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Ausgabe 3 | 2015 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

PRODUKTION & STANDORT

Speidel / Haase Masche weltweit

Freihandel mit Vietnam Forschung

Strick 4.0 UNTERNEHMENSPORTRÄT

Zwickauer Kammgarn GmbH


Inhalt

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Produktion & Standort

18

Ernst Haase GmbH & Co. KG

Forschung ITA Aachen

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Workshop Textilkennzeichnung

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Vietnam

Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Verviel­fältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Der Bezug der masche ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Auflage 800 Ausgabe 03/2015 Heftnummer 16 Fotos Soweit ohne Vermerk von Gesamtmasche Titel Zwickauer Kammgarn GmbH

Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de

Präsidentin Martina Bandte

www.gesamtmasche.de Redaktion Simone Diebold Gestaltung www.die-wegmeister.com Druck Gress-Druck GmbH, Fellbach

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© cristaltran – Fotolia.com

Unternehmensporträt

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Im Blickpunkt Textil- und Modedialog

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KURZ & INFORMATIV

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Produktion & Standort

Ernst Haase GmbH & Co. KG

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Recht

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Recht

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Unternehmensporträt

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Workshop

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Forschung

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Masche weltweit

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Masche weltweit

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Mode

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Außenwirtschaft

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Wissenswertes

Problem Zahlungsverzug Markenrecht Zwickauer Kammgarn GmbH Textilkennzeichnung Strick 4.0 Freihandel mit Vietnam Modemarkt Iran „mini-me“-Fashion


Editorial Der Standort und sein Wert Liebe Leserinnen und Leser, „Made in Europe“ ist wieder in Mode. Dazu tragen auch die Medienberichte zu problematischen Produktionsbedingungen in asiatischen Lieferländern bei – nicht immer sachlich. Die Anstrengungen deutscher Hersteller um verantwortungsbewusste Beschaffung werden heruntergespielt oder als Werbemaßnahme abgetan. Gleichzeitig kann die deutsche Maschenindustrie, die große Teile ihrer Wertschöpfung in Europa erwirtschaftet, durch kurze und transparente Beschaffungswege mit hohen Standards punkten. Darauf wollen immer mehr Maschenfirmen ihre Kunden hinweisen. Auch für den Handel wird der Einkauf aus europäischer Produktion mit Blick auf höhere Liefersicherheit, kürzere Laufzeiten und überschaubarere Bezugsquellen interessanter. Dennoch zählt bis heute in erster Linie das Preisargument: Im Zweifelsfall ziehen viele Händler die günstigere Asien-Produktion vor. Die leidige – ausgesprochen deutsche – Diskussion um Eckpreislagen lässt grüßen. Doch ein Paradigmenwechsel scheint so notwendig wie unaufhaltsam. Längst haben sich die Gewichte in der globalen Wirtschaft verschoben. Das bewirkt tiefgrei­fende Veränderungen in den Beschaffungs„Kurze Modezyklen und die und Absatzmärkten. Die Konsumenten zum Kauf von Zunahme geopolitischer Risiken immer noch mehr eintöniger Billigmode zu motivieren, ist keine Lösung und hat große Teile des Handels und sprechen für standortnahe der Indus­trie in ernsthafte Schwierigkeiten gebracht. Beschaffungsketten." Wenn qualitätsbewusste Konsumenten auf Produkte aus Deutschland und Europa vertrauen, sollte dieses Potenzial besser nutzbar und kommunizierbar gemacht werden − mit klaren, europaweit gültigen Regeln, die die Wertschöpfung am Standort honorieren. Ein Zwangslabel, wie es seit Jahren in Brüssel diskutiert wird, wäre dabei kontraproduktiv und würde die Branche mit erheblichen Bürokratiekosten belasten. Mehr zum Thema „Made in“ und zur vielfältigen Wertschöpfungskette der Maschenindustrie in Deutschland und Europa lesen Sie in dieser Ausgabe, einer masche für Engagement und Fortschritt. Angenehme Lektüre wünscht Ihnen

Ihre Martina Bandte

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Im D o Vo ld ialo rs ing g: ta nd un Ch sv d D rist or r. ia si D n D tz an i en ie er de l T ig r. erb , C er hef ge d r, er KA D TA ier G ig -

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extil- und Modedialog 2015 auf der Munich Fabric Start

Am 2. September 2015 luden der Verband der Bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie, der Dialog Textil-Bekleidung, Gesamtmasche, Südwesttextil und der Lederbekleidungsverband zum Textil- und Modedialog anlässlich der Munich Fabric Start ein. Zur 5. Ausgabe des TMD trafen sich 130 Gäste aus Wirtschaft und Politik. Der jährliche Branchentreff im Fabric Club im M,O,C, bot wie immer eine willkommene Plattform für den Austausch in entspannter Atmosphäre. Christian Dierig, Chef der Dierig Holding und Präsidiumsmitglied des VTB führte durch den Abend und sprach mit dem KATAG-Vorstandsvorsitzenden Dr. Daniel Terberger über Zukunftsstrategien von Industrie und Handel. Im Mittelpunkt des Unternehmerdialogs „Online, offline oder beides?“ standen die Herausforderungen des Multichanneling und Handlungsalternativen in einem rückläufigen Markt mit einem gesunkenen Stellenwert von Mode – im Ranking der Verbraucher haben andere Konsumgüter die Nase vorn. Um dem Rückzug der klassischen Formate entgegenzutreten, forderte Terberger dazu auf, Kunden mit einem Einkaufserlebnis abzuholen, Emotionen zu wecken und ein Gefühl des „Must-Have“ zu erzeugen. Der kritische Dialog zu einem sehr aktuellen Thema gab den Gästen vielfältige Impulse für angeregte Gespräche. Auch dieses Jahr präsentierte die Deutsche Meisterschule für Mode, Designschule München unter der Leitung von Irene Schoppmeier ihr meisterliches Können. Die gezeigten Key Pieces der Kollektionen mehrerer Design-Absolventinnen sorgten für Begeisterung und weckten auch bei branchenfremden Gästen zweifellos die Lust an Mode.

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Hauptgeschäftsführer Dr. Ostrop verlässt Verband Der Hauptgeschäftsführer des Wirtschafts- und Arbeitgeberverbandes Südwesttextil in Stuttgart, Dr. Markus H. Ostrop, verlässt Ende August den Verband. Zugleich wird er die Geschäfts­ führungen des Gesamtverbands der deutschen Maschenindustrie (Gesamtmasche) und der Gemeinschaftsausbildungsstätte Gatex Dr. Markus H. Ostrop niederlegen. „Nach 15 Jahren intensiver Arbeit für die Textil- und Bekleidungsindustrie möchte ich noch einmal eine neue berufliche Herausforderung suchen“, sagte der 54-jährige Rechtsanwalt. Deshalb gehe er auf eigenen Wunsch und in bestem Einvernehmen, aber mit einem ordentlich weinenden Auge. „Die Verbandsarbeit ist mir sehr ans Herz gewachsen und wir haben in den letzten Jahren viel Positives für unsere Mitgliedsunternehmen bewirken können“, so der Hauptgeschäftsführer. Seine Verbandskarriere begann Dr. Ostrop nach seinem Jurastudium in Münster und Freiburg als Trainee bei der Bundesverei­ nigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, BDA. 1993 wurde er Rechtsberater bei den Arbeitgeberverbänden der Ernährungsindustrie in Baden-Württemberg. Im Jahre 1998 wechselte er als Geschäftsführer zum Verband Spedition und Logistik Baden-Württemberg. Seit 2000 leitete er als Hauptgeschäftsführer den Verband Südwesttextil sowie in Personalunion seit 2009 den Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie. In dieser Zeit entwickelten sich die Verbände mit dem Aus- und Weiterbildungszentrum Gatex zur modernen und innovativ aufgestellten „Textile Verbandsgruppe Stuttgart“, die über ein gut organi­siertes Netzwerk mit besten Kontakten zu Entscheidungsträgern in Politik, Verwaltung und Wirtschaft verfügt und ihren Mitgliedern eine breite Service­palette bietet. Die Präsidien der Verbände bedauern sein Ausscheiden und danken Dr. Ostrop für seinen überaus engagierten und erfolgreichen Einsatz.

Für die Zukunft alles erdenklich Gute! 6 masche 03 | 2015

Personalie Mitte September hat sich Angelika Kläger in den Ruhestand verabschiedet. Die 63-Jährige war über 36 Jahre für Gesamtmasche tätig. Als Meisterin der Zahlen herrschte sie über die Bereiche Statistik und Datenverarbeitung und war gefragte Ansprechpartnerin in Sachen „Who is who?“ in der Maschenindustrie. Ab 2007 war sie im Rahmen der Bürogemeinschaft auch für Südwesttextil tätig und unterstützte das Wirtschafts- und Presseressort. Von ihrer langjährigen textilen Erfahrung profitierte die gesamte Textile Verbandsgruppe Stuttgart. Das Kollegium wünscht ihr alles Gute!

Angelika Kläger

Save the Date – Infotag Russland Am 19. November findet bei Groz-Beckert in Albstadt die Infoveranstaltung „Russland – Marktchancen und Herausforderungen für die deutsche Textil- und Bekleidungsindustrie“ statt, organisiert vom Gesamtverband t+m in Kooperation mit Gesamtmasche und Südwesttextil. Die Teilnehmer haben die Gelegenheit zu persönlichen Gesprächen mit Igor Salomakhin, Leiter des Verbindungsbüros RETA. Die Einladung wird in Kürze versandt.

Zahlenkompendium Vom Gesamtverband textil+mode gibt es eine neue Broschüre mit den neuesten nationalen und europäischen und internationalen Daten der Branche. Das Zahlenkompendium steht zum Download unter www.gesamtmasche.de.

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Die deutsche Textil- und Modeindustrie in Zahlen


Nachrichten aus Berlin Ab 1. November wird der Gesamtverband textil+mode wieder einen eigenen t+mRepräsentanten in enger Anbindung an den BDI in Brüssel haben: Felix Ebner wird die Interessenvertretung vor Ort übernehmen. Der Diplom-Volkswirt mit postgradualem Masterstudium in internationalen Beziehungen verantwortet seit über sechs Jahren erfolgFelix Ebner reich den vielfältigen Bereich Außenwirtschaft bei t+m. Er ist daher mit der Branche und ihren Themen im Detail vertraut sowie in der Industrie und Politik bestens vernetzt. Schwerpunktmäßig bleibt der Außenwirtschaftsexperte weiterhin Ansprechpartner für die Verbände der Branche in allen Fragen der Handels-, Außenwirtschaftsund Zollpolitik, die im Zuständigkeitsbereich der EU liegen. textil+mode wird mit seinem Büro zusammen mit anderen deutschen Verbänden unter dem neuen Dach der „BDI/BDA – The German Business Representation“, Rue Marie de Bourgogne 58, 1000 Brussels, vertreten sein.

Batzorig Daarten

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Seit Mitte Juli verantwortet Batzorig Daarten das Referat Recht und Steuern bei t+m in Berlin. Der Volljurist war nach seinem Doppelstudium Jura und Politikwissenschaften mit Stationen in Anwaltskanzleien in Berlin und Brüssel für Reservon tätig. Ab dem 27. Juli ist nach ihrer Elternzeit Susanne Wicht auch wieder mit an Bord des Teams und ist weiterhin für Tarif­politik sowie das Arbeitsund Sozialversicherungsrecht zuständig.

VERAN­STAL­TUN­GEN & SEMINARE 26. – 27. November

9. Aachen – Dresden International Textile Conference Aachen

30. November

Technischer Ausschuss Denkendorf

14. Januar

Der neue Unionszollkodex Frankfurt Weitere Infos unter www.gesamtmasche.de

Informationspflichten erheblich ausgeweitet

Umsatzplus

für das 1. Halbjahr 2015 meldet der Gesamt­verband textil+mode in seinem Konjunkturbericht für die gesamte Branche gegenüber dem Vorjahreszeitraum. Diese positive Gesamtentwicklung verdeckt zum Teil die erheblichen Schwierigkeiten, die derzeit die exportabhängigen Unternehmen im Russland-Geschäft haben. Weiterhin positiv entwickelt hat sich die Beschäftigung: Im Vergleich zum Vorjahr beschäftigt die Branche per Juni insgesamt +1,1 Prozent mehr Personen. Quelle: Gesamtverband textil+mode

Der Europäische Gerichtshof hat eine wichtige Entscheidung in Bezug auf die Informationspflichten der Unternehmen zu besonders besorgniserregenden Stoffen (SVHC-Stoffe) gefällt. Danach ist der Begriff des „Erzeugnisses“ im Sinne der Reach-Verordnung so zu verstehen, dass auch „Teilerzeugnisse“, die in einem „Gesamterzeugnis“ aufgehen, nicht ihre Eigenschaft als eigenständiges Erzeugnis verlieren. Dies hat zur Folge, dass sich die genannten Informationspflichten nunmehr auch auf die Einzelteile eines Gesamterzeugnisses beziehen. Damit sind Informationen über das Vorhandensein von SVHC-Stoffen auch in Teilen von Produkten vorzuhalten und dem Abnehmer des Produktes zur Verfügung zu stellen. Die Unternehmen sollten sich jetzt unverzüglich mit ihren Lieferanten in Verbindung setzen und mit Verweis auf das Urteil – ggf. erneut – das Vorhandensein von SVHC-Stoffen in Mengen von mehr als 0,1 Massenprozent in den gelieferten Erzeugnissen erfragen. Im Mitgliederbereich von Südwesttextil findet sich ein Musteranschreiben in Deutsch und Englisch, das für die Informationsbeschaffung verwendet werden kann. Auf politischer Ebene wird textil+mode versuchen, die Folgen dieses Urteils abzumildern.

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Produktion & Standort Speidel und Haase sichern heimische Prozesskette

Jürgen Haase und Hans-Jürgen Speidel

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eit drei Jahren gehört der Bisinger Textil­ ausrüster Haase zum Damenwäsche-Produzenten Speidel in Bodelshausen. Mit der Übernahme der Ernst Hasse GmbH & Co. KG hat Speidel den Fortbestand des Unternehmens gesichert, nachdem dessen damalige Inhaber ins Ruhestandsalter gekommen waren. Schließlich sind die Ausrüstungskapazitäten für die heimische Maschenindustrie nicht allzu dicht gesät.

Heute kann Hans-Jürgen Speidel stolz auf eine rundum moderne Fertigung blicken: „Der Investi­ tionsrückstand war groß, doch die Anstrengungen haben sich gelohnt“. Im Team mit Alt-Eigentümer Jürgen Haase hat der gelernte Textilingenieur Speidel den Betrieb wieder als rentablen, von Fremdkapital unabhängigen Player mit modernsten Anlagen etabliert. Mit Investitionen von 2,5 Millionen Euro wurden neben einer neuen Continue-Bleichstraße mit 29 Metern Länge, neue Hochtemperatur-Färbemaschinen, eine neue Wasseraufbereitungsanlage sowie moderne Wärmerückgewinnungstechnik installiert. Dabei wurden nicht nur alle Arbeitsplätze erhalten. Auch für Nachwuchs ist gesorgt: Zu den beiden Azubis, die Haase bereits als Produktveredler ausbildet, kommen im September zwei weitere hinzu.

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Im Mittelpunkt steht bei Haase die Bleicherei. „Von uns kommt die weißeste Wäsche der Welt“, ist Jürgen Haase überzeugt. Außerdem wird geraut, gekrumpft, sanforisiert und transferbedruckt. Neben klassischen Appreturen bietet das Unternehmen auch Nanotechnologie und weitere Spezialausrüstungen an. „Aktuell wird Haase etwa zu 50 Prozent durch die Firma Speidel ausgelastet. Die andere Hälfte der Kapazität nutzen Firmen aus der Umgebung.“ Neben Bekleidung rüstet Haase auch Bettwäsche und technische Textilien. „Wir sind ein zukunftsorientiertes Unternehmen. Deshalb sind uns Ressourcenschonung und Umweltschutz besonders wichtig“, betont HansJürgen Speidel. „Unsere fortschrittlichen Anlagen arbeiten äußerst sparsam und umweltschonend.“ Alle Bleichanlagen sind ausschließlich auf Sauerstoffbasis ausgelegt. Dabei werden nur umweltschonende, leicht abbaubare Textilhilfs­ mittel eingesetzt. Die Abwässer werden in der


betriebseigenen Kläranlage nach strengsten Richtlinien aufbereitet und regelmäßig extern kontrolliert. Die moderne Technik ist nicht nur gut für die Umwelt, sie spart auch Geld. Durch die neue Wärmerückgewinnung hat Haase seinen Heizölbedarf um mehr als die Hälfte reduziert. „Wir schreiben wieder schwarze Zahlen, können störungsfreier produzieren und verbrauchen dabei weniger Wasser, Chemie und Energie.“

UNTERNEHMEN Die Ernst Haase GmbH & Co. KG in Bisingen beschäftigt 35 Mitarbeiter, 30 in der Nass- und 5 in der Trockenaus­ rüstung. Die Speidel GmbH mit rund 200 Mitarbeitern hat ihren Sitz im benachbarten Bodelshausen. Dort befinden sich neben der Strickerei mit über 115 Hoch­ leistungs-Rundstrickmaschinen auch Design, Zuschnitt, Fertig­warenlager, Logistik und Verwaltung. Mit zwei eigenen Konfek­tionsbetrieben in Ungarn und Rumänien hat die Firmengruppe über 700 Mitarbeiter. Schon seit 1952 steht Speidel für „Feines auf der Haut“. Seit 25 Jahren führen die Brüder Günter und Hans-Jürgen Speidel mit ihrer Schwester Gisela Geißler das Familien­ unter­nehmen.

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Zügig zum Ziel – Schnelles Bezahlen schafft Jobs Zahlungsverzug kostet die EU-Wirtschaft jedes Jahr Milliarden und gefährdet unzählige Arbeitsplätze. Die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug sollte Abhilfe schaffen. Für den deutschen Mittelstand aber gibt es keine spürbare Verbesserung.

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U-Schätzungen zufolge ist ein Drittel aller Insolvenzen auf Zahlungsrückstände zurückzuführen. Nicht immer kommt es ganz so schlimm. Doch auch 2014 haben deutsche Unternehmen 2,5 Prozent ihres Umsatzes als uneinbringlich abgeschrieben. Darunter leidet vor allem der industrielle Mittelstand. Finanzielle Schwierigkeiten des Schuldners sind nach Meinung von 91 Prozent der Unternehmen der Hauptgrund für verspätete Zahlungen. Als zweithäufigste Ursache wird von 87 Prozent das absichtlich verzögerte Zahlen von Rechnungen angesehen – in keinem EU-Land sagen das so viele Gläubiger wie in Deutschland. Die EU-Richtlinie zur Bekämpfung von Zahlungsverzug aus dem Jahr 2011 empfiehlt eine Zahlungsfrist von maximal 60 Tagen für Unternehmen und von 30 Tagen für öffentliche Auftraggeber. Daneben schreibt sie höhere Verzugszinsen vor als bisher. Wie aus dem European Payment Index 2015 des Inkasso-Dienstleisters Intrum Justitia hervorgeht, ist die Zahlungsverzugsrichtlinie nur 24 Prozent der deutschen Unternehmen ein Begriff. 86 Prozent der deutschen Umfrageteilnehmer können keinen positiven Einfluss der Richtlinie feststellen. Woran liegt das? Mitte 2014, eineinhalb Jahre nach Ablauf der Umsetzungsfrist, ist in Deutschland das Gesetz zur Umsetzung der Zahlungsverzugsrichtlinie in Kraft getreten. Das Gesetz

schreibt für private Unternehmen grundsätzlich die von Brüssel empfohlene Zahlungsfrist von 60 Tagen vor. Die Vertragspartner dürfen davon abweichen, es sei denn, dies ist für den Gläubiger „grob nachteilig“. Wann aber die Grenze zum groben Nachteil überschritten ist, kann nur im Zuge einer rechtlichen Auseinandersetzung geklärt werden. Darauf wird sich kaum ein Mittelständler einlassen. In Deutschland bleibt die 60-Tage-Regel damit ein Papiertiger, der große Handelsketten nicht daran hindert, mittelständischen Lieferanten lange Zahlungsziele abzupressen. Neu ist in diesem Zusammenhang das Verbandsklagerecht, das es Unternehmensverbänden ermöglicht, grob nachteilige Vertragsklauseln behördlich oder gerichtlich unterbinden zu lassen. Andere Mitgliedstaaten ergreifen rigorosere Maßnahmen, um die Zahlungsmoral zu heben. In Frankreich ist eine maximale Zahlungsfrist von 60 Tagen bzw. von 45 Tagen ab Monatsende gesetzlich vorgeschrieben, außerdem ein Verzugszinssatz von 10 Punk­ten über dem Leitzins. Unternehmen und Verbände bewerten den Staatseingriff positiv: Er beschneide zwar die Vertragsfreiheit, doch verhelfe er Mittelständlern zu ihrem Geld. Spürbare Auswirkungen stehen in EU-Ländern bevor, in denen bislang deutlich längere Zahlungsziele gebräuchlich sind wie etwa in Italien, oder in denen es keine so weite Regelung zum Verzugsschaden gibt wie z. B. in Großbritannien.

Gründe für Zahlungsverzug (in Prozent) 100 50 0

91 Schuldner in finanziellen Schwierigkeiten

87 Mutwilliger Zahlungsverzug

15 Administrative Leistungsschwäche Kunde

6 Streitigkeiten hinsichtl. gelieferter Ware/Dienstleistung

Quelle: Intrum Justitia European Payment Index 2015 / Ergebnisse Deutschland

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Aus Zahlungsverzug resultierende Insolvenzen führten nach Angaben der EU-Kommission bereits zum europaweiten Verlust von einer halben Million Arbeitsplätzen. 75 Prozent der deutschen Unternehmen glauben, dass bei kürzerer Zahlungsfrist mehr Mitarbeiter eingestellt werden könnten. Ein Drittel aller Unternehmen gibt an, aufgrund von nicht fristgerechter Bezahlung und Zahlungsausfällen keine neuen Mitarbeiter einstellen zu können, ein Viertel der Firmen muss deswegen sogar über Entlassungen nachdenken.


Auch „ähnliches“ Design kann zur Rufausbeutung führen Nach einer Entscheidung des OLG Frankfurt a. M. kann eine Ausnutzung der Wertschätzung einer Marke auch dann gegeben sein, wenn Kunden nicht über die tatsächliche Marke ge­täuscht werden (Urteil v. 11.06.2015, Az. 6 U 73/14). Im vorliegenden Fall hatte Longchamp von der Beklagten gefordert, die Nachahmung von ihr verwendeter Taschendesigns zu unterlassen. Das Design verwendet Longchamp seit Mitte der neunziger Jahre. Die Beklagte hatte sich damit verteidigt, dass es aufgrund einer Vielzahl ähnlicher Taschen im Markt zu einer Verwässerung der Taschenform gekommen sei. Das Gericht entschied, dass die Taschen der Klägerin eine werbliche Eigenart besitzen, und konnte eine „Verwässerung“ nicht nachvollziehen. Die Beklagte habe selbst vorgetragen, dass der Verkehr noch zwischen den originalen Taschen und Nachahmungen unterscheide. Durch die Verwendung des Designs, das an die Taschen der Klägerin angelehnt sei, liege eine unangemessene Ausnutzung der Wertschätzung vor (§ 4 Nr. 9 lit. b 1. Fall). Hierfür sei es nicht erforderlich, dass es zu einer Verwechslung durch den Verkehr komme. Es sei nicht nur ein Schutz vor identischen Produkten gegeben, sondern es reiche, dass ein Transfer von Güte oder Qualität vom Produkt der Klägerin auf das der Beklagten erfolge. Hierfür reiche die Annäherung an das Design der Klägerin aus.

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Mehr dazu unter www.wettbewerbszentrale.de

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Trittbrettfahrer unerwünscht

Echt oder gefälscht?! Beim Design- und Markenklau gibt es keine Entwarnung: Ein aktueller Bericht des EU-Harmonisierungsamtes für den Binnenmarkt (OHMI) beziffert die Kosten geistiger Schutzrechtsverletzungen im Bereich Textil und Mode auf jährlich 26 Milliarden Euro. Nach Schätzung des Amtes gehen in der EU dadurch rund 500 000 Arbeitsplätze verloren. Für kleinere Firmen kann das Abkupfern ihrer Entwicklungen sogar das völlige Aus bedeuten. Auf die katastrophalen Folgen von Markenund Designklau hat die Branche in Berlin und Brüssel immer wieder hingewiesen. Kreativität und Innovation gehören schließlich zu ihren wichtigsten Trümpfen. Und immerhin leiden nicht nur Firmen und ihre Mitarbeiter: Dem Fiskus entgehen Einnahmen von ca. 8,1 Mrd. Euro pro Jahr. Zwar unterstützt die Politik inzwischen die Opfer geistigen Diebstahls, sich besser zu schützen. Gegen die Täter wird indessen wenig unternommen. Oft agieren sie vom Ausland aus oder nutzen die Schnelligkeit, Reichweite und Anonymität von Online-Plattformen. Das EUParlament fordert nun von der EU-Kommission Abhilfe durch eine modernere Gesetzgebung und effektivere Kampagnen. Hoffentlich wird der Ruf gehört. Der komplette OHMI-Bericht kann unter www.gesamtmasche.de/news abgerufen werden.

Marke

Gesetz

Fake

Qualität

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Hochwertige Spezialgarn-Lösungen Zwickauer Kammgarn GmbH

UNTERNEHMEN Die Zwickauer Kammgarn GmbH, kurz ZKS, mit Sitz in Wilkau-Haßlau bei Zwickau ist ein führender Hersteller von Spezialgarnen für die Bereiche Mobility, Workwear, TecTex, HomeTex und Fashion. Gegründet 1835, erwirtschaftet die Spinnerei einen Umsatz von 29 Millionen Euro. Jährlich fließen 2 000 Tonnen ZKS-Garn in Textilprodukte weltweit. Die Hälfte der Produktion wird im Ausland abgesetzt. Die beiden Produktionsstätten der ZKS befinden sich in Wilkau-Haßlau sowie im tschechischen Miletin.

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ie Zwickauer Kammgarn GmbH, kurz ZKS, entwickelt und produziert hochwertige und innovative Garne aus verschiedensten Fasern. „Wir sehen uns als ganzheitliches Kompetenzcenter für den Bereich der Web- und Strickgarne, weil wir gemeinsam mit unseren Kunden, Lieferanten und Maschinenherstellern Garne entwickeln und produzieren – vom ersten Schritt bis zum fertigen Produkt“, fasst ZKS-Vertriebsleiterin Beate Wilms das Zwickauer Erfolgsrezept zusammen. „Stetiger Austausch mit dem Kunden ist für uns das A & O für Innovation und Optimierung.“ Die ZKS gehört zur inhabergeführten Peppermint Gruppe, deren Unternehmen fast die komplette textile Wertschöpfungskette abdecken. Hand in Hand entwickeln, produzieren und veredeln ZKS, Ertex Jacquard und Color Textil – von der Faser bis zum ausgerüsteten Gewebe − innovative Textilien für unterschiedlichste Anwendungen. Peppermint erwirtschaftet an sechs Standorten in Europa, davon vier in Deutschland, mit rund 750 Mitarbeitern einen weltweiten Umsatz von ca. 90 Millionen Euro im Jahr. Als Spezialist in Lang- und Kurzstapel-Spinnerei (50-60 mm) bietet die ZKS eine breite Palette modernster Spinn-Technologien – stabil und elastisch – sowie eine eigene Färberei für fast alle Rohmaterialien. Das Angebot reicht von klassischen Woll- und Wollmischgarnen bis zu High-Tech-Garnen mit klar

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definierten Anforderungsprofilen für den zielgerichteten Einsatz im Produkt. Dabei setzt die ZKS auf starke Partnerschaften entlang der textilen Kette: in den Bereichen Rohstoffe und Maschinentechnologie genauso wie mit den Kunden. „Das eröffnet uns immer wieder neue Wege“, erklärt Wilms die Strategie, sich über die Wertschöpfungsstufen hinweg zu vernetzen. So ist es der Spinnerei gelungen, neben dem traditionellen Standbein Mode das Feld technischer Anwendungsmöglichkeiten auszubauen und das Spektrum der eingesetzten Fasern zu erweitern. Das Resultat ist die Kreation immer neuer Garnqualitäten und Spezialentwicklungen in enger Kooperation mit Kunden und Lieferanten. „Wichtig ist dabei auch Schnelligkeit, gerade bei uns am Anfang der Produktionskette“, meint Wilms. Muster würden kurzfristig erstellt und die Implementierung in die Produktion rasch vorangetrieben.

MOBILITÄTS-LÖSUNGEN Im Bereich Mobility kommen ZKS-Garne in Geweben für Bus, Bahn, Flugzeug und Automobil zum Einsatz. Diese Anwendungen erfordern besondere Langlebigkeit, Scheuerfestigkeit, Lichtbeständigkeit, Farbechtheit und Schwerentflammbarkeit der Gewebe. ZKSGarne finden sich z. B. in Flugzeugsitzen bei Lufthansa und Emirates Airline oder in den Sitzen von Mercedes-Benz.

INTELLIGENTE HIGHTEX-ANWENDUNGEN Flammhemmende Garne für den Objektbereich aus Wolle oder intelligenten Mischungen, die auf Fasern mit inkorporiertem Flammschutz basieren, schlagen eine Brücke vom klassischen HomeTex-Bereich zur technisch optimierten HighTex-Anwendung. Auch feuchte- und wärmeregulierende Garne für Sitzmöbel und Theater- und Kinoausstattung hat die ZKS im Sortiment. Daneben werden kundenspezifische Spezialentwicklungen angeboten. Möbelhersteller wie Vitra, Rolf Benz und Thonet setzen ZKS Garne in ihren Bezugsstoffen ein.

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FASHION „Egal ob Strick- oder Webgarne, mit unseren Garnen sind Sie immer im Trend“, lautet das Versprechen der ZKS. Neue Ideen zu entwickeln und voranzutreiben, steht dabei im Mittelpunkt. Ausschlaggebend dafür ist innovative Produktions­­technik. Mit der vollautomatisierten Horizontal-Färbeanlage können Garnlösungen individuell gefärbt werden. Die Ergebnisse sind bei Unternehmen wie Boss, Dressler, Basler und weiteren namenhaften Modemarken gefragt.

„Nachhaltigkeit ist Ausdruck unternehmerischer Verantwortung. Gesellschaftlich und ökologisch nachhaltiges Wirtschaften gehört zu den Kernwerten der Peppermint-Unternehmensgruppe. Deshalb lassen wir uns anspruchsvoll zertifizieren und sind Mitglied im Bündnis für nachhaltige Textilien.“

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Ingeborg Neumann, Geschäftsführerin der Peppermint Holding und Präsidentin des Gesamtverbandes textil+mode


„Wir beschäftigen uns vom ersten Entwicklungsschritt bis hin zum Fertigprodukt mit den Anforderungen unserer Kunden. Auf diese Art und Weise schaffen wir komplexe Lösungen, die über die Schritte im eigenen Haus hinausreichen.“ Beate Wilms, Leiterin Vertrieb der ZKS

Mit der vollautomatisierten Horizontal-Färbeanlage können Garnlösungen individuell gefärbt werden. Dazu kommt eine breite Palette von Ausrüstungen mit unterschiedlichsten Funktionen, darunter auch die flammhemmende Ausrüstung speziell für die Mobility-Garne. In der Färberei spielt der schonende Umgang mit der Umwelt eine wichtige Rolle. Hier zeigt die ZKS besonderes Engagement und bietet GOTS- und IVN-zertifizierte Färbungen. Darüber hinaus ist das Unternehmen bluesign® system partner. Die ZKS-Spinntechnologien umfassen die Faserverarbeitung sowohl im Lang- als auch im Kurzstapelbereich mit Garnfeinheiten von Nm 12 bis 120. Neben Einfachgarnen und Zwirnen werden auch Core-Garne, Doppeldraht-Zwirne und SirospunProdukte in stabilen und elastischen Qualitäten geboten. Das Kammgarn im Namen der ZKS unterstreicht den traditionellen Schwerpunkt der Spinnerei im Wollbereich. Auch heute noch basieren rund 60 Prozent der eingesetzten Rohstoffe auf Wolle. Daneben haben längst eine große Anzahl chemischer Fasern in die Produktion Einzug gehalten: z. B. Spezialfasern mit technischer Funktion wie hochreißfestes Polyester und Polyamid, Meta- und Para-Aramide, weitere schwer entflammbare Fasern Viscose FR und Pyrotex, antistatische Fasern und Filamente. Es bestehen entsprechende Partnerschaften mit Faserherstellern wie Kermel, Kaneca, Lenzing, Trevira, Grisuten, Pyrotex, Teijin, Invista, Ascend und KB Seiren.

WORKWEAR – FUNKTIONELL UND ANSPRECHEND Für den Einsatz Schutzbekleidung (PSA) werden Funktionsgarne für High-TechGewebe entwickelt und produziert, die den internationalen Normen für Wetter-, Thermo-, Chemikalien-, Hitze- und Warnschutz entsprechen sowie die international geforderten Schutzkriterien bei Schweißen und Störlichtbögen erfüllen. Gleichzeitig kommt die Mode ins Spiel und vermischt ästhetische mit technischen Anforderungen. Zudem sind Sicherheitsnormen zu berücksichtigen. Einsatzbereiche entsprechender Gewebe sind öffentliche Beschaffungsstellen, Schutztextilien, industrieller Arbeitsschutz, Textilien für Feuerwehr, Polizei, Behörden, Fluggesellschaften, Bahn, Verkehrsbetriebe und Dienstleistungsunternehmen.

KONTAKT Zwickauer Kammgarn GmbH eate Wilms, Head of Sales B Telefon.: +49 37603 525 280 b.wilms@zks-kammgarn.de www.peppermint-holding.de/zks

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Kennzeichnung im Fokus Workshop bei Marc Cain

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as Thema Kennzeichnung hat weiter Konjunktur: Gut 30 Kennzeichnungs­ interessierte trafen sich Ende Juni zum jährlichen Workshop Textilkennzeichnung, von Gesamtmasche und Südwesttextil, um sich über Fragen rund ums Etikett auszutauschen. Bereits die Location begeisterte – beim gastgebenden Unternehmen Marc Cain in Bodelshausen durften die Teilnehmer dort über Baumwolle, Herstelleradressen und Pflegehinweise diskutieren, wo sonst die neuen Kreationen des Premium-Herstellers auf dem Laufsteg präsentiert werden. „Nichts geht über die Diskussion praktischer Fälle“, ist sich Silvia Jungbauer sicher, die zu verschiedenen Aspekten der Kennzeichnung referierte. „Kein Produkt ist wie das andere. Wechselnde Kollektionen und neue Zielmärkte bedeuten, dass die Produktkennzeichnung ständig auf den aktuellen Stand gebracht werden muss.“ Der elektronische Handel, ob über Plattformen oder in eigenen Markenshops, gewinnt immer größere Bedeutung. In Online-Shops ist die Kennzeichnung besonders exponiert. Rechtsanwältin Gabriele Bernhardt von der Wettbewerbszentrale Stuttgart rät bei der E-Shop-Gestaltung unter anderem zu übersichtlicher und leicht auf­findbarer Darstellung insbesondere der Rohstoffkennzeichnung: „Wer bei einer Produktabbildung auf einen Detail-Button klickt, muss sich auch gleich über die Materialzusammensetzung informieren können. Aktuelle Gerichtsentscheidungen verlangen sogar einen Hinweis im

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Warenkorb, da das verwendete Material als wesentliche Produkteigenschaft angesehen wird – genauso wie Farbe oder Größe.“ Kunden korrekt und verständlich informieren, wollen wohl alle Unternehmen. Doch die gesetzlichen Bestimmungen dazu erscheinen zuweilen weder wirtschafts- noch verbraucherfreundlich. Wer sich aber nicht an die Vorgaben hält, riskiert schnell Bußgelder, Abmahnungen durch Wettbewerber oder Kundenbeschwerden. Der Trend zu unnötig strikten Kundenanforderungen im Bereich Labelling hat sich bereits etabliert. Dazu gehört die Übersetzung in die Sprache von nicht bedienten Absatzmärkten genauso wie die Forderung, Etiketten in jedem Fall einzunähen. „Die Gesetzgebung ist schon streng genug“, meint Jungbauer und warnt: „Übererfüllung wird irgendwann zum Standard.“ Fazit: Nicht gleich ins Bockshorn jagen lassen. Dazu muss man allerdings gut informiert sein. Wer zum Experten-Austausch kommt und am verbandlichen Kompetenznetzwerk zur Textilkennzeichnung teilnimmt, hat in jedem Fall gute Karten.

Fragen an: Dipl.-Vw. Silvia Jungbauer Telefon: +49 711 21050-13 jungbauer@gesamtmasche.de


Matthias Behr, Geschäftsführer Beschaffung & Fertigung bei Marc Cain, erläuterte den Teilnehmern, wie Marc Cain die gesamte Beschaffungskette für den Endverbraucher transparent macht. Außenwirtschaftsexpertin Silvia Jungbauer und Rechtsantwältin Gabriele Bernhardt von der Wettbewerbszentrale gaben wertvolle Tipps aus der Praxis (v.l.n.r.).

„Made in“ wird wichtiger Das Thema Ursprungskennzeichnung ist für die Textilund Modewirtschaft so aktuell wie nie. Während sich Brüssel ein vertracktes Regelwerk für ein Zwangslabel ausdenkt, finden Anbieter individuelle Lösungen. Tatsächlich ist die „Made in“ für die Branche wichtiger denn je. Zumindest für diejenigen Firmen, die am Standort Europa oder gar überwiegend in Deutschland produzieren. Viele Konsumenten fühlen sich durch Waren aus heimischer Produktion angesprochen. Sie honorieren geografisch überschaubare Lieferketten und die Herstellung innerhalb des europäischen Rechtsraums. In der Maschenbranche ist das Stricken und Wirken am Standort Deutschland nach wie vor gängiges Konzept. Die Konfektion zur Fertigware erfolgt dann meist in europäischen Nachbarländern. Hier wird inzwischen häufig auf den freiwilligen Hinweis „Made in Europe“ oder „Made in EU“ zurückgegriffen. Viele sind damit aber nicht wirklich zufrieden und würden gerne ihre hohe Wertschöpfung in Deutschland stärker herausstellen. Diese liegt nicht selten zwischen 50 und 80 Prozent. Bei Marc Cain hat man deswegen eine mehrstufige Ursprungskennzeichnung konzipiert. Matthias Behr, Geschäftsführer Beschaffung & Fertigung des Damen­ modeherstellers, erklärt: „Marc Cain macht die gesamte Beschaffungskette für den Endverbraucher transparent. Dies gilt vom Garn- bzw. Materialeinsatz bis zum letzten wesentlichen Bearbeitungsschritt.“ In der Schweiz, wo man auf „Swissmade“ mindestens so stolz ist wie in Deutschland auf „Made in Germany“, soll das schweizerische Markengesetz in Kürze zum Thema „Swissness“ ergänzt werden. Die am Standort erbrachte Wertschöpfung spielt dabei eine zentrale Rolle.

Das „Made in“ ausländischer Waren wiederum kann entweder nach den schweizerischen Regeln oder nach den Regeln des Ursprungslandes bestimmt werden. Zugegeben, die „Swissness“-Kriterien erscheinen etwas bürokratisch. Zentral ist dabei, dass die „Made in“-Kennzeichnung auch weiterhin auf freiwilliger Basis erfolgt. Wer „Made in Switzerland“ als Gütesiegel benutzen möchte, muss zunächst gewissen Rechenaufwand betreiben, hat es aber mit klaren Regeln zu tun. So schön die Individualbehandlung des deutschen Wettbewerbsrechts ist, so hat sie doch durch den ungewissen Ausgang rechtlicher Überprüfungen für Unsicherheit bei den Unternehmen gesorgt. Vor allem aber mangelt es an Vergleichbarkeit der Kriterien auf europäischer Ebene. So ziehen andere EU-Staaten ganz einfach den zollrechtlichen Ursprung für die „Made in“-Kennzeichnung heran. Hier tut Harmonisierung dringend Not. Die am Standort erbrachte Wert­ schöpfung sollte dabei ein wesentliches, wenn auch nicht das einzige Kriterium sein. Funktionieren wird dies aber nur, wenn das Prinzip der Freiwilligkeit weiter aufrechterhalten wird. Ansonsten entsteht ein bürokratisches Monster mit hohen Kosten überall da, wo das Ursprungsland den Kunden schlichtweg nicht interessiert.

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Forschung Strick 4.0 – Revolution der Maschenindustrie

D

der Technologien und Prozesse zu erhöhen, um international wettbewerbsfähig zu bleiben. Die hohe Fragmentierung der textilen Wertschöpfungskette verlangt nach Lösungen zur Koordinierung der Produktionsprozesse.

Bei einer Umfrage unter deutschen Textilmaschinenbauern und Textilproduzenten sehen die Befragten Herausforderungen bei der Umsetzung von Industrie 4.0 vor allem in Bezug auf standardisierte Prozesse, Prozess- und Arbeitsorganisation, den Schutz von firmeneigenem Know-How und den Fachkräftemangel. Dabei wird es für die deutsche Textilbranche immer wichtiger, den Automatisierungsgrad

Vernetzung mit vorgelagerten Prozessschritten: Die Smarte Spule Die Radio-Frequency Identification (RFID)-Technologie bietet in Bezug auf die Industrie 4.0-Initiative hohes Potential. Mithilfe der RFID-Technologie können Prozess- und Produktdaten drahtlos übertragen werden, sodass einzelne Teilprozesse sich autonom aufeinander abstimmen. Arbeiten am ITA haben gezeigt, dass es bereits möglich ist, Fehlstellen im Stapelfasergarn, die während des Spinnprozesses auftreten, mithilfe der in der Spinnmaschine integrierten Sensorik zu detektieren und ihre Position entlang der Garnlauflänge auf dem RFID-Chip zu speichern. Der RFIDTransponder wird in die Garnspule geklebt und zur Weboder Strickmaschine transportiert. Befindet sich die Smarte Spule an der produzierenden Maschine, werden mithilfe einer RFID-Antenne die gespeicherten Informationen an eine speicherprogrammierbare Steuerung der Maschine gesendet. Dem ITA ist es gelungen, die Geschwindigkeit des Verarbeitungsprozesses online dem Garnzustand anzupassen. Die Ausarbeitung dieses Konzeptes wurde mit einem Preis der Wilhelm-Lorsch Stiftung geehrt.

as Schlagwort „Industrie 4.0“ ist in aller Munde. Auch die Maschenbranche steht auf der Schwelle zur vierten industriellen Revolution. Die erste industrielle Revolution bestand in der Mechanisierung mit Wasser- und Dampfkraft. Darauf folgte die zweite industrielle Revolution: Massenfertigung mithilfe von Fließbändern und elektrischer Energie. Als dritte industrielle Revolution gilt der radikale Fortschritt in der Automatisierung von Produkten und Produktion durch den Einsatz der speicherprogrammierbaren Steuerung (SPS) ab der Mitte der Siebzigerjahre. Heute wird – als vierte Revolution – eine Interaktion zwischen physikalischer und virtueller Welt beobachtet. Die Vernetzung einzelner Teilprozesse zu einem gesamtheitlichen, autonomen Prozess speziell in der textilen Fertigung ist Forschungsgebiet des Instituts für Textiltechnik der RWTH Aachen University (ITA). Das ITA will die Eintrittsbarrieren für die Industrie 4.0-Implementierung in der Textilbranche vor allem für kleine und mittlere Unternehmen verringern.

1969 Erster Programmierbarer Logischer Controller 1870 Erster Fließbandfertigung

4. Industrielle Revolution Basiert auf Cyberphysikalischen Systemen

1784 Erster mechanischer Webstuhl

3. Industrielle Revolution

Komplexität

Elektronik und IT werden verwendet um fortgeschittene Automatisierung zu erreichen

2. Industrielle Revolution Folgt der Entwicklung von elektrisch angetriebender Massenproduktion nach dem Prinzip der Arbeitsteilung

1. Industrielle Revolution Folgt der Entwicklung von wasser- und dampfbetriebenen Fabrikanlagen

Ende 19. Jh. Zeit

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Anfang 20. Jh.

1970er

heute

Die Informationsübertragung mittels RFID-Technologie wendet das ITA auch auf die Großrundstricktechnologie an: Ziel ist, dass die Strickmaschinensteuerung die Materialien der im Spulengatter befindlichen Spulen erkennt und die Strickgeschwindigkeit sowie die zugehörige Fadenspannung den Garneigenschaften entsprechend einstellt. Somit können die Einstellzeiten der Großrundstrickmaschine bei Muster- und Materialwechsel wesentlich verkürzt werden. Die Produktion kann flexibler auf Produktwechsel reagieren. In Zeiten des demografischen Wandels und des Fachkräftemangels helfen solche Systeme des Informationstransfers, die Wettbewerbsfähigkeit deutscher Textilproduzenten zu steigern.


Fadenführung

Intelligente Spule

Fournisseure

Garn

Abbildung 2: Die Smarte Spule – Konzept der RFIDTechnologie für den Strickprozess Fotos: Institut für Textiltechnik (ITA)

Gestrick RFID-Chip

Gatter

Soft SPS

Warneabzug

RFID-Antenne

Mensch und Maschine: Augmented Reality (AR) für die Stricktechnik Die Gestaltung der Mensch-Maschinen-Schnittstelle (HMI) unter Nutzung von Augmented Reality (AR)-basierten Assistenzsystemen ist ebenso ein Forschungsthema am ITA im Rahmen der Industrie 4.0. Die Bedienung textiler Prozesse, darunter auch den Umrüstungsprozess einer Strickmaschine, erfolgt nach bedienerabhängiger Erfahrung. Vor allem in Zeiten des Mangels an Maschinenführern in Deutschland wird es immer wichtiger, dieses Prozesswissen zu systematisieren und neuen Mitarbeitern Hilfestellungen bei der Maschinenbedienung zu geben. Ziel des ITA ist es, gemeinsam mit Maschenunternehmen und mithilfe von AR-Technologie Unterstützungssysteme für den Textilmaschinenführer zu entwickeln. Diese Assistenzsysteme können in der Logistik, in der Produktion sowie für Wartungsarbeiten eingesetzt werden. Für die Weberei hat das ITA bereits eine AR-basierte mobile App für Smartphones, Tablet-PCs und Datenbrillen entwickelt: Sobald die Sensorik der Webmaschine einen Schussbruch identifiziert

hat, kann der Weber die Stelle des Schussbruches mit seinem mobilen Endgerät fokussieren. Der Weber erhält AR-basierte Assistenz, die ihn bei der Abarbeitung der eingeblendeten Instruktionen unterstützt. Bildverarbeitung in der Textiltechnik – Chancen für die Stricktechnologie Mit dem AiF-Projekt „Onloom-Imaging“ gelang dem ITA die Integration eines hochauflösenden Online-Messsystems in eine Webmaschine. Das System entdeckt Gewebefehler über Prozessparametervariationen auf Filamentebene (Fadenstärke). Das ITA plant, die Online-Integration hochauflösender, optischer Messtechnik auch auf die Strick- und Wirktechnologie zu übertragen. Bislang werden die Gestrickeigenschaften in Großrundstrickmaschinen subjektiv optisch bewertet. Echtzeitfähige Online-Messsysteme könnten die Güte der Eigenschaften objektivieren und quantifizieren. Dadurch wird die zeitliche Differenz zwischen Fehlerentstehung und -erkennung im Vergleich zur derzeitigen nachgelagerten Warenschau reduziert.

Das Institut für Textil­ technik der RWTH Aachen University (ITA)

KONTAKT ITA-Bereich Maschentechnik: ipl.-Wirt.-Ing. Kristina Simonis D Telefon: +49 241 8023465 Kristina.Simonis@ita.rwth-aachen.de djunct Prof. Dr.-Ing. Yves-Simon Gloy A Telefon: +49 241 8023470 Yves.Gloy@ita.rwth-aachen.de

Das Institut für Textiltechnik (ITA) gehört zu den TOP5Instituten der Elite-Univer­ sität RWTH Aachen. Verbunden mit dem Institut ist der Lehrstuhl für Textiltechnik im Maschinenbau. Das Institut wird von Univ.-Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirt. Ing. Thomas Gries geleitet. Schwerpunkte des Institutes liegen in den Bereichen Maschinenbau und textile Verfahrenstechnik, Polymertechnik und Hochleistungsfaserwerkstoffe, Textiles Preforming und Faserverbunde, Medizintechnik, Smart Textiles und Fügetechnologie sowie in der Simulations- und Messtechnik.

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Freihandel mit Vietnam – Pakt ungleicher Partner Bevölkerung

92 Mio. (Juli 2014)

Altersmedian

29,2 Jahre

BIP-Wachstum

6,0 % 6,0 % 5,8 %

2014

2015

22 Mrd. US-Dollar Textil-/Bekleidungseinfuhr

11,3 Mrd. US-Dollar Quellen: gtai, WTO, CIA

© fisfra - Fotolia.com

2016

Textil-/Bekleidungs­ausfuhr

A

nfang August haben die Europäische Union und Vietnam sich auf die Eckpunkte eines Freihandels­ abkommens geeinigt. EU-Handelskommissarin Malström spricht vom Abbau fast aller Handelsbarrieren. Das Abkommen soll bis zum Jahresende unterschriftsreif sein und könnte schon Ende 2017 in Kraft treten. Vietnam gehört zu den größten Textil- und Schuhexporteuren weltweit. Deutsche Modefirmen und Händler nutzen das Land längst als Beschaffungsalternative zu China. Laut Malström profitieren auch Exporteure „vom verbesserten Zugang zu einem schnell wachsenden Markt in einer der dynamischsten Wirtschaftsregionen der Welt“. Tatsächlich könnte das Land langfristig zu einem interessanten Absatzmarkt für Markenmode und technische Textilien avancieren. In den letzten fünf Jahren ist der vietnamesische Einzelhandelsumsatz mit Mode und Schuhen um rund 80 Prozent auf heute rund 2,9 Mrd. US-Dollar gestiegen. Innerhalb der nächsten fünf Jahre wird ein Zuwachs

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um weitere 90 Prozent erwartet. Doch damit gibt der statistische Durchschnittsvietnamese auch zum Ende des Jahrzehnts nur ein Drittel dessen für Mode aus, was der Durchschnittschinese bereits heute aufwendet. Und die Zukunft als Montagestandort mit hoher Nachfrage nach Teilen aus dem Ausland ist ungewiss, wenn die exorbitant hohen Zölle auf Autos und technisches Gerät erst fallen. In Sachen Vietnam sind für die EU-Kommission womöglich weder direkte Exportchancen noch preisgünstige Importe der entscheidende Faktor. Ihr geht es um eine Strategie für die gesamte ASEAN. Der Freihandelsblock, der inzwischen ein Abkommen mit China unterhält, entwickelt sich wirtschaftlich gesund und ist schon heute ein interessanter Absatzmarkt. Länder wie Japan und Indien könnten bald weitere potente Partner dieses Netzwerks sein. Schon heute konzentrieren sich die Handelsströme der Welt innerhalb der Region Ost- und Südostasien. Doch in Richtung Westen pflegt die ASEAN hohe Zugangshürden


und wenig Verhandlungsbereitschaft. So muss die EU mit jedem Teilnehmerstaat einzeln verhandeln. Den Anfang machte das kleine, hochentwickelte Singapur. Jetzt folgt Vietnam mit seinen 92 Millionen Menschen und Pro-KopfEinkommen auf indischem Niveau. Zollfreier Zugang zu Europa ist für Vietnam ein entscheidender Wettbewerbsvorteil. Bislang gilt für vietnamesische Bekleidungsimporte ein Zollsatz von 12 Prozent, bei Inanspruchnahme des Allgemeinen Präferenzsystems für Entwicklungsländer 9,6 Prozent. Noch bremsen restriktive Ursprungsregeln den Warenfluss. Denn für textile Fertigwaren gilt meist die Bedingung „Weben und Konfektion“ oder „Stricken und Konfektion“, um Zollfreiheit zu erhalten. Der erlaubte Einsatz südkoreanischen Vormaterials hilft da nur bedingt. Doch Vietnam rüstet seine Vorstufen auf, auch mit Geld und Knowhow aus China und Indien. Bald könnten vietnamesische Waren leichter zollfrei in die EU gelangen als deutsche Waren in die Schweiz.

Deutsche Textil- und Bekleidungseinfuhr aus Vietnam (Mio. Euro) 1200 1000 800 600 400 200 0 2010

2011

2012

Einfuhr Textil/Bekleidung

2013

2014

2015*

Davon: Masche

Quellen: Destatis und das-datenportal.de

Dass Brüssel für EU-Hersteller schlechtere Konditionen aushandelt als für Importeure, stößt vielerorts auf Unverständnis. Unbehagen gibt es auch wegen mangelhafter Arbeits- und Sozialstandards. Während ausländisch investierte Betriebe entsprechende Vorschriften einhielten, böten Firmen in lokaler Hand häufig kein sicheres Arbeits­umfeld, heißt es selbstkritisch von der vietnamesischen Regierung, die derzeit medienwirksam Fabriken inspiziert. Freihandel auf Augenhöhe? Die nächsten beiden Jahre werden zeigen, wie ernst das Thema tatsächlich genommen wird. 2014 hat Deutschland Textilien und Bekleidung im Wert von über 890 Mio. Euro importiert, davon ein Fünftel Maschenwaren. Die Ausfuhr betrug knapp 70 Mio. Euro, darunter Maschenwaren im Wert von über 30 Mio. Euro. Vietnam hat ebenfalls FTAs mit der EFTA, Südkorea und der Eurasischen Zollunion (Russland, Belarus, Kasachstan) ausgehandelt und verhandelt über einen Beitritt zur Trans-Pacific Strategic Economic Partnership (TTP).

Die Europäische Union liberalisiert die Einfuhr für über 99 Prozent aller vietnamesischen Waren. Für einige Textil- und Bekleidungswaren, die als sensibel eingestuft werden, baut die EU ihre Zölle schrittweise innerhalb von 7 Jahren ab. Vietnam schafft für 65 Prozent seiner Güter die Zölle bereits bei Inkrafttreten des FTA ab. Dazu gehören auch sämtliche Maschenstoffe und Gewebe. Die restlichen Zölle gegenüber der EU will Vietnam innerhalb von 10 Jahren vollständig liberalisieren.

Fragen an: Dipl.-Vw. Silvia Jungbauer Telefon: +49 711 21050-13 jungbauer@gesamtmasche.de

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Modemarkt Iran Der Fall der Sanktionen gegenüber dem Iran ist eine Frage der Zeit. Investoren und Exporteure geben sich in Teheran bereits die Klinke in die Hand. Der Modehandel wächst real um 4 bis 5 Prozent pro Jahr. Westliche Marken profitieren bald besonders.

W

enn die Finanzsanktionen nächstes Jahr fallen, tut sich für den textilen Mittelstand ein interessanter Exportmarkt auf. Nicht nur im technischen Bereich gibt es Chancen: Experten halten die Chancen im Mode-Retail für enorm. Verschärfte Sanktionen seit 2010, darunter das EU-Ölembargo, hatten die iranische Wirtschaft zuletzt arg gebeutelt. Nachdem die Öleinnahmen wieder sprudeln, geht es aufwärts. 2015 werden im organisierten iranischen Mode-Retail schätzungsweise 5,2 Mrd. Euro umgesetzt. Innerhalb von fünf Jahren soll der Modeabsatz um ein Fünftel wachsen. Das dynamischste Marktsegment ist dabei Kinderbekleidung (+27,5 Prozent bis 2019), gefolgt von Herrenmode, Wäsche, Accessoires und Damenbekleidung.

Modemarkt Iran: Prognose Retail-Umsatz (Reales Wachstum, zu Preisen von 2014, Mrd. Euro) 3 2,5 2 1,5 1 0,5 0 2015 Damen

2016 Herren

2017 Kinder

2018

2019

Wäsche

Quelle: Euromonitor International

Das könnte sich bald ändern. Trotz jahrelanger Sanktionen schätzt der IWF das jährliche Pro-Kopf-Einkommen im Iran auf ca. 16 500 US-Dollar pro Jahr. Damit hat der iranische Durchschnittskonsument mehr in der Tasche als die Käufer in den Schwellenländern Brasilien, China, Indien oder Südafrika. Der iranische Mittelstand kauft mode-, marken- und qualitätsbewusst und ist gut über internationale Trends informiert. Teure Marken sind als Statussymbol wichtig. Der Preis für westliche Markenware, die deutlich teurer ist als im Ausland, wird dabei buchstäblich in Kauf genommen. In Sachen werblicher Darstellung müssen sich Iran-Interessierte anpassen: Entweder ist der islamische Dress-Code einzuhalten, oder die Kleidung wird einfach ohne Model präsentiert.

Silvia Jungbauer

© Borna_Mir - Fotolia.com

In den Großstädten bekommen traditionelle Bazare und der nicht-organisierte Einzelhandel Konkurrenz von westlich geprägten Einkaufszentren. Auch wenn die Shopping Malls aussehen wie Einzelhandelszentren überall auf der Welt, sind die Marken, die es darin zu kaufen gibt, auf Umwegen in den Iran gelangt – über Händler in der Türkei oder in den Golfstaaten. Die Stores haben zu den Marken keine Verbindung. Dabei werden westliche Modemarken keineswegs am Irangeschäft gehindert. Doch reguläre Geldtransfers sind aufgrund der Sanktionen beinahe unmöglich. Viele internationale Marken sehen den Grauimport, der sich ihrer Kontrolle entzieht, mit Unbehagen. Derzeit betreiben nur wenige europäische Brands eigene Shops im Iran, darunter Mango, Benetton und Escada.

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„mini-me“-Fashion Kindermode ist der Bereich der Bekleidungsbranche, der sich weltweit am dynamischsten entwickelt. 2014 wuchs das Segment stärker als alle anderen. Der Trend soll sich fortsetzen.

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Die stärksten Wachstumsimpulse kommen aus der Region Asien-Pazifik. Seit 2012 liegt sie – vor Westeuropa – auf Platz 1 der größten Absatzregionen für Kinderbekleidung und wächst weiter auf beeindruckendem Niveau. Trotz weltweit sinkender Geburtenraten erweist sich insbeson­ dere Kleidung für Babys und Kleinkinder als Wachstumstreiber. Sicherheitsbewusste Konsumenten konzentrieren sich auf Qualität. Außerdem wird in Schwellenländern vermehrt Neues gekauft, statt Altes von jüngeren Familienmitgliedern auftragen zu lassen. Die Märkte Westeuropas stagnieren und befinden sich bei geringen Geburtenraten, kombiniert mit niedrigen Preisen, auf einer Abwärtskurve. Dagegen hat die global sinkende Geburtenrate bis auf weiteres einen positiven Effekt: Höhere verfügbare Einkommen veranlassen Eltern zu großzügigeren Ausgaben, selbst bei geringer Nutzungsdauer. Auch Angehörige und Freunde schenken nach der Geburt eines Kindes gerne Bekleidung – eine Tradition, die in Schwellenländern wie Indien immer beliebter wird. Auch das weltweit steigende Durchschnittsalter werdender Micro Fashion: Trends bei Kinderbekleidung Bevölkerungsgröße nach Altersgruppe 2014 (Population, Millionen)

Foto: © rasstock – Fotolia.com

it Kinderbekleidung wurden 2014 weltweit rund 160 Mrd. US-Dollar umgesetzt. Das entspricht 12 Prozent des globalen Modemarktes. Bis zum Ende des Jahrzehnts erwarten die Experten von Euromonitor in ihrem neuesten Bericht ein jährliches Durchschnittswachstum weltweit von real 3 Prozent.

Mütter beeinflusst die Ausgaben positiv: „Spätere“ Familien sind wirtschaftlich etablierter und verfügen meist über ein höheres Haushaltseinkommen als jugendliche Eltern. Der Aufstieg von Social Media, der Einfluss von Celebrities und die wachsende Beliebtheit von „mini-me“-Fashion (Outfit der Eltern auch für die Kinder) macht Kindermode immer trendgesteuerter. Ketten wie H&M oder Zara haben in den vergangenen Jahren erfolgreich Erwachsenenmode auf ihre Kindersortimente transponiert. Luxusmarken wie Burberry oder Dolce & Gabanna treiben die Premiumisierung von Kindermode voran. Gleichzeitig erwarten Familien mit kleinem Zeitbudget zunehmend den Komfort nahtloser Integration von stationärem und Online-Handel.

Silvia Jungbauer

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Weltweiter Kinderbekleidungsmarkt 2014 (in US$ Mrd.) Wachstum 2014–2019 nach Kategorien 5 80

620

60

600

40

570

20

4 3 2

0

0 0–4 Jährige

Jungen 5 –14 Jahre

Mädchen 5 –14 Jahre

1 0 Baby und Kleinkind Jungenbekleidung Mädchenbekleidung Einzelhandelsumsatz 2014

CAGR (Compound annual growth rate) 2014–2019

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Außenwirtschaft Neues Zollrecht für die EU Seit Jahren arbeitet die Europäische Union an einem neuen Zollkodex. Das komplexe Vorhaben nimmt Gestalt an: Der neue Unionszollkodex, kurz UZK, wird ab 1. Mai 2016 anwendbar sein. Er warnt vor der Unübersichtlichkeit durch drei neue Rechtsakte, die zu jedem Sachverhalt parallel herange­ zogen werden müssten. Wichtige Änderungen – leider zum Negativen –

Tiefgreifende Veränderungen in den Zollprozessen der Unternehmen würde diese Reform mit sich bringen, unken Seminaranbieter seit langem. Tatsächlich besteht noch Unklarheit über Ausmaß und Auswirkung vieler Änderungen: Die Umsetzungsvorschriften sind noch immer nicht in trockenen Tüchern. Konkretisiert wird der UZK nämlich durch so genannte delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte. Deren letzter Entwurf ist erst Anfang Juli erschienen und weicht erheblich von den älteren Entwürfen ab. Der Zeitplan ist somit kaum mehr zu halten. Die schwinden­de Vorbereitungszeit schafft Unsicherheit bei den Wirtschaftsbeteiligten. Auch die Behör­den wissen nicht genau, was auf sie zukommt.

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Um den neuen UZK drehte sich auch alles beim 43. Jahrestreffen Zoll und Wirtschaft der IHK Region Stuttgart – bei entsprechend großer Besucher­ resonanz mit rund 150 Teilnehmern. Bernd Stadtler, Head of Customs bei Hugo Boss, gab als Hauptredner der Veranstaltung professionellen Einund Ausblick zum neuen Zollrecht.

sieht Stadtler in der Einführung komplizierter Listenregeln für alle Branchen zur Bestimmung des nicht-präferenziellen Ursprungs. Die für Textilien und Bekleidung schon heute bestehenden Listenregeln werden unnötig aufgebläht. Komplizierter und wirtschaftsfeindlicher wird das Zollwertrecht. So werden Lizenzgebühren

künftig dem Zollwert zugeschlagen, während Discounts wie Rabatte oder Skonti nur noch den Zollwert mindern, wenn Sie bis zur Annahme der Zoll­anmeldung angezeigt werden. „Es gibt viele Änderungen im Detail. Die Chance auf eine wirkliche Moder­ nisierung des Zollrechts ist aber vertan“, kritisiert Stadtler. Eine Ausweitung der Eigenkontrolle, wie anfangs geplant, sei im neuen UZK nicht einmal erwähnt, die Zentrale Zollabwicklung stehe an letzter Stelle des IT-Arbeits­programms. Wichtig für die Praxis ist vor allem, wie die Übergangsregelungen aus­ sehen und wie mit bestehenden Bewilligungen sowie verbindlichen Auskünften umgegangen wird. Am 15. September informieren die Spitzenverbände und das Bundesfinanzministerium die Wirtschaft auf einer zentralen Veranstaltung bei der IHK Region Stuttgart. Es ist fraglich, dass die Umsetzungsrechtsakte bis dahin verabschiedet sind. Für Anfang 2016 planen die Textil- und Bekleidungsverbände einen UZK-Infotag speziell für die Branche.

TTIP – digitale Informationsplattform Die deutsche Industrie hat eine digitale Informationsplattform zur Transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft (TTIP) zwischen den USA und der EU ins Leben gerufen. Der Gesamtverband textil+mode gehört zum Unterstützerkreis der Initiative des Bundesverbandes der Deutschen Industrie (BDI). Unter der URL http://industrieprottip.tumblr.com/ werden Informationen zu TTIP gebündelt und grafisch ansprechend sowie einfach formuliert zur Verfügung gestellt. Die Plattform erklärt Zusammenhänge und beantwortet die am häufigsten gestellten Fragen zu TTIP. Sie lädt dazu ein, sich sachlich mit dem Abkommen auseinanderzusetzen. Gleichzeitig zeigt sie die Vorteile und die Notwendigkeit des Handelsabkommens für Deutschland auf. Die Webseite hat den Charakter eines Blogs: Parallel zu aktuellen Ereignissen in Politik, Wirtschaft und Gesellschaft werden kontinuierlich neue Inhalte zur Verfügung gestellt und aktuelle Fragen beantwortet. Alle Nutzer sind dazu eingeladen, Fragen zu posten und damit die Debatte um TTIP weiter voranzutreiben.

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Wissenswertes Neues Baumwollfunktionsgarn Bis jetzt wurde Baumwolle nicht als eine Funktionsfaser angesehen. Neue technologi­sche Fortschritte ermöglichen es, aus Baum­wolle ein für Sport- und Aktivbekleidung bestens geeignetes Material herzustellen. Werden BeDry-Garne der Hermann Bühler AG, Sennhof/Schweiz, für die Stoff-Innenschicht verwendet, wird Feuchtigkeit von der Haut zur wasseraufnehmenden Außenschicht ge­leitet und dort auf der Oberfläche verteilt, so­dass sie schneller verdunsten kann. Das hält den Sportler trocken, er fühlt sich in seiner Haut wohl. BeDry zeichnet sich durch einen sehr guten und schnellen Feuchtigkeitstransport aus, womit die Haut während und auch nach der sportlichen Tätigkeit trocken bleibt. Die wasserabweisende BeDry-Faser bringt Eigen­schaften mit, die auch gute Synthesefasern übertrumpfen – sie leitet Feuchtigkeit ab, wird schnell trocken und vermindert das unange­nehme Kleben nasser Bekleidung auf der Haut.

Zusätzlich halten BeDry-Textilien im Ge­gensatz zu anderen neuartigen Technologien vielen Wäschen stand und sind für den Träger aber auch für die Umwelt unbedenklich. BeDryGarn eignet sich sehr gut für gestrickte oder gewebte Sportund Freizeitbekleidung, für Wäsche, Socken, Arbeitsbekleidung, hochwertige T-Shirts und Golf- und Tennis-Hemden. Das Garn wurde gemäß dem Oeko-Tex Stan­dard 100 zertifiziert. Es wird in Feinheiten von Nm 28-170 angeboten und aus der Extralangstapel-Baumwolle Supima mit einer Faserlänge von 34-38 mm nach dem Ring-, Compact- oder Royal-Spinnverfahren herge­stellt.

Die Norm EN 14682 legt Anforderungen an Kordeln und Zugbänder an Kinderbekleidung, einschließlich Karnevals- und Rollenkostüme sowie Skibekleidung, für Kinder bis zum Alter von 14 Jahren fest. Ausgenommen sind Schuhwaren, Handschuhe, Hüte, Mützen und Schals, Baby- und Kleinkindartikel wie z. B. Lätzchen oder Windeln und eine Reihe weiterer Waren. Die EU-Kommission hat die aktualisierte Fassung EN 14862:2014 zu Kordeln und Schnüren an Kinderkleidung als harmonisierten Standard im Rahmen der Allgemeinen EU-Richtlinie für Produktsicherheit angenommen. Die Entscheidung gilt ab 24.08.2015. Die Norm enthält sicherheitsrelevante Anforderungen gemäß Produktsicherheitsgesetz und ist daher bindend einzuhalten. Gegenüber der bisherigen Version wurden u. a. folgende Änderungen vorgenommen: • Neue Definition für verschiedene Arten von Gürteln • Neuer Absatz für Beutel und Täschchen • Verbesserte Bilder zur Darstellung der Anforderungen • Neue Definitionen für „am weitesten geöffnet“ , „flach ausgelegt“ und „gelockerter natürlicher Zustand“ • Berücksichtigung nicht an Säumen befindlicher Bänder

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Aktualisierte Norm für Kinderbekleidung

mtex+ 2016: Hightech-Textilien für viele Branchen Neues Messekonzept: Vom 31. Mai bis 2. Juni 2016 erweitert die sechste Textilfachmesse mtex+ in Chemnitz ihr Themenspektrum über die Mobiltextilien hinaus. Als „mtex+ - Internationale Messe für Technische Textilien“ präsentiert sie die ganze Bandbreite von Hightech-Textilien und positioniert sich unter dem Slogan „Discover highTEXTILES+ functions!“ als Entdecker-Messe für Produkt­ entwicklung, Prozessoptimierung, Networking und Wissenstransfer. Erwartet werden 110 Austeller und 8 000 Fachbesucher aus dem In- und Ausland. Neben der Verleihung des 2. Innovationspreises der Messe ist ein anwenderorientiertes Expertenforum zu Gesundheits-, Schutz-, Pflege- und Medizintextilien geplant. Wichtiger Bestandteil des Rahmenprogramms der mtex+ ist die erst­mals auf dem Messegelände am 31. Mai und 1. Juni 2016 stattfindende 15. Chemnitzer Textiltechnik-Tagung zum Thema „Textiltechnik als Schlüsseltechnologie der Zukunft“. Parallel findet auch die 4. Chemnitzer Leichtbaumesse LiMA mit anknüpfenden Themen wie Composites und textilbasierter Leichtbau statt. Weitere Infos unter www.mtexchemnitz.de und www.lima-chemnitz.de.

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Wissenswertes Körperverträgliche Textilien tragen das FKT Prüfsiegel Neu: Das FKT bietet Prüfung und Siegelnutzung jetzt auch unabhängig von einer Mitgliedschaft an.

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Die in Denkendorf ansässige Förder­ gemeinschaft Körperverträgliche Textilien e.V. (FKT) ist eine Gemeinschaft starker Partner aus der Textilund Bekleidungsindustrie, die sich für die Prüfung und Kennzeichnung körperverträglicher Textilien engagiert. Sie vergibt das Prüfsiegel „Medizinisch getestet – schadstoffgeprüft“, das verlässliche Qualitätsmerkmal für unabhängig geprüfte Textilien. Es kennzeichnet Textilien aus denen sich keine Chemikalien freisetzen, die die Haut T – SCHA E T S irritieren oder den DS TE T GE Menschen gesundheitlich schädigen können. Besonwww.fktev.eu Zertifikat ders Endkunden K-711-PK-15 sind durch die häufig in den LY O TE Medien thematiDF S R

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sierten Schadstoffvorkommen in Textilien verunsichert und verlangen nach mehr Sicherheit. Hersteller, Weiterverarbeiter oder Verwender hochwertiger körpernah getragener Textilien oder deren Vorstufen profitieren von der Beratungs- und Fachkompetenz der FKT. Zum Komplettpreis von 1.500 EUR (zzgl. MwSt.) erhalten interessierte Textilhersteller aus dem EU-Raum jetzt die Möglichkeit, ihr Produkt nach den FKT Prüfkriterien testen und zertifizieren zu lassen. Bei erfolgreich bestandener Prüfung kann das FKT-Prüfsiegel im Rahmen einer individuellen Konfor­mitätserklärung über einen Zeitraum von 14 Monaten genutzt werden. Von diesem Einstiegsangebot profitieren vor allem Unternehmen, die sich in einem ersten Schritt noch

nicht für eine Mitgliedschaft in der FKT entscheiden können oder möchten. Mit dem FKT-Prüfsiegel „Medizinisch getestet – schadstoffgeprüft“ beweisen hochrangige Hersteller sichtbar ihren Qualitäts- und Leistungsanspruch im hart umkämpften Markt.

Kontakt FKT - Fördergemeinschaft Körperverträgliche Textilien e. V. Kathrin Schramm Körschtalstr. 26 73770 Denkendorf Telefon +49 (0)711 9340-506 schramm@fktev.eu www.fktev.eu

ECHA veröffentlicht Restictions-Dossier für D4 und D5 Siloxane Das vereinigte Königreich (UK) schlägt vor, die Verwendung beider Siloxane EU-weit gesetzlich zu beschränken. Die beiden cyclischen Silikonverbindungen D4 und D5 (chemisch Octamethylcyclotetrasiloxan und Decamethylcyclopentasiloxan) sind laut Restriction-Dossier, langlebige Chemikalien, die sich in Organismen anreichern. Diese Bewertung als vPvB (very Persistent, very Bioaccumulative) bestätigte vor kurzem der Mitgliedstaatenausschuss der Europäischen Chemikalienagentur ECHA. Wegen der angeblich besonders besorgniserregenden Eigenschaften hält auch das Umweltbundesamt (UBA) eine Aufnahme von D4 und D5 in die REACH-Kandidatenliste für sinnvoll. Der GSC (Global Silicone Council) kommt, was die Persistenz und Bioakkumulation anbelangt, aufgrund eingehender Studien zu ganz anderen Ergebnissen. Im Internet wurde dazu die Plattform „Cyclosiloxan-Information Center“ vom GSC eingerichtet. Beide Verbindungen sind sehr wichtige Zwischenstufen bzw. Ausgangsstoffe für viele Silikonprodukte, die in den unterschiedlichsten Industriezweigen zur Anwendung kommen. Aufgrund der spezifischen Gegebenheiten in der Silikonchemie sind D4 und D5 daher auch in Zubereitungen und fertigen Erzeugnissen enthalten. Besonders D4 findet sich als Zusatz in verschiedenen Körperpflegeprodukten und darauf zielt das Restriction-Dossier zunächst spezifisch ab. Beide Zwischenprodukte sind auch für die Textilindustrie äußerst relevant und finden sich über Äquilibrierungsreaktionen, die zu spezifischen Silikonrohstoffen führen, u. a. in Faserpräparationen für Elasthanfasern, Entschäumern, Nähgarnavivagen, Weichgriffmittlen sowie Silikonelastomeren für die Airbagbeschichtung wieder. Daher haben das Dossier und die Einstufungen der ECHA bezüglich D4 und D5 auch für die Textilindustrie eine sehr große Bedeutung. Weitere Informationen zum Beschränkungsvorschlag für D4 und D5 finden sich auf der ECHA-Homepage: http://www. echa.europa.eu/en/web/guest/about-us/who-we-are/member-state-committee/opinions-of-the-msc-adopted-under-specific-echa-s-executive-director-requests

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KOMM IN DIE PUSCHEN. Die deutsche Textil- und Mode­ industrie wirbt mit Kurzfilmen und Komplettinfos um Auszubildende

Nach sechs erfolgreichen Jahren dreht GoTextile! – die Nachwuchskampagne der Textil- und Modeindustrie – nochmal so richtig auf. Hier die wesentlichen Neuerungen: Neuer Look und Responsive Design Die Webseite präsentiert sich im neuen Look. Die Seite ist moderner gestaltet und arbeitet mit neuen Kampag­nen­ motiven. Wesentliche technische Änderung ist ein Respon­ sive Design, das Seitenaufrufe auch auf mobilen Endgeräten optimal darstellt. Dadurch wird der Nutzerkomfort auf Smartphones und Tablets wesentlich größer. Eine neue Menüanordnung trägt dem Rechnung. Neue Visuals: Kurzvideos und Postkartenmotive Die neuen Visuals leiten die nächste Phase der Nachwuchskampagne GoTextile! ein. Mit provokanten Kurzfilmen von etwa 17 Sekunden Dauer und passenden Postkartenmotiven wirbt die Textil- und Modebranche intensiv um Nachwuchskräfte: „Komm in die Puschen! Sei keine trübe Tasse! Nicht verpennen! Arsch hoch! Jetzt bewerben!“ Kurze Aufforderungen, in den Filmen von einem markanten Hupton unterbrochen, regen zum Schmunzeln und zur eigenen Handlung an. Die Videos finden sich unter anderem im Youtube-Channel von GoTextile! (www.youtube.com/user/GoTextile) und können von dort von den Mitgliedsunternehmen in ihre Webseiten eingebunden werden. Außerdem gibt es die Möglichkeit, die Videos als „Vorhang“ vor eigene Web­seiten zu „hängen“; eine Anleitung dazu gibt es unter www.go-textile.de/die-kampagne. Dies ist eine erstklassige Möglichkeit, die attraktive Textil- und Modebranche mit ihren interessanten Ausbildungsangeboten noch bekannter zu machen!

Die Postkartenmotive können bei jedem Kontakt mit potenziellen Zielgruppen − Jugendliche, junge Erwachsene, Eltern, Schulen und andere Bildungsträger − als aufmerksamkeitsstarke „give aways“ eingesetzt werden. Die Postkarten können über Südwesttextil bei Christine Schneider (schneider@suedwesttextil.de) angefordert werden. Stark gestiegene Zahl der Seitenaufrufe Hoch erfreulich ist die stark angestiegene Zahl der Seitenaufrufe: Im ersten Halbjahr 2015 lagen sie bei rund 420 000 und haben sich seit dem Vorjahr mehr als verdoppelt. Auch die Zahl der Nutzer ist kontinuierlich gestiegen. Dies ist das Resultat der zahlreichen Online-Aktivitäten, der kontinuierlichen Suchmaschinenoptimierung und der intensiven Vernetzung der Webseite. Auch die Zahl der FacebookFreunde hat sich seit Anfang 2014 nahezu verdreifacht. Die 2014 im Arbeitskreis GoTextile! beschlossene Konzentration auf Maßnahmen zur Steigerung der Reichweite hat sich voll bewährt. Die Betreuung der Kampagne liegt seit ihrem Start im Jahr 2009 in den Händen der Agentur die wegmeister, Stuttgart.

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