Südwesttext Oktober 2019 Nr.120

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SÜDWESTTEXT Zeitung für die Textil- und Bekleidungsindustrie Herausgegeben von Südwesttextil

www.suedwesttextil.de

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Themen Verband + Industrie Die Klimaheldinnen Seite 6

Turn-WM in Stuttgart

Magic Moment – dank Textil

Verband + Industrie Spielend zur Innovation – Lego für Erwachsene Seite 12 Recht + Steuern Das Geschäftsgeheimnis Seite 16

Gänsehaut und großes Staunen bei der Turn-WM: In der abgedunkelten Hanns-Martin-Schleyer-Halle in Stuttgart erhielten die Sportler bei der Siegerehrung ganz besondere Medaillen. Denn die eigens für die Weltmeisterschaft kreierten und in 31 Arbeitsschritten hergestellten Medaillen samt Band leuchten, sobald sie bewegt werden und erzeugen dadurch einen magischen Leuchteffekt. Insgesamt waren sieben Unternehmen an der Herstellung der Medaillen beteiligt

– darunter auch das SüdwesttextilMitglied Bauer GmbH Bandweberei aus Mainhardt. Ganz im Sinne der Nachhaltigkeit produzierte der Bandspezialist die Bänder aus recycelten PET-Flaschen. Geschäftsführer Steffen Herr und seine Tochter Valerie waren von dem Ergebnis begeistert: „Mit der Medaille konnten wir die nächste Stufe der Ehrung einer sportlichen Höchstleitung nicht nur miterleben, sondern mitgestalten. In dieser Medaille steckt viel Arbeit aber die Mühen haben

sich gelohnt. Wir sind stolz, dass wir bei diesem tollen Projekt mit dabei waren und unser Know-how unter Beweis stellen konnten.“ So wies der Entwicklungsprozess der Medaillen einige Parallelen zu der langen und intensiven Vorbereitung der Athleten auf: Über zwei Jahre steckten die Unternehmen viel Herzblut und Energie in das Vorhaben. Konzept, Design, Entwicklung und Konstruktion sowie die Umsetzungsverantwortung lagen Fortsetzung Seite 2

Zahl des Monats Die Fachzeitschrift TextilWirtschaft hat in einer Erhebung ermittelt, wie Händler und Hersteller dem Thema Nachhaltigkeit gegenüberstehen, welche konkreten Maßnahmen sie ergreifen und wie gut sie ihre Lieferkette wirklich kennen. Im Vergleich zum Handel, bei dem nur 55 Prozent der Befragten Nachhaltigkeit als Thema der höchsten Priorität ansiedelten, scheint es bei den Modemarken stark an Bedeutung zu gewinnen. So ist Nachhaltigkeit für 73 Prozent der Bekleidungshersteller inzwischen „das drängendste Projekt unserer Zeit“ – 78 Prozent erklären es gar zur Chefsache. Weitere Ergebnisse der Studie unter www.textilwirtschaft.de

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Quelle: Textilwirtschaft

Änderung der Einheitsbedingungen Die Einheitsbedingungen der deutschen Textilwirtschaft dung sind in der Synopse zu finden. Weitere Informatiwurden mit Wirkung zum 1. Januar 2020 an die Ent- onen zu den Einheitsbedingungen stehen im „Merkblatt wicklungen im deutschen AGB-Recht angepasst. Süd- Einheitsbedingungen der deutschen Textilwirtschaft“. westtextil stellt die Neufassung Es soll den Unternehmen als praktische Handreichung dieder Einheitsbedingungen in einer Lese- und Druckversion nen und enthält insbesondere sowie weitere erklärende UnAusführungen zur richtigen terlagen seinen Mitgliedern im Nutzung und zu den zentralen Mitgliederbereich von www.suBestimmungen der Einheitsedwesttextil.de unter der Rubrik bedingungen. Übersetzungen der Einheitsbedingungen sind „Wirtschaftsrecht“ zum DownFoto: istockphoto.com/fotogestoeber ausschließlich bei den zustänload zur Verfügung. Geändert wurden im Wesentlichen die Bestimmungen zur Nach- digen Fachorganisationen der deutschen Textilindustrie lieferungsfrist (§ 6) sowie zur Gewährleistung (§ 7). erhältlich. Eine Übersicht sämtlicher Änderungen nebst Begrün- www.suedwesttextil.de

Aktuell Save the date: Am 12. November 2019 findet in Stuttgart ein „Social Media Workshop“ für Mitgliedsunternehmen statt. Im gemeinsamen Austausch sollen Strategien und Tipps ausgetauscht und an gemeinsamen Aktionen gearbeitet werden. Des Weiteren wird Margret Knitter, LL.M., Fachanwältin für gewerblichen Rechtsschutz, einen Einblick in die aktuelle Rechtsprechung geben. Melden Sie sich jetzt unter suedwesttextil.de/veranstaltungen an – die Teilnehmerzahl ist begrenzt.


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In Kürze

Magic Moment – dank Textil bei der Bernd Kußmaul GmbH, die im nur 12 km vom Ort des Geschehens entfernten Weinstadt ihre Firmenzentrale hat. Geschäftsführer Bernd Kußmaul, der sonst das Ex- und Interieur von Edelkarossen wie den Bugatti Veyron verschönert, war von diesem Projekt von Anfang begeistert. Hier konnte der Tüftler zeigen, was in seiner kleinen Firma steckt. Alle beteiligten Unternehmen stammten aus dem Technologienetzwerk der Weinstädter Manufaktur. Für den einzigartigen Leuchteffekt zuständig waren die ebenfalls in der Nähe beheimateten Firmen Maier in Emotion für die Elektronik und die Peptech GmbH für die Lichtfasern. Um das Technikpaket zwischen den Medaillenhälften, die in der Staatlichen Münzprägeanstalt in Bad Cannstatt geprägt wurden, unterzubringen, war viel Entwicklungsarbeit und Tüftelei notwendig. Letztendlich gelang es aus dem Zentrum heraus sowohl den äußeren Lichtkranz der Medaille als auch das Band gleichmäßig auszuleuch-

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ten. Und bei der Siegerehrung auch fünfmal die Augen der 22 Jahre alten Turnkönigin aus Texas, Simone Biles. Bereits Ende August hatte die Bernd Kußmaul GmbH ausgewählte Gäste zu einer exklusiven Präsentation des Meisterstücks eingeladen. Zugegen waren unter anderem Winfried Kretschmann, der Präsident des Schwäbischen Turnerbunds, Wolfgang Drexler, TurnOlympiasieger Fabian Hambüchen

sowie Nationalmannschaftsturnerin Elisabeth Seiz. Alle staunten über das einzigartige Werk und drückten ihre Bewunderung für Design und Umsetzung aus. So brachte Fabian Hambüchen das Meisterstück der sieben Unternehmen auf den Punkt: „Eine Medaille ist immer mehr als nur ein Stück Metall. Man arbeitet so lange, so hart darauf hin. Die Medaille in Stuttgart wird diesem Einsatz zu 100 Prozent recht.“

Das ganze Südwesttextil-Team freut sich über das jüngste Mitarbeiterkind: Am 5. September um 07.17 Uhr erblickte Enidh, als zweite Tochter und drittes Kind von Südwesttextil-Syndikusrechtsanwalt und Leiter Tarifpolitik + Tarifrecht Nathan Binkowski und seiner Frau, gesund das Licht der Welt. Herzlichen Glückwunsch!

Rebekka Rüth

Einzigartige Medaillen bei der Turn-WM sorgen für glückliche Athleten und stolze Hersteller: Artur Dalaloyan, Junior-Geschäftsführerin Valerie Herr, Simone Biles, Steffen Herr, Geschäftsführer Bauer Bandweberei. Fotos: Bauer Bandweberei / Bernd Kußmaul GmbH

Enidh Binkowski

Unternehmen jeder Größe sind eingeladen, sich für den Inklusionspreis 2020 zu bewerben. Der Inklusionspreis zeigt herausragende Beispiele unternehmerischer Praxis bei der Ausbildung und Beschäftigung von Menschen mit Behinderungen auf und lädt zum Nachahmen ein. Initiatoren des Preises sind die BDA, das UnternehmensForum, die Bundesagentur für Arbeit und die Charta der Vielfalt. Die Schirmherrschaft hat erneut der Bundesarbeitsminister übernommen. Bis zum 31. Oktober 2019 können Unternehmen für den Preis vorgeschlagen werden oder sich selbst bewerben. Weitere Informationen unter www. inklusionspreis.de Das Vereinigte Königreich hat drei Wochen vor dem Brexit-Stichtag am 31. Oktober einen geänderten Brexit-Zolltarif veröffentlicht. Die im März veröffentlichte Version sah für nahezu alle Waren Zollfreiheit vor. Nur für sehr wenige Waren sollten weiterhin Zölle erhoben werden, u. a. für 97 Tariflinien in den Kapiteln 61 und 62 (Zollsatz in der Regel 12 Prozent). Jetzt ist eine neue Version veröffentlicht worden, bei der die Anzahl der zollpflichtigen Tariflinien für Bekleidung auf 140 erhöht wurde. Weitere Informationen und den Link zu der Onlinversion des Zolltarifs finden Sie unter https://bit.ly/325K3gu. Den für die Textilbranche relevanten Teil finden Sie ab Seite 828.


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Perspektive 2035: Wie formt Textil die Welt von morgen? Das Forschungskuratorium Textil bereitet eine spanndende neue Studie vor Textilien sind schon heute Grundlage für Nachhaltigkeit und Innovation. Textilien sind intelligent. Doch wie kann der Stoff unser Leben und unsere Welt noch verändern? Dieser Frage ging in diesem Sommer das Forschungskuratorium Textil (FKT) in Berlin nach, richtete den Blick in die Zukunft und startete mit fünf Workshops in fünf verschiedenen Städten ­(Berlin, Mönchengladbach, Frankfurt, Dresden und Stuttgart)­ eine Tour in die textile Zukunft. Pro Workshop brachten bis zu 20 Teilnehmer aus den verschiedensten Bereichen, vom Studenten über den Forscher bis hin zum Unternehmer, ihr Expertenwissen in die Ausarbeitung der Zukunftsstrategie 2035 ein. Ziel dieses zukunftsweisenden Prozesses ist neben der Analyse der

seit 2012 bestehenden „Perspektiven 2025“, aus verschiedensten Blickwinkeln Forschungsbedarfe in neuen Bereichen und Potenziale in den Anwenderbranchen zu identifizieren. Welchen Einfluss haben beispielsweise Digitalisierung und Künstliche Intelligenz auf die Zukunft der Textilbranche? Moderiert wurden die Workshops, jeder hatte ein anderes Leitthema, von Robert Peters (Institut für Innovation und Technik – iit – Berlin). Jeder Workshop begann mit einer ca. 40-minütigen PanelDiskussion, in der die Teilnehmer miteinander ins Gespräch kamen und aktuelle Herausforderungen und Perspektiven für Textilindustrie und Textilforschung in Deutschland diskutierten. Gestellt wurden

Fragen wie z. B.: Was braucht Ihr Unternehmen, um in Zukunft im Textilbereich zu bestehen? Welche textilen Anwendungen wünschen Sie sich? Was motiviert Sie dazu, an textilen Themen zu arbeiten? Ist die Textilbranche gut aufgestellt für aktuelle und künftige Herausforderungen? Wo können Unternehmen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen noch besser werden? Unter der Anleitung des Moderators wurden von den Teilnehmern in der ersten Arbeitsphase auf Basis einer „Visual Roadmap“ mögliche Zukunftspfade ermittelt und darauf aufbauend kritische Einflussfaktoren sowie potenzielle Schlüsseltechnologien identifiziert. Die in dieser Phase ebenso identifizierten Schwerpunktthemen wurden in ei-

ner abschließenden Arbeitsphase vertieft diskutiert. Neben diesem qualitativen Verfahren der Zukunftsforschung hat das Forschungskuratorium ein weiteres quantitatives Verfahren gestartet. In einer Textmininganalyse werden große Datenmengen wie beispielsweise Veröffentlichungen oder Förderdatenbanken analysiert, um zusätzliche Erkenntnisse zu gewinnen. Am Ende wird daraus eine Gesamtstudie erstellt, die ein klares Zukunftsbild unserer Branche skizziert, Potenziale in den Anwenderbranchen aufzeigt und Forschungsbedarfe in neuen Bereichen adressiert. Die Studie wird dann auch unseren Mitgliedern zur Verfügung gestellt. Simone Diebold

Am 26. September war der Zukunftsworkshop mit dem Themenschwerpunkt„Cross-Sektor-Effekte“ zu Gast bei Südwesttextil in Stuttgart. Um die Teilnehmer etwas einzustimmen startete Moderator Robert Peters (1. Foto Mitte) mit einer kleinen Paneldiskussion mit Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas (rechts) und dem Leiter des Forschungskuratoriums Johannes Diebel (links). Dann waren die Teilnehmer aus Industrie und Forschung gefragt. In einem 5-stündigen Kreativprozess rauchten nicht nur die Köpfe, sondern auch die Stifte. Ein tolles Erlebnis mit innovativen, zukunftsweisenden Ergebnissen. Wir sind auf die Gesamtstudie gespannt. Fotos: Forschungskuratorium Textil


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Neue Mitglieder bei Südwesttextil

Das Label steht für hochwertige, nachhaltige und liebevoll handgefertigte Baby- und Kindsaccessoires im eigenen Design. Fotos: THE MINI PEACE

Die erste Kollektion von told war inspiriert von Paris und dem eleganten Stil der Modemetropole. Fotos: told

THE MINI PEACE THE MINI PEACE ist ein junges Label für Babyaccessoires und Kids -Interieur das im Jahr 2017 gegründet wurde. Seit der Geburt ihres Sohnes im September 2014 ist Sabrina Palz-Güclü ständig auf der Suche nach Stoffen mit ansprechendem Design, immer mit Blick auf den ökologischen Aspekt. Produkte in der Qualität zu finden, mit denen auch sie sich identifizieren konnte und die zu ihr und ihrer Familie passten, ist ihr sehr schwer gefallen. Da sie die wenigsten herkömmlichen Produkte überzeugten, hat die Modedesignerin angefangen, selbst Baby-Accessoires zu designen und zu fertigen. Der Name „THE MINI PEACE“ steht für ihre Philosophie: langlebige Produkte, Nachhaltigkeit, Wertigkeit und „zuFRIEDENheit.“

told by Alla Lukashova Das junge Modelabel told bietet nicht nur Produkte an – es erzählt Geschichten und möchte diese mit Ihnen teilen! Die Mode wird in PremiumQualität in kleinen inhabergeführten Ateliers in Europa hergestellt. Da sich das Modelabel sehr für Nachhaltigkeit einsetzt, werden stets nur limitierte Kollektionen hergestellt und es wird großer Wert auf wiederverwendbare Verpackungsmaterialien gelegt. Alle Produkte sind Teil einer Geschichte, mit den Kollektionen sollen aber auch Kunden dazu ermutigt werden, ihre eigene Geschichte zu erzählen. Die erste Kollektion wurde von der wunderschönen Stadt Paris und von der Unabhängigkeit und Eleganz der Französinnen inspiriert.

Der tBag kombiniert Sportbeutel und Sporthandtuch und ermöglicht damit ein multifunktionales Sporterlebnis. Foto: JIMTEX

Das Familienunternehmen aus Murg-Niederhof steht für Kundenorientierung und hohe Qualitätsstandards im Bereich der Gewirke. Foto: Brutsche

JIMTEX Das Unternehmen fordert den Status Quo heraus, indem es die Produkte mit einem modernen und nachhaltigen Design ausstatten und dabei die soziale Verantwortung gegenüber Mensch und Natur aktiv wahrnimmt. Unter der Marke biqual vertreibt JIMTEX den weltweit vielseitigsten 2 in 1 Sportbeutel & Multifunktionssporthandtuch – das tBag! Die sorgfältig ausgewählten Stoffe des tBag sind langlebig und feuchtigkeitsabsorbierend. Das Produkt wurde über einen Zeitraum von 12 Monaten mit 100 anonymen Testpersonen getestet und ist aktuell in der Markteinführung. Der Name der Marke steht für die Gleichheit aller Sportler und Sportarten, die den Unterschied ausmacht – eine Lebenseinstellung.

Brutsche GmbH & Co. KG. Die Firma Brutsche GmbH & Co. KG. Wirkerei + Schärerei aus Murg stellt seit 1962 Textilien in Top-Qualität her. Seitdem steht die Marke für eine herausragende Kompetenz im Bereich der Gewirke. Das Unternehmen legt großen Wert auf Flexibilität und passt so seine Technik, Prozesse, Qualität und Termine permanent und optimal an die stetigen Anforderungen der Kunden an. So sind die in Deutschland mit rund zehn Mitarbeitern produzierten Textilien der Grundstoff für viele Produkte. Brutsche ist so mittlerweile ein wichtiger Zulieferer für Bandfabriken, Konfektionäre, Fahnenhersteller, Wäschehersteller sowie die Automobil- und Luftfahrtzuliefererindustrie.


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Vorstandssitzung im Zeichen der Zukunft Am 25. September 2019 war die Vorstandssitzung von Südwesttextil passend zu den aktuellen Pro-

jekten zu Gast beim Bildungswerk der Wirtschaft. In der idyllisch gelegenen und frisch modernisierten

Tagungsstätte in Steinheim an der Murr gab Kai Probst, stellvertretend für die Geschäftsführung des

Bildungswerks, einen Überblick über die zahlreichen Services im Bereich Bildung, Qualifizierung und Personaldienstleistungen des langjährigen Netzwerkpartners von Südwesttextil. Für das neu eingeführte Projekt der Qualifizierungsverbünde stellte Frauke Holländer, frischgebackene Qualifizierungsmanagerin Textil, die Vorteile für Mitgliedsunternehmen heraus und gab einen Ausblick auf die kommenden vier Jahre. Ergänzt wurde sie durch Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas, der dem Vorstand zum Abschluss des im September endenden Geschäftsjahres einen Rückblick auf den Umzug in die neue Geschäftsstelle formulierte und über den Stand der damit verbundenen Bauarbeiten am alten Verbandshaus informierte. In die Zukunft gerichtet besprach sich der Vorstand zu den aktuellen Themen der Branche und freute sich über die bevorstehenden Projekte, die den hiesigen Textilstandort weiter stärken werden sollen.

Der Chef des Bildungswerks Kai Probst (Foto rechts) gab dem Südwesttextil-Vorstand einen Überblick über die zahlreichen Services im Bereich Bildung, Qualifizierung und Personaldienstleistungen.

Smart Textiles & IT Security: Umfrage und Produktsuche Sind RFID-Chips in Bekleidung vor Hackern sicher? Dies ist nur eine Frage von vielen im Themenkomplex Smart Textiles und IT-Sicherheit. Das Projekt SEKT der Fachbereiche Engineering und Informatik der Hochschule Albstadt-Sigmaringen untersucht systematisch die Integration und IT-Sicherheit von elektronischen Kommunikationssystemen in smarten textilen Produkten und entwickelt praxisrelevante Sicherheitskonzepte und smarte Demonstratoren. Kernziel ist die wissenschaftliche Untersuchung des Gebiets IT-Sicherheit von smarten textilen Produkten und die Übertragung vorhandener Sicherheitskonzepte sowie die Entwicklung sicherer, innovativer Prototypen. Aus dem gewonnenen Wissen werden Handlungsempfehlungen abgeleitet und Lehrangebote für die Textil- und Bekleidungsbranche geschaffen. Damit wird ein intensiver interdisziplinärer und branchenübergreifender Know-how-Transfer gewährleistet. Das Projekt SEKT wird durch ein interdisziplinäres Team aus Wissenschaftlern und Unternehmen bearbeitet. Das Projekt läuft von Dezember 2018 bis November 2021 und wird vom Bundesministerium für Fotos: iStock.com/metamorworks Bildung und Forschung gefördert. In diesem Projekt wird erforscht wie die Textil- und Bekleidungsbrache optimal darin unterstützt werden kann, sichere Produkte auf den Markt zu bringen. Eine Umfrage soll dazu dienen herauszufinden, welches Wissen derzeit im Bereich Smart Textiles vorhanden ist und wie Prioritäten gesetzt werden sollten. Dazu ist das Projektteam auf Ihre Unterstützung angewiesen, denn mit Ihren Antworten kann es den Markt besser verstehen und so gezielter Untersuchungen durchführen. Die Dauer der Umfrage beträgt ca. 10 Minuten und ist in fünf Abschnitten unterteilt. Ihre Angaben sind selbstverständlich anonym. Falls Sie Interesse an den Ergebnissen haben, können Sie sich im Anschluss an die Umfrage eintragen, die Auswertung geht Ihnen dann zu. Parallel zur Umfrage wird bereits in die Analyse von Produkten eingestiegen. Sollten Sie Produkte kennen oder selbst im Sortiment haben, bei denen die Untersuchung der IT-Sicherheit spannend ist, werden Sie darum gebeten dem Projektteam einen Link zum Produkt oder das Produkt selbst zur Verfügung zu stellen. Zur Umfrage und weiteren Informationen zum Projekt geht es hier: https://www.projekt-sekt.de/forschungsprojekt Melden Sie sich außerdem zum Newsletter an und verpassen Sie keine Neuigkeiten mehr!


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Die Klimaheldinnen

Gabriele Renner und Sabine Stein stellen die erste „Klimaanlage zum Anziehen“her

Das Gespräch mit Gabriele Renner findet im September statt, der Sommer soll an diesem Wochenende noch einmal zurückkommen und besonders den Menschen in Stuttgart und am Rhein erneut Temperaturen bis zu 30° C bescheren. Nach so einem Sommer freut sich nahezu jeder auf den Herbst und viele lachen bei der Erinnerung an Regensommer und Schlager wie Rudi Carells „Wann wird es mal wieder richtig Sommer?“. So liegt einem beim Gespräch über die Entwicklung der pervormance international GmbH die Frage auf der Zunge, wie es sich für die Gründerinnen des weltweit ersten klimaneutralen Textilunternehmens anfühlen muss, wenn der Klimawandel das eigene Produkt zur absoluten Zukunftstechnologie macht. Denn das Unternehmen bietet unter der Marke E.COOLINE® Kühlfunktionstextilien, die den Körper mit bis zu 660 Watt effektiv kühlen, u. a. T-Shirts, Westen und Mützen. Als Gabriele Renner mit ihrer Schwester Sabine Stein das erste Mal mit dieser Technologie in Kontakt kamen, damals noch im

Rahmen ihrer Beratertätigkeit (pervormance ist in Anlehnung daran aus den Komponenten PERsonal, Vertrieb, ORganisation, MANagement bzw. Marketing, Consulting und Erfolg benannt worden), war nach der Kalkulation des ersten Businessplans klar – sie ist für den Markt zu teuer. Das Produkt, das entstehen sollte, war als Alternative

zum herkömmlichen Kühlpack gedacht. Doch der Bruder der beiden Schwestern stellte die entscheidende Frage: „Warum macht ihr daraus nicht richtige Bekleidung?“ Das war die zündende Idee für die Zukunft des Familienunternehmens. Zunächst nur als Berater. Als eines Tages die Frage einer möglichen Übernahme aufkam, gab es dann nur noch eine Frage: „Machen wir es oder machen wir es nicht?“ Dass die beiden nicht lange zögerten und die Herausforderung annahmen, wundert einen bei diesen beiden Powerfrauen nicht. Gabriele Renner hatte als Apothekerin den Hintergrund der Gesundheitsbranche und Erfahrung im Vertrieb und Marketing in der Pharmaindustrie. Sabine Stein ist Sportwissenschaftlerin, ehemalige Profisportlerin und Landestrainerin für ihre Passionssportart Leichtathletik und Betriebswirtin. Die unterschiedlichen Kompetenzen der beiden ergänzten sich schon in dem gemeinsamen Beratungsunternehmen sehr gut und so gingen beide mit großer Motivation in die Forschung und Entwicklung. Von der Idee bis zur Tragbarkeit des Produktes fehlte es nämlich noch an einigen Ecken. Gemeinsam hatten Sie aber die Power und den Ehrgeiz diese Produktidee umzusetzen. Das Thema Nachhaltigkeit spielte von Anfang an eine tragende Rolle, denn so Gabriele Renner:

Ein „Schwamm, der nicht tropft“: Wasser wird in der 3 D-Struktur fest gebunden.

„Wenn wir etwas gegen Hitze haben, kann es nicht sein, dass wir die Hitze noch anheizen.“ Wichtig war beiden jedoch das Thema mit Vernunft anzugehen und die richtigen Maßnahmen für das Unternehmen anzuvisieren. Ein Teil der Nachhaltigkeitsstrategie besteht daher aus kurzen Wegen in der Produktion, Material- und Ressourceneffizienz sowie dem Klimaschutz. Bei strategischen Entscheidungen wird stets nach Alternativen geschaut, die möglichst gut für Umwelt und Menschen sind. Gegebenenfalls

»Wenn wir etwas gegen Hitze haben, kann es nicht sein, dass wir die Hitze noch anheizen.« Gabriele Renner, Geschäftsführerin pervormance international

nehmen die beiden dann auch einen höheren Preis in Kauf. So liest sich die Unternehmensgeschichte von E.COOLINE wie eine kleine Revolution. Zunächst wurde die Technologie ausschließlich für Produkte im Bereich Medizin und Gesundheit umgesetzt: Kühlende Textilien für Menschen mit Erkrankungen des Herz-Kreislaufsystems oder chronischen Krankheiten wie Multiple


Sklerose, die sich bereits bei normalen sommerlichen Temperaturen um die 25° C erheblich in ihrer Lebensqualität eingeschränkt fühlen. „Es kann kein Mensch den gesamten Sommer unter der Dusche stehen, doch Kühlung muss sein“, so Gabriele Renner. Die Lösung: die tragbaren Kühltextilien von E.COOLINE. Durch ein spezielles dreidimensionales Vlies werden Wassermoleküle gebunden und das Textil muss nur einige Sekunden unter Wasser gehalten werden. Danach kühlt es bis zu acht Stunden nachhaltig, ohne Nässe abzugeben, und sorgt dafür, dass Menschen eine erhebliche Lebensqualität erhalten bleibt. Doch nicht nur in diesem Bereich stieß das Produkt auf großes Interesse: Zu den ersten Kunden gehörten auch Sportler. Was bei den beiden Schwestern aus einer Leichtathletikfamilie zunächst auf Skepsis stieß, da sie sich damals vor dem Sport immer warmgelaufen hatten. Mit der Unterstützung von wissenschaftlichen Kontakten und etlichen Studien zum Thema Kühlung entwickelte sich daraus eine neue Zielgruppe. Über einen Händler kam es in diesem Sommer zu einem Pilotprojekt in Stuttgart, bei dem Mitarbeiter der Stadt, die im Rahmen ihrer Tätigkeit viel Zeit der Hitze ausgesetzt sind, die Textilien an besonders heißen Tagen testeten. Trotz zahlreicher Auszeichnungen und der steigenden Relevanz des Themas ist der Vertrieb für E.COOLINE kein Selbstläufer. Eine Revolution ist eben nicht von heute auf morgen vollbracht, sondern fordert viel Zeit und Energie. Da das Produkt einzigartig ist und es nur wenige Hersteller weltweit gibt, die ein ähnliches Produkt vertreiben, muss sich die Technologie ihren Markt selber schaffen. So beschreibt Gabriele Renner, dass viele sich den Effekt nicht vorstellen können und dem Produkt erst Vertrauen schenken, wenn sie es am eigenen Leibe erfahren. Eine große Herausforderung für das Marketing. Trotz mancher Anlaufschwierigkeiten bleiben die beiden Unternehmerinnen am Ball und investieren in Forschung und Entwicklung. Der Kühleffekt kann beispielsweise die Fettverbrennung ankurbeln, die Textilien könnten in Zukunft in der Raumkühlung und letztendlich so-

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gar im Automobil Anwendung finden, um die Reichweite von Elektroautos zu erhöhen. Für alle diese Entwicklungen arbeitet die pervormance international GmbH eng mit Partnern zusammen, die gemeinsam mit ihnen entwickeln, forschen und schlus-

»Wir sind wie ein Satellit, der in seinem Orbit ganz viele Partner hat, die ihm zuarbeiten.« Gabriele Renner, Geschäftsführerin pervormance international

sendlich auch den Klimaschutz vorantreiben. „Wir sind wie ein Satellit, der in seinem Orbit ganz viele Partner hat, die ihm zuarbeiten“, beschreibt Gabriele Renner den Umstand, wie sie mit einem Team von gerade mal zehn Mitarbeitern eine solche Entwicklung in den letzten Jahren gemeistert hat. Für die Zukunft bleibt es in jedem Fall spannend, denn neben den zahlreichen neuen Entwicklungen plant das Unternehmen den nächsten Schritt: eine eigene Produktion in Baden-Württemberg. Rebekka Rüth

Die Klimaheldinnen Gabriele Renner und Sabine Stein (v.l.n.r.)

Fotos: pervormance international


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PH-Werte: Die Kolumne von Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas

Da grüßt sogar der Gleitschirmflieger »Gute Nacht, sachorientierte Diskussion.«

In England ist es der Brexit, in Spanien die Katalonien-Frage, in der Türkei die Meinung über Erdogan – und jetzt haben auch wir Deutsche (man könnte sagen: wieder, nach Stuttgart 21) ein Thema, das Freundeskreise und Familien spaltet: Für oder gegen Greta? Ich glaube, die Mehrheit lässt sich gar nicht der einen oder anderen Seite zuordnen. Viele stehen hinter den Forderungen der Fridays-for-futureBewegung. Auch ich teile das Ziel, konsequenter, wirksamer und vor allem in noch mehr Ländern gegen den Klimawandel vorzugehen. Aber ebenso hegen viele auch Zweifel an externen Forderungen und radikalen Taten der Klimaaktivisten, zerkratzten und besprühten Autos, Gewalt

gegen Messebesucher usw. Und zur Wahrheit gehört auch, dass sehr wohl schon eine Menge getan wird für ein nachhaltigeres Wirtschaften. Nicht zuletzt Textiler wirken daran mit – Verwendung von Biorohstoffen, Mode ohne Giftstoffe, Re- und Upcycling-Produkte, mehr Energieeffizienz in der Fertigung. Die Welt ist eben nicht schwarzweiß, die Menschen sind nicht nur gut oder böse. Wer seine Kinder freitags lieber im Klassenzimmer sähe, verspielt doch nicht direkt deren Zukunft. Wer einen SUV fährt, ist nicht per se kriminell. Was las ich am Tag des Klimastreiks auf dem Plakat eines Demonstranten: „Autos sind Massenvernichtungswaffen“. Gute Nacht, Autoland BaWü (in

dem nicht wenige Textiler auf diese Kundschaft angewiesen sind) – aber vor allem: gute Nacht, sachorientierte Diskussion. Wie kompliziert die Lage ist, zeigt dieses Beispiel: Schiffe, die sich in deutschen Häfen künftig mit Landstrom versorgen anstatt mit stinkendem Schiffsdiesel, sollen von 80 Prozent der EEG-Umlage befreit werden. Gut? Oder Banane? Wieso, fragt sich manches unserer Mitgliedsunternehmen, die ja schon seit Jahren zugunsten des Klimas auf Gewinne verzichten, indem sie mehr und mehr EEG-Umlage zahlen. Was ist an der Kreuzfahrtbranche förderwürdiger als an einem deutschen mittelständischen Textilindustriebetrieb (der im Übrigen nicht in Panama versteuert…)? Um klar zu sein: Es ist unstrittig, dass wir bzgl. des Umgangs mit unseren Ressourcen deutlicher umsteuern müssen. Wir bei Südwesttextil engagieren uns mit unserer Netzwerkarbeit mehr denn je dafür, dass Nachhaltigkeit „das neue Normal“ wird und dass alle Mitglieder von den Vorreitern lernen. Aber die Veränderungen müssen leistbar sein

und der Dialog zwischen Vorreitern und Nachzüglern braucht Respekt. Wenn, wie ich kürzlich im Deutschlandfunk hören musste, eine SPD-Politikerin auf die Anmerkung eines CSU-Kollegen, der deutsche Anteil am weltweiten CO2-Ausstoß betrage doch nur 2 Prozent, zurückschimpft: „Das ist eine AfD-Position!“, dann kann ich nur feststellen: Mit Intoleranz auf allen Seiten kommen wir bestimmt nicht weiter. Wir Deutsche neigen nicht selten zur 150-Prozentigkeit, es wird schnell extrem, den Hang zu Meinungsdiktaturen gibt es offenbar quer durchs politische Spektrum. Wie neidisch lauschen wir da den Urlaubserzählungen einer Kollegin, frisch zurückgekehrt aus Frankreich, die der guten Laune unserer Nachbarn melancholisch nachhängt. „Die sind da so entspannt, und alle grüßen Dich.“ Sogar ein Gleitschirmflieger, der bei einem Spaziergang an ihr vorbeischwebte, habe ein fröhliches „Bonjour“ zugerufen. Eine Kleinigkeit, zugegeben. Aber auch das macht etwas mit dem Klima – dem zwischen Menschen.

Bei den Mitgliedsunternehmen Anfang September war Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas bei der Kraus Textilveredlung in Rottenburg am Neckar zu Besuch. Ihn begleitete die frisch gebackene Qualifizierungsmanagerin Textil Birgit Steinmüller (2.v.l.), die sich seit dem Startschuss der Qualifizierungsverbünde im Sommer für das Bildungswerk gemeinsam mit ihrer Kollegin Frauke Holländer von Reutlingen aus, um die Koordination von Weiterbildungsmaßnahmen kümmert. Elmar Kraus, Inhaber und Geschäftsführer der Textilveredlung, freute sich sehr über den Besuch und führte die Gäste gemeinsam mit seinem Sohn Julian, der ihn bereits in der Führung des Unternehmens unterstützt, und seiner Ehefrau Heike durch das Unternehmen.

Mitte September besuchte Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas die Traugott Baumann KG in Winterlingen. Das 1959 von Traugott Baumann mit einigen Zwirnmaschinen aus dem Textilbetrieb seines Onkels gegründete Unternehmen stieg in den 1960ern weitsichtig in die Polyester-POY-Verstreckung ein und entwickelte mit Madeira die Polyneon-Stickgarnlinie. Das Produkt mauserte sich rasch zum Marktführer und setzte neue Qualitätsstandards. Heute führen die Geschwister Carmen Schneider und Frank Baumann das Familienunternehmen in zweiter Generation. In den letzten Jahren haben sie den Fokus auf die Entwicklung und Produktion von hochwertigen Stick- und Nähgarnen sowie innovativen technischen Zwirnen gelegt.

Foto: (v.l.n.r.) Heike Kraus, Birgit Steinmüller, Peter Haas, Elmar Kraus und Julian Kraus bei der Besichtigung der Färberei.

Foto: (v.l.n.r.) Frank Baumann und Carmen Schneider zeigten Peter Haas ihre umfangreiche Produktion.


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Fashion designed in Reutlingen erobert die Modewelt Innovativ upgecycelte Spitze wird ausgezeichnet // Absolventinnen zeigen Kollektion auf der Fashion Week in Paris

Madeleine Mesam (links) und Annika Klaas befinden sich nach ihrem Bachelorstudium im Fach Textil/Modedesign beide im Masterstudium an der Hochschule Reutlingen.

Gleich drei Absolventinnen des Studiengangs Textil/Modedesign an der Hochschule Reutlingen machten mit ihren Designs in der Modewelt auf sich aufmerksam. Der jungen Modedesignerin Laura del Giudice gelang es in ihrer Bachelorkollektion „Colourful darkness“ aus Fadenresten einer Industriewebmaschine und mithilfe traditioneller Maschinenstickerei ein zartes spitzenähnliches Textil herzustellen – die sogenannte „Coral Lace“. „Beim Webvorgang werden an der Seite die überstehenden Fäden abgeschnitten und normalerweise sofort entsorgt. Diese fransenähnlichen Bänder sammelte ich von den Webmaschinen der Fakultät ein und verwendete sie zur Herstellung eines Textils,“ so del Giudice über das von ihr entwickelte Textil und die zugleich innovativ wie nachhaltige Vorgehenswei-

se im Bereich der Stickerei. Aus dem entstandenen Textil fertigte sie ein faszinierendes Damenoberteil für ihre Bachelorkollektion. Diese Art der Wiederverwertung ist beispielhaft für die gesamte Kollektion der Designerin, welche von der Tiefsee inspiriert ist und auf den Schuz des empfindlichen Lebensraums aufmerksam machen soll. In der Kollektion fungierten beispielsweise aus geschmolzenen PET-Flaschen kreierte Rüschen als Besatz auf den Kleidungsstücken oder als Ohrringe. Die von ihr kreierte Spitze wurde mit dem zweiten Preis des „Stickstich – TexCycle-Award“ von SACHSEN!TEXTIL e.V. und dem Branchenverband Plauener Spitze und Stickereien e.V. ausgezeichnet, welcher in diesem Jahr unter dem Motto „Use it! Don´t burn it!“ stand.

Die Studentinnen Annika Klaas und Madeleine Mesam tauschten Ende September den Campus gegen den Catwalk der Pariser Fashionweek. Im Palais de la Découverte zeigten sie im Rahmen der Modenschau des Global Fashion Collective am 30. September ihre gemeinsame Kollektion. „An Archive Of The Sunflower“ ist eine Reflexion ihrer vorherigen Arbeiten, die als Ausgangspunkt dienen und von denen sich die beiden neu inspirieren lassen. Dies bietet die Möglichkeit, frühere Arbeiten wertzuschätzen, neu zu denken, Dinge auszuprobieren, zu collagieren, weiterzuentwickeln und ein nachhaltiges Statement in der schnelllebigen Welt der Mode zu setzen. So stellte die Show in atemberaubender Kulisse nur eine Momentaufnahme dar, denn die Kollektion soll sich organisch weiterentwickeln,

sich ständig verändern und dabei saisonlos bleiben. Ergänzt wurde die Kollektion durch Sneaker und Sandalen mit gestrickten Strukturen, die Annika Klaas während einer Creative Residency bei Adidas designte. Aktuell studiert sie im Master Strickdesign an der Fakultät Textil & Design. 2018 gewann sie den European Fashion Award FASH mit Ihrer Bachelorkollektion „Slow Curve“. Madeleine Mesam studiert im Master Künstlerische Konzeption in Reutlingen. Mit ihrer Kollektion machen die beiden ebenso wie Laura del Giudice Lust auf Mode – auf die weiteren Entwicklungen der drei Designtalente in der Welt der Mode dürfen wir gespannt sein. @lauradelgiudice @annikaklaas @madeleinemesam

Vom Industrieabfall zur Upcyclingspitze: Die junge Designerin Laura del Giudice zeigte in ihrer Abschlusskollektion handwerkliches Können und modisches Gefühl. Fotos: Hochschule Reutlingen


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Feinste Stoffe und Design nur für Herren Renaissance einer Marke: Pellens & Loick im Porträt

Susanne Wirz steht mit vollem Einsatz hinter Ihrem Produkt und den Markenwerten. So verbindet sie elegant die neupositionierte Marke Pellens & Loick mit der langen Geschichte des Unternehmens, welche bis ins Jahr 1870 zurückreicht. Fotos: Südwesttextil

Wann sie das erste Mal an einem Schreibtisch von Pellens & Loick gesessen hat? Das reicht in ihre Kindheit zurück, als sie ihren Vater immer Samstags in die Firma begleitete: Susanne Wirz, Geschäftsführerin, leidenschaftliche Textilerin und Familienmensch. Wann ein Familienunternehmen aufhört, ein Familienunternehmen zu sein? Definitiv nicht, wenn es keine Erben mehr gibt. Das Herz des 1870 in Berlin gegründeten Unternehmens für Herrenaccessoires – Pellens & Loick – überlebte zwei Weltkriege, den Standortwechsel nach Aalen und die Fusion mit der Taschentuchfabrik Alfred Pilz aus Hohenelbe – heute schlägt es in einem Lokschuppen. Bis auf die einmal am Tag vorbeifahrende Diesellok, die nach wie vor am Ende des Gebäudes betankt werden muss, erinnert aber nur noch wenig an die einstige Ausbesserungshalle der Deutschen Bahn. Im weitläufigen Atelier im Erdgeschoss stapeln sich Kundenbestellungen, Stoffballen und schnurrt auch noch die eine oder andere Nähmaschine. Die eingelassene Zwischenebene beschert einen tollen Blick in das Gebäude und beherbergt Archiv, Kollektions-

entwicklung und Geschäftsführung. Die Familiengeschichte von Susanne Wirz ist eng mit der des Unternehmens verwoben. Nach dem zweiten Weltkrieg fing ihr Großvater als Vertreter für die Firma Pilz im Großraum Köln an. Nach und nach sorgte sein Engagement im Vertrieb dafür, dass er bei der Entwicklung der Krawattenkollektionen mitwirkte und ihn die eine oder andere Reise auch an den Lago di Como führte. Ihr Vater, so erzählt Susanne Wirz, wollte eigentlich nach dem Abitur Tierarzt werden. Da er aber kein Blut sehen konnte, sollte er die Handelsvertretung seines Vaters übernehmen, und kam so über Station in der Niederlassung Berlin nach Aalen. So führte die Textilindustrie ihn als „Neigschmeckten“ ins Schwabenland, wo er schnell Prokura erhielt und schließlich 1982 die Geschäftsführung übernahm. Der damalige Geschäftsführer Kohlhaus hatte keine Kinder und der Sohn von Mitinhaber Joachim Hofmann schied schließlich als Partner aus dem Unternehmen aus. Es gab also keine direkten Nachfolger und Wirz bezahlte die beiden Familien nach und nach aus und übernahm das Unternehmen.

Klar war der Wunsch von Susanne Wirz, die Nachfolge ihres Vaters anzutreten, nicht von Anfang an – nach der Idee Kunst zu studieren, folgten Praktika und Ferienjobs in der Textilindustrie, auch bei PELO. Schließlich entschloss sie sich, für ein Studium im Bereich Modejournalismus und Medienkommunikation nach Hamburg zu gehen. Im Anschluss kam sie zu Pellens & Loick, so wie ihr Großvater und Vater bereits zu ihrer Berufung gefunden hatten. Der Vertrieb in Hamburg war nicht besetzt, sie übernahm die Stelle, putzte Klinken und kehrte schließlich komplett nach Aalen zurück,

um fortan die Kollektionsentwicklung voranzutreiben. Bis 2013 gab es im Unternehmen noch eine eigene Strickkollektion, zwischendurch brachte sie, gemeinsam mit ihren beiden Schwestern, die junge, modische Strickkollektion Tom & Hawk auf den Markt. Dieser Schritt brachte den Aalenern zwar viel Aufmerksamkeit und auch neue Kunden, aber letztendlich wurde das Vorhaben doch durch Zahlungsverzögerungen vieler italienischer Kunden, bei denen die Kollektion besonders Anklang fand, sowie aufwendige Produktionsbedingungen gebremst. Nach der Finanzkrise und den

„With passion and love from the marvelous Lake Como“ – Pellens & Loick produziert mit ausgewählten italienischen Druckereien und Webern.


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Problemen auf dem russischen Markt war dann endgültig Schluss mit der Oberbekleidung. 2013 ging auch ihr Vater in den wohlverdienten Ruhestand, und so stand Susanne Wirz vor der Herausforderung, das Unternehmen völlig neu aufzustellen. Eine mutige Entscheidung, genau zum richtigen Zeitpunkt, denn Felix Wolf, Stuttgarter Unternehmer und Besitzer des Herrenausstatters Felix W., suchte zu diesem Zeitpunkt eine Möglichkeit, eine hochwertige Accessoirekollektion für seine Filialen zu produzieren. Und so taten sich beide zusammen und gründeten Pellens & Loick neu. Für die junge Unternehmerin war klar, dass neben großen Veränderungen in der Mitarbeiter- und Vertriebsstruktur des Unternehmens auch eine stärkere Positionierung der Marke sowie eine Besinnung auf die Kernproduke – hochwertige Herrenaccessoires wie Krawatten, Fliegen, Einstecktücher und Schals – nötig waren. Das kleine aber feine Unternehmen produziert heute nahezu ausschließlich in Europa, mit großem Fokus auf Italien. So war es für die neu aufgestellte Traditionsmarke ein großer Schritt, sich ein Jahr nach der Neugründung für einen Stand auf der sagenumwobenen internationalen Modemesse für Herrenbekleidung, der Pitti Uomo, in Florenz zu bewerben. Relativ schnell kam im September die Zusage, dass Pellens & Loick die Chance zur Ausstellung bekommen würde, falls freie Flächen vorhanden sein sollten. Lachend erzählt die junge Modefrau, wie sie schlussendlich zwei Tage vor Weihnachten die Nachricht bekam und über die Festtage noch eine komplette Kollektion auf die Beine stellen musste. Für ihre

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Marke bedeutete diese Aufnahme in den Kreis der „who is who“ der Herrenmode mehr Sichtbarkeit und auch neues Vertrauen der Kunden – selbst einiger aus Aalen. Und auch den Sprung nach Berlin hat Pellens & Loick wieder geschafft: mit einem edel ausgestatten exklusiven Shop im KaDeWe begeistert das schwäbische Unternehmen die Herren in der Hauptstadt. Die aktuelle Entwicklung weg von der Krawatte als fester Bestandteil der Herrengarderobe hat für Pellens & Loick neben Schwierigkeiten auch Vorteile. Für bekennende Krawattenträger spielt der Preis zunehmend eine untergeordnete Rolle, wichtig ist Qualität und modischer Chic. Und das bietet die exklusive Marke. „Aktuell geht der Trend wieder hin zu auffälligeren Mustern und Retrodesigns. Und bekannt sind wir in der Branche. Bei uns fragen selbst Herrenausstatter aus Japan an“, berichtet die sympathische, positiv in die Zukunft blickende Mode- und Kommunikationsexpertin. Rebekka Rüth

Der ehemalige Lokschuppen in Aalen bietet dem kleinen aber feinen Team des Unternehmens ein tolles Ambiente für die Kollektionsentwicklung. Auch werden hier nach wie vor Monogramme eingestickt sowie Kleinstserien hergestellt. Das Archiv bietet einen tollen Blick in die Geschichte des Unternehmens und wird von Susanne Wirz und ihren Kunden begeistert zur Inspiration genutzt.


12  Verband + Industrie

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Spielend zur Innovation – Lego für Erwachsene Entstanden in der Wiege des dänischen Bausteinekonzerns ist Lego Serious Play eine Methode, mit der auch Erwachsene konstruieren, spielen und tüfteln können. Neben dem Spaß an der Sache finden die Baukästen aber vor allem Anwendung in der methodischen Entwicklung von neuen Ideen, Strategien und Modellen für Unternehmen. So fand Ende Juli der erste Lego Serious Play Workshop der Innovationsplattform Place2tex in den Verbandsräumlichkeiten statt. Geleitet wurde dieser von Maximilian Futterknecht und

Yasmin Buhl, Digitalisierungsund Innovationsexperten von it-x aus Konstanz. Nach einer kurzen Einführungsrunde ging es für die Teilnehmer in die Konstruktion eines Modells, welches die Innovationsabteilung des Unternehmens darstellen sollte. Im Anschluss wurden die Modelle den anderen Gruppen vorgestellt und gemeinsam diskutiert. Die Workshopteilnehmer hatten großen Spaß und diskutierten die Möglichkeiten des Einsatzes im Unternehmen. „Im Rahmen des Workshops hatten wir die Möglichkeit, Lego Serious Play

als spielerische, aber trotzdem effiziente Methode zur Problemlösung und Ideenfindung kennenzulernen Im Innovationsprozess könnte diese eher unkonventionelle Methode dazu dienen, erste Ideen zu sammeln und diesen anhand von Moderation und Gruppendiskussion eine erste Struktur zu geben. Ob und wie wir diese Methode bei uns einsetzen werden, können wir aktuell allerdings noch nicht abschätzen.“, so Yvonne Hegele, Head of Human Resources, und Alena Tschullik, Referentin HR-Management bei der Paul H. Kübler Bekleidungs-

werk GmbH & Co. KG. Auch Erik Ruff, Auszubildender bei der Gerhard Rösch GmbH in Tübingen, zog ein positives Fazit nach dem Workshop: „Konzeptionen und Visionen mit LEGO-Steinen zu visualisieren, ist eine spannende Herangehensweise, um im Team mit spielerischer Leichtigkeit neue Ideen vorzubringen. Eine Anwendung im Alltag könnte im Innovationsmanagement durchaus Vorteile bringen.“

Rebekka Rüth

Beim Lego Serious Play Workshop waren Teilnehmer der unterschiedlichsten Berufsgruppen vertreten: Von Personalern und kaufmännischen Angestellten über Produktentwickler und Designer bis hin zu Geschäftsführern und Professoren der Hochschulen. Gemeinsam wurde an den Modellen gebaut und viel gelacht.. Fotos: Südwesttextil


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Verband + Industrie  13

Foto: (v.l.n.r.) Thomas Strobl, Dr. Susanne Eisenmann und Christian Mildenberger ließen sich von Simone Diebold und Peter Haas textile Beispiele zeigen.

Foto: (v.l.n.r.) sdw-Generalsekretär Dr. Arndt Schnöring, Christoph Larsén-Mattes Geschäftsleiter Mattes & Ammann und Peter Haas bei der Jubiläumsfeier.

Textil kann viel beim CDU-Parteitag in Heilbronn

25 Jahre Stiftung der Deutschen Wirtschaft

Am 27. Juli 2019 fand der 74. Landesparteitag der CDU Baden-Württemberg im Konzert- und Kongresszentrum Harmonie in Heilbronn statt. Mit dabei waren auch Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas und Simone Diebold, Leiterin Kommunikation + Event beim Arbeitgeberverband. Im weitläufigen Foyer informierten sie CDU-Spitzenpolitiker wie Thomas Bareiß (unten links), Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesminister für Wirtschaft und Energie, und Nicole Hoffmeister-Kraut (unten rechts), Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau über die vielfältigen Unternehmensaktivitäten der Industrie und zeigten mit verschiedenen Produkten: Textil kann viel!

Die Stiftung der Deutschen Wirtschaft (sdw) wurde vor einem Vierteljahrhundert auf Initiative der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) ins Leben gerufen. Die Bildungsinitiative unterstützt unter anderem über Stipendien junge Menschen, ihre Persönlichkeit zu entwickeln, den Schritt ins Studium oder in den Beruf erfolgreich zu meistern und als engagierte, leistungsorientierte Talente gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Südwesttextil unterstützt als Arbeitgeberverband diese wichtige Bildungsarbeit mit dem Engangement über den Chancen-Euro. Dieser trägt dazu bei, noch mehr junge Talente zu fördern, die sonst vielleicht unentdeckt bleiben. Im Rahmen der Jubiläumsfeier betonte die Landesministerin für Kultus, Jugend und Sport, Dr. Susanne Eisenmann, in ihrer Keynote die Relevanz bestmöglicher Förderung von jungen, talentierten Menschen in BadenWürttemberg. Wilfried Porth, Südwestmetall-Vorstandsmitglied und Daimler-Vorstandsmitglied, verwies in diesem Zusammenhang auf die erfolgreiche Arbeit der Stiftung. Mehr als 10 000 junge Menschen, die mit Hilfe der sdw ihre Talente weiterentwickeln konnten, seien gefördert worden. Bei den anschließenden Podiumsdiskussionen tauschten sich Experten darüber aus, welche Zukunftsinvestitionen erforderlich sind, um die Chancen, die die Veränderungsprozesse bieten, auch nutzen zu können.

Neue Stellenbörse Das Innovationsnetzwerk der Textilbranche Place2tex bietet auf seinem Marktplatz unter www. place2tex.com die Möglichkeit Stellengesuche und -anfragen einzustellen. Die Veröffentlichung der Stellenanzeigen ist auf zwei Wegen möglich: Sie können selbst einen Beitrag erstellen, der dann vom Projektteam freigeschaltet wird oder Sie senden die Unterlagen an Südwesttextil (schneider@suedwesttextil.de). Diese zusätzliche Werbeplattform ist für Mitglieder kostenlos und bietet Ihnen in Zeiten des Fachkräftemangels eine zusätzliche Anlaufstelle.


14  Bildung + Soziales

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Ausbilder-Dialog zu Gast bei der Hochschule „AlbSig“

v.l.n.r.: Christine Scheider, Leiterin Fachkräfte + Märkte Südwesttextil, Sina Wans und Joana Schönborn von sustainable thinking und Qualifizierungsmanagerin Frauke Holländer.

Ende September war der jährliche Ausbilder-Dialog von Südwesttextil zu Gast an der Hochschule AlbstadtSigmaringen. Begrüßt wurden die Teilnehmer zunächst von Prof. Dr.Ing. Hans-Joachim Illgner, Dekan der Fakultät Engineering, und am Ende der Veranstaltung von Prof. Manuela Bräuning, Studiengang Textil- und Bekleidungstechnologie, durch den Textilbereich der Hochschule geführt.

Bereich Nachhaltigkeit und erarbeiten diesen eigenverantwortlich. Für die Unternehmen ist dies neben der inhaltlichen Weiterentwicklung auch ein interessantes Instrument, um die Arbeitgebermarke zu stärken und eine größere Mitarbeiterbindung zu erreichen. Im Anschluss diskutieren die Ausbilder, inwiefern das Projekt darüber hinaus als Ergänzung für die zukünftige Weiterbildung von Mitarbeitern inte-

Branche, ihrer Arbeit. Die beiden werden die Bildung von Qualifizierungsverbünden unterstützen, die Weiterbildungsbedarfe in den beteiligten Betrieben identifizieren und gemeinsame, passgenaue Weiterbildungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter organisieren. Die ersten Besuche bei SüdwesttextilMitgliedsunternehmen haben schon stattgefunden. Bei Interesse finden Sie die Kontaktdaten der beiden

Nachdem das Thema Nachhaltigkeit derzeit in aller Munde ist und nicht mehr von der Agenda eines jeden Unternehmens wegzudenken ist, war es Südwesttextil ein Anliegen, die Relevanz der Entwicklung ebenfalls für die Ausbildung zu diskutieren. So stellte das Team von sustainable thinking das Projekt „neda“ – Nachhaltige Entwicklung Durch Auszubildende – vor. Kern des Projekts ist die Vermittlung nachhaltigen Verhaltens für Auszubildende. Im Rahmen des Projektes kommen diese aus unterschiedlichen Unternehmen über ein Jahr lang regelmäßig zusammen, um in verschiedenen Workshops Methoden kennenzulernen, die Ihnen helfen, die Nachhaltigkeitspotenziale des eigenen Unternehmens zu erkennen und in ersten Projekten im Unternehmen umzusetzen. Die Jugendlichen erfahren so eine Kompetenzerweiterung im

ressant sein könnte. Südwesttextil bleibt gemeinsam mit sustainable thinking an diesem Thema dran. Gut ausgebildete und qualifizierte Mitarbeiter sind für eine nachhaltige Entwicklung einer so innovativen Branche wie die Textilund Bekleidungsindustrie einer der wichtigsten Grundpfeiler. Vor diesem Hintergrund hat der Verband zusammen mit Südwestmetall, dem Bildungswerk der Wirtschaft als starker Partner aus der Industrie und der Bundesagentur sowie dem Landes-Wirtschaftsministerium das Projekt der „Qualifizierungsverbünde“ ins Leben gerufen (siehe Südwesttext Ausgabe Juli/August 2019, S. 16). Frauke Holländer, eine der Qualifizierungsmanagerinnen für die Textil- und Bekleidungsindustrie, stellte das Projekt vor. Anfang Juli startete sie gemeinsam mit Birgit Steinmüller, der zweiten Qualifizierungsmanagerin für die

Prof. Manuela Bräuning führte die Ausbilder durch den textilen Bereich der Hochschule und zeigte Produkte aus dem 3D-Drucker, leuchtende Smart Textiles, eine Skihose aus der Microfactory und ein Sportfunktion-Shirt für die deutsche Nationalmannschaft der Tauzieher. Fotos: Südwesttextil

Qualifizierungsmanagerinnen unter www.suedwesttextil.de/verband oder Sie kontaktieren Christine Schneider. Im Anschluss präsentierte Prof. Manuela Bräuning die Hochschule Albstadt-Sigmaringen und ihre textilen Studiengänge. Einen besonderen Fokus legte sie dabei auf die neue Organisation und die Möglichkeiten eines Kombistudiums. Dieses bietet

Auszubildenden die Möglichkeit, neben der Ausbildung ein Bachelorstudium absolvieren. Ebenso können Interessierte sich als Gasthörer für bestimmte Vorlesungen anmelden. Dies ist eine einfache Form der Weiterbildung. Auf dem abschließenden Rundgang durch den textilen Bereich der Hochschule konnten sich die Ausbilder nochmals von der Innovationskraft und Modernität der Hochschule überzeugen.

Die Präsentationen und Unterlagen können im Mitgliederbereich unter www.suedwesttextil.de heruntergeladen werden. Fragen an: Dipl.-Ökonomin Christine Schneider Tel.: +49 711 21050-25 schneider@suedwesttextil.de


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Visionen: Bildungsmesse gefragt wie noch nie

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Neuer Go Textile!-Poster: Erik Ruff Seit dem 1. Oktober 2019 hat das Team Go Textile! mit Erik Ruff, Auszubildender bei der Rökona Textilwerk GmbH & Co. KG, einen neuen Poster gewonnen. Erik ist fasziniert von technischen Textilien. Vor allem die innovativen Entwicklungen und die Vielfalt, die es in den Einsatzmöglichkeiten gibt, interessieren ihn. In seiner Ausbildung zum Industriekaufmann mit Zusatzqualifikation internationales Wirtschaftsmanagement bei der Rökona Textilwerk GmbH & Co. KG. erhält er spannende Einsichten in textile Lösungen und in die Entwicklung neuer Märkte, die er gerne mit seinen Lesern teilt. Ab und an nimmt sie der passionierte Hobby-Segelflugpilot auch auf einen seiner Ausflüge in große Höhen mit. Im Sommer fertigte er im Rahmen seiner Ausbildung als Projekt maßgeschneiderte Sitzbezüge für den Schulungsdoppelsitzer des FSV Tübingen e.V.. Rökona unterstützte das Projekt mit dem passenden Obermaterial. Auf Instagram und Facebook ist er unter erik.gotextile zu finden.

Der neue Gemeinschaftsstand von Go Textile!

140 Aussteller, ein erweitertes Außenzelt, Infostände auf der Freifläche: Die Kapazitäten der Balinger Messehalle sind bei der 14. Auflage der „Visionen“ ausgereizt. Die Bildungsmesse für Schulabgänger aus dem Zollernalbkreis öffnete Ende September an den Tagen Donnerstag bis Samstag ihre Tore. 8 700 Studiengänge und Tausende Ausbildungsberufe wurden vorgestellt, natürlich auch die textilen Ausbildungsberufe. Die Textilindustrie präsentierte sich auf dem Gemeinschaftsstand von „Go Textile!“, der Kampagne für den Nachwuchs der Branche. Auf dem neu gestalteten Stand waren die Unternehmen Eschler Textil, Peter Müller, Sanetta, Nina von C., Nopma und Mey vertreten. Südwesttextil beteiligte sich zu 50 Prozent an dem Stand der Kampagne, welcher bei Ausstellern und Besuchern großen Anklang durch die zahlreichen Exponaten stieß.

Praxisheft zur betrieblichen Ausbildung von Geflüchteten Die berufliche Ausbildung von nach Deutschland geflüchteten jungen Menschen stellt besondere Anforderungen an die inhaltliche Ausgestaltung und an das ausbildende Personal in den Betrieben. Die Broschüre „Vielfalt in der beruflichen Bildung - Betriebliche Ausbildung von Geflüchteten erfolgreich gestalten“ des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt anhand von Praxisbeispielen unterschiedliche Instrumente und Konzepte auf. Es wird deutlich, dass der Umgang mit Vielfalt in der beruflichen Bildung gleichzeitig Herausforderung und Chance für das duale System sein kann. Betrieblichen Ausbilder/ innen werden mit der Broschüre konkrete Ideen und Konzepte an die Hand gegeben, die unmittelbar in den Ausbildungsalltag übertragen werden können. Die beschriebenen Maßnahmen sind gleichermaßen auch bei anderen, am Ausbildungsmarkt benachteiligten Jugendlichen anwendbar. Die Broschüre liefert sowohl eine Analyse der Ausgangssituation in Zahlen, Daten und Fakten sowie die spezifischen Anforderungen als auch Hinweise auf Anlaufstellen, Netzwerke und Portale, die beim Umgang mit dem Thema beraten und unterstützen. Broschüre online unter https://bit.ly/2NlZH2Q

Materialsammlung: Nachhaltigkeit in der Ausbildung anwenden Aus den Modellversuchen zur Berufsbildung für nachhaltige Entwicklung (BBNE) sind vielfältige Instrumente und Materialien für die Aus- und Weiterbildungspraxis entstanden, die in der Praxis erprobt wurden. Sie bieten viele Möglichkeiten, Nachhaltigkeit in die Aus- und Weiterbildung zu integrieren und den nachhaltigkeitsorientierten Kompetenzerwerb zu fördern. Produkte sind u. a.: kompetenzorientierte Lehr-LernMaterialien für Auszubildende, Seminarunterlagen zur Schulung von Ausbilder/innen, Gestaltungshilfen für Unternehmen, Erklärvideos, Fragebögen und wissenschaftliche Veröffentlichungen. Vieles ist auch für den berufsschulischen Einsatz geeignet. Materialien online unter https://bit.ly/2m1W3A9

Seminare Bildungswerk Seminarangebot der Akademie für Personal- und Organisationsentwicklung im Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft in Kooperation mit Südwesttextil. Betriebliche Gesundheitspolitik – AGIL 6. November 2019, Haus Gutach-Bleibach Stressbewältigung bei Veränderungen im Arbeitsalltag (Modul 1) 12. November 2019, Haus Reutlingen Besprechungen mit agilen Prinzipien führen 5. Dezember 2019, Haus Steinheim an der Murr www.biwe-akademie.de


16  Recht + Steuern

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Geschäftsgeheimnis – was müssen wir tun? Ein Überblick über das neue Geschäftsgeheimnisgesetz

Desirée Frey Rechtsanwältin (Syndikusrechtsanwältin) Tel.: +49 711 21050-19 frey@suedwesttextil.de

Am 26. April 2019 ist das Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen in Kraft getreten. Das Gesetz löst den bisher im Wettbewerbsrecht (UWG) bestehenden Schutz von Geschäfts- und Betriebsgeheimnissen ab. Wesentlich geändert wurde die Definition des Geschäftsgeheimnisses. Danach ist ein Geschäftsgeheimnis eine Information, / die weder insgesamt noch in der genauen Anordnung und Zusammensetzung ihrer Bestandteile den Personen in den Kreisen, die üblicherweise mit dieser Art von Information umgehen, allgemein bekannt oder ohne Weiteres zugänglich ist und daher von wirtschaftlichem Wert ist und / die Gegenstand von den Umständen nach angemessenen Geheimhaltungsmaßnahmen durch ihren rechtmäßigen Inhaber ist und / bei der ein berechtigtes Interesse an der Geheimhaltung besteht.

Foto: iStock.com/erdre

Der bloße Wille des Betriebsinhabers zur Geheimhaltung bestimmter Informationen ist also fortan nicht mehr ausreichend. Erforderlich ist vielmehr, dass objektive Maßnahmen zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen ergriffen werden. Möglich sind sowohl technische als auch vertragliche Maßnahmen. Technische Vorkehrungen sind das Einrichten von Passwörtern, Firewalls, Werks- oder Firmenausweisen, durch welche der Zugang zu den Informationen begrenzt und insbesondere ein unbefugter Zugang unterbunden werden kann. Vertraglich ist die Regelung einer Verschwiegenheitsklausel im

Arbeitsvertrag möglich. Bestehen solche Verschwiegenheitsklauseln bereits, besteht im Zusammenhang mit dem Geschäftsgeheimnisgesetz hier kein Änderungsbedarf. Bei Projekten mit besonders sensiblen Informationen können zusätzlich gesonderte Vertraulichkeitsvereinbarungen abgeschlossen werden. Ob eine Geheimhaltungsmaßnahme angemessen ist, hängt vom Einzelfall ab. Kriterien sind unter anderem der Wert der Information und deren Bedeutung für das Unternehmen. Neu ist außerdem die ausdrückliche Erlaubnis von Reverse Engineering. Damit ist das Untersuchen

oder Zerlegen von Produkten gemeint, um eine entsprechende Kopie herzustellen. Das ist zumindest dann erlaubt, wenn das Produkt öffentlich verfügbar gemacht wurde. Weitere nennenswerte Änderung ist der aufgewertete Schutz von Whistleblowern. Als Whistleblower werden Personen bezeichnet, die rechtswidrige Handlungen oder sonstiges Fehlverhalten aus geschützten oder geheimen Bereichen an die Öffentlichkeit bringen. Nun ist die Offenlegung eines Geschäftsgeheimnisses schon dann gerechtfertigt, wenn sie zur Aufdeckung einer rechtswidrigen Handlung stattfindet und geeignet ist, das allgemeine öffentliche Interesse zu schützen. Nicht erforderlich ist die Absicht, das öffentliche Interesse zu schützen. Was müssen wir also tun? Um überhaupt in den Schutz des Geschäftsgeheimnisgesetzes zu gelangen, muss die neue Definition eines Geschäftsgeheimnisses beachtet werden. Das heißt, es sollte geprüft werden, ob „angemessene Geheimhaltungsmaßnahmen“ bereits bestehen oder noch eingeführt werden müssen. Da bereits vorhandene Verschwiegenheitsklauseln in Arbeitsverträgen weiterhin ausreichend Schutz bieten, gibt es hier keinen Handlungsbedarf. Desirée Frey

BAG stärkt Einsichtsrechte des Betriebsrats Der Betriebsrat – konkret der Betriebsratsvorsitzende oder der Betriebsausschuss – hat das Recht, Einblick in die Listen über die Bruttolöhne und -gehälter zu nehmen. Das kann er verlangen, soweit es zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlich ist, § 80 Abs. 2 S. 2 BetrVG. Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat mit Beschluss vom 07.05.2019 (Az. 1 ABR 53/17) das Einsichtsrecht des Betriebsrates dahingehend bestärkt, dass es sich auf nicht anonymisierte Bruttoentgeltlisten bezieht. Der notwendige Aufgabenbezug ergibt sich regelmäßig bereits aus der allgemeinen Aufgabe des Betriebsrates, über die Einhaltung der für Arbeitnehmer geltenden Gesetze und Tarifverträge zu wachen (§ 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG). Dazu gehört auch die Beachtung des allgemeinen Gleichheitsgrundsatzes durch den Arbeitgeber. Nur wenn jeweils die Zuordnung zu einem Foto: iStock.com/johannes86 konkreten Beschäftigten möglich ist, könne der Betriebsrat feststellen, welcher Mitarbeiter welche Vergütungsbestandteile erhält. Sonst ist keine Prüfung möglich, ob mitbestimmungspflichtige Änderung erfolgten oder eine „innerbetriebliche Lohngerechtigkeit“ existiert. Dem steht auch nicht die Datenschutzgrundverordnung oder das Bundesdatenschutzgesetz entgegen. Die Verarbeitung personenbezogener Daten zum Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses ist nach § 26 Abs. 1 BDSG erlaubt. Das ist zumindest dann der Fall, wenn der Einblick in die nicht anonymisierten Listen erforderlich ist. Verlangt der Betriebsrat Einblick in Bruttoentgeltlisten, kann sich der Arbeitgeber nicht pauschal auf anonymisierte Listen beschränken. Der Betriebsrat kann auch Einblick in nicht anonymisierte Bruttoentgeltlisten verlangen. Hier kommt es sowohl aus betriebsverfassungsrechtlicher wie auch aus datenschutzrechtlicher Sicht darauf an, ob gerade der Einblick in nicht anonymisierte Listen zur Erfüllung der Aufgaben erforderlich ist.


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Einwurf-Einschreiben nicht immer rechtssicher Gerichte sind sich nicht einig – Zustellung per Boten empfohlen

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Vor allem bei Kündigungen, aber auch bei Abmahnungen oder sonstigen fristgebundenen Schreiben stellt sich häufig die Frage, wie im Streitfall der Zugang bewiesen werden kann. Häufig wird dafür das EinwurfEinschreiben verwendet. So auch im Fall des Arbeitsgerichts Reutlingen mit Urteil vom 19.03.2019 (Az.: 7 Ca 89/18). Gegenstand des Verfahrens war eine Kündigung während der Probezeit. Das Arbeitsgericht verneinte hier allerdings den rechtzeitigen Zugang der Kündigung, obwohl diese per Einwurf-Einschreiben versendet und laut Auslieferungsbeleg rechtzeitig zugestellt wurde. Insofern führte das Arbeitsgericht aus, dass durch Vorlage des Ein- und Auslieferungsbelegs nicht automatisch ein

rechtzeitiger Zugang angenommen werden könne (kein Anscheinsbeweis). Der Arbeitgeber müsse vielmehr zusätzlich nachweisen, dass im konkreten Einzelfall das Zustellungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Ein solcher Nachweis ist kaum möglich. Fast zur selben Zeit, nämlich mit Urteil vom 12.3.2019 (Az.: 2 Sa 139/18) hatte auch das Landesarbeitsgericht (LAG) Mecklenburg-Vorpommern darüber zu entscheiden, ob durch Vorlage des Einlieferungsbelegs der Zugang des Kündigungsschreibens bewiesen ist. Das LAG bejahte den Zugang. Durch Vorlage des Einlieferungsbelegs (mit Sendungsnummer, handschriftlichem Einlieferungsdatum und Name des Empfängers) und des Auslieferungsbelegs ist davon

auszugehen, dass das Zustellungsverfahren ordnungsgemäß durchgeführt wurde (Anscheinsbeweis). Die bloße Aussage des Empfängers, er habe das Kündigungsschreiben nicht erhalten, ist nicht ausreichend, um den Beweis zu erschüttern. Welche Rechtsauffassung sich durchsetzt, ist offen. Die unterschiedlichen Auffassungen der Gerichte zeigt, dass hier momentan Rechtsunsicherheit besteht. Als sicheren Weg können wir daher nur die Zustellung per Boten empfehlen. Der Bote sollte dabei nicht selbst vertretungsberechtigtes Organ sein. Hat er gesehen, was sich in dem Briefumschlag befindet, kann er auch den Inhalt bezeugen. Schließlich sollte der Bote nach Einwurf oder Übergabe des Schreibens das Zugangsdatum mit Uhrzeit vermerken. Ist eine Zustellung per Bote nicht möglich, ist nach wie vor das Einwurf-Einschreiben die einzige empfehlenswerte Übermittlung auf dem Postweg. Keinesfalls sollte hier das Übergabe-Einschreiben verwendet werden. Bei Übermittlung durch Einwurf-Einschreiben sollte dann der Einlieferungsbeleg aufbewahrt und der Sendungsstatus (online abrufbar über die Sendungsnummer) ausgedruckt werden. Wenn möglich, sollte aber per Bote zugestellt werden. Desirée Frey

Termin unbedingt vormerken und gleich anmelden!

Recht + Steuern  17

Neues zur Befristung ohne Sachgrund

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Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat erneut zum sog. Vorbeschäftigungsverbot entschieden (Urteil vom 21.08.2019, 7 AZR 452/17): Gemäß § 14 Absatz 2 Satz 2 Teilzeit- und Befristungsgesetz (TzBfG) darf eine Befristung ohne sachlichen Grund nicht stattfinden, wenn bereits zuvor ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber bestand. Seit längerem besteht Streit darüber, ob dies bedeutet, dass nie zuvor ein Arbeitsverhältnis bestanden haben darf. Das Bundesverfassungsgericht hatte diesbezüglich entschieden, dass die Vorschrift in der Tat grundsätzlich bedeutet, dass ein Arbeitsverhältnis mit demselben Arbeitgeber zuvor noch nicht bestanden haben darf. Gleichzeitig hatte es jedoch auch entschieden, dass ein vorausgegangenes Arbeitsverhältnis dann unschädlich ist, wenn es sehr lange zurückliegt, die Vorbeschäftigung ganz anders geartet war und die Vorbeschäftigung nur von sehr kurzer Dauer war. In dem zu entscheidenden Fall war ein Mitarbeiter vor seiner jetzigen Anstellung als Telefonserviceberater bereits vor 22 Jahren als Hilfsbearbeiter für Kindergeld beschäftigt gewesen. Das BAG hält dies für einen sehr langen Zeitraum, so dass die Befristung ohne sachlichen Grund nun möglich und zulässig war. Praxistipp: Nach den zuletzt ergangenen Entscheidungen des BAGs sollten Befristungen ohne sachlichen Grund momentan nur dann erfolgen, wenn entweder noch gar kein Arbeitsverhältnis vorausging oder aber dieses vor ca. 20 Jahren bereits bestanden hatte. Mit Spannung darf auf weitere Entscheidungen gewartet werden, die hoffentlich noch für weitere Rechtssicherheit sorgen. Alexander Stöhr

Jetzt anmelden unter www.suedwesttextil.de/veranstaltungen, clauss@suedwesttextil.de oder +49 711 21050  - 14


18  Technik + Umwelt

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Schwer verdaulicher „Schwedenhappen“ „Skin-Sensitizer“-Restriktion auf köpernahen Textilien

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Die schwedische Chemikalienbehörde KEMI ist mittlerweile berüchtigt für ihre fundamentalen REACH-Chemikalienrestriktionsvorschläge. Während sich Europa aktuell noch über den KEMIMikroplastik-Restriktionsentwurf den Kopf zerbricht, haben die Schweden gemeinsam mit der französischen Behörde für Lebensmittelsicherheit, Umweltschutz und Arbeitsschutz (Agence nationale de sécurité sanitaire de l’alimentation, de l’environnement et du travail, ANSES) die nächste Ebene eines textilen FundamentalRestriktionsvorschlags erarbeitet: Seit Juni 2019 läuft die heiße Phase des REACH-Restriktionsverfahrens bezüglich hautsensibilisierender und ätzender Stoffe auf Textilien und Leder. Geht es nach dem Willen der Schweden und Franzosen sollen über 1.074 allgemein als sensibilisierend oder ätzend eingestufte Stoffe – und in Zukunft noch viele weitere Stoffe – automatisch ohne Prüfung auf textile Relevanz reguliert und nachgehend auf dem Textil getestet werden. Das bedeutet generell: Die Sinnhaftigkeit dieser Restriktion tendiert dann gegen Null, hingegen die Prüfkosten für ein Textil gegen unendlich. Ein solcher erstmals eingeführter REACHAutomatismus kann weder von den Überwachungsbehörden noch von den Textilern mehr gehandhabt werden, denn im Monatstakt werden mittlerweile neue Stoffe in REACH/ CLP als sensibilisierend eingestuft. Dieser Präzedenzfall einer massenhaften, automatischen Verknüpfung

einer REACH-Restriktion mit dem CLP-System wird im Falle der Umsetzung nachgehend alle anderen Industriebereiche gleichfalls betreffen. Die Folgen wären unabsehbar, vor allem auch für den Einsatz von Recyclingrohstoffen! Die analytischen Prüfmethoden zu hunderten der vorgeschlagenen Stoffe, die auf Textilien getestet werden müssten, sind heute oft überhaupt nicht vorhanden, bzw. die vorgeschlagenen Grenzwerte zu vielen Stoffen können derzeit überhaupt nicht gesichert gemessen werden, da diese um den Faktor 100 zu niedrig angesetzt wurden. Diese ersten „Highlights“ beschreiben den neuen „Schwedenhappen“ aus der KEMI-Restriktions-Freestyle-Küche, verfeinert durch Ingredienzien der französischen Behörde ANSES, der den textilen Stoffrechts- und Umweltexperten serviert wird. Die Mitarbeit der Franzosen macht die Sache nicht einfacher, da ANSES u. a. auch schon federführend bei der REACH/CLP-Einstufung von Formaldehyd im Jahr 2014 zuständig war. Dieser Umstand hätte in Deutschland, ohne die gesetzliche Korrektur im Jahr 2016, durch einen Rechts-Automatismus in der TA-Luft zu einem gesamten Industrie-Stopp nebst Stilllegung aller Biogasanlagen, Kraftwärmekopplungskraftwerke sowie Brotbackstraßen geführt, um nur einige zu nennen. Dieses Beispiel eines einzigen Stoffes zeigt, dass REACH/CLPinduzierte Automatismen hochgefährlich wirken können!

Was außerdem bei nahezu allen vorgeschlagenen Stoffen fehlt, ist die Beschreibung angeblicher Probleme, die diese Stoffe in unserer realen Welt verursachen sollen. „Kein Problem, wenn Probleme fehlen“, sagten sich wohl die Schweden gemeinsam mit den Franzosen. Ganz einfach – sie werden erfunden und die dazugehörigen Zahlen zum „Beleg“ gleich mit. Wissenschaftlich nachvollziehbare, belastbare Studien zu den auf Textilien und Leder vorgeschlagenen Stoffen sind generell fehlangezeigt. Im seitenlangen Begleitmaterial bzw. Konvolut, das hauptsächlich von der französischen ANSES zusammengetragen wurde, liest sich das in etwa so, als würden 512 Millionen EU-Europäer den ganzen Tag „allergisiert“ und „sensibilisiert“ von Textilien geplagt und kratzend durch die Gegend laufen. Zusätzlich wurde von der europäischen Chemikalienbehörde ECHA ein Video mit Aussagen online gestellt, das ebenfalls ein Bild zeichnet, welches auf keinem belastbaren Zahlenmaterial gründet. https://newsletter.echa.europa. eu/home/-/newsletter/entry/restriction-proposed-for-skin-sensitisersin-textiles-and-leather-articles Wie schon beim Thema Mikroplastik ist die Frage zu stellen bzw. zu klären, ob die oberste europäische Chemikalienbehörde ECHA, deren Arbeit auf Wissenschaft und Fakten beruhen sollte, öffentlich ein solches Zerrbild von einer Situation zeichnen und damit eine ganze Branche in Misskredit bringen darf. Ist es die Aufgabe von EU-Chemikalienbehörden mittels erfundener Probleme u.a. ihre ChemikalienRestriktions-Aufträge selbst zu schreiben oder ist da etwas nur noch in extremer Schieflage? Wir laufen nun Gefahr, ohne triftigen Grund bald auf sehr viele Textilien auch im Medizin-, Hygiene- und Schutztextilbereich verzichten zu müssen bzw. auf deren Herstellung in Europa. So werden weiterhin viele der 1.074 vorgeschlagenen Stoffe, die durch REACH/CLP als sensibilisierend bzw. ätzend eingestuft sind, in der Textilherstellung überhaupt nicht verwendet, verbleiben nicht auf

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Termine Textiles Grundwissen für Kaufleute Das von der Gatex vom 11. bis 15. November 2019 veranstaltete Seminar ermöglicht einen Überblick über die Entstehung von Textilien. Das Seminar richtet sich an Mitarbeiter sowie Auszubildende in den kaufmännischen Abteilungen von Textil- und Bekleidungsunternehmen, im Textilmaschinenbau, in Zulieferfirmen und im Einzelhandel. Mehr unter www.die-gatex.de. Textilsymposium „Historische Gewebe in einer digitalen Welt“ Am 14. und 15. November findet an der Hochschule Reutlingen das internationale Textilsymposium „Historische Gewebe in einer digitalen Welt“ statt. Aus unterschiedlichsten Perspektiven untersucht das Symposium die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft historischer Textilsammlungen unter anderem aus Europa, Südamerika, Japan und Indien. Dabei liegt ein besonderer Schwerpunkt auf der japanischen Sammlung der Hochschule Reutlingen, die der Leibarzt des japanischen Kaiserhauses, Dr. Erwin von Baelz im 19. Jahrhundert aus dem Kaiserreich mitbrachte. Interessierte, Studierende und Fachleute sind herzlich eingeladen sich bis zum 31. Oktober für eine Teilnahme am Symposium zu registrieren. Die Teilnahmegebühr beträgt 30 Euro (Studierende kostenfrei). Die Registrierung unter https:// www.td.reutlingen-university.de/ forschung/textilsymposium-2019/ anmeldung-registration/. Kooperationsforum „Zukunftsperspektiven für die Textilindustrie“ Die Bayern Innovativ GmbH veranstaltet das Kooperationsforum „Zukunftsperspektiven für die Textilindustrie“ am 21. November 2019 in Nürnberg, bei dem Südwesttextil Kooperationspartner ist. Die Veranstaltung diskutiert unter anderem die Herausforderungen und Veränderungen, denen sich die Textilindustrie aktuell gegenüber sieht. Weitere Details zum Programm sowie die Möglichkeit zur Anmeldung finden Sie unter www.bayern-innovativ.de/veranstaltung/textilforum2019.


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dem Textil bzw. liegen anschließend verändert vor oder sind völlig hautunzugänglich in den Fasern inkorporiert. Das hautsensibilisierende Risiko eines grundsätzlich sensibilisierenden Stoffes ist somit nicht mehr gegeben. Einige Beispiele aus den vorgeschlagenen 1.074 Stoffen bzw. der separat von KEMI angefertigten Stoff-Masterliste mit derzeit 93 spezifisch betrachteten Stoffen können den Widersinn dieses Ansatzes anschaulich aufzeigen: / Natronlauge ist ätzend und wird relativ häufig in Textilveredlungsprozessen eingesetzt, aber dann auch wieder ausgespült. Gerne tränkt der Bäcker sein Brot in Natronlauge und das so produzierte Laugengebäck wird dann schön braun und knusprig, bevor wir es ohne Risiko verzehren. / Phosphorsäure ist auch ätzend und kann in bestimmten Textilveredlungsprozessen eingesetzt werden, die aber in Spülprozessen wieder entfernt wird. Gerne trinken wir auch Phosphorsäure, z.B. als Bestandteil unserer Cola. / Diisocyanate sind für sich sensibilisierend und werden aber so in der Textilveredlung bzw. in der Textil-Beschichtung nicht eingesetzt. Diese Verbindungen reagieren zudem schon mit Luftfeuchtigkeit zu nicht sensibilisierenden Verbindungen. Die Verwendung von Diisocyanaten in der Produktion, sprich der Arbeitsschutz, ist risikobasierend geregelt. / ChromVI-Verbindungen sind für sich hautsensibilisierend. Diese

auch kanzerogenen Verbindungen werden in Deutschland auf Textilen nicht mehr verwendet und sind schon vielfältig REACH-reguliert. Auch in diesen Regulierungen wurde das eigentliche Risiko betrachtet. In chromgegerbtem Leder (weltweit 85 %) wie auch in bestimmten Farbstoffen auf Textilien und Leder ist das Chrom fest komplex eingebunden und liegt zudem nicht als sechswertiges Chrom vor. / Nickel- und Nickelverbindungen sind sensibilisierend. Bei Nickel geht es generell um Metallteile wie Brillengestelle, Metallnieten etc., die beim Tragen dauerhaft in Hautkontakt sein können. Dies ist im REACH ANNEX XVII reguliert und der Risikoansatz kommt in der Regulierung zum Tragen. / Formaldehyd auf Textilien ist als Reinstoff sensibilisierend, wird aber als dieser nicht auf Textilien eingesetzt, sondern in Form von formaldehydhaltigen Umsetzungsprodukten, die zudem weitgehend mit sich selbst bzw. mit der Faser reagieren. Spuren von freiem RestFormaldehyd ist aber bereits auch bei REACH Annex XVII mit einem Grenzwert risikobasierend auf Textilien reguliert worden. Was im Kern von der Restriktion bleibt, sind u. a. einige bereits bekannte sensibilisierende Dispersionsfarbstoffe, die bei unsauberer Textilveredelung bzw. Nachbehandlung und Nachwäsche früher in Spuren auf dem Textil verblieben sind und bei Hautkontakt hautsensibilisierend sein können. Seitdem weltweit die Veredlungsstandards

Südwesttextil-Kompetenz für Export und Zoll In einer globalisierten Welt steigt für viele Mitglieder die Bedeutung von komplexen zoll- und außenwirtschaftlichen Fragen. Diese Kompetenz hat bei Südwesttextil jetzt „Brief und Siegel“. Wir freuen uns, unserer Mitarbeiterin Desirée Frey zur Zertifizierung als Fachkraft für Export und Zollabwicklung – Branchenschwerpunkt Textilwirtschaft (IHK) gratulieren zu können. Frau Frey hat den entsprechenden Lehrgang bei Desirée Frey der IHK-Exportakademie Stuttgart mit erfolgreich bestandener Prüfung absolviert. Neben dem Arbeitsrecht und dem Bereich der Textilkennzeichnung wird sie unsere Mitglieder somit künftig auch in Fragen des Zoll- und Außenhandelsrechts kompetent beraten.

höher gesetzt wurden, ist aber auch diese Thematik ad acta gelegt worden. Zudem wurden diese als sensibilisierend bekannten Farbstoffe auch präventiv in den einschlägigen Textilstandards bzw. RSL’s (Restricted Substance Lists) schon vor langen Jahren aufgenommen.

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Eine gesetzliche Harmonisierung auf EU-Ebene macht diesbezüglich Sinn, wenn diese überschaubar bleibt und die Überwachungsbehörden in allen EU-Mitgliedstaaten diese neue Gesetzgebung dann auch so handhaben und kontrollieren können. Bei Verwendung von Dispersionsfarbstoffen zur Färbung von Polyesterfasern werden die Farbstoffe fest in die Faser eingebunden und oberflächlich anhaftende Farbstoffreste mittels des Prozesses der sogenannten „reduktiven Nachreinigung“ entfernt. Dies bedeutet, dass das Sensibilisierungsrisiko auch eines potenziell sensibilisierenden Stoffes maßgeblich durch die richtige Anwendung bzw. die richtigen Maßnahmen im textilen Veredlungsprozess ausgeschaltet wird. Die EU-Behörden fahren in der Chemikalienregulierung grundsätzlich gerne einen Gefahrenansatz und bewerten das eigentlich bestehende Risiko eher untergeordnet oder oft gar nicht. Wenn man nicht als Risikominimierung beachtet, dass Menschen das Schwimmen

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lernen können, könnte man mit dieser Denkweise sogar Wasser verbieten, da es ja unter anderem die Gefahr des Ertrinkens bewirkt. Konkret geht es im Restriktionsvorschlag darum, dass – über entsprechend niedrige Grenzwerte flankiert – der Einsatz vieler weiterer Dispersionsfarbstoffe undifferenziert verboten werden soll. Das geht momentan unter anderen so weit, dass z. B. künftig in Europa auf Polyester die „Nicht-Farbe Schwarz“ gar nicht mehr gefärbt werden könnte bzw. ein schwarzes Polyestertextil nicht mehr verkehrsfähig wäre, obwohl das Risiko mit veredlerischen Maßnahmen auf „Null“ minimiert wird. Es gibt noch viele weitere Themen, wie z. B. die von KEMI und ANSES in die Restriktion fälschlicherweise eingebrachten, als sensibilisierend eingestuften Biozidwirkstoffe, die nicht unter REACH, sondern in der BPR (Biocidal-Product-Regulation) geregelt werden müssen. In all diesen Themen wirkt Südwesttextil mit seinem Umwelt- und Textilchemieexperten Stefan Thumm mit hohem Einsatz. Gemeinsam mit den Kollegen unter dem Dach des Gesamtverbands textil+mode, der Euratex sowie im Verbund mit anderen betroffenen Verbänden und Prüfinstituten wird mit Hochdruck an der Kommentierung des Restriktionsvorschlags gearbeitet, der in zwei Phasen von August bis Dezember 2019 bei der ECHA vorliegen muss. Langwierige Aufräumarbeiten in „Pippi Langstrumpfs Klamottenkiste“, wie damals im REACH-68/2 Verfahren für CMR-Stoffe auf körpernahen Textilien (https://www. suedwesttextil.de/nachrichten/ pippi-langstrumpf-klamottenkiste) stehen den verbandlichen Interessenvertretern in den nächsten Monaten wieder bevor, denn die KEMI hat gemeinsam mit der ANSES die nächste Stufe einer textilen Fundamental-Restriktion gestrickt, die nun in alle Richtungen gangbar gemacht werden muss. Wir werden die Mitglieder über den Fortgang des Verfahrens weiter auf dem Laufenden halten. Fragen an: Dipl.-Ing.(FH) Stefan Thumm Tel.: +49 151 281 090 45 umwelt@suedwesttextil.de


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Digitalisierung für Produktentwicklung und Produktion Das Mittelstand 4.0 Kompetenzzentrum unterstützt die Sporlastic GmbH und die Mattes & Ammann GmbH

Die Produktentwicklung der orthopädischen Bandagen und Orthesen bei Sporlastic (links) und die Produktion bei Mattes & Ammann

Für die Entwicklung eines neuen Produktes hat die Sporlastic GmbH, Spezialist für orthopädische Bandagen und Orthesen, ein Projekt mit dem „Textil vernetzt“-Team des Hahn-Schickard-Instituts begonnen. Für das neue Produkt sollen speziell konfektionierte Materialien genutzt werden. Neben einer höheren Stützfunktion der Bandage und dem entsprechendem Tragekomfort soll gleichermaßen die Sicherheit der Patienten garantiert werden. Die Firma führt dazu ein Screening der Fasern mit unterschiedlichen Materialien und Parametern durch. Hahn-Schickard wird gemeinsam mit dem Unternehmen eine Versuchsreihe konzipieren, sodass Prüfmuster und deren Qualität digital erfasst werden können. Ein Augenmerk soll dabei auf der Messung der Zugspannung liegen. Von der Einführung neuer Materialien in die Bandagen verspricht sich Sporlastic, neue benutzerfreundliche Produkte mit technischen Alleinstellungsmerkmalen zu erzeugen, wodurch neue Marktanteile in den Gebieten orthopädischer Hilfsmittel generiert werden können.

Mit Blick auf die geforderten Sicherheitsstandards ist eine sensorische Absicherung der Ergebnisse in der Konzeptionsphase des Produkts sinnvoll. Dieser Prozess ist auf zahlreiche weitere Entwicklungstätigkeiten übertragbar und kann von anderen Unternehmen genutzt werden. Auch die Mattes & Ammann GmbH & Co. KG aus Meßstetten arbeitete mit den Hahn SchickardExperten an der digitalen Optimierung. Das Unternehmen hat in Fadenleitsysteme der Firma Memminger-Iro GmbH investiert und eine Rundstrickmaschine mit insgesamt 15 dieser Systeme ausgerüstet. Das Ziel des Projektes bestand darin, Sensordaten während eines Rundstrick-Produktionsprozesses aufzuzeichnen und diese zur Analyse von Zusammenhängen in Bezug auf die Qualität der Strickware zu nutzen. Das Unternehmen erhoffte sich hierdurch Daten aus der Produktion mit der Strickwarenqualität zu verknüpfen, um diese zu verbessern. Die Experten von HahnSchickard führten am Produktionsstandort in einem 72-stündigen

Testlauf eine Datenerfassung an der Rundstrickmaschine durch. Dazu kam eine universelle und hochpräzise Messtechnik zum Einsatz. Die gewonnene Datenmenge wurde anschließend von den Kollegen der Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) mit Hilfe von selbstlernenden Algorithmen analysiert. Die umfangreiche Datenmenge (pro Sekunde 15 000 Daten) bildet die realistische Umgebung der Maschine ab. Mittels BigData-Methoden wurden hierfür sowohl physikalische Effekte bei der Fadenspannung erfasst wie auch Effekte, die beispielsweise durch Unregelmäßigkeiten oder Besonderheiten im Garn, dem Abschneiden der Gestrickstücke oder beim Aufsetzen neuer Garnspulen auftreten können. Die Ergebnisse haben die DITF gemeinsam mit der Geschäftsführung und den beteiligten Mitarbeitern bei Mattes & Ammann begutachtet und mit den realen Ereignissen während der Messperiode verglichen. Die Vorgehensweise lässt sich auch auf weitere Prozesse des Unternehmens übertragen.

Fotos: Sporlastic und Textil vernetzt

KI-Trainer kommen zu Ihnen Textil vernetzt hat sein Portfolio erweitert und stellt dem textilen Mittelstand sogenannte KI-Trainer an die Seite. Damit sollen den Unternehmen nicht nur Potenziale der Künstlichen Intelligenz (KI) aufgezeigt, sondern auch konkrete Anwendungsfelder erschlossen werden. Die vier KI-Trainer kommen direkt in die Unternehmen und bieten dort kostenfrei Informationsgespräche und Schulungen an. Mittelständler erhalten Grundlagenvermittlung und die Befähigung, Anwendungen für KI zu erkennen. Die KI-Trainer zeigen zudem Wege auf, wie KI eingeführt werden kann. In einem KI Escape Room, der mit virtuellen, realen und mobilen Demonstratoren ausgestattet ist, werden Intelligente Produkte und Services der Textil-vernetztPartnern Deutsche Institute für Textil- und Faserforschung (DITF) in Denkendorf sowie Hahn-Schickard in Stuttgart erlebbar gemacht. Angebote und Anmeldung unter https://bit.ly/2EzkxqN

Mehr unter www.textil-vernetzt.de

Wirtschaftszitat

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»Wer es nicht im Boden hat, der muss es in der Birne haben. «

Verband der Südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie Südwesttextil e. V. Türlenstraße 6 70191 Stuttgart

Präsident Bodo Th. Bölzle

Susanne Eisenmann, Kultusministerin von Baden-Württemberg, am 14. Oktober 2019 anlässlich der Festveranstaltung zum 25-Jahr-Jubiläum der Stiftung der Deutschen Wirtschaft über die Bedeutung von hellen Köpfen in Baden-Württemberg.

Telefon +49 711 21050-0 Telefax +49 711 233718 Internet www.suedwesttextil.de

Verantwortlich für Inhalt und Layout Simone Diebold

Hauptgeschäftsführer Peter Haas

Der Bezug der Südwesttext ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Druck DCC Kästl e.K. Ostfildern-Kemnat Auflage 1 850 Exemplare Erscheinungsweise zweimonatlich


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