Surprise Strassenmagazin 237/10

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ten aufleben: «Ja, auf der habe ich Zug fahren gelernt.» Heute schult der Lokomotivführer andere Fahrer in der Handhabung des elektronischen Programms «Lokführer-Electronic-Assistant 2». Im Aufenthaltsraum neben der Kantine erklärt Kurt Gwerder Michael Hofer das Informationssystem der SBB: An einem Anschlagbrett hängen wichtige Mitteilungen, die jeder vor seinem Einsatz gelesen haben muss. Seit Kurzem werden dem Lokpersonal alle Mitteilungen zudem via einem virtuellen Anschlagbrett übermittelt: «Ganz wichtige Informationen erhalten wir einzeln und auf Papier, wir müssen elektronisch quittieren, dass wir sie gelesen haben – die Sicherheit kommt vor allem anderen», erklärt Gwerder. Und einmal mehr wird Michael Hofer die grosse Verantwortung bewusst, die ein Lokführer bei seiner Arbeit übernimmt: «Man muss immer bei der Sache sein – das wär nichts für mich.» Sind irgendwo Bauarbeiten im Gange, verändert sich die Geschwindigkeit oder die Strecke – und die kennen die Lokführer genau. Denn sie dürfen nur Strecken fahren, die sie kennen und gelernt haben: «In der Ausbildung fahren angehende Lokführer die Strecke erst mit, später selber in Begleitung eines streckenkundigen Führers, und erst dann dürfen sie die Strecke alleine befahren.» Dass einer das ganze Schweizer Streckennetz befahren könne, sei unmöglich. «Es hängt vom Standort ab, welche Strecken ein Lokführer fährt», so Gwerder.

sonders, denn sie führt an seinem früheren Zuhause vorbei – und durch die Frontscheibe der Lokomotive ist das Haus noch besser zu sehen als aus den seitlichen Zugfenstern in den Passagierwagen. Als die letzten Fahrgäste in Effretikon auf Gleis 2 ausgestiegen sind, klettert ein Mann in orange farbenen Überkleidern in die Lokomotive. Der Rangierarbeiter

«Man muss immer bei der Sache sein – das wär nichts für mich.»

Rückwärts aufs Abfahrtsgeleise Als nächstes nimmt der Lokführer die Strecke der S2 nach Effretikon in Angriff. Als Michael Hofer die Re 450-Lok sieht, sprudelts aus ihm heraus: «Die kann relativ schnell beschleunigen, weil sie für den Nahverkehr gemacht ist.» Auf die Fahrt nach Effretikon freut sich Hofer be-

wird Kurt Gwerder in den nächsten zehn Minuten über die Schienen und Weichen lotsen, damit das Manöver, an dessen Ende der Zug auf Gleis 6 stehen soll, ohne Probleme funktioniert. Schon ist der orange Mann auf dem hinteren Führerstand der S-Bahn-Komposition. Über das Funkgerät halten sie Kontakt miteinander. Gwerder fährt im Schritttempo, im Modus «Manöver». Besonders beim Rangieren sind die Zwerge unverzichtbar und deshalb in Bahnhofsnähe auch gehäuft vorhanden. Sie zeigen Kurt Gwerder freie Bahn aufs Nebengeleise an. Von dort lotst der Rangiermitarbeiter die S-Bahn auf ihr neues Abfahrtsgeleise, wo Gwerder im Rückwärtsgang hin tuckert. Die wartenden Passagiere steigen ein und los gehts, zurück an den Hauptbahnhof. Dort wartet schon Kurt Gwerders Ablösung. Nach einer kurzen Begrüssung verschwindet der eine in Richtung Führerstand, der andere Richtung Feierabend. Und auch Michael Hofer macht sich auf den Heimweg nach Winterthur. Die Erinnerung an die eindrucksvolle Fahrt durch den Tunnel, die Bilder von Kurt Gwerders blinkender Armatur und das Gefühl, in der 84 Tonnen schweren Lok zu sitzen, werden ihn bis dahin begleiten. Michael Hofer und Kurt Gwerder gehen zusammen Richtung Bahnhofshalle, im Rücken die S2. Und der Zug, der steht da und wartet auf seine nächste Taufe. ■

Michael Hofer und Kurt Gwerder machen kurz Pause ...

... bevor sie mit der S2 unter voller Konzentration wieder losfahren.

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