels Pumpleitungen mit dem bestehenden Bewässerungssee verbunden. Gespeist werden beide Seen aus zwei Quellen auf dem Golfgelände sowie aus Regenwasser. Beide Seen können Computer- bzw. Smartphone-gesteuert befüllt oder abgesenkt werden.
DIVERSE WASSERKOOPERATIONEN
Im Buna Vista Golf Sagogn befindet sich der Speichersee zwischen Green 18 und der Driving Range. Gespeist wird er aus dem Überlauf der Trinkwasserversorgung der Gemeinde. «Früher floss dieser Überlauf direkt in den Rhein, heute wird er in den Speichersee geleitet, und nur der Überlauf unseres Sees fliesst in den Rhein», erklärt Kurt Deflorin. Beim Bau des Clubhauses oberhalb des Platzes wurde das Hangwasser gefasst, das nun ebenfalls in den Speichersee fliesst. In Brigels und Davos teilen sich Golfer und Langläufer die Wasserreserven. Während Brigels über einen Speichersee verfügt, pumpen die Davoser das benötigte Wasser aus einem Bergbach, der in die Landwasser mündet. In der kalten Jahreszeit nutzt die Gemeinde die Pumpstation für die Beschneiung der Loipen. Eine «Wasserkooperation» ganz anderer Art gibt es in Domat/Ems: «Das Wasser, das die EMS Chemie zur Kühlung ihrer Aggregate verwendet, wird vom Kanton als ‹gebrauchtes Wasser› eingestuft, und wir sind in der glücklichen Lage, dieses Wasser für die Bewässerung nutzen zu können», erklärt Head Greenkeeper Andri Jörger.
BEI HITZE: SCHNITTHÖHE VARIIEREN Während die künstliche Bewässerung für jeden sichtbar ist, gibt es beim Wassermanagement auch sehr effiziente Massnahmen, die dem Betrachter meist verborgen bleiben, weil sie unter der Oberfläche stattfinden. Egal, mit welchem Head Greenkeeper man spricht – starke und lange Wurzeln bei den Rasenpflanzen sind das Ziel einer nachhaltigen Platzpflege. Sie helfen dem Rasen, Hitze und Trockenheit besser zu überstehen.
Für manuelle Feuchtigkeitsmessungen nutzen Green keeper elektronische Messgeräte wie den Fildscout TDR 300.

Deshalb lautet die einhellige Antwort auf die Frage nach Massnahmen in Hitzeperioden: Schnitthöhe anpassen! Romain Lodieu nennt Zahlen: «Dieses Jahr beträgt die minimale Schnitthöhe im Hochsommer bei uns in Vuissens 3,7 Millimeter.» 2021/22 waren es 0,2 Millimeter weniger, bis 2018 sogar nur 3 Millimeter.
FIX INSTALLIERTE BODENSENSOREN
Zurück nach Bad Ragaz, wo die Bodenfeuchtigkeit nicht nur auf Greens und Abschlägen ermittelt wird. «2020 wurden auf den Fairways unseres Championship Courses zehn Bodensensoren der Firma Pessl Instruments fest installiert. Diese Sensoren liefern Daten in Echtzeit und helfen uns, den Feuchtigkeitsgehalt im Wurzelbereich der Rasengräser genau zu bestimmen. Dank dieser Daten können wir die Fairways gezielt bewässern – und zwar jeden Tag mit genau der Wassermenge, die die Gräser brauchen. Nicht mehr, aber auch nicht weniger», erklärt Head Greenkeeper Jonas Friedrich.
Die Bodensensoren wurden an Stellen des Parcours platziert, die zuvor als «eher trocken» aufgefallen waren. Wie viel Wasser durch diese Bodensensoren bisher eingespart werden konnte, lässt sich nicht sagen. «Die Wetterbedingungen waren in den letzten Jahren so unterschiedlich, dass kein aussagekräftiger Vergleich möglich ist», sagt Friedrich. Während der Sommer 2021 sehr nass war, litt die Schweiz im Sommer 2022 unter der Trockenheit.
