Masche 02/2014

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Ausgabe 2/2014 Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V.

Länderreport Kolumbien Interview Marc Cain Masche innovativ GM Produktionsmanagement Messen und Märkte Interfilière Shanghai 2014


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Länderreport 08

Inhalt 04

Im Blickpunkt l Der Textil- und Modedialog zieht an

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Kurz berichtet

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Länderreport l Kolumbien

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Interview l Helmut Schlotterer, Marc Cain

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Masche innovativ l GM Produktionsmanagement

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Geschäftsklimaindex l Maschenindustrie mit eingetrübter Stimmung

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Messen und Märkte l Interfilière Shanghai 2014

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Analyseservice l Maßgeschneiderte Markt- und Länderanalysen

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Außenwirtschaft

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Wissenswertes

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Interview 12


Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Der Bezug der masche ist im Mitgliedsbeitrag enthalten. Herausgeber Gesamtmasche – Gesamtverband der deutschen Maschenindustrie e. V. Präsidentin: Martina Bandte Hauptgeschäftsführer: Dr. Markus H. Ostrop Redaktion: Simone Diebold Gestaltung: www.die-wegmeister.com Druck: Gress-Druck GmbH, Fellbach Auflage: 800 Ausgabe 02/2014 Heftnummer 13 Fotos: Soweit ohne Vermerk von Gesamtmasche Titel: Marc Cain Kontakt Kernerstraße 59, 70182 Stuttgart Telefon +49 711 21050 - 0 Telefax +49 711 233718 E-Mail info@gesamtmasche.de

Interfilière Shanghai 18

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Editorial Doktor Fanderl und sein Schröpfschnepper – das könnte der Titel einer amüsanten Geschichte aus vergangenen Zeiten sein. Ist es aber nicht. Denn der neue KarstadtChef hat gerade erst wieder ein altes Gerät hervorgeholt, mit dem schon seine zahlreichen Vorgänger den textilen Lieferanten zu Leibe gerückt sind. Der Schröpfschnepper ist ein Werkzeug für den Aderlass, der die Haut schnell und heftig aufritzt, um eine möglichst große Menge Blut zu entnehmen. Bis zu dreieinhalb Prozent vom kumulierten Gesamtumsatz sind es diesmal. Rückwirkend ab September. „Funktionsrabatt“ heißt die Therapie, die der mittelalterlichen Phlebotomie in nichts nachsteht. Der Aderlass als Heilverfahren hat zwar längst ausgedient, weil er nur bei wenigen Krankheitsbildern eine positive Wirkung gezeigt hatte. Zur Gesundung eines Warenhauskonzerns scheint die Methode aber immer noch opportun zu sein. Amüsant klingt lediglich die wortreiche Begründung für die überkommene Therapie. Von der „wettbewerbskonformen

Anpassung der Rahmenkonditionen“ ist die Rede ebenso wie von einer „marktgerechten Basis für eine weiterhin erfolgreiche Zusammenarbeit“. Einen Quacksalber würde man dahinter vermuten, wüsste man nicht um den ernsten Zustand des Patienten und die Entschlossenheit seiner Therapeuten. So bleibt den zur Ader gebetenen Lieferanten nur die mehr oder minder freie Entscheidung, in die „Operation Schröpfschnepper“ einzuwilligen oder sie als Zumutung abzulehnen. Der Aderlass ist dank besserer Erkenntnis aus dem medizinischen Alltag verschwunden. So sollte auch die einseitige und rückwirkende Rabatterzwingung heute eigentlich nicht mehr zum Instrumentarium von Geschäftspartnern gehören. Gespräche auf Augenhöhe und Verhandlungen mit Respekt für meinen Lieferanten sind das, was gerade in der Krise am meisten Erfolg verspricht. Ihr

Markus H. Ostrop masche 3


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Der Textil- und Modedialog zieht an Bereits zum vierten Mal luden die Partnerverbände Verband der Bayerischen Textil- und Bekleidungsindustrie, DTB, Gesamtmasche und Südwesttextil zum Textil- und Modedialog am 2. September nach München ein. Um die 140 Gäste aus Politik, Wirtschaft und der Öffentlichkeit kamen zum Branchentreff nach München, um den ersten Messetag der Munich Fabric Start in der entspannten Atmosphäre des Fabric Club im M,O,C, München bei guten Gesprächen und einem abwechslungsreichen Programm ausklingen zu lassen. Christian Dierig, Vorstand der Dierig Holding und Präsidiumsmitglied des VTB, führte durch das Programm und diskutierte mit Peter Schöffel, dem geschäftsführenden Gesellschafter von Schöffel Sportbekleidung, über die Herausforder­ ungen bei der Führung eines Familienunternehmens in heutiger Zeit. Mit der Marketing-Kampagne „Ich bin raus“ will Schöffel der Marke zu mehr Präsenz auf dem hart umkämpften Outdoor-Markt verhelfen. Gleichzeitig steht für den Firmenchef das Thema Nachhaltigkeit ganz oben auf der Agenda. Als wichtigen Schritt im Bereich Corporate Social Responsibility sieht er die Mitgliedschaft seines Unternehmens bei der Fair Wear Foundation. Ein weiteres Highlight war die Modenschau der Deutschen Meisterschule für Mode, Designschule München. In diesem Jahr wurden die Abschlussarbeiten der Fachschule für Schnitt und Entwurf gezeigt. Insgesamt neun Schülerinnen und Schüler zeigten ihre Kollektionen. Die kreativen und abwechslungsreichen Entwürfe wurden am Ende mit tosendem Applaus belohnt.

www.textil-mode-dialog.de

Christian Dierig führte durch das Programm und diskutierte mit Peter Schöffel über die Herausforderungen bei der Führung eines Familienunternehmens. Schulleiterin der Deutschen Meisterschule für Mode, Irene Schoppmeier erklärte den Gästen die Rafinessen der kreativen Kollektionen (v. l. n. r.).

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Kurz berichtet Neureuther oder Hirscher – Falke macht keinen Unterschied Wenn in dieser Skisaison die DSV-Mannschaften um die alpinen Rennläufer Viktoria Rebensburg, Fritz Dopfer und Felix Neureuther sowie den Athleten des Austria Ski Teams wie Elisabeth Görgl, Marcel Hirscher und Benjamin Reich auf die begehrten Podestplätze fahren, dann liegt es mit Sicherheit auch an den Wohlfühl- und Funktionseffekten der Unterwäsche und Skistrümpfen des Falke Ergonomic Sport Systems. Denn Falke, der Komplettanbieter funktioneller Sportbekleidung, ist ab der Wintersaison 2014/15 auch offizieller Ausrüster des Deutschen Skiverbandes. Mit dem Österreichischen Ski Team besteht diese Zusammenarbeit schon seit zwanzig Jahren. Aus dieser Partnerschaft ging der Erfolgsskistrumpf Falke SK5 Austria Race hervor, der mit den Sportlern zielgerichtet auf die Bedürfnisse professioneller Skifahrer entwickelt wurde. Er ermöglicht eine unmittel­ bare Kraftübertragung und beste Wärme­isolation durch Seide. Der Wettstreit Neureuther gegen Hirscher wird in dieser Saison also über den Ski entschieden!

Frankfurt STYLE AWARD fantastico, très belle und amazing

Authentische Einblicke in die Geschichte der Strumpfindustrie „ARWA – Aufstieg und Fall eines Strumpfimperiums“ ist der Titel eines unlängst erschienen Buches, das Prof. Rainer Gebhardt (STFI Chemnitz) als Lektüre empfiehlt. Es widmet sich Autoren: Falk Drechsel, Heike Krause, dem Teil der Geschichte der Klaus Michael Oßwald; Strumpfindustrie, die ihren Gaildorf/ Neustadt an der Aisch, 2014, ISBN 978-3-00-044130-1, 17,00 EUR Ausgangspunkt im erzgebirgischen Auerbach hat. August Robert Wieland (1829–1898) begann dort 1880 mit der Produktion von Strümpfen. Er baute sein Unternehmen bis in die 1930er Jahre zum Weltkonzern aus und machte Auerbach zum Zentrum der deutschen Strumpfindustrie. Aus den Anfangsbuchstaben seines Namens und des Firmenstandorts entstand die Marke ARWA.

!!

– das war sie, die diesjährige Frankfurt STYLE AWARD Gala im Fraport Forum am Frankfurter Flughafen. Knapp 60 junge Designer aus aller Welt präsentierten ihre Designs zum Motto UNITED DIVERSITY und begeisterten über 450 mode­ begeisterte Gäste aus dem Modebusiness, der Wirtschaft, Politik und Kreativ­ szene. Das neue Fraport Forum am Frankfurter Flughafen wurde am 26. September kurzerhand zum internationalen Runway und „Creative Hotspot“. Der Abend stand im Lichte von mehr als 100 Nachwuchstalenten: Von Designern über junge Musiker, Models und Make-up Artists. Für viele Designtalente war es der erste internationale Wettbewerb. Die eigene Kreativität und das Talent unter Beweis zu stellen, ein erster Schritt vielleicht in Richtung internationale Karrierelaufbahn. 6 masche

Termin bitte vormerken Am 22. April 2015 findet die gemeinsame Jahresversammlung von Gesamtmasche und Südwesttextil in Stuttgart statt. Die Ver­bände werden zahlreiche Unternehmerinnen und Unternehmer sowie Vertreter aus Wirtschaft, Verwaltung und Politik begrüßen dürfen. Freuen darf man sich schon jetzt wieder auf einen hochkarätigen Festredner.


Deutsche Strumpfdynastien on Tour

© Maik Kern

Am 26. Oktober ging die Sonderausstellung „Deutsche Strumpfdynastien – Maschen, Mode, Macher“ im Staatlichen Textil- und Industriemuseum Augsburg (tim) zu Ende. tim-Museumsleiter Dr. Karl Borromäus Murr ist sehr zufrieden: „Die Sonderausstellung hat mehr als 40 000 Besucher begeistert. Eine Zahl, über die wir uns außerordentlich freuen!“ Seit Anfang Mai 2014 konnten Mascheninteressierte im tim auf eine packende Zeitreise durch 150 Jahre Strumpfmode „Made in Germany“ gehen. Vor allem freut Murr, dass das Konzept der Aus­stellung Besucher und Museumsmacher gleichermaßen überzeugt. Wer die Sonderausstellung noch nicht gesehen hat, bekommt demnächst wieder eine Chance, denn: Die deutschen Strumpfdynastien mit ihren Maschen, Moden und Machern gehen auf Reisen und werden 2016 im nordrhein-westfälischen Bocholt im dortigen Textilmuseum zu sehen sein. Weitere Standorte in NRW haben schon ihr Interesse bekundet. In der Ausstellung erleben Besucher, welche beeindruckende Industrie sich hinter der Produk­­tion von verführerischen Nylonstrümpfen oder bequemen Socken verbirgt. Sie begeben sich auf die Spuren von bedeutenden Unternehmerdynastien. Produzierende Maschinen von da­mals und heute machen die faszinierende Technik hautnah erfahrbar, die in der Herstellung von Maschen steckt. Mit Werbeplakaten, Radio- und TV-Spots der vergangenen Jahrzehnte werden die geheimen Gesetze einer ästhetisch ansprechenden Werbung für hauchzarte Ny­lons gelüftet. Bei mehreren Mitmach-Stationen können Jung und Alt unter anderem heraus­­finden, wohin eigentlich die Strümpfe in der Waschmaschine verschwinden. Eine Singlebörse für einzelne Socken bringt unglaubliche Paare zusammen.

Personelle Veränderungen Jan Alt hat aus persönlichen Gründen seine Funktion als Vorstand der Dr. Zwissler Holding AG sowie gleichzeitig als Geschäftsführer der Gertex Textil GmbH, der Zoeppritex Verbundstoffe Verwaltungs GmbH und der Free Time Zoeppritex Srl niedergelegt. Nach mehr als 15-jähriger erfolgreicher Tätigkeit steht er dem Unternehmen auch zukünftig für ausgewählte Projektaufgaben beratend zur Seite und bleibt weiterhin als Gesellschafter dem Unternehmen verbunden. Der Vorstand der Dr. Zwissler Holding AG besteht ab sofort aus Dr. Ulrich Zwissler, Vorstandsvorsitzender, und Dieter Raschke, Finanzvorstand. Neben Dr. Ulrich Zwissler ist bei der Gertex Textil GmbH Harald Beuschel neuer Geschäftsführer und bei der Zoeppritex Verbundstoffe Verwaltungs GmbH Ernst-Wolfgang Moning.

Mey erhält Nachhaltigkeitspreis in Gold Gewissenhaftes Denken und Handeln würdigte „Deutschland Test“, eine Marke des Focus Money und zeichnete verschiedene Firmen mit dem Nachhaltigkeitspreis aus. Für den Bereich „Wäsche, Miederwaren und Strümpfe“ wurde Mey bodywear als Sieger 2014 mit dem Prädikat „Gold“ prämiert. In der Studie „Mit gutem Gewissen“ wurden 1 000 Marken aus 49 verschiedenen Branchen in 33 Befragungswellen mit jeweils 500 Beurtei­lungen der sozialen, ökologischen und ökonomischen Verantwortung bewertet.

Neues Produktlabel für unbedenkliche und nachhaltig produzierte Textilien Mit dem Produktlabel „Made in Green by OEKO-TEX®“ präsentiert die in der Schweiz ansässige Oeko-Tex-Gemeinschaft eine neue Zertifizierung für nach­weis­lich unbedenkliche Textilien aus nach­haltiger und sozial verantwortlicher Produktion. Das Label löst die bisherigen Zertifizierungs­systeme des OEKO-TEX® Standards 100plus sowie des spanischen Siegels „Made in Green by Aitex“ ab. Letzteres wird bereits von mehreren Firmen verwendet, wobei Mango die bekannteste Modemarke ist, die ihre Produkte damit auszeichnet. Mit dem neuen „Made in Green“ Label können die Unternehmen ihr Nachhaltigkeitsengagement direkt am End­ produkt gegenüber dem Konsumenten kommuni­zieren: Anhand einer angegebenen Prüfnummer und eines

QR-Codes lässt sich der Herstellungsprozess der ausgelobten Textilien eindeutig zurückverfolgen. Mit der STeP by OEKO-TEX® Zertifizierung haben Marken­ anbieter, Hersteller und Händler bereits seit letztem Jahr die Möglichkeit, ihre Betriebsstätten entlang der textilen Kette durch die unabhängigen Oeko-Tex-Institute in Bezug auf nachhaltige Produktionsbedingungen analysieren und bewerten zu lassen. Als Ergänzung dazu gibt es die neu entwickelte MySTeP-Datenbank, die es erlaubt, bestehende Oeko-Tex-Zertifikate zentral zu verwalten und die gesamte Lieferkette optimal im Hinblick auf nachhaltige Leistungsmerkmale (KPIs) zu managen. masche 7


Kolumbiens boomender Markt Die neue Drehscheibe Amerikas ////////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Kolumbien ist auf dem Sprung: Konstant hohe Wachstums­ raten, gute wirtschaftliche Rahmenbedingungen und qualifiziertes Personal sprechen für sich. Der kolumbi­ anische Modemarkt soll in den nächsten fünf Jahren um zwei Drittel zulegen. Auch Abnehmer technischer Textilien wie die Automobilindustrie oder der Bausektor bieten angesichts umfassender Infrastrukturprojekte gute Absatzchancen. Mit über 47 Millionen Einwohnern hat das Land nach Mexiko die zweitgrößte spanischsprechende Bevölkerung der Welt. Wirtschaftliche Stabilität, eine auf Wachstum

„Hohe Wachstumsraten,

Das in Europa vornehmlich für Bürgerkrieg und Drogen­ schmuggel bekannte Land hat sich in den letzten Jahren gemausert. Die Arbeitslosigkeit geht zurück und längst ist Bogotá sicherer als São Paulo oder Mexiko-Stadt. Für die Weltbank zählt Kolumbien zur Spitzengruppe in den latein­amerikanischen Staaten, wenn es um den Schutz geistigen Eigentums geht. Mit einer Inflationsrate von 2 bis 3 Prozent hält sich der Geldwert erfreulich stabil. Noch begegnen deutsche Investoren Kolumbien mit Skepsis. Doch langsam legt das Land das Stigma der Unsicherheit ab. Die Touristen­zahlen aus Deutschland sind im vergangenen Jahr um 39 Prozent gestiegen.

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gute Rahmen­bedingungen und qualifiziertes Personal sprechen für sich.“

ausgerichtete Wirtschafts­politik, eine junge Bevölkerung, eine stark wachsende Mittelschicht und ein großer, teils noch unerschlossener Rohstoffreichtum versprechen großes Potenzial. Mit 4,5 Prozent Wirtschafts­wachstum wird auch in diesem Jahr gerechnet, wobei man sich vom Friedens­ prozess zusätz­­liche Dynamik erhofft. Interessant ist Ko­lum­bien zudem aufgrund seiner geografischen Lage und seiner umfassenden inter­­­nat­ionalen Freihandels­beziehungen. Neben der unlängst geschlossenen Pazifik-Allianz bestehen Freihandels­abkommen unter anderem mit der EU, den USA und den Mercosur-Staaten. Nicht nur die großen Logistik­dienstleister, auch Firmen wie Beiersdorf, Henkel oder Unilever sind längst im Land, um sich dessen Plattformposition zunutze zu machen.

Hafen Cartagena 8 masche


„Zahlreiche Textilwaren aus

der EU können zollfrei nach Kolumbien geliefert werden.“ Firmen aus Deutschland halten sich bisher zurück. Kleine und mittlere Unternehmen wagen sich kaum auf die Hoch­­ebene von Bogotá, ins wachsende Medellín oder das für Medizintourismus und Kosmetik bekannte Cali. Doch längst drängt internationales Kapital nach Kolumbien. Im Berg­bausektor sind vor allem die USA, Kanada und England aktiv. Außerdem agieren Firmen aus Spanien, Chile, Brasilien und Mexiko im Land. Mit gutem Grund: Im Norden Latein­amerikas gelegen, hat Kolumbien mit seinen Häfen an Atlantik und Pazifik quasi Drehscheiben­ charakter. Außerdem muss die Infrastruktur in den nächsten Jahren modernisiert werden. Lager- und Logistik­unter­ nehmen sind dabei genauso gefragt wie Baufirmen oder Autozulieferer.

Seit August 2013 können zahlreiche Textilwaren aus der EU zollfrei nach Kolumbien geliefert werden. Für Textil- und Bekleidungsprodukte aus der EU gewährt Kolumbien seit Umsetzung eines entsprechenden Frei­handelsabkommens in der Regel zollfreien Marktzugang. Allerdings gibt es eine Reihe von Ausnahmen, bei denen die Zölle in einem Zeit­raum von 6 bis 11 Jahren abgebaut werden. Modische und technische Maschenstoffe, Maschenbekleidung und Miederwaren mit Ursprung in der EU können ausnahmslos zollfrei eingeführt werden. Eine spürbare Erleichterung für deutsche Exporteure, die das Wachstumspotenzial Kolum­ biens nutzen möchten, denn zuvor lastete auf diesen Waren der kolumbianische Drittlandszoll von 20 Prozent. Die EU ihrerseits bietet Kolumbien bereits seit Jahren zollfreien Zugang im Rahmen des Allgemeinen Prä­ferenz­systems. Die deutsch-kolumbianische Handelsbilanz für Textilien und Bekleidung ist nahezu ausgeglichen und bewegt sich auf niedrigem Niveau: Der deutsche Import und Export lag 2012 bei knapp 11,5 Millionen Euro pro Jahr. Während aus Kolumbien die Lieferungen von Fertigware überwiegen, liefert Deutschland vor allem textile Vormaterialien.

Nicaragu gu ua Barranquilla

// Kolumbien

Costa a Rica

Bevölkerung: 47,7 Millionen (2014*) BIP: 369,2 Mrd. US-Dollar (2013*) BIP pro Kopf (PPP): 11 100 US-Dollar (2013*) BIP-Wachstum: 4,2 Prozent (2013), 4,5 (2014*), 4,5 (2015*) Branchenausfuhr: Textil 386 Mio. US-Dollar, Bekleidung 615 Mio. (2013) Brancheneinfuhr: Textil 1,46 Mrd. US-Dollar, Bekleidung 856 Mio. (2013) Korrespondenzsprache: Spanisch, Englisch

Cartagena Panama Venezuela Medellín Bogotá Cali

Kolumbien

Wirtschaft: Öl, Bergbau, Chemie, Textil, Bekleidung, Schuhe, Nahrungsmittel, Landwirtschaft, Tourismus Quellen: CIA World Factbook, gtai, WTO * Schätzungen

Ecuador

masche 9 Brasilien


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Foto: © philipus – Fotolia.com

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Die EU-Handelsbilanz ist hingegen positiv: 2012 expor­tierte die Europäische Union Textilwaren im Wert von 140 Mil­­lionen Euro nach Kolumbien, eingeführt wurden Textilien und Bekleidung für ca. 50 Millionen Euro.

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Die spürbare Verbesserung der verfügbaren Einkommen schlägt sich zunehmend auch im Modekonsum nieder. Trotz zunehmender Präsenz internationaler Marken behaupten sich lokale Anbieter gut. Vertikal integrierte Anbieter wie Crystal Vestimundo, Manufacturas Elliot oder Arturo Calle, die einen Großteil ihrer Ware in Kolumbien produzieren, sind nach wie vor die Umsatzgiganten im Modehandel. Dahinter steht die traditionelle Rolle Kolumbiens als Takt­­­­geber im lateinamerikanischen Modebusiness und starken Unternehmen, auf dem gesamten Subkontinent – mit ausgeprägter Produktionsbasis in der Heimat. Dennoch ist die Industrie angesichts der Billigkonkurrenz aus Asien in den letzten Jahren merklich geschrumpft. Daran konnten auch Handelsschutzmaßnahmen der Regierung wenig ändern. Mit einer Kapazität von 3 Millionen TEU ist Cartagena Lateinamerikas viertgrößter Containerhafen. Rund 60 Prozent des kolumbianischen Frachtaufkommens werden hier abgefertigt. Bis 2017 soll die Kapazität auf 5 Millionen TEU ausgebaut werden. Darauf stellen sich auch deutsche Logistiker ein: Kühne & Nagel ist schon lange vor Ort und hat in den letzten fünf Jahren die Zahl der Mitarbeiter vervierfacht. Der wachsende kolumbianische Außenhandel funktioniert vorwiegend seeseitig. Auf die Atlantikküste mit den Häfen Cartagena, Barranquilla und Santa Marta entfallen dabei 90 Prozent. Doch auch an der Pazifikküste werden die Kapazitäten kräftig aufgestockt, angetrieben von der Anfang 2014 vereinbarten Pazifik-Allianz zwischen Chile, Kolumbien, Mexiko und Peru. Gemeinsam bilden die vier Länder einen 2,2 Billionen US-Dollar starken Markt mit 237 Millionen Konsumenten, der sich ideal dafür eignet, um Geschäfte in der Region zu etablieren. 2018 wird die Allianz nach Schätzungen des Internationalen Währungsfonds die drittgrößte Wirtschaft der Welt sein, nach den USA und China.


Weltweit vernetzt: Kolumbiens Freihandelsbeziehungen Island Norwegen Kanada

Europäische Union Lichtenstein Schweiz

USA

Japan

Türkei Mexiko

Costa Rica

Guatemala

Panama

Südkorea

Israel

Kolumbien

Honduras El Salvador Ecuador

Brasilien

Peru Bolivien Uruguay

Chile

In Kraft Unterzeichnet In Verhandlung Pazifische Allianz

Paraguay Argentinien

Quelle: Kolumbianisches Ministerium für Industrie, Handel und Tourismus (2013)

Wachtumsraten im Modeabsatz international (Prognose bis 2018)

Weltrangliste Kolumbianischer Modemarkt

6%

Durchschnittl. Wachstum pro Jahr 2013–2018

Marktvolumen

Pro Kopf 2013,USD

4%

7

33

37

2% 0% Kolumbien Lateinamerika Weltweit

-2 % -4 % 2008

2010

2012

2014

2016

2018

Kolumbianische Einzelhandelsumsätze (Mrd. €) 2018

Quelle: Euromonitor

2017

Kolumbianischer Modemarkt in Kürze Marktvolumen 2013, Mio. USD

6 497,5

2016 2015

Pro Kopf 2013,USD

134,5

2014 Bekleidung davon Wäsche und Bademode davon Strumpfwaren

2013 Durchschnittl. Wachstum pro Jahr 2013–2018

3,9 % Quelle: Euromonitor

2012 0

2

4

6

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Quelle: Gesamtmasche

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Marc Cain mit Stammsitz in Bodelshausen ist eine weltweit operierende Premium-Marke für Damenmode mit eigenem Produktionsanteil in Deutschland. Das Unternehmen beschäftigt mittlerweile über 870 Mitarbeiter allein in Deutschland. 179 Marc Cain Stores, 336 Shop-in-Stores, 367 Depotkunden und weitere 579 gehobene Fachhandelsgeschäfte in 59 Ländern charakterisieren die selektive Distributionsstrategie.

Interview ///////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////////// masche im Gespräch mit Helmut Schlotterer Marc Cain schreibt seit Jahren Erfolgsgeschichte – wo und wie fing alles an? In Italien – hier gründete ich im Jahr 1973 die Marc Cain GmbH. Doch den eigentlichen Grundstein legte ich mit meinem Textiltechnikstudium in Reutlingen und wollte dann nur eines: So schnell wie möglich weg aus der schwäbischen Provinz. Ich hospitierte ein Jahr in Paris, damit der Junge vom Lande etwas von der großen Mode mitbekommt. Anschließend war es an der Zeit für ein BWL Studium in München. Gleich nach dem Examen packte ich die Koffer und fuhr mit meinem alten Auto nach Carpi bei Bologna. Ich spürte schon damals, dass die heimische Textilindustrie massive Probleme bekommen würde. Die Zukunft der Strickmode war damals in Italien. Nur hier, schien es mir, lässt sich eine Mode realisieren, wie ich sie im Kopf hatte. Inzwischen gingen hier in der Region bei der Strickindustrie die Lichter aus. Auch der Betrieb meines Vaters – in den ich nie wollte – stand vor dem Ende. Die einzig mögliche Rettung schien mir in der Umwandlung in einen Lohnbetrieb für Marc Cain zu sein, jedoch mit einem gänzlich veränderten Produkt. Meine Frau war von der Idee, nach Tübingen zu ziehen, nicht sehr begeistert, ich dachte an zwei Jahre, inzwischen sind es vierzig gewor12 masche

den – und ich bin immer noch mit der gleichen Frau verheiratet. Wie gelang es Ihnen, den Betrieb Ihres Vaters zu retten? Jugendlicher Leichtsinn gepaart mit finanziellem Wagnis: Ich tauschte den gesamten Maschinenpark aus und stellte komplett auf elektronisch gesteuerte Strickmaschinen um. Aber so ein großer Schritt gelingt nur mit einem starken und verlässlichen Partner. Der Strickmaschinenhersteller Stoll aus Reutlingen unterstützte uns bei der Finanzierung der Maschinen. Der Beginn einer bis heute andauernden fruchtbaren Zusammenarbeit. Wie reagierte die Alb auf Ihren frischen Wind? Es war nicht einfach, italienische Mode in Bodelshausen zu machen. Glücklicherweise konnte ich damals noch Strickmaschinen einstellen und somit den Mitarbeitern ein guter Coach sein. Mein Ziel war und ist es noch heute, italienische Eleganz mit deutscher technischer Perfektion zu verbinden. Marc Cain war ja schon immer ein Vorreiter in der Branche: In den 70er-Jahren waren wir die Ersten mit digital gesteuerten Strickmaschinen, 1983 die Ersten mit einem eigenen


Einblick in die Produktion von Marc Cain

Showroom in Düsseldorf und die Ersten, die ihre Ware in „Themenwelten“ im ersten Marc Cain Monobrand Store 1986 präsentiert haben. Und in den 90er-Jahren erfanden wir den Digitaldruck auf Bekleidung. Der Erfolg von Marc Cain basiert auf der Kombination innovativer Technik und neuer Marketing-Ideen. Und jetzt produziert Marc Cain Produkte aus einem Stück? Ja, begonnen haben wir mit unserer neuen 3-D-Technik, der „Knit & Wear“ Technologie, die wir teilweise wieder mit unserem Partner Stoll entwickelt haben, mit der Produktion von Pullovern. Die fallen nach dem Stricken fertig und ganz ohne Nähte aus der Maschine. Das können nur wir in dieser Dimension: in Fein-, Grob- und Glattstrick, in Rippe, längs und quer gestrickt und sogar das Zopfmuster in Handstrickoptik und Jacquard-Musterungen. Dazu braucht‘s eine komplexe Software. Deshalb verfügen alle unsere Maschinen über die neueste Rechnergeneration. Unsere Spezialisten sitzen direkt neben der Fertigung und können mit spezieller Designsoftware die vielfältigen Muster und Dessins der Kreativen sofort in der Produktion umsetzten. Das schafft Marc Cain die Möglichkeit, besonders schnell auf Trends zu reagieren. Unsere neueste Innovation ist die Weiterentwicklung dieser Technologie. Damit sind wir in der Lage,

nicht nur Pullover, sondern auch Röcke und Strickjacken und -mäntel − sogar mit angestrickten Taschen − in einem Produktionsgang komplett ohne Nähte zu stricken. Diese Investition hatte doch bestimmt ihren Preis? Bislang haben wir ca. 3 Millionen Euro in 27 Knit & Wear Maschinen investiert. Das war es uns wert, denn so können wir diese Produkte mit „100% Made in Germany“ auszeichnen − und wir sind schnell und flexibel, sparen durch die weg­fallenden Transporte zu den Nähereien Zeit, Energie und schonen die Umwelt. Zurzeit sind in unserer Produktion 100 Strickmaschinen im Einsatz, davon 92 Flachstrickmaschinen und 8 Rundstrick­ maschinen zur Herstellung von innovativen Oberbekleidungsstoffen. Damit haben wir den wahrscheinlich modernsten und innovativsten Strickmaschinenpark weltweit. Aber die gesamte Produktion nur in Deutschland – das kann auch Marc Cain nicht. Unser Garn kommt aus Italien und gestrickt, veredelt und bedruckt wird hier in Bodelshausen − werktags 24 Stunden im 3-Schichtbetrieb. Unsere Endkonfektion masche 13


Erster italienischer Flagship Store in der Modemetropole Mailand

Herbst-Winter-Kollektion 2014

befindet sich in Portugal, Ungarn und Rumänien – an diesen drei Standorten arbeiten circa 2 000 Menschen für Marc Cain. Nur so können wir Qualität und Passform garantieren. Die letzten Arbeitsschritte im Ausland verhindern jedoch, dass wir auf alle unsere Produkte „Made in Germany“ schreiben dürfen. Es fehlt leider ein „Made in EU“! Unser Beschaffungsanteil liegt zu 90 Prozent in Europa. Das hat den Vorteil: schnellere Wege, kürzere Reaktionszeiten und gesetzlich geregelte Sozial- und Ökologiestandards.

Borgospesso zwischen der Via della Spiga und Via Montenapoleone. Diese Eröffnung ist ein wichtiger Meilenstein in unserer Unternehmensstrategie für den internationalen Markt. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sind fünf weitere Stores in den wichtigsten Städten Italiens in Planung. Und da wir unseren Laden- und Messebau selbst machen, sind wir auch hier schneller und individueller. Im Durchschnitt alle zwei Wochen eröffnen wir eine Marc Cain Verkaufsfläche.

Wie gestaltet sich Ihr Vertrieb und welche Auswirkungen haben die derzeitigen Entwicklungen in Russland für Marc Cain? Bis vor kurzem hat uns das Russlandgeschäft sehr viel Freu­de bereitet. Wir waren mit die Ersten im Russlandgeschäft und machen derzeit in Russland und in der Ukraine 27 Millionen Jahresumsatz. Allein in Moskau gibt es fünf Marc Cain Stores. Unsere russischsprechende Mitarbeiter betreuen den Markt direkt von Bodelshausen aus. Um in der Zukunft besser aufgestellt zu sein, haben wir eine Marc Cain Russia Tochtergesellschaft gegründet, damit die Importe schneller und transparenter bewerkstelligt werden können. Ende Oktober haben Sie wieder einen neuen Store eröffnet? Ja, unseren ersten italienischen Marc Cain Store in der Modemetropole Mailand. Er liegt im Zentrum Tür an Tür mit internationalen Premium- und Luxusmarken in der Via 14 masche

Derzeit investieren Sie in Bodelshausen in ein neues Logistikzentrum. Bauen Sie gerne? Eigentlich wäre ich gerne Architekt geworden – ich habe ein Faible für die Arbeiten von Richard Meier. Seinen Stil – weiß, streng und mit viel Glas – habe ich 2010 in den Bau unseres Produktions- und Verwaltungsgebäude einfließen lassen. Zwei Jahre zuvor haben wir das neue Factory Outlet in diesem Stil erstellt. 82 Millionen Euro haben wir seit 2007 in unsere „Cain-City“ investiert – und immer alles aus dem Cashflow bezahlt. Dazu kommen 34 Millionen für das neue Logistic Center. Nächstes Jahr wollen wir einziehen. Wachsen also Ihre Umsätze genauso wie Ihre Infrastruktur? Marc Cain hat im letzten Jahr 253 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet, das ist gegenüber dem Vorjahr ein Plus um


13,5 Prozent. Für dieses Jahr rechnen wir mit stagnierenden Märkten in Europa. Das Premiumsegment, in dem wir uns bewegen, wächst nicht. Hier herrscht Verdrängungs­wett­ bewerb – bei dem wir uns bisher gut geschlagen haben. Machen Sie sich Sorgen um den Fachkräfte­ nachwuchs? Die Krisen unserer Mitbewerber haben uns in den letzten Jahren gute und qualifizierte Mitarbeiter beschert. 850 Mit­ arbeiter beschäftigt Marc Cain direkt, davon 750 hier in Bodelshausen. Allein im Modellbereich arbeiten mehr als 100 Mitarbeiter unter Creative Director Karin Veit. Qualifizierte Mitarbeiter zu bekommen, wird in Zukunft aus demografischen Gründen schwieriger werden. Deshalb ist es für uns umso wichtiger, dass wir ein attraktiver Arbeitergeber bleiben und unseren Mitarbeitern eine langfristige Perspek­ tive bieten. Ebenso steht die eigene Ausbildung im Fokus.

„Ich brauche keinen Heli­kopter – ich habe Datenanschluss.“

Aktuell sieht man im Fernsehen Werbung von Marc Cain. Das ist neu. Die derzeitige Marc Cain Kundin ist alterslos. Unser Ziel ist es, dennoch auch jüngere Zielgruppen anzusprechen – eine

Marke wie wir, die über 40 Jahre am Markt ist, muss sich ständig verjüngen, um nicht in die Altersfalle zu geraten. Zur Verjüngung eignet sich TV-Werbung. Die Konzeption stammt natürlich aus unserer hauseigenen Werbeagentur. Ich bin einfach ein Freund von Insourcing. Denken Sie mit 67 noch nicht an die Rente? Ans Aufhören denke ich jetzt noch nicht. Mir macht die Firma und die Mode noch viel zu viel Spaß. Da meine Frau und ich aber keine Kinder haben, war es mir besonders wichtig, unsere Nachfolge so früh wie möglich zu regeln. Wir haben den Fortbestand der Firma über eine soziale Stiftung gesichert. Schließlich habe ich eine große Verantwortung für meine Mitarbeiter und die Marke Marc Cain. Würden Sie es heute alles wieder so machen? Bei Null anfangen und in Deutschland eine Strickerei aufbauen? Nein, das könnte ich heute nicht mehr, es waren andere Zeiten. Der Erfolg von Marc Cain beruht auf langjähriger Erfahrung, die so außerhalb unseres Unternehmens – zumindest für die Produktion – nicht mehr vorhanden ist. Ich war eben zur richtigen Zeit am richtigen Ort und habe die richtigen Entscheidungen getroffen. Neben Innovation, Fleiß und Visionen braucht man eben auch ein bisschen Glück. Ich nenne es das Wunder von Bodelshausen.

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Masche innovativ GM Produktionsmanagement diskutiert Innovationen und nachhaltige Produktion Am 10. November 2014 tagte der Gesamtmasche-Kreis „GM Produktionsmanagement“ bei der Spinnerei Gebr. Otto in Dietenheim. Den Themenschwerpunkt bildete die nach­haltige Garnbeschaffung speziell im Bereich Strick. Dieter Braun, Partner und Geschäftsführer i. R. der Triumph International Spiesshofer & Braun KG, seit 25 Jahren Vor­sitzender des Ausschusses, wurde mit herz­ lichen Dan­kesworten von Gesamtmasche-Hauptgeschäftsführer Dr. Markus H. Ostrop und unter großem Applaus der Anwesenden verabschiedet. Er übergab sein Amt an Eric Juergens von der Groz-Beckert KG, der per Akklamation zum neuen Vorsitzenden gewählt wurde. Die Markenfaser Tencel und ihre Anwendungsmöglichkeiten in der Strickerei präsentierte Bernd Schleuchardt, Project Manager Knits bei der Lenzing AG. Die Produktion von Lyocell – so der generische Name von Fasern der Marke Tencel – verbraucht relativ wenig Fläche und Wasser und basiert auf dem nachwachsenden Rohstoff Holz. Verschiedene Tencel-Typen eignen sich für den Strick- und Wäschebereich. Oswald Rieder, Leiter Maschentechnik und Konfektion, ITV Denkendorf, gab einen Überblick über die aktuellen Forschungsprojekte des Instituts im Bereich Maschentechnologie. Dabei reichte der Bogen von Abscheidesystemen für Farbnebel in Lackieranlagen über neuartige Kompressionstextilien für Einsatzzwecke in Medizin und Sport bis zu neuen Erkenntnissen im Bereich der Spinnstricktechnologie. Ein von Otto-Chef Andreas Merkel angestoßenes Projekt könnte die Stadt Dietenheim bald zu einen modernen

Dr. Markus H. Ostrop dankte Dieter Braun für sein lang­ jähriges Engagement 16 masche

Gastgeber Andreas Merkel und Walter Conzelmann

Standort für nachhaltige, fair gehandelte Textilien machen: Mit 960 000 Euro fördert das Land Baden-Württemberg ein so genanntes „Reallabor“, das Wissenschaftler der Universität Ulm und der Hochschule Reutlingen „zur nachhaltigen Transformation der Textilwirtschaft“ in der Innenstadt ansiedeln wollen. So soll die Produktion von Textil- und Bekleidungsprodukten transparent und „erfahrbar“ gemacht werden. Dadurch lässt sich der Wert von Ressourcen und Produkten besser nachvollziehen. „Denn“, erläuterte Merkel den Teilnehmern, „wenn ein T-Shirt weniger kostet als die Tasse Kaffee beim Einkaufsbummel, bleiben nicht nur öko­logische und soziale Standards auf der Strecke, sondern auch Produktion und Fachhandel am Standort. Wir wollen zeigen, dass es auch anders geht und nachhaltiges Einkaufen ein Erlebnis sein kann.“ Im Anschluss an Vorträge und Diskussion hatten die Teilnehmer Gelegenheit, die Anlagen der Firma Otto in Spinnerei, Zwirnerei, Färberei und Merzerisation zu be­sichtigen. Eine Innovation aus dem Hause Otto ist unter anderem das Garn Piumafil®, das aus wildgewachsenem Kapok und handgepflückter Baumwolle hergestellt wird. Kapok wird auch Pflanzendaune genannt und ist die leichteste thermoregulierende Naturfaser der Welt. Gebr. Otto GmbH & Co. KG Die Spinnerei Gebr. Otto ist ein führender Hersteller von Garnen für internationale Marken in der Bekleidung­sindustrie sowie im technischen und medizinischen Bereich. Andreas Merkel, Inhaber und CEO, leitet die Firma in 4. Gene­­ration. Seit 1901 produziert das Familienunternehmen an den Standorten Dietenheim und Balzheim nahe Ulm. Die Entwicklung nachhaltiger Produkt- und Produktionskonzepte sowie ökologische Hygieneprodukte bilden heute die Säulen des Unternehmens.

Besichtigung der Zwirnerei

Neuer Vorsitzender: Eric Juergens und die ­Referenten Oswald Rieder und Bernd Schleuchardt (v. l. n. r.)


Geschäftsklimaindex Maschenindustrie mit eingetrübter Stimmung Index 40 30 20 10 0 -10 -20 -30 -40 I/11

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Geschäftsklimaindex – Maschenindustrie insgesamt

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Geschäftsklimaindex – Wäsche

/////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Die Unternehmen der deutschen Maschen- und Miederindustrie vermelden eine Abschwächung ihres Geschäfts. Nach dem Optimismus des ersten Halbjahres geht die Branche mit vorsichtigen Erwartungen in die Wintersaison. Zu den anhaltend hohen Produktionskosten tritt eine schleppende Absatzentwicklung. Das ist das Ergebnis der GeschäftsklimaUmfrage von Gesamtmasche im Oktober. Mit ihrem Auslandsgeschäft zeigen sich bislang 88 Prozent der Hersteller zufrieden – sogar mehr als im letzten Quartal. Doch die Exporte vor allem in wichtige europäische Absatzländer verlaufen verhalten. Noch bildet der Inlandskonsum eine stabile Umsatzsäule. Allerdings erwartet ein Viertel der Firmen für die nächsten Monate rückläufige Orders. An ein Plus im Inland glauben nur noch knapp 12 Prozent der Hersteller, fast dreimal weniger als noch im Sommer. Zwar zeigen sich momentan noch über Dreiviertel der Unternehmen mit dem Geschäft im heimischen Markt zufrieden. Mit einem gleichbleibenden oder verbesserten Geschäft rechnen nur noch 76 Prozent. Das sind 10 Prozent weniger als in der Juli-Umfrage. Über 35 Prozent der Maschen- und Miederfirmen denken, dass sich ihre Erträge in den nächsten Monaten verringern werden. Einfluss auf diese pessimistische Einschätzung hat die Entwicklung bei Karstadt. Das weitere Drehen an der Konditionenschraube durch die Forderung nachträglicher

III/13

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III/14 Quartal

Rabatte hat viele Firmen verärgert. Schließlich spielt der Konzern seine Marktmacht seit vielen Jahren aus – ganz offensichtlich ohne positive Wirkung auf seinen Geschäftserfolg. Im kommenden Jahr drücken außerdem die kürzlich vereinbarten Tariferhöhungen auf die Margen. Angesichts der eingetrübten Erwartung verringerte sich der Geschäftsklimaindex Masche rapide auf einen Wert von -4,88 Punkten und verlor 24,42 Indexpunkte in nur einem Quartal. Der Teilindex für Wäsche nahm moderater, aber ebenfalls deutlich um 10,2 auf 10,5 Punkte ab. Ihre momentane Situation schätzen die Unternehmen dabei weitaus besser ein als ihre künftige Geschäftsentwicklung. Während die aktuelle Lagebeurteilung noch einen Indexwert von 5,88 verzeichnet, ist der Index für die erwartete Geschäftslage auf ein Tief von -14,29 Punkten abgestürzt. Aufgrund der abnehmenden Kapazitätsauslastung in Kombination mit sinkenden Margen rechnen fast 18 Prozent der Unternehmen damit, ihre Personalstärke zu verringern. Das sind fast viermal so viele wie in der Sommerumfrage. Auch die weltpolitische Lage trägt zur Verunsicherung bei. Die anhaltende Ukraine-Krise bremst weiterhin das Russlandgeschäft. Die Verhandlungen zu einer transatlantischen Handels- und Investitionspartnerschaft kommt nur stockend voran. Alleine vom Abbau der Zölle für Textilwaren, die in den USA und Kanada häufig zwischen 15 und 20 Prozent und darüber liegen, würde die deutsche Maschenbranche immens profitieren. masche 17


Messen und Märkte Deutsche Masche bei der Interfilière Shanghai

////////////////////////////////////////////// Silvia Jungbauer Auf der Stoff- und Zutatenmesse Interfilière Shanghai 2014 präsentierten sich deutsche Aussteller erstmals auf einem von Gesamtmasche beantragten Gemeinschaftsstand. Die hervorragende Platzierung und die gelungene Architektur des German Pavilion trugen entscheidend zum Messeerfolg bei. Alle Aussteller zeigten sich zufrieden mit Frequenz und Qualität der Kunden. Die wertige Ausstattung der Stände, die ansprechend gestaltete Gemeinschaftsfläche und der Catering-Service erwiesen sich als großer Vorteil bei der Präsentation.

Angesichts der kontinuierlich steigenden Kaufkraft und -lust im Reich der Mitte sind chinesische Marken des gehobenen Segments verstärkt auf der Suche nach hoch­ wertigen Materialien. Auch westliche Brands mit Produk­ t­ionsstätten in China oder benachbarten Ländern informieren sich regelmäßig auf der Interfilière Shanghai. Alle am German Pavilion beteiligten Firmen wollen bei einer Wiederauflage des Gemeinschaftsstandes wieder mit dabei sein. Weitere Unternehmen aus dem textilen und nichttextilen Zutatenumfeld haben ihr starkes Interesse bekundet.

Der chinesische Absatzmarkt für Textilien und Bekleidung entwickelt sich rasant. Noch immer wächst die chinesische Wirtschaft auf einem beeindruckenden Niveau von 7,5 Prozent. Das chinesische Markt­volumen von Wäsche und Bademode beläuft sich bereits auf über 33 Mrd. Euro. Analysten erwarten für die nächsten fünf Jahre ein durchschnittliches Wachstum p. a. von 9 Prozent (Welt: 3,7 Prozent).

Das Bundeswirtschaftsministerium hat die Mittel für die Messeförderung im 2. Halbjahr 2015 noch nicht freigegeben. Die Interfilière Shanghai soll 2015 dem Rotstift zum Opfer fallen. Gesamtmasche hält die Weiterführung angesichts der erfolgreichen Erstbeteiligung und des wachsenden Interesses für dringend geboten und setzt sich für die kontinuierliche Förderung ein.

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© VRD – Fotolia.com

Analyseservice Gesamtmasche bietet einen neuen Service: maßgeschneiderte Marktund Länderanalysen zur weltweiten Einzelhandelsentwicklung in speziellen Produktbereichen. Umfassende Daten und Informationen über die jeweiligen Absatzmärkte fließen nach individueller Absprache in die Analysen ein.

Eine Markt- und Länderanalyse im Basispaket enthält folgende Merkmale: Entwicklung der Retail-Umsätze · Produktbereich / Untergruppen · Damen/Herren · Wert (Euro) / Menge

Jährliche Wachstumsraten · 5-Jahres-Rückblick · 5-Jahres-Forecast · Wert (Euro) / Menge

Konsumausgaben · Pro-Kopf-Ausgaben (m/w/ Altersgruppe) · Haushaltsausgaben

Marktanteile · wichtigste Hersteller · wichtigste Marken

Entwicklung der Vertriebskanäle · s tationär / nicht-stationär (mit Untergruppen)

Zusammenfassende Texte

Ergänzende Bausteine (optional): · Außenhandelsentwicklung (produktspezifisch) · Makroökonomische Daten · Sozioökonomische Daten · Produktionsentwicklung · und vieles mehr

Die Analysen werden im Powerpoint- und Excel-Format zur Verfügung gestellt.

Exklusiver Basispaket-Preis für Mitglieder

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Kontakt: Silvia Jungbauer, Tel. +49 711 21050-13, jungbauer@gesamtmasche.de

Nichtmitglieder bezahlen 790 €

Dieser Service wird in Kooperation mit der TIV-Textil-Dienstleistungs-GmbH angeboten.

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Außenwirtschaft  Vereinigte Arabische Emirate: Bodywear boomt Top-5-Länder: Pro-Kopf-Umsatz-Bodywear Tagwäsche

Nachtwäsche

Bademode

Strumpfwaren

2018

2014

2018

VAE

Norwegen

Norwegen

2014

2018

2014

2018

2014

1

UK

VAE

VAE

VAE

VAE

2 3

Schweden

UK

Italien

Italien

Australien

Spanien

Japan

Japan

Norwegen

Schweden

SaudiArabien

SaudiArabien

Spanien

Australien

Kanada

Kanada

4

VAE

Norwegen

Hongkong

Hongkong

Italien

Italien

Italien

Italien

5

Österreich

Österreich

UK

UK

Hongkong

Hongkong

Österreich

Österreich

Rang

Bis 2018 soll der VAE-Markt für Bekleidung im Jahresdurchschnitt um 6,5 Prozent wachsen. Bei Wäsche und Bademode prognostizieren Experten sogar bis zu 10 Prozent Wachstum pro Jahr, bei Nachtwäsche 8 Prozent. Bereits heute sind die Pro-Kopf-Ausgaben in den VAE für Wäsche und Bademode Weltspitze: Bei Nachtwäsche dürften die Emiratis schon in diesem Jahr die Italiener auf Platz 2 verdrängen. Bei Tagwäsche werden die VAE voraussichtlich bis 2017 auf den ersten Platz rücken und Briten, Schweden und Norweger hinter sich lassen. Bei Bademode liegen die Emirate bereits heute unangefochten und mit deut­ lichem Abstand an der Spitze vor Austra­ lien, Spanien und Italien.

VAE Einzelhandelspreis (€ Mio.) 2018 2017 2016 2015

Quelle: Euromonitor

Emiratis orientieren sich an den neuesten internationalen Trends. Der steigende Modeanspruch führt zu einer wachsenden Vielfalt in den Kleiderschränken. Insgesamt wird mehr und häufiger gekauft als früher. Mit der wirtschaftlichen Erholung nach der Krise 2009–11, soliden Konjunkturaussichten und steigenden verfügbaren Einkommen ist das Verbrauchervertrauen zurückgekehrt – und mit ihm der Einkaufstourismus. Das zieht eine wachsende Zahl internationaler Marken, insbesondere aus dem High-End-Bereich, in die VAE. Nach wie vor dominieren Fachhändler den Markt. Dennoch gewinnen Kaufhäuser – für den Luxus­bereich – und Hypermarkets – für den Massenmarkt – als alternative Vertriebskanäle für Bekleidung Terrain.

Zunehmender westlicher Einfluss führt auch zur wachsenden Popularität westlichen Kleidungsstils. Immer mehr modebewusste

2014 2013 0 100 200 300 400 500 600 700 800 900 1000 Bademode

Foto: © oleanderstudio – Fotolia.com

die Emirate bereits heute unangefochten an der Spitze.“

20 masche

Nachtwäsche

Strumpfwaren 2018 2017 2016 2015 2014 2013 0

„Bei Bademode liegen

Unterwäsche

5

10

Strumpfhosen

15 20

25 30 35 40 45 50

Socken

andere Strumpfwaren

Quelle: Gesamtmasche / Euromonitor Passport Database


Ländertag GCC-Staaten

Die Referenten: (v.l.n.r.) Organisatorin Martina Ziebell, Silvia Jungbauer, Muzainah Hamarneh, Mark Potstada und Nadia Rinawi

Geschäftsmöglichkeiten und Marktentwicklung am Golf – zu diesem Thema luden Gesamtmasche und Südwesttextil mit der AHK-Arbeitsgemeinschaft Middle East and North Africa am 6. November 2014 ins Stuttgarter Haus der Wirtschaft ein. Die Länder des „Gulf Cooperation Council“ (GCC) – Saudi-Arabien, Vereinigte Arabische Emirate (VAE), Bahrain, Katar, Kuwait und Oman – mit einer Gesamtbevölkerung von rund 45 Millionen bilden eine der wohlhabendsten Regionen der Welt. Auch wenn davon nicht alle Einwohner gleichermaßen vom Ölreichtum profitieren, kann sich eine breite Mittelschicht einen hohen, teils sogar luxuriösen Lebensstandard leisten. Marken aus dem Westen stehen dabei hoch im Kurs. Saudi-Arabien und die VAE gehören zu den größten Modemärkten der Welt. Bei den Ausgaben für Bekleidung pro Kopf belegen die VAE Platz 2 der Weltrangliste und werden bald an die Spitze aufrücken.

Foto: © bairiki – Fotolia.com

Neben Mode werden auch technische Textilien und Schutzausrüstungen nachgefragt. „Projekte wie der Ausbau des Schienennetzes, die auch im Sommer bei Temperaturen bis zu 50°C vorangetrieben werden, stimulieren die Nachfrage nach Spezialbekleidung“, sagt Muzainah Hamerneh von der AHK VAE. Die Expo 2020 verleihe dem Hotellerie-Sektor Schub, zudem boomten Outdoor-Sportarten. Die Rolle der VAE als Trade Hub für die gesamte Region bestätigt Sanjeev Grewal, Vertriebsleiter Middle East bei der Amann Gruppe: „Nur wenige Kilometer entfernt liegt der Iran mit 80 Millionen Einwohnern. Dort sind Markenprodukte und hochwertige Vormaterialien gefragt.“

Fehmi Chama vertritt mit seiner Agentur über 50 deutsche Marken in den VAE. Deutsche Lieferanten könnten mit Vorzügen punkten: „Wir liefern hochwertige Ware, und zwar pünktlich, komplett und mustergetreu. Wir kennen uns mit Schnittführung aus, bieten Zwischen- und große Größen.“ „Billig ist nicht unsere Stärke. Betonen Sie stets Qualitätsaspekte“, rät Mark Potstada, der mehrere Jahre für die AHK in Riad gearbeitet hat. „Das Feilschen um den besten Preis gehört, so reich man auch sein mag, zur Kultur.“ Das Wichtigste aber, da sind sich alle Experten einig: „Nehmen Sie sich Zeit für persönliche Kontakte.

Gespräche und Besuche lassen sich durch Schriftverkehr niemals ersetzen.“ „Von dem Know-how profitieren wir und nehmen viel Neues mit nach Hause“, lobt Ottmar Ihling, Geschäftsführer der Alfred Apelt GmbH die Einblicke aus Vorträgen und Diskussion. „Eine informative und gelungene Veranstaltung“, meinen auch Gesamtmasche-Präsidentin Martina Bandte und Ulrich Conzelmann von Nina von C. Die Präsentationen der Veranstaltung stehen im Mitgliederbereich unter www.gesamtmasche.de zum Down­load bereit.

Beteiligten sich an den Diskussionen: (v.l.n.r.) Arnd-Gerrit Rösch, Thomas Hutschreuther und Fehmi Chama

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Außenwirtschaft  Subsahara-Afrika: Ein neuer Konsumgütermarkt entsteht Mit einem Markt von ca. 900 Millionen Menschen rückt Subsahara-Afrika verstärkt ins Blickfeld des internationalen Einzelhandels. Nach dem neuesten Retail Development Index von A. T. Kearney liegen sieben der zehn am schnellsten wachsenden Ökonomien weltweit in der Region, die mit Rohstoffreichtum und einem noch kleinen, aber schnell wachsenden Mittelstand punktet. Wer von den Bodenschätzen profitieren kann, leistet sich einen westlichen Lebensstil und Markenprodukte. Stolpersteine bei der Markterschließung gibt es allerdings jede Menge: In den 48 Ländern der Region leben rund 3 000 Ethnien, die mehr als 2 000 verschiedene Sprachen sprechen. Bürokratie, Korruption und Infrastrukturprobleme sind nach wie vor riesige Herausforderungen. Auch wenn die Verstädterung voranschreitet, lebt ein Großteil der Einwohner nach wie vor auf dem Land, und um die 90 Prozent der Bevölkerung decken ihren Bedarf auf Märkten und in informellen Geschäften. Noch beschränken sich formale Einzelhändler und Einkaufszentren auf die bislang wenigen Städte und Ballungsräume. Doch die Entwicklung schreitet rasch voran. Ein Pluspunkt der Region ist die junge Bevölkerung, die kulturell und in ihren Vorlieben zunehmend vom Westen geformt ist. Afrikanische Einzelhandelsketten wie die südafrikanische Shoprite sind bereits in 16 Subsahara-Ländern vertreten, der keni-

anische Einzelhändler Nakumatt in Kenias Nachbarländern Uganda, Tansania und Ruanda. Internationale Ketten stehen in den Startlöchern: Walmart plant die Eröffnung von 90 afrikanischen Supermärkten innerhalb von drei Jahren. Carrefour will in vier westafrikanischen Ländern Läden eröffnen. Das bevölkerungsreiche Nigeria mit der Mega-City Lagos ist ein Hotspot für neue Aktivitäten im Mode-Retail geworden. Die Aufhebung der Einfuhrbeschränkungen auf

Textilwaren gab den Startschuss. Nachdem Ketten wie Woolworth den Weg für den formalen Einzelhandel geebnet haben, ist das Land – einer der am schnellsten wachsenden Märkte für Champagner – zu einem wahren Magneten für Luxus- und Premiumbrands geworden. Für diejenigen, die den Sprung nach Subsahara-Afrika wagen möchten, hat A. T. Kearney erstmals einen eigenen Einzelhandelsindex nur für Afrika entwickelt. Er benennt die attraktivsten Märkte der Subsahara-Region.

African Retail Develpoment Index 2014 Land

Punkte

Zeitdruck

Marktsättigung

Länderrisiko Marktgröße

Ruanda

70,3

100

89

71

22

Nigeria Namibia

64,2

71

75

56

55

60,2

79

6

94

61

Tansania

59,5

65

79

71

23

Gabun

58,9

19

87

80

50

Ghana

56,9

41

71

81

34

Südafrika

55,5

28

0

94

100

Botsuana Mosambik Äthiopien

54,3

35

17

100

66

54,2

65

72

62

19

53,7

38

100

48

29

Plätze 11 bis 20: Benin, Angola, Sambia, Senegal, Kongo, Sierra Leone, Uganda, Kamerun, Gambia, Kenia. Zeitdruck: Niedrige Zahlen stehen für wenig Zeit angesichts schneller Entwicklung Marktsättigung: Hohe Zahlen stehen für noch wenig gesättigte Märkte Länderrisiko: Hohel Zahlen stehen für geringe Risiken (Politik, Korruption, Kriminalität) Marktgröße: Hohe Zahlen stehen für große, kaufkräftige und effiziente Märkte Quelle: A. T. Kearney

Nigeria: Willkommen im Land der Kontraste In Nigeria leben die meisten Menschen von weniger als 2 US-Dollar am Tag. Dennoch ist das Land einer der weltweit am schnellsten wachsenden Luxusgütermärkte. Vor gut zwei Jahren hat Porsche eine neue Filiale auf Victoria Island eröffnet, dem wohlhabendsten Distrikt der nigerianischen Hauptstadt Lagos. Im unmittelbaren Einzugsgebiet findet sich eine der weltweit dichtesten und größten Ansammlungen von Millionären – mit unendlich scheinendem Appetit nach Luxusmarken. Die im Jargon HNWIs – High Net Worth Individuals – genannten Reichen sind zumeist in den Bereichen Öl, Zucker oder Zement tätig, sind wohlhabende Politiker oder auch millionenschwere Prediger. Bislang unternahmen nigerianische HNWIs Shopping-Trips nach Mailand, Paris, London oder Dubai. Auch wenn sich in der Retail-Landschaft noch vieles tun muss: Inzwischen ist der Firma Porsche ein ganzes Cluster internationaler Player gefolgt, darunter Hugo Boss und Ermenegildo Zegna. Der schnelle Euro lässt sich in Nigeria bisher nicht verdienen. Das weiß auch Porsche: Wer sich einen Sportwagen kauft, wird auf Nigerias Straßen nicht sehr schnell damit fahren; womöglich nicht einmal sehr weit. Die Marke zählt vor allem als Statussymbol, Logo und Prestige sind wichtig für die meist männlichen Luxusjäger. Doch viele Nigerianer träumen die afrikanische Version des amerikanischen Traums: Leute aus einfachen Verhältnissen glauben daran, dass ihre Zeit kommen wird. Tatsächlich wächst die Mittelschicht in Nigeria viel schneller als in anderen Schwellenländern. Bis 2020 sollen die obersten beiden von fünf Einkommensschichten bereits 25 Millionen Menschen umfassen.

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© fotolia.de – platongkoh55

Freihandel mit Nordamerika Die EU verhandelt mit Nordamerika über eine transatlantische Handels- und Investi­ tionspartnerschaft (TTIP). Mit Kanada wur­den die Verhandlungen bereits abgeschlos­sen, wobei das so genannte CETA-Abkommen als kleine Schwester des US-Abkommens gilt. Angesichts der weltwirtschaft­ lichen Bedeutung Nordamerikas sind beide Abkommen für die deutsche Textil- und Modeindustrie von großer Bedeutung. Neben dem Abbau der Zölle sehen das US-TTIP und CETA die Anerkennung von Standards und Normen sowie von Ur­heber- und Markenrechten vor. Während sich der öffentliche Diskurs vor allem mit dem Investitionsteil der Abkommen oder der befürchteten Unterminierung von Verbraucherstandards auseinandersetzt, wird der Handelsteil der Vereinbarungen kaum erwähnt. Die häufig geäußerte Ansicht, tarifäre und nicht-tarifäre Schranken

seien zwischen Industriestaaten längst ausgeräumt, ist allerdings ein Trugschluss. Bei Exporten in die USA und nach Kanada treffen deutsche Textil- und Bekleidungshersteller häufig auf zweistellige Zollsätze, zuweil­en von weit über 20 Prozent. Auch wenn die Anforderung an Produkte hinsichtlich Verbraucher- und Umweltschutz dies- und jenseits des Atlantiks ähnlich sind, müssen Hersteller je nach Absatzland unterschiedliche Testverfahren durchlaufen. Das kostet viel Geld gemessen am Anteil, den das Amerika-Geschäft am Gesamtumsatz ausmacht. Das CETA-Abkommen sieht neben einer sofortigen Zollfreiheit des Textil- und Bekleidungsbereichs liberalere Ursprungs­ regeln vor als die EU-„Standardabkommen“. Spezifische Regelungen lassen bereits die Modellierung einer Freihandelsregion NAFTA – EU erkennen. Damit würde dem asiatischen Freihandelsblock ASEAN plus China ein Schwergewicht entgegengesetzt.

China: Unsichtbarer Luxus wird beliebter

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Der Markt für Bodywear in China wächst schneller als der chinesische Bekleidungsmarkt insgesamt. Markenlogos als gesell­schaftliches Statussymbol haben zwar längst nicht ausgedient, doch das Geld­ ausgeben für den ganz privaten Genuss gewinnt an Boden. In diesem Jahr soll der chinesische Retail­markt für Bekleidung ein Volumen von über 275 Mrd. US-Dollar erreichen. Für die nächsten Jahre prognostizieren Analysten durchschnittliche Wachstumsraten von beachtlichen 10 Prozent. Nach Schätzungen von Euromonitor International wird das Segment Body & Beach dabei schneller zulegen als andere Bekleidungskategorien und seinen bereits heute beeindruckenden Anteil am chinesischen Bekleidungsmarkt insgesamt von 16 auf bald 17 Prozent steigern. Ähnlich fallen die Vorhersagen für den chinesischen Strumpfmarkt aus, der gegenwärtig Einzelhandelsumsätze von fast 17 Mrd. US-Dollar repräsentiert. Insbesondere der Absatz von Damenunterwäsche befindet sich auf einem steilen Wachstumskurs: Seit 2008 expandieren die Umsätze in hohem Tempo und haben heute ein Silvia Jungbauer, +49 711 21050-13, jungbauer@suedwesttextil.de

Volumen von 20 Mrd. US-Dollar erreicht. Wäsche ist subtiler Luxus, den man sich für den privaten Genuss gönnt – und nicht aus Notwendigkeit ersteht. In China war dazu eine bemerkenswerte Veränderung des Denkens erforderlich: Der Wunsch Geld auszugeben zur ganz eigenen, für andere unsichtbaren Befriedigung, statt mit teuren Glamour-Logos seinen sozialen Status zu demonstrieren. Auch wenn der Siegeszug monogrammverzierter Produkte in der Volksrepublik längst nicht vorüber ist, weisen das Vorgehen der Regierung gegen übertriebenes Gepränge und ein sich ausbreitender Argwohn gegenüber den inzwischen allgegenwärtigen Luxusartikeln in dieselbe Richtung. Veränderte Verbraucherwahrnehmung, die relativ krisensichere Umsatzentwicklung von Wäsche und der immer noch unter­ versorgte Markt bieten internationalen Herstellern große Chancen. Vor allem für Marken, die eher modisch als funktionell orientiert sind, ist die Zeit reif – auch im mittleren Preissegment. Lokale Anbieter werden die bestehende Lücke sonst schnell füllen.

Delegationsreise nach Myanmar Vom 22. bis 27. März 2015 lädt der Gesamtverband textil+mode gemeinsam mit Gesamtmasche und GermanFashion zu einer Delegationsreise nach Myanmar ein. Die Reise findet im Rahmen des EU-geförderten Projekts SMART Myanmar statt, das die Zusammenarbeit mit Betrieben vor Ort und den nachhaltigen Aufbau der Bekleidungsindustrie in Myanmar unterstützt. Das Reiseprogramm konzentriert sich auf individuell organisierte Besichtigungen von Produktionsstätten im Raum Rangun. Eine Info-Veranstaltung und ein B2B-Meeting runden das Programm ab. Die Unternehmerreise richtet sich primär an Modehersteller aus den Bereichen Oberbekleidung und Wäsche, die sich für die Konfektion in Myanmar interessieren. Der Großteil der myanmarischen Bekleidungsindustrie arbeitet derzeit im Rahmen von Lohnaufträgen, häufig für chinesische Her­steller. Vormaterialien müssen aus dem Ausland bereitgestellt werden. Die Einfuhr myanmarischer Ursprungswaren in die EU ist zollfrei. Darüber hinaus bietet der Standort Chancen für den Absatz innerhalb der Region: Myanmar gehört zur ASEAN. Diese wiederum ist mit China durch ein Freihandelsabkommen verbunden.

Anmeldung unter jungbauer@gesamtmasche.de oder registration@textil-mode.de Die Teilnehmerzahl ist auf 20 begrenzt.

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Wissenswertes Die neue EU-Biozidverordnung bereitet Textilern Bauchschmerzen Die neue EU-Biozidverordnung ist keine textilspezifische Verordnung. Sie strukturiert die Anwendungsbereiche der Biozide in vier Hauptgruppen mit insgesamt 22 Produktarten. Daher sind die Vorgaben zwar definiert, aber branchenunspezifisch allgemein gehalten und die Graubereiche entsprechend groß. Der wesentlichste Unterschied zu früheren, nationalstaatlichen Regelungen besteht im Kern darin, dass die biozidbehandelten Textilien seit 1. September 2013 gekennzeichnet werden müssen, und dies bereitet den Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie oft große Schwierigkeiten. Um ihren Mitgliedsunternehmen bei diesem komplexen Thema Hilfestellung zu geben, veranstalteten am 18. September Gesamtmasche und Südwesttextil den ersten Workshop „Biozid“. Und er wurde gut angenommen: 30 Teilnehmer erarbeiteten unter der Leitung von Südwesttextil-Referent für Technik, Umwelt und Innovation Stefan Thumm, Dipl.-Ingenieur (FH) für Textilchemie und Textilveredelung, viele individuelle Lösungswege für die selbst für Fachleute sehr schwierig umzusetzende, neue EU-Biozidverordnung. „Deshalb ist die hierfür zuständige, nationale Behörde, die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin – kurz BAuA, gefordert, für mehr Klarheit zu sorgen“, meinte der Referent. Besonders die Durchführung der Kennzeichnung und deren Anbringung an den textilen Artikeln bereite großes Kopfzerbrechen. Auch die vorgeschriebene Kennzeichnung in der jeweiligen EU-Amtssprache für das EU-Land, in dem diese Textilien in Verkehr gebracht würden, stelle die meist mittelständischen Textilunter­nehmen vor große logistische Probleme und treibe zudem die Kosten in die Höhe. Im Bereich des Marketings selbst gäbe es keinen von der BAuA definierten textilspezifischen Katalog, der aufzeige, mit welchen Werbeaussagen überhaupt noch geworben werden dürfe, so Thumm. Zur Verdeutlichung präsentierte er den interessierten Teilnehmern Beispiele von kritisch unter Beobachtung stehenden gesundheitlichen Werbeaussagen wie „schützt vor bakterieller Infektion/Übertragung“, „killt 99 Prozent der Bakterien“, „antibakterieller Effekt“, „bekämpft Keime“, „kontrolliert Schimmel- bzw. Pilzwachstum“. Diese Werbeaussagen könnten als primäre biozide Funktion angesehen werden. Das würde bedeuten, dass das Textil selbst als Biozidprodukt zugelassen werden müsste. Eher unkritisch seien Werbeaussagen, die sich auf das Textil selbst beziehen: „stoppt Geruchsbildung im Textil“, „hemmt die Vermehrung von Bakterien und Pilzen im Textil“, „hält Insekten vom Textil fern“ oder „enthält ein Konservierungsmittel zum Schutz vor mikrobiellen Befall des Textils“. „Es kommt also nicht nur darauf an, dass biozide Werbe­ausagen getroffen werden, sondern mit welchen Werbeaussagen das Textil vermarktet wird, ob es als Biozidprodukt zulassungspflichtig oder nicht ist“, erklärte der Experte. Und das könne teuer werden. „Wenn bei Textilien eine sogenannte „primäre biozide Funktion“ von der Behörde festgestellt wird, werden diese selbst zum Biozidprodukt und müssen zu Kosten ab 80 000 Euro als Biozidprodukte zugelassen werden“. Die Zulassung müsse ggf. auch bei gering24 masche

fügigen Artikeländerungen erneut kostenintensiv durchgeführt werden und das sei bei Textilien ja an der Tagesordnung, meinte Thumm. Auch hier gäbe es mit der BAuA noch Klärungsbedarf, denn ansonsten bestünde die Gefahr, dass bestimmte textile Schutzbarrieren gegen Krankheitserreger bzw. Krankheitsüberträger allein aufgrund hoher Zulassungskosten und amtlicher Auslegungsthematiken verloren gingen. Die textile Produktion sei ebenfalls betroffen. Erste Biozidprodukte seien bereits vom Markt verschwunden, andere drohten künftig wegzufallen oder ihre Einsatzmöglichkeiten würden beschränkt. Für bestimmte Biozide und deren Anwendungsprozesse drohe aufgrund des teuren Genehmigungs- bzw. Zulassungssystems zudem eine Monopolisierung auf Anbieterseite. Zu diesen und vielen noch offenen Fragen werden die Verbände die BAuA auffordern, für mehr Klarheit zu sorgen und die neue Biozidverordnung im Sinne der Industrie und der Verbraucher möglichst eindeutig und pragmatisch handhabbar zu machen. Den Anfang hierzu machte Michael Engelhardt, Leiter des Referats Energie, Umwelt und Rohstoffpolitik beim Gesamtverband textil+mode, Anfang November mit einem Vortrag bei der Fachveranstaltung „Behandelte Waren im Biozidrecht“ der BAuA in Dortmund und leitete damit den Dialog ein.

Mit großem Interesse verfolgten die Teilnehmer den Ausführungen von Stefan Thumm (links). Dr. Ronald Eiser von Lindenfarb beteiligte sich an der oft lebhaften Diskussion.

Stefan Thumm, Dipl. Ingenieur (FH) für Textilchemie und Textilveredlung sowie Technischer Betriebswirt (IHK), +49 151 28109045, umwelt@suedwesttextil.de

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Workshop Biozid


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Update: Kompetenznetzwerk Farbstoffe Nach wie vor ist die Versorgungs- und Preissituation bei den Textilfarbstoffen sehr kritisch. Auch in anderen Bereichen, wie der Lack- oder Druckfarbenindustrie ziehen die Farbstoff- bzw. Farbpigmentpreise an. So hat der weltgrößte Chemiekonzern BASF zum 1. September die Preise für diese Bereiche drastisch erhöht. Europa ist jedoch weitestgehend von Farbstoffimporten aus Asien abhängig. Der weltweit größte Hersteller von Dispersionsfarbstoffen, ist die in China beheimatete Zhejiang Longsheng Group LTD zu denen auch Dystar gehört, die allein 12 Millionen Tonnen Dispersionsfarbstoffe pro Jahr herstellt. Die speziellen Automobil-Dispersionsfarbstoffe sind besonders stark betroffen, da es aufgrund von Umweltauflagen in China zur Stilllegung von Produktionen kam. Indien spielt neben China ebenfalls eine maßgebende Rolle, insbesondere bei den Reaktiv- und Küpenfarbstoffen für Baumwolle und andere cellulosische Fasern. Führende Hersteller in Indien sind u.a. die Kiri Industries LTD und Atul LTD zu der beispielsweise Dystar gehört. Nennenswerte Farbstoffproduktionen finden sich in Europa noch in Deutschland, Spanien, Italien und der Tschechischen Republik, die sich häufig auf Nischensegmente spezialisiert haben. Verschärfen werden die Situation nun die anfallenden REACH-Registrier­ kosten. Die Gesamtkosten einer Reach-Registrierung eines einzelnen Farbstoffes betragen im Durchschnitt etwa 250 bis 300 TEuro. Diese Kosten werden derzeit möglicherweise schon eingepreist. Außerdem sind in Europa viele Farbstoffvorprodukte nicht REACHregistriert. Die fortschreitende Marktkonzentration auf Anbieterseite scheint sich zu bestätigen und wird sich weiter verschärfen. Die europäischen Farbstoffhersteller bzw. -importeure haben oft weder die fachlichen Kapazitäten noch das nötige Kapital solche Registrierungen alleine durchzuführen. Daher werden die Farbstoffe oft in REACH-Konsortien durch Registrierfirmen bei der ECHA angemeldet. Ein Beispiel hierfür ist das Unternehmen REACH&Colours Italy in Mailand. REACH-Registrierungen werden dort vor allem für importierende Unternehmen vorgenommen. Zu den Kunden zählen hauptsächlich die großen Farbstofflieferanten in Europa im Bereich Textil, Leder und Papier. Nach Aussagen des Unternehmens wer-

Farbstoffbörse des IVGT – jetzt für alle Verbands­ mitglieder zugänglich Sie bietet den Unternehmen die Möglichkeit, eine anonymisierte Suche nach einem benötigten Farbstoff durchzuführen. Die Suchanfrage wird unter den Mitgliedern gespiegelt. Um ein gutes Ergebnis zu erhalten müssen die Unternehmen den entsprechenden Handelsnamen – Beispiel: Superdye Gelb 5 FGL 200 % – und die benötigte Menge in Kilogramm angeben. Nach einer Frist bekommt das Unternehmen eine qualifizierte Rückmeldung. Anfragen sind zu stellen an E-Mail: michaele.uppenkamp@ivgt.de den für Textilfarbstoffe sehr umfangreich Registrierungen vorgenommen. So sind zum Beispiel im Mengenband größer 100 Tonnen bis Ende 2013 durch REACH&Colours für ca. 30 Farbstoffe Dossiers zur Registrierung eingereicht worden. Insgesamt werden zu etwa 500 Textilfarbstoffen Dossiers erstellt und etwa 150 Dossiers sind bereits bei der ECHA eingereicht. Es gibt tausende Farbstoffe bzw. -pigmente und es ist sehr wahrscheinlich, dass auch spezielle, mengenmäßig kleine Textilfarbstoffe und -pigmente bis zum Ende der REACH-Registrierungsfrist am 1. Juni 2018 einfach wegen „Nichtregistrierung“ wegfallen. Diese Blackbox, die sicher auch in Teilen für den Bereich der optischen Aufheller vorhanden ist, gilt es nun nach Möglichkeit von allen Seiten auszuleuchten. Nach der Auftaktveranstaltung des Kompetenznetzwerks Farbstoffe im Juli sind die Arbeiten der Verbände weitergegangen. Um Mitgliedsfirmen bei aktuellen Farbstoffengpässen weiterzuhelfen, ist die bereits bestehende Farbstoffbörse des Industrieverbands Veredlung – Garne – Gewebe – Technische Textilien (IVGT) jetzt für alle in den Textilverbänden organisierten Mitglieder zugänglich. Stefan Thumm

Alle Artikel dieser Ausgabe finden Sie, zum Teil mit weiterführenden Informationen, auf www.gesamtmasche.de

Wirkstoff Biozid Ein biozider Wirkstoff ist ein/e natürliche/s Element/Verbindung oder eine synthetisierte Verbindung, dessen/deren biozide Wirkung nachgewiesen bzw. benannt ist und der aktiv Schadorganismen wie z B. Bakterien, Pilze, Viren, Milben, Zecken etc. durch nicht physikalische oder mechanische Einwirkung abtötet, abschreckt, an der Reproduktion hindert oder auf sonst einen auch irgendwie gearteten Mechanismus unschädlich macht. Der Wirkstoff der aktuell verwendet wird, muss unbedingt bei der ECHA in der entsprechenden Produktart gemeldet, ein Genehmigungsantrag gestellt und ggf. genehmigt sein. Aktuell (Stand September 2014) befinden sich fast alle gemeldeten Wirkstoffe, die eine textile Verwendung finden, in diesem Genehmigungsverfahren (review) und dürfen mindestens bis zum jeweiligen Entscheid weiterhin verwendet werden. Eine Liste der aktuell zugelassenen Wirkstoffe gibt es unter www.reach-clp-biozid-helpdesk.de

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Neue Einheitsbedingungen für die Textilwirtschaft Anpassung an die aktuelle Rechtslage auf Initiative von Gesamtmasche und Südwesttextil Bei den Einheitsbedingungen der deutschen Textilwirtschaft han­delt es sich um Liefer- und Zahlungsbedingungen, die zwischen Industrie und Handel vereinbart werden. Auf Initiative von Gesamtmasche und Südwesttextil ist nunmehr eine an die aktuelle Rechtslage sowie die Entwicklungen in der betrieblichen Praxis angepasste Neufassung der Bedingungen entstanden. Die Neu­fassung ist wie die Vorgängerversion in Zusammenarbeit führen­der Industriever­ bände mit dem Bundesverband des Deutschen Textileinzelhandels entwickelt worden. Sie stellt damit eine wertvolle Hilfe und Kompromisslinie für die Unternehmen der Textil- und Bekleidungsindustrie insbesondere auch in den Vertragsbeziehungen zum Handel dar. Die Neufassung kann ab dem 1. Januar 2015 eingesetzt werden und steht den Mitgliedern von Gesamtmasche und Südwesttextil zum Download in den Mitgliederbereichen von www.gesamtmasche.de und www.suedwesttextil.de zur Verfügung. Um die Einheitsbedingungen zur Anwendung zu bringen, müssen sie wirksam in das Vertragsverhältnis einbezogen werden. Dies geschieht entweder durch ausdrückliche Vereinbarung zwischen den Vertragspartnern oder aber durch vorbehaltlose Annahme der Ware, nachdem der Verkäufer ausdrücklich und erkennbar auf die Geltung der Einheitsbedingungen hingewiesen hat. Diese Informa­ tion kann beispielsweise durch deutlichen Hinweis auf der Vorderseite der Auftragsbestätigung geschehen. Rechtlich reicht es unter Umständen aus, wenn der Hinweis ohne Beifügung des Textes der Einheitsbedingungen erfolgt, dem Käufer jedoch die Möglichkeit zur Kenntnisnahme gegeben wird. Es ist jedoch zur Rechtssicherheit zu empfehlen, die Einheitsbedingungen beispielsweise rückseitig auf der Auftragsbestätigung abzudrucken.

§ §

Mit dem Ziel, das Gesicht der bereits in vielen Vertragsverhältnissen etablierten Einheitsbedingungen nicht vollständig zu verändern, wurden alle notwendigen Anpassungen an die sich ständig weiter entwickelnde Rechtsprechung zu Allgemeinen Geschäftsbedingungen vorgenommen.

Als wichtigste Änderungen im Vergleich zur Vorgängerfassung sind Neuregelungen zum Rücktritt und zum Schadensersatz hervorzu­heben. Anders als bislang ist beispielsweise kein auto­ma­ tischer Rücktritt mehr vorgesehen. Der Rücktritt muss ausdrücklich schriftlich nach fruchtlosem Ablauf der Nachlieferfrist gegenüber dem Vertragspartner erklärt werden. Im Bereich des Schadenser­ satzes ist eine neue Norm in die Einheitsbedingungen aufgenommen worden, die den bereits in der Altfassung vorhandenen Ausschluss von Schadensersatzansprüchen übersichtlich zusammenfasst und an die Anforderungen der Rechtsprechung anpasst.

§

Die Verzugszinsen wurden nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Bekämpfung von Zahlungsverzug im Geschäftsverkehr von 8 auf 9 Prozentpunkte über dem Basiszinssatz angehoben.

Rechtsanwalt Boris Behringer, +49 711 21050-22, behringer@suedwesttextil.de 26 masche

§§ §§ „Wirkerei und Strickerei“ Die aktualisierte und erweiterte Neuauflage des Fachbuchs „Wirkerei und Strickerei“ von Marcus Oliver Weber und Klaus-Peter Weber – geeignet für die Ausbildung und als Nachschlagewerk für die Berufspraxis – führt umfassend in die technischen und bindungstechnischen Grundlagen der Maschenwaren ein. Neben wichtigen maschentechnischen Definitionen werden grundlegende Kenntnisse über den Aufbau, die Arbeitsweise und die Mustereinrichtungen der Strick- und Wirkmaschinen vermittelt. Ein neues Kapitel zu Garnen, das dem Zusammenspiel der Nadel- und Garnstärke in der Maschenbildung Rechnung trägt, beinhaltet viele weitere Musterungen, die in jüngster Zeit häufig zum Einsatz kommen. Ein Plus sind auch die Produktionsbeispiele, die vom Entwurf oder Muster bis zur fertigen Ware den Kalkulationsprozess für den Stricker oder Wirker exemplarisch darstellen. Das Buch enthält zahlreiche vierfarbige Fotos und Funktionsbilder und richtet sich gleichermaßen an Studenten, Auszubildende und Schüler wie auch an Textilfachleute verschiedenster Bereiche. 6., völlig überarbeitete und aktualisierte Auflage 2014, Deutscher Fachverlag GmbH, 264 Seiten, 68,00 EUR, ISBN 978-3-86641-299-6, Bestell-Nr. 41299

Foto: © Denis Junker – Fotolia.com

Wissenswertes


Ein BH fürs Handy Die Balinger Bildungsmesse „Vision 2014“ war ein voller Erfolg Ende September ging die erfolgreiche Bildungsmesse „Vision“ in die neunte Auflage. Rund 100 Aussteller informierten in Balingen an drei Tagen Schul­abgänger aus erster Hand über ihre Angebote der beruflichen Ausbildung sowie über die Vielfalt der Studienmöglichkeiten. Natürlich war auch Go Textile! in diesem Jahr wieder mit einem Gemeinschaftsstand, organisiert von Gesamtmasche und der Fachvereinigung Wirkerei-Strickerei in Albstadt, vertreten, auf dem sich die Ausbildungsbetriebe der Region – Speidel, Eschler Textil, Peter Müller, Sanetta und Mey – präsentierten. Alle Firmen brachten ihre Auszubildenden mit, so dass sich die interessierten Schüler auf Augenhöhe informieren konnten. Viele Aussteller boten den Messebesuchern auf ihren Ständen kleine berufsspezifische Aufgaben zum Ausprobieren, ob Brezeln schlingen, Löcher bohren oder den Tisch decken – so konnten die Schüler ganz praktisch in ihren Wunschberuf reinschnuppern. Ein besonderes Highlight gab es auf dem Go Textile!-Stand: Hier konnten kleine BHs gefertigt werden, um sie anschließend als Schlüsselanhänger oder zur Handydekoration zu verwenden. Die von der Firma Mey geborene Idee war in kürzester Zeit der Anziehungspunkt auf der Bildungsmesse. Die Jugendlichen mussten ein kleines Stück Schaumstoff molden. Beim Molden werden die BH-Cups durch ein thermoplastisches Verfahren vorgeformt. Diese Aufgabe war für die meisten noch kein Hindernis. Doch dann kam der Zuschnitt und damit begannen die Schwierigkeiten. Hier zeigten sich die feinmotorischen Fähigkeiten der Jugendlichen. Abschließend wurde das Loch für den Anhänger gestanzt und das fertige Produkt mit einem Strassstein verziert. Insgesamt wurden an allen drei Messetagen fast 600 BHs produziert. Von dieser Attraktion profitierten auch die anderen Standteilnehmer, die so hervorragend Werbung für die gewerblich technischen Ausbildungsberufe der Branche machen konnten. Vom Produktionsmechaniker Textil bis zum Modeschneider gab es qualifizierte Kontakte. Neben der BH-Produktion zeigte sich, dass das bereits etablierte Go Textile!-Gewinnspiel nichts von seiner Anziehungskraft verloren hat. Zu erraten war die Garnlänge einer ausgestellten Spule. Für die richtige Antwort bzw. beste Schätzung gab es dieses Mal Einkaufsgutscheine für die Produkte der am Stand vertretenen Unternehmen. Auch im nächsten Jahr ist die Messebeteiligung wieder fest eingeplant. Nach dem großen Erfolg soll der Stand noch etwas größer ausfallen und weitere Unternehmen haben ihr Interesse an einer Teilnahme bereits signalisiert.

Reger Betrieb herrschte auf dem Gemeinschaftsstand von Go Textile!. Die Attraktion war die BH-Fertigung von Mey: Molden, zuschneiden, stanzen, bekleben, da machten sogar die Lehrer mit und freuten sich über ein gelungenes Handwerk.

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