Südwesttext August-September 2018 Nr. 115

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SÜDWESTTEXT Zeitung für die Textil- und Bekleidungsindustrie HERAUSGEGEBEN VON SÜDWESTTEXTIL

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Themen Verband + Industrie Cotonea steigt aus Seite 5 Recht + Steuern „100 %“, „rein“, „ganz“... Seite 14

Fashion Week:

Technik + Umwelt Innovationsförderung: Kennen Sie die DBU? Seite 16

Green und andere Modefarben Seite 3

Optimistische Stimmen in der Mehrzahl Geschäftsklimaindex aber von 25 auf 14 Punkte gesunken

Grafik: Südwesttextil

Trotz wachsender politischer und konjunktureller Risiken ist das Stimmungsbild unter den baden-

württembergischen Textil- und Bekleidungsunternehmen zum Ende des ersten Halbjahres 2018 nach wie vor gut – der Konjunkturoptimismus scheint stabil. Die Südwesttextilunternehmen schätzen ihre aktuelle Lage in der Geschäftsklimabefragung weiterhin überwiegend positiv ein und auch bei den Geschäftsaussichten für die nächsten Monate sind die optimistischen Stimmen leicht in der Mehrzahl. Aber: Die Optimisten werden weniger. Insgesamt ging

der Südwesttextil-Geschäftsklimaindex im Vergleich zur Befragung vor drei Monaten zurück. Bei der aktuellen Umfrage liegt der Geschäftsklimaindex mit 14 Punkten deutlich unter den fast 25 Punkten der letzten Befragung, aber noch deutlich über der Nulllinie. Ähnlich ist das Bild bei der Bewertung der aktuellen Lage sowie der Erwartung für die Zukunft. Bei der Bewertung der aktuellen Lage ist es vor allen Dingen Fortsetzung Seite 2

Fashion im Bundeskanzleramt Am Abschlusstag der Berliner Fashion Week begrüßte Dorothee Bär, Staatsministerin und Beauftragte der Bundesregierung für Digitalisierung, Vertreter der Modebranche bei einem Empfang im Bundeskanzleramt. Als Überraschungsgast sorgte besonders Bundeskanzlerin Angela Merkel für große Freude. Denn auch sie nutzte die Möglichkeit, sich unter die zahlreichen Unternehmer, Designer und Vertreter der Presse zu mischen und sich mit ihnen auszutauschen. Das Treffen wird als Auftakt für einen weiteren

Die Bundeskanzlerin mit Jürgen Leuthe. Foto: Fashion Council

Zahl des Monats Das Forum Fairer Handel zeigt in der jüngsten Verbraucherbefragung, dass immer mehr Menschen beim Einkauf Wert auf eine menschenwürdige und faire Produktion legen. Doch welche Fairtrade-Produkte kaufen Kunden am häufigsten? Kaffee macht nach wie vor den meisten Umsatz, dicht gefolgt von Bananen und Kakao. Was jedoch die Zuwachsraten angeht, hat fair gehandelte Kleidung mit einer Steigerung von 66 Prozent im Vergleich zu 2016 derzeit klar die Nase vorn. Das liegt zum einen daran, dass einige große deutsche Discounter im Jahr 2017 verstärkt Produkte wie T-Shirts, Sporthosen oder Taschen aus Fairtrade-Baumwolle verkauften. Zum anderen ist das wachsende Segment der Berufskleidung dafür verantwortlich.

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Quelle: IW

Dialog zwischen Wirtschaft, Politik und Kreativbranche gesehen, um Mode „made in Germany“ als einen Teil der deutschen Kultur in der öffentlichen Wahrnehmung zu stärken. Eine Förderung der Branche ist in anderen Ländern bereits selbstverständlich und die Fashion Week ein fester Termin im Kalender der Politiker. Von SüdwesttextilMitgliedern waren Jürgen Leuthe von Luisa Cerano und Ingo Wilts von Hugo Boss bei dem Treffen vertreten. www.suedwesttextil.de

Aktuell IAF World Fashion Convention: Unter dem Titel „Building a Smart Future for Fashion“ treffen sich am 9. und 10. Oktober 2018 Branchenführer und wichtige Partner zu einem hochrangig besetzten Kongress in der Europastadt Maastricht. Mitglieder von Südwesttextil bekommen die IAF-Mitgliederpreise. Außerdem gibt es bis zum 1. September die „early bird bookers“-Konditionen. Mehr unter www.suedwesttextil.de.


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Verband + Industrie

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Optimistische Stimmen in der Mehrzahl die Kapazitätsauslastung der Unternehmen, die merklich zurückgingen. Die Anzahl derer jedoch, die eine schlechte Kapazitätsauslastung angeben, variiert kaum. Bei den Erwartungen ist ein ähnliches Bild festzustellen. Von einem steigenden Auslandsumsatz

gehen derzeit 31 Prozent aus. In der Befragung im April waren dies noch 43 Prozent. Allerdings wird die Einschätzung, dass der Auslandsumsatz fällt, nur noch von 3 Prozent der Unternehmen geteilt. Dies sind 6 Prozent weniger als bei der letzten Umfrage.

Der Handelsstreit mit den USA und die Sorge vor den Folgen für die weltweite Konjunktur zeigt hier offenbar Wirkung, aber die Panik bleibt aus.

In Kürze Stephan Schumann verstärkt im September die Geschäftsführung des Südwesttextil-Mitglieds Rökona. Der 44-Jährige wird bei der Tochter des Tübinger Wäscheund Bademode-Anbieters Gerhard Rösch für Vertrieb und Marketing verantwortlich sein.

Christine Schneider

Mit Hochleistungsfasern in der Hauptstadt Im Rahmen der Tagung „MIT: FUTURA“ Anfang Juni zeigte sich die Textil- und Bekleidungsindustrie von ihrer innovativen Seite. Die Veranstaltung der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung der CDU/ CSU (MIT) stand in diesem Jahr unter dem Motto „Transformation Interaction“ und brachte rund 800 Gründer, Mittelständler, Politiker sowie Vertreter von Unternehmen und Verbänden in Berlin zusammen. Die Veranstaltung bot eine Vielfalt an Programmpunkten mit viel Raum für Interaktion und Vernetzung, denn Ziel der Konferenz war es unter anderem Investoren, Unternehmer, Gründer, Wissenschaftler und politische Entscheider zusammenzubringen. So sollen neue Impulse geschaffen werden und besonders unter dem Aspekt der digitalen Transformation Best-Practice-Beispiele vorgestellt werden, um eine Inspiration für die gesamte Wirtschaft darzustellen. Ein zentrales Element war in diesem Zusammenhang der „Switch-Pitch“, der im Rahmen des Veranstaltungs-Konzeptes entworfen wurde. Dabei waren sowohl Konzerne als auch Unternehmen des Mittelstands dazu aufgerufen, ihre Transformationsgeschichte zu präsentieren. Einen der Vorträge hielt Ditmar Schultschik, Geschäftsführer der Gruschwitz Textilwerke AG aus Leutkirch im Allgäu. Das Südwesttextil-Mitglied ist europaweit führender Spezialist für technische Zwirne und Nähgarne. Mit einer strategischen Partnerschaft mit dem Start-up Amsilk ist Gruschwitz an der Entwicklung der Biosteel Faser beteiligt, die als erste ökologische Hochleistungsfaser gilt. In seiner über 200-jährigen Geschichte hat sich das Unternehmen immer wieder neu erfunden, getreu dem Motto „Innovationen aus Kompetenz“.

Stephan Schumann Foto: Rökona

Die Textil- und Bekleidungsindustrie der EU hat sich durch Innovation, Kreativität, Einführung fortschrittlicher Fertigungstechnologien, Markt Diversifizierung und Internationalisierung neu erfunden. EURATEX, die europäische Stimme der Branche, hat jetzt eine Broschüre veröffentlicht, in der sie diese Entwicklung anhand von zehn UnternehmensBeispielen eindrucksvoll zeigt. Auch das Südwesttextil-Mitglied, die Amann Group aus Bönnigheim, gehört dazu. Die Broschüre gibt es zum Download unter www. suedwesttextil.de.

Annegret Kramp-Karrenbauer informierte sich auf dem Stand von „Textil vernetzt“ über die aktuellen textilen Innovationen. Ditmar Schultschik präsentierte im „Switch-Pitch“ die Biosteel Faser und t+m-Präsidentin Ingeborg Neumann diskutierte in der Expertenrunde zum Thema Neuentwicklungen der Künstlichen Intelligenz. (v.oben und l.n.r.). Fotos: MIT

Im Anschluss wurden in zahlreichen Podiumsdiskussionen Themen wie die Zukunft der Mobilität oder das Thema Datenschutz in Zeiten der Digitalisierung diskutiert. Teil der Expertenrunde im Transformation Board rund um die Neuentwicklungen der Künstlichen Intelligenz war auch Ingeborg Neumann, Präsidentin des Gesamtverbandes textil+mode und Geschäftsführende Gesellschafterin der Peppermint Holding GmbH in Berlin. Sie forderte, dass die Wirtschaft aufwacht und anfängt, das Potenzial der Technologie zu nutzen.

Auf der Messe vertreten war auch das Mittelstand 4.0-Kompetenzzentrum „Textil vernetzt“. Gemeinsam mit dem Gesamtverband textil+mode konnte so das Interesse für textile Innovationen geweckt werden. Den Stand des Kompetenzzentrums besuchten so unter anderem die Staatsministerin für Digitalisierung Dorothee Bär (CSU), Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und die CDU-Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer.

Simone Diebold

Die Arbeitgeber Baden-Württemberg und der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie e. V. (LVI) haben am 27. Juni in Stuttgart den Verein „Unternehmer Baden-Württemberg“ gegründet, in dem beide Verbände aufgehen sollen. Der Verein wird über einen zweijährigen Zeitraum die Zusammenführung steuern. Südwesttextil ist Mitglied beider Organisationen und hat den Prozess in beiden Säulen engagiert mitbegleitet. „Wenn die Wirtschaft im Südwesten mit einer Stimme spricht, wird sie noch besser wahrgenommen werden und ihre Interessen entsprechend kraftvoller vertreten können“, erklärten der Präsident der Arbeitgeber BadenWürttemberg, Dr. Rainer Dulger, und LVI-Vizepräsident Heinrich Baumann.


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Die Botschaft: Nachhaltigkeit wird normal Deutsche Textil- und Modeindustrie präsentiert sich auf der Berlin Fashion Week Die dritte PolitFashionTour des Gesamtverbandes textil+mode stand ganz im Zeichen der diesjährigen Topthemen: Nachhaltigkeit, Digitalisierung und Innovation. Im Schaltraum des Kraftwerks, in das in diesem Jahr der Greenshowroom zahlreiche Besucher lockte, fanden sich interessierte Zuhörer für eine Podiumsdiskussion zum Thema „Innovationskraft der deutschen Textil- und Bekleidungsindustrie“ ein. Wie Nachhaltigkeit zur DNA mittelständischer Textilunternehmen gehört, machte Nico Kemmler, CSR-Manager beim Bielefelder Traditionsunternehmen Seidensticker, anschaulich. Für Magdalena Schaffrin, Gründerin des Greenshowroom, gehören Innovation und Nachhaltigkeit eng zusammen und führen längst kein Nischendasein mehr. Dies zeigten die zahlreichen Aussteller fairer Mode, die Jahr für Jahr mehr Publikum auf der Fashion Week Berlin anziehen. Einen Überblick über die Fortschritte der deutschen Textilforschung bei den Themen Ressourceneffizienz und Recycling gab Johannes Diebel, Leiter des Forschungskuratoriums Textil. Innovationssprünge bei den textilen Produkten verändern auch die zahlreichen Ausbildungsberufe der Branche, über die Jenny Bürger berichtete, die an der Hochschule Niederrhein studiert und bereits eine Ausbildung zur Textillabo-

Podiumsdiskussion auf dem Greenshowroom: Jenny Bürger, Magdalena Schaffrin und Nico Kemmler im Gespräch mit Moderatorin Petra Diroll (v.l.n.r.) Fotos: Südwesttextil

rantin absolviert hat. Als einer der Social Media-Botschafterinnen ist sie für die Ausbildungskampagne „Go Textile!“ aktiv. Beim anschließenden Rundgang durch das Kraftwerk weckten Programm und Aussteller der beiden Messen Greenshowroom und

Ethical Fashion Show Berlin sowie das Konferenzformat FashionSustain das Interesse der Teilnehmer. Auch in diesem Jahr zogen die Veranstalter ein positives Fazit mit vielen internationalen Ausstellern und großem Interesse bei Besuchern. Die beiden Messen werden

ab der kommenden Ausgabe unter dem gemeinsamen Namen „Neonyt“ geführt. Das neue Konzept geht über ein reines Messekonzept hinaus und möchte sich als internationale Plattform für Nachhaltigkeit und Innovationen in der Modeindustrie etablieren. Als besonderes Highlight des Abendprogramms besuchte der Gesamtverband textil+mode gemeinsam mit seinen Gästen die Premiere der Modenschau „Greenshowroom Selected“. Bei strahlendem Sonnenschein strömten zahlreiche Gäste in das E-Werk in der Mitte Berlins, um die neuesten Trends der nachhaltigen Mode für den Sommer 2019 zu bewundern. Die Show war Teil der offiziellen Berlin Fashion Week und zeigte eine Auswahl der Designer aus beiden Messekonzepten. Vertreten waren außergewöhnliche Stücke von Lanius, Rhumaa, Anne Bernecker, Wunderwerk oder Ecoalf. Die Themen Diversity und Uniqueness standen dabei sowohl bei der Auswahl der Outfits als auch bei der Abstimmung auf die Models im Mittelpunkt. Die exotischen Looks zeigten nicht nur, wie bunt und vielfältig nachhaltige Mode sein kann, sondern setzten vor allem ein Zeichen, dass diese auch von den Laufstegen dieser Welt nicht mehr wegzudenken ist. Rebekka Rüth

Happy Birthday Luisa Cerano! Das Modelabel Luisa Cerano des Nürtinger Familienunternehmens Ferd. Hauber GmbH feierte während der Berlin Fashion Week in der Galerie König, der ehemaligen St. Agnes Kirche in Kreuzberg, sein 20-jähriges Jubiläum. Die Veranstaltungsserie lockte unter dem Motto „Fashion meets Art“ mehrere hundert Gäste aus Medien, Wirtschaft, Politik, Kunst und auch von Südwesttextil in die Galerie. Zu den prominenten Gästen gehörten beispielsweise Natalia Wörner, Katja Flint, Bettina Cramer, Ella Endlich und Lisa Tomaschwesky.

Foto: Robert Schlesinger/Getty Images for Luisa Cerano

Ausgestellt wurden die Werke des Fotokünstlers Andreas Mühe unter dem Titel „Subsersive Praktiken“ sowie Arbeiten weiterer Künstler. Die Veranstaltung des Events in der Galerie beruht auf der Geschichte des Labels, welches seit Beginn in der Kunst eine wichtige Inspirationsquelle findet. In der besonderen Kulisse wurde ausgelassen bis spät in die Nacht gefeiert, begleitet von der Musik des DJ-Duos ALYGANY und kulinarisch versorgt durch ein Buffet von Dahlmann München.


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Verband + Industrie

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Strategie für „Sie“: Mal Oliv und dann wieder Rosa Texklusiv-Seminar: Power für den Alltag für weibliche Führungskräfte Den Mitarbeitern ein Vorbild zu sein, Orientierung zu geben und sich empathisch im Dialog zu verhalten, sind Schlüsselqualifikationen einer modernen Führungskraft, doch im hektischen Berufsalltag nicht immer einfach. Genauso wie in schwierigen Kommunikationssituationen und bei Machtspielen ihre Frau zu stehen. Raum, Zeit und Coaching für diese Themen bot das exklusive Seminar von Südwesttextil Ende Juni im malerischen Schloss Haigerloch auf der Schwäbischen Alb neun weiblichen Führungskräften aus Mitgliedsunternehmen. Fernab von Büro und Meetings trainierten sie Konflikte, Interessenunterschiede und unangenehme Themen ansprechen und konstruktiv austragen zu können, und lernten die Regeln von Machtspielen kennen. Die Kommunikationsberaterin und Führungskräfte-Trainerin Beate Munding gab dazu den Teilnehmerinnen das nötige theoretische Rüstzeug an die Hand, das sie dann in zahlreichen praktischen Übungen anwenden konnten. Dazu setzte die Kommunikationsexpertin,

Die Kommunikationsberaterin und Führungskräfte-Trainerin Beate Munding begeisterte mit ihrem Trainingsprogramm und ihren darauf abgestimmten Trainingsmethoden die Teilnehmerinnen. Fotos: Südwesttextil

Künstliche Intelligenz in der Arbeitswelt

Brexit – was tun?

Die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) hat die Broschüre „Künstliche Intelligenz: Deutschland zum Vorreiter der Arbeitswelt von morgen machen“ veröffentlicht und zeigt darin die wichtigsten Entwicklungen und dringendsten Handlungsfelder auf. Die rasanten Fortschritte im Bereich Künstliche Intelligenz (KI) werden unsere Foto: iStock.com/Besjunior Wirtschaft und Gesellschaft in den kommenden Jahren und Jahrzehnten tiefgreifend verändern. Was vor wenigen Jahren noch wie Science-Fiction anmutete, ist heute bereits vielerorts Alltagstechnologie oder steht kurz vor dem Durchbruch zur Massentauglichkeit. KI stellt uns dabei nicht nur vor technologische Herausforderungen. Aus Sicht der Arbeitgeber gibt es auch in der Arbeitswelt enormen Handlungsbedarf.

Foto: iStock.com/Delpixart

Die Broschüre können Sie unter www.suedwesttextil.de herunterladen.

die vor ihrer freiberuflichen Tätigkeit als Trainerin und zertifizierter Systemischer Coach 12 Jahre als Hörfunk- und Fernsehjournalistin für den Norddeutschen Rundfunk und die ARD arbeitete, gezielt die Videokamera ein. Denn in einer Kommunikationsituation zählt zu 55 Prozent die Körpersprache, zu 38 Prozent der Tonfall und nur zu 7 Prozent die Sprache bzw. der Inhalt. Und da Körpersprache und Tonfall durch die eigene Lebensgeschichte individuell geprägt sind, können sie nur mit viel Übung überformt werden. Und das taten die engagierten Teilnehmerinnen mit Begeisterung. Doch auch der Austausch unter den Frauen kam nicht zu kurz – bei köstlichem Frühstück, Mittag- und Abendessen gab es an den beiden Tagen genügend Zeit für gute Gespräche. Es war ein tolles Seminar und alle waren sich einig: Eigentlich wäre das auch was für Männer, denn mal ganz ehrlich – sind wir nicht alle mal Oliv und dann wieder Rosa? Simone Diebold

In nicht einmal einem Jahr – am 29. März 2019 – will das Vereinigte Königreich die EU verlassen. Um Unternehmen auf den Brexit vorzubereiten, stellen unsere Dachorganisationen der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und die Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände (BDA) einen Leitfaden zum Brexit zur Verfügung. Mit 111 Fragen und zahlreichen Empfehlungen bereitet der Leitfaden deutsche Unternehmen auf die betriebswirtschaftlichen Auswirkungen des Brexits vor. Den Leitfaden sowie die Kurzfassung finden Sie unter www.suedwesttextil.de zum Download.


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Cotonea steigt aus Textilbündnis aus

Roland Stelzer im Gespräch mit Bio-Farmern seines Baumwollprojekts in Uganda Fotos: Gebr. Elmer & Zweifel GmbH & Co. KG

Der Dokumentationsaufwand im Rahmen des Leitfadens „Wir sind auf dem Weg“ sei für kleinere Unternehmen einfach nicht zu leisten, begründet der Geschäftsführende Gesellschafter Roland Stelzer seinen Schritt. Als Reaktion auf den Einsturz einer Textilfabrik in Bangladesch gründete Bundesentwicklungsminister Müller 2014 das Bündnis für nachhaltige Textilien. Mit großem Aufwand wurden Textilhersteller umworben, sich dem Bündnis anzuschließen, mit dem Ziel, soziale, ökologische und ökonomische Verbesserungen entlang der Textillieferkette zu erreichen. Heute gehören ihm etwa 130 Unternehmen, Verbände, NGOs usw. an. Insbesondere kleinere Textilhersteller wurden anfangs hofiert, um von deren Transparenz und Erfahrung zu profitieren. Fazit nach vier Jahren

Mitgliedschaft: Die im Leitfaden „Wir sind auf dem Weg“ formulierten ökologischen und sozialen Standards erfülle Cotonea schon lange zu 100 Prozent. Diese Road-

map eigne sich für große Unternehmen, für Cotonea sei die jährliche Dokumentation erreichter Verbesserungen schlicht überflüssig. „Allein damit kann man eine

Neuer Imagefilm für die Branche

Foto: Gesamtverband textil+mode

Auf der Messe „High-Tex from Germany“ im Mai 2018 in Atlanta, USA, hatte der neue Branchen-Imagefilm des Gesamtverbands textil+mode seine Premiere. Der Film zeigt die große und innovative Vielfalt von Textil. Der Imagefilm wird jetzt auf verschiedenen Messen und Veranstaltungen eingesetzt, um unter dem Motto „Die Zukunft ist textil“ einen Ausschnitt aus der Breite unserer industriellen Produktion zu zeigen.

Das Video steht im YouTube-Kanal vom Gesamtverband textil+mode in deutscher und englischer Sprache zum Download zur Verfügung.

Halbtagskraft beschäftigen. Wir haben keine eigene ComplianceAbteilung wie die Großen“, ärgert sich der Geschäftsführende Gesellschafter von Cotonea, Roland Stelzer. Zunächst gab das BMZ (Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung) die Zusage, kleinen Unternehmen und Verbänden diesen Aufwand, wenigstens teilweise, zu erstatten. Geschehen sei nichts. Es ist aber nicht allein dieser Umstand, der Roland Stelzer ärgert. Bei jeder zu treffenden Entscheidung fallen die Forderungen der kleinen, oft sehr engagierten Textilhersteller „unter den Tisch“, weshalb diese eine Quote gefordert haben, mit der ihre Belange berücksichtigt werden. Dem wurde zwar zugestimmt – geschehen sei auch hier nichts. „Ich sehe nicht ein, dass nur die großen Unternehmen

entscheidungsrelevant sind. Das führt dazu, dass wirklich nachhaltige Vorschläge, die vielleicht mehr Aufwand und Kosten erfordern, nicht aufgegriffen werden.“ Waren anfangs noch 20 kleine Hersteller Mitglied im Textilbündnis, sind es mittlerweile nur noch vier. 16 haben stillschweigend das Handtuch geworfen. „Auch wir ziehen uns nach jetzt vier Jahren, in denen wir uns gemeinsam mit den anderen kleinen Unternehmen sehr stark engagiert haben, aus dem Textilbündnis zurück“, sagt Stelzer. „Aber wir tun das nicht, ohne diese Missstände öffentlich zu machen.“ Mit nur noch drei kleinen Mitgliedsunternehmen seien die Großen nun unter sich und müssten sich mit „unorthodoxen“ Vorschlägen nicht mehr beschäftigen. Cotonea/Elmer & Zweifel konzentriert sich seit 2003 auf biologisch-faire Baumwolle für die Produktion von Heim- sowie Haustextilien und Oberbekleidung. Unter der Marke Cotonea werden Bett- und Badwäsche, Bettwaren und Babywäsche sowie Bekleidung aus eigenen Bio-Baumwollprojekten hergestellt und vertrieben, und „Cotonea inside“ steht für die Verarbeitung ökologisch-fairer Cotonea-Stoffe durch namhafte Markenhersteller. Die gesamte Fertigung findet – teilweise in eigenen Betrieben – nach IVN BEST Standards ausschließlich in Europa und der Türkei statt. www.cotonea.de

Ettlin – ausgezeichnete Innovation In der mit Abstand einreichungsstärksten Kategorie „Innovation“ bei der diesjährigen Verleihung des renommierten materialPREIS erreichte das neu entwickelten Architekturgewebe Ettlin TransProof® den 3. Platz. Damit würdigt die hochkarätig besetzte Jury die einzigartigen Charakteristika des neu entwickelten Architekturgewebes der Ettlin Spinnerei und Weberei ProEttlin TransProof® Foto: Ettlin AG duktions GmbH & Co. KG: Es vereint wasserabweisende und zugleich luftdurchlässige Eigenschaften sowie UV-Schutz und Durchsicht, die sich bislang als Kombinationen ausgeschlossen hatten. Das Material wurde in Zusammenarbeit mit dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT) entwickelt.


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PH-Werte: Die Kolumne von Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas

Keine Zeit, kein Geld? »Ein Personalmanagement „von der Hand in den Mund“ ist nicht strategisch.« Die Schere geht auseinander: Die eine Linie zeigt die Suchanfragen der Arbeitgeber bei der Bundesagentur für Arbeit (plus 16 Prozent im letzten Jahr), die andere Linie die Übergänge von Arbeitslosigkeit in Beschäftigung (minus 29 Prozent). Oder anders ausgedrückt: Betriebe suchen mehr und finden weniger. Der „War for talents“ ist keine düstere Prognose mehr, die Schlacht um die Fachkräfte ist voll entbrannt. Auch die Zahl der unbesetzten Ausbildungsstellen ist um

12 Prozent deutlich gestiegen. So mancher Chef ist frustriert – angesichts der Bewerberlage, der längeren Suchzeiten, der Qualität der Kandidaten, manchmal auch in Bezug auf die Betriebstreue. Wir hören oft: Der Fachkräftemangel ist ein Riesenproblem. Wir hören aber auch: Bei uns geht es noch, wir kommen zurecht. Das klingt eher nach „von der Hand in den Mund“. Oder nach der Regel: „Ist das Auftragsbuch voll, haben wir für Personalentwicklung keine Zeit

– ist es leer, haben wir kein Geld.“ Sollte sich die Lage am Arbeitsmarkt weiter verschärfen, ist dieses Vorgehen gefährlich. Und wenn sich dann starke Jahrgänge in der Belegschaft gleichzeitig (oder dank Rente mit 63 vorzeitig) verabschieden, ist sogar das Alltagsgeschäft gefährdet. Was tun? Den Kopf in den Sand zu stecken, ist keine Option. Südwesttextil sieht sich als Arbeitgeberverband in der Pflicht, in diesem Thema alle Hebel in Bewegung zu setzen. Wir machen Ihnen Angebote, wie Sie sich als Arbeitgeber präsentieren, das eigene Recruiting optimieren und die Personalentwicklung ausbauen können. Aber: Die Mitglieder müssen die Angebote auch nutzen. Noch sind nicht alle mit ihrem kostenlosen Firmenprofil auf der Website unserer Nachwuchs-Kampagne „Go textile!“. Daneben empfehle

ich unsere Broschüre „next in textil“, in der wir mehrere Aus- und Fortbildungsprogramme und die entsprechenden Förderungen übersichtlich zusammengefasst haben. Ebenso sind wir in Gesprächen mit der Bundesagentur für Arbeit über Arbeitskräftevermittlung aus dem Ausland. Und wir diskutieren mit unseren Mitgliedern die Idee eines gemeinsamen Online-Auswahlverfahrens inklusive wissenschaftlich fundierter Eignungsdiagnostik. Das könnte Fehltreffer bei der Rekrutierung vermeiden. Ja, Personalarbeit wird anstrengender – und auch teurer. Und sie ist längst mehr als Personalverwaltung. Personalmanagement hat strategische Bedeutung, ist Chefsache, entscheidet über die Zukunft. Und genauso gilt der Satz vom Vorsitzenden unserer Bildungsstätte Gatex, Volker Steidel: „Ausbildung ist keine Wohltätigkeit, das ist purer Egoismus.“

Südwesttextil-Mitglieder ausgezeichnet Die Markenpräsentation der neuen Premiumhemdenlinie Olymp Signature der Olymp Bezner KG wurde am 21. Juni im Palazzo Italia – Römischer Hof in Berlin mit dem German Brand Award 2018 des German Brand Institute und dessen Expertengremien ausgezeichnet. Die Auszeichnung wurde in den Kategorien Product Brand of Foto: Lutz Sternstein the Year, als beste Produktmarke, sowie Brand Creation – Point of Sales, für die gelungene Markendarstellung am Verkaufsort, erreicht. Marc Fritz (Bild re.), Leiter der Abteilung Marketing und Öffentlichkeitsarbeit bei Olymp, nahm den Preis entgegen.

Für ihre exzellente Markenführung wurde Dr. Antje von Dewitz, Geschäftsführerin des Bergsportausrüsters VAUDE, als Brand Manager of the Year des German Brand Award 2018 im Deutschen Historischen Museum in Berlin geehrt. „Dr. Antje von Dewitz hat es nicht nur geschafft, das Familienunternehmen VAUDE zu einer starken, Foto: © Manuel Debus wettbewerbsfähigen Marke konsequent weiterzuentwickeln, sondern diese auch glaubwürdig und wahrhaftig mit dem Aspekt der Nachhaltigkeit zu verbinden. Und das überaus erfolgreich und in jeder Hinsicht authentisch“, lautet die Begründung der Jury.

Die Mustang GmbH hat die deutschen Verbraucher überzeugt und wurde bei der Studie „Beste Händler 2018“ zum besten Online-Händler in der Kategorie Jeans ausgezeichnet. Für die Studie untersuchte das Forschungsinstitut ServiceValue im Auftrag des Handelsblatts 597 stationäre Händler und 954 Onlinehändler in 97 verschie- Foto: www.mustang-jeans.com denen Branchen. Mustang konnte bei den Verbrauchern besonders mit dem Mix aus verschiedenen Zahlungsarten punkten. Doch das Unternehmen kann nicht nur Online: Mit seinen Stores belegte es bei der Studie den zweiten Platz als bester Jeans-Händler.

Auch die Betty Barclay Group kann sich über mehrere Auszeichnungen freuen. Zum zweiten Mal in Folge wurde das Unternehmen mit dem Deutschlandtest-Siegel Deutschlands beste Ausbildungsbetriebe 2018 von Focus Money ausgezeichnet – auch in diesem Jahr als Testsieger in der Branche der Mode- und Textilindustrie. Gleichzeitig Foto: Betty Barclay Group wurde Betty Barclay von Capital als einer der „Besten Ausbilder Deutschlands“, sowie einer der „Besten Ausbilder Deutschlands duales Studium“ prämiert und gehört laut TW Studie Working in Fashion 2018 zu den Top Ten der besten Arbeitgeber der Modebranche.


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Neue Mitglieder bei Südwesttextil

Viele namhafte Autohersteller wie Mercedes, Porsche und Audi setzen auf die FrontendModule von HBPO. Foto: www.hbpogroup.com

Das Vorderteil sowie die Ärmel der Oberteile sind aus schnittfestem DYNEEMA®-Material gefertigt. Foto: www.fttex.com.de

HBPO Vaihingen/Enz GmbH Als einer der Top 100 Automobilzulieferer gibt HBPO Kraftfahrzeugen ein Gesicht. Als einziges Unternehmen weltweit übernimmt es die gesamte Prozesskette – von der Entwicklung und Montage bis hin zur Logistik komplexer Frontend-Module (FEM). Die sichtbaren Teile sind je nach Ausstattung die Scheinwerfer, das Kühlerschutzgitter und der Stoßfänger. Dahinter liegen der Frontend-Modulträger, die Komponenten der Fahrzeugklimatisierung, die Motorkühlung und das CrashmanagementSystem. Zahlreiche Automobilhersteller, so auch Porsche und Daimler, setzen auf dieses Technologie-Know-how. Ein fester Bestandteil der HBPO-Produktpalette ist seit 2011 die Kraftstoffverbrauch und CO2Emissionen senkende Luftklappensteuerung.

Fuchshuber Techno Tex GmbH Das Unternehmen entwickelt und fertigt hochwertige, elastische Sicherheitstextilien, die den Anwender nachhaltig vor Gefahren im körpernahen Bereich schützen. Zu den Kernkompetenzen gehört die individuelle Produktion von Multi-Funktionsbekleidung sowie die Herstellung hierfür notwendiger Gestricke, die folgenden Hauptgefährdungen entgegenwirken: Flammen, Flash-over, Kontakthitze, Strahlungshitze, elektrostatische Aufladungen. Darüber hinaus erfüllt das umfangreiche Funktionsbekleidungsprogramm weitere Anforderungen, wie beispielsweise Schutz vor Durchstoß beim Fechtsport, Schnittfestigkeit der Bekleidung für Teilnehmer an Short Track-Rennen, bei Eishockey-Spielern sowie Schutz vor übermäßigem Abrieb bei Motorrad-/Fahrrad-Bekleidung.

Strickerei, Näherei, Qualitätskontrolle, Verpackung und Versand. Alles befindet sich bei disana unter einem Dach. Fotos: www.disana.de

Artgerechte und stilvolle Bodenkissen für Vierbeiner, aber auch kleine und große Menschen, sowie Sofakissen gehören zum Sortiment. Fotos: www.darlinglittleplace.de

disana GmbH & Co. KG Baby- und Kindertextilien aus möglichst naturbelassenen Stoffen – mit dieser Idee gründeten Imma und Dietrich Sautter das Unternehmen vor über 30 Jahren. Was mit einem waschbaren Windelsystem begann, hat sich im Laufe der Jahre zu einem breiten Sortiment an Kinder- und Heimtextilien entwickelt. Die Produktion, in der jahrhunderte alte Handwerkskunst auf einen modernen Maschinenpark trifft, findet auch heute noch ausschließlich in Deutschland statt. Die Produktion vor Ort sichert nicht nur die hohe Qualität der Artikel. Sie hilft auch, schnell und flexibel auf die Wünsche von Kunden zu reagieren. So manche Idee aus dem Kreis der Kunden fand sich schon kurze Zeit später in einem disana-Artikel wieder.

In'cept GmbH Darling Little Place Die Gründerinnen Vanessa und Constanze Frank haben es sich zur Aufgabe gemacht, ein ergonomisches und umweltfreundliches Bodenkissen für alle Hundegrößen zu entwickeln. Das Besondere: In der Entwicklung ihrer Kissen haben die Gründerinnen festgestellt, dass nicht nur Hunde und Katzen ihre Kissen lieben. Auch die Zweibeiner sind begeistert von den kuscheligen Bodenkissen. So definiert der Kunde die Funktion seines Kissens für die moderne Familie. Ob für Kids, Studenten, kleine und große Menschen als Chillkissen oder für das geliebte Tier. Nachhaltig produziert in kleinen Manufakturen und Werkstätten für Menschen mit Behinderungen in Deutschland, wird bei der Anfertigung der Bodenkissen bewusst auf sämtliche chemische Imprägnierung verzichtet.


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Happy birthday, Hartmann!

Paul Hartmann feierte sein 200-jähriges Jubiläum mit einem Zukunftsforum Die Paul Hartmann AG lud am 13. Juni 2018 mehr als 400 Vertreter aus Apotheken, Kliniken, Pflege, Ärzteschaft und Politik nach Heidenheim ein, um mit Top-Experten der Branche die Zukunft des Gesundheitswesens in Deutschland zu diskutieren. Als übergreifendes Hauptthema kristallisierte sich die aktuelle Pflegeproblematik heraus. Hierzu kündigte der CEO der Hartmann Gruppe, Andreas Joehle, bei der darauffolgenden Abendveranstaltung eine Initiative u.a. mit dem Deutschen Pflegerat für den Herbst 2018 an. „Das Zukunftsforum ist Plattform und Impulsgeber zugleich. Wir initiieren Diskussionen, welche die Gesundheitswirtschaft voranbringen sollen“, sagt Andreas Joehle. Mit provokanten Worten stieg hier der Arzt und Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen in das Hartmann Zukunftsforum ein. „Woher kommt dieses absurde Verhältnis zwischen Ärzten und Pflegenden in Deutschland? Warum bilden sich die Ärzte immer noch so viel drauf ein, dass sie was Besseres sind?“ In seinem Rückblick auf 200 Jahre Medizingeschichte sparte er nicht mit Kritik: „Wir haben viel verloren, was die Medizin ausmacht – der Patient ist vom Subjekt zum Objekt geworden. Wir haben vergessen, dass Zuwendung maßgeblich heilt.“ Die Zukunft der Medizin liege im Miteinander. Doch die Sinnstiftung finde oft nicht mehr statt. „Pflegekräfte müssen sich als wirksamer Teil des Ganzen sehen“, sagte von Hirschhausen. Schließlich sind vor allem sie es, die Patienten Zuspruch geben. Auf den Faktor Mensch kam auch der Trendforscher Sven Gábor Jánszky vom Think Tank 2b AHEAD bei seinem anschließenden Blick in die Zukunft der Gesundheit zu sprechen. In vielen Branchen werde es einen Bedeutungsverlust des Expertenwissens geben, denn die Welt ist signifikant intelligenter geworden. „Wissen allein verkauft sich nicht mehr – man muss es um Menschlichkeit ergänzen, hin zum Coach.“ Selbst die Digitalisierung ergebe nur dann Sinn, wenn sie dem Menschen nutze. Etwa eine Software, die Krebs schneller erkennt.

Der Moderator Dr. Eckart von Hirschhausen (r.) im Gespräch mit Andreas Joehle, CEO der Hartmann Gruppe (l.). Das lichtdurchflutete Congress Centrum Heidenheim bot den perfekten Rahmen für das Zukunftsforum und und das fulminante Musical über 200 Jahre Firmengeschichte. Fotos: Paul Hartmann

Nach der Eröffnung durch Dr. Eckart von Hirschhausen und Sven Gábor Jánszky diskutierten die Teilnehmer in fünf Themenrunden aktuelle Fragestellungen des deutschen

geht aber auch um eine neue Pflegeausbildungsordnung in Richtung der Generalistik. Ebenso gilt es die Ausbildung hin zur Akademisierung zu öffnen, mehr Autonomie

Gesundheitssystems. Auffallend war, dass die derzeitige Pflegedebatte übergreifend die Gespräche stark beeinflusste. Dass Pflegekräften mehr Verantwortung zukommt und der gesamte Berufsstand aufgewertet werden muss, ist Konsens. Es

zu ermöglichen und Allianzen zu schmieden, um dem Personalmangel zu begegnen. Denn die Situation ist kritisch: Laut aktuellem Hartmann Pflexit-Monitor dachten 54 Prozent der deutschen Pflegekräfte zuletzt über den Berufsausstieg nach.

Der Präsident des Deutschen Pflegerats (DPR), Franz Wagner, ging noch einen Schritt weiter: „Wir brauchen deutlich mehr Personal und eine Zusage politisch, dass wir in den nächsten Jahren für alle Versorgungsbereiche von Krankenhaus, ambulant und Langzeitpflege stationär in einem absehbaren Zeitraum 100 000 Stellen mehr schaffen.“ Allerdings müssten Pflegekräfte nun auch mit einer Stimme sprechen, ihr eigenes Selbstwertgefühl stärken und mit Stolz auf ihren sinnstiftenden Beruf blicken. Innerhalb der Pflege gibt es kein Erkenntnisproblem, sondern ein Umsetzungsproblem. Und das bedarf einer schnellen Lösung. Denn der öffentliche Druck steigt. Aber auch die Anerkennung. Die Wertschätzung dieses Berufs ist auch dem Arzt von Hirschhausen wichtig. „Es müssen attraktive Bedingungen geschaffen werden, damit die zurückkehren, die bereits ausgestiegen sind. Viele sind nur sieben oder acht Jahre in ihrem Beruf. Wir müssen es schaffen, dass sie lebenslang glücklich sind.“ Dabei setze er auf Interprofessionalität und gemeinsames Lernen. Außerdem wünscht er sich, dass sich mehr Ärzte mit der Pflege solidarisch erklären. Im Austausch der privaten und gemeinnützigen Klinikträger herrschte Einigkeit darüber, dass die Wertschätzung der Mitarbeiter, vor allem der Pflegekräfte, und das Vorantreiben des Patientenwohls von zentraler Bedeutung sind. Bei dem Spagat zwischen Ökonomie und Medizin, die Effizienz stets im Blick, stehen beide Seiten vor schwierigen politischen Rahmenbedingungen – haben aber unterschiedliche finanzielle Aktionsmöglichkeiten. In der Diskussionsrunde zur schwierigen medizinischen Versorgung in strukturschwachen Gebieten Deutschlands ging es zunächst um den Landärztemangel. Im Idealfall laufen beim Hausarzt alle Fäden der Gesundheit eines Patienten zusammen. Doch schon heute fehlen 2 500 Hausärzte – und in spätestens zehn Jahren fallen weitere 50 Prozent der Hausärzte weg, weil sie in Fortsetzung Seite 9


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Happy birthday, Hartmann! den Ruhestand gehen. Umso wichtiger ist es, die Rolle des Hausarztes zu stärken und beim Nachwuchs schon während des Studiums für das Fachgebiet Allgemeinmedizin zu werben oder über Stipendien Anreize zu schaffen. „Wir müssen mehr junge Leute erreichen, zum Beispiel indem man ihnen die Möglichkeit bietet, im Studium in einer Hausarztpraxis mitzuarbeiten“, fordert der Geschäftsführer von Hartmann Deutschland, Dr. Chima Abuba. Allerdings wird kein Mediziner in eine Kommune mit schlechter Infrastruktur gehen – und auch die Möglichkeiten der Telemedizin bringen nichts ohne ein schnelles Internet. Letztlich kam als mögliche Maßnahme für eine bessere Versorgung in der Fläche die Substitution von Aufgaben der Ärzte durch Pflegekräfte zur Sprache – etwa Hausbesuche oder die Wundversorgung. Bei der Übertragung heilkundlicher Tätigkeiten sind England und Finnland bereits wesentlich weiter, auch da die Pflegekräfte dort über einen höheren Berufsstatus verfügen.

Andreas Joehle betonte bei seiner Rede in der folgenden Abendveranstaltung vor 600 Gästen, dass er auch das Unternehmen Hartmann in der Verantwortung sieht, die Situation in der Pflege zu verbessern. „Wir sehen großes Potenzial darin, die Pflegekräfte, die den Beruf verlassen haben, wieder zur Rückkehr zu motivieren. Nur dann bekommen wir eine Pflege, die wir als Gesellschaft dringend benötigen und uns wünschen.“ Das Engagement endet nicht mit dem Zukunftsforum, im Gegenteil: Bis Ende 2018 bringt Hartmann eine „Pflege-Offensive“ auf den Weg und wird hierzu mit dem Deutschen Pflegerat um Franz Wagner in die Planung einsteigen. Diese Gespräche werden definieren, wie Hartmann eine nachhaltige Unterstützung für die Pflege in Deutschland und global sein kann. „Hartmann ist ein Teil des Gesundheitssystems und auch wir müssen einen Beitrag zur Verbesserung leisten. Dies war immer unser Antrieb – nicht nur gestern, sondern auch in Zukunft,“ berichtet Andreas Joehle abschließend.

Gatex-Vorstand neu gewählt Die Mitgliederversammlung der Gatex hat auf ihrer jährlichen Sitzung Mitte Juli Armin Rombach, Geschäftsführer der ZUE Zwirnerei Untereggingen, einstimmig in den Vorstand gewählt. Diese Neuwahl wurde durch das Ausscheiden von Bernhard Röttele, Personalleiter von Global Safety Textiles in Maulburg, erforderlich. Bernhard Röttele gehörte fünf

Der neu gewählte Gatex-Vorstand (v.l.n.r.): Ditmar Schultschik, Heinz-Bernd Schepers, Armin Rombach, Volker Steidel. Foto: Gatex

Jahre dem Vorstand der Gatex an. Der Gatex-Vorsitzende Volker Steidel dankte ihm für die vertrauensvolle und stets konstruktive Zusammenarbeit sowie für sein unermüdliches Engagement für die Gatex. Für eine weitere Amtszeit von drei Jahren bestätigt die Mitgliederversammlung ebenfalls einstimmig Ditmar Schultschik von der Gruschwitz Textilwerk AG in Leutkirch.

www.hartmann.info

Neuer dualer Studiengang „Textil- und Bekleidungstechnologie“ Die Hochschule Albstadt-Sigmaringen startet mit einem neuem Kombistudien-gang „Textil- und Bekleidungstechnologie“. Auszubildende, die in Betrieben zu Modeschneidern oder Produktionsmechanikern Textil ausgebildet werden und entsprechende Voraussetzungen erfüllen, haben die Möglichkeit, parallel zur Ausbildung ein komplettes Studium zu absolvieren. Durch eine geschickte Verzahnung der Ausbildungsinhalte sowie Anwesenheitszeiten ist es möglich, in insgesamt 4,5 Jahren sowohl eine von der IHK anerkannte Ausbildung als auch einen Abschluss als „Bachelor of Engineering“ zu erlangen. Somit haben die Kombistudierenden neben der Praxisausbildung im Betrieb und der Berufsschule die Möglichkeit, aktuelle und forschungsnahe Vorlesungen im Studiengang Textil- und Bekleidungstechnologie zu absolvieren. Die passenden Talente zu finden und sie langfristig zu binden, ist eine Kernaufgabe für jedes Unternehmen. Denn der Erfolg bei der Talentgewinnung entscheidet maßgeblich über den Erfolg am Markt. Wer die Ausbildungsanforderungen des Unternehmens und die Ausbildungswünsche der jungen Menschen am besten vereint, wird im Wettbewerb um die besten Köpfe die Nase vorn haben. Das duale Studium bietet für alle Beteiligten besondere Vorteile. Junge Menschen verwirklichen ihren Studienwunsch und erhalten zugleich eine betriebsnahe Vorbereitung auf das Berufsleben. Unternehmen gewinnen qualifizierte Nachwuchskräfte und bereiten sie gezielt und in verhältnismäßig kurzer Zeit auf verantwortungsvolle Tätigkeiten im Unternehmen vor.

Und so funktioniert es: Im Unternehmen / Ausbildungsvertrag mit dem Unternehmen / Praktische Ausbildung im Betrieb parallel zum Studium / Theoretische Ausbildung an der Berufsschule / Abschlussprüfung nach zirka 2,5 Jahren An der Hochschule / Während des Studiums Förderung der Studierenden durch ein monatliches „Stipendium“, sichergestellt durch einen Studienrahmenvertrag mit dem Unternehmen / Praxissemester, Bachelorarbeit und der Großteil der vorlesungsfreien Zeit im Partnerunternehmen / Während der Vorlesungszeit Freistellung von den Aufgaben im Betrieb und Konzentration auf das Studium / Bachelorabschluss nach weiteren 2 Jahren Mehr Infos zum Kombi-Studium gibt es unter http://hs-albsig.de/tex und allgemein zum Dualen Studium in der jüngst veröffentlichten Handreichung „Erfolgsmodell Duales Studium – Leitfaden für Unternehmen“. Die neue Version gibt interessierten Unternehmen praxisnahe Tipps für eine erfolgreiche Beteiligung an dualen Studienformaten und gibt es zum Download unter www.suedwesttextil.de.

Erfolgreich studieren


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And the winner is... Was hat Sie zu Ihrer prämierten Kollektion inspiriert? Inspiriert werde ich meist von künstlerischen Arbeiten. Meine Bachelorkollektion „Slow Curve“ war inspiriert von Ellsworth Kelly, einem amerikanischen Künstler, der mit sehr leuchtenden Farben und flächigen Formen arbeitet. Über den Erfolg der Kollektion und den Preis habe ich mich dann sehr gefreut. Dieser ist auch mit einem individuellen Coaching verbunden. Ein Teil der Auszeichnung war außerdem ein Aufenthalt auf der Berlin Fashion Week, inklusive eines Besuches beim Gesamtverband der deutschen Textil- und Modeindustrie.

Annika Klaas ist 24 Jahre alt und frischgebackene Gewinnerin des renommierten European Fashion Award in der Kategorie Studierende. Seit 2014 studiert sie an der Hochschule Reutlingen und ist aktuell im ersten Semester des Masters Design mit Schwerpunkt Modedesign/Strickdesign. Ihre preisgekrönte Abschlusskollektion „Slow Curve“ war ebenfalls Teil der Ausstellung während der Südwesttextil Jahrestagung 2018 in Rottweil. Wie sind Sie zu Ihrem Studium an der Hochschule Reutlingen gekommen? Vor meinem Bachelorstudium im Bereich Mode- und Textildesign an der Hochschule Reutlingen habe ich drei Semester freie Kunst an der Akademie der Bildenden Künste in Stuttgart studiert. Dort habe ich bereits viel mit Textilien und besonders mit gestrickten Materialien gearbeitet. Durch die Teilnahme an Lehrveranstaltungen des Studiengangs Bühnen- und Kostümbild habe ich dann gemerkt, dass ich meine Kenntnisse hinsichtlich Textilien gerne vertiefen möchte. Ab dem dritten Semester habe ich mich dann auf den Bereich Stickdesign spezialisiert. Was zeichnet diesen Studienschwerpunkt besonders aus? Der Bereich Strickdesign in Reutlingen zeichnet sich vor allem durch die super ausgestatteten Labore aus. Neben Handstrickma-

Die stolze Gewinnerin Annika Klaas (r.) mit Teilen aus ihrer Kollektion. Fotos: © Bernhard Ludewig / SDBI

schinen gibt es eine Jaquardrundstrickmaschine sowie fünf computergesteuerte Flachstrickmaschinen der Firma Stoll in unterschiedlichen Feinheiten. An diesen habe ich alle Strickteile meiner Kollektion selbstständig programmiert und abgestrickt. Dadurch, dass ich Muster entwerfen, programmieren und selbstständig abstricken kann, bekomme ich eine sehr schnelle Rückmeldung zu den Mustern: z. B. welche Garne funktionieren, was muss ich eventuell am Programm ändern, welche Maschendichte habe ich für die Formgestricke und vieles mehr.

Durch das selbstständige Arbeiten ist der Lernzuwachs enorm, und ich habe viele Kenntnisse über die Möglichkeiten in der Industrie. Was fasziniert Sie denn besonders am textilen Material? Gerade an gestrickten textilen Materialien fasziniert mich die Verbindung von Fläche und Form. Strukturen, Muster und Farben können ebenso entwickelt werden, wie die dreidimensionale Form und der Schnitt. So entsteht auf ideale Weise eine Kombination aus den beiden Bereichen Mode- und Textildesign.

Termin vormerken

Welche Perspektiven sehen Sie für die Zukunft? Ich würde auf jeden Fall gerne weiter im Bereich Strick bleiben. Besonders die Schnittstelle zwischen Design und Technik finde ich als potenzielles Aufgabenfeld sehr interessant. Mich fasziniert der Einfluss der Digitalisierung auf die Branche. Ich denke, dass sich durch diese viele Chancen auftun werden, die die Mode voran und neue Gestaltungs- und Produktionsmöglichkeiten mit sich bringen. Rebekka Rüth

PSA-Informationsblatt

/ Arbeitsschutz aus Unternehmersicht – Ziele, Wege, Lösungen

20. September 2018, Filharmonie Filderstadt

Jetzt anmelden unter www.suedwesttextil.de/veranstaltungen, roedder@suedwesttextil.de oder +49 711 21050 - 23

Seit dem 21. April 2018 gilt die Verordnung 2016/425 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG (PSA-Verordnung). Die neue Verordnung sieht eine einjährige Übergangsbestimmung vor. Danach können PSA-Produkte noch bis zum 20. April 2019 nach altem Recht in den Verkehr gebracht werden.Trotz dieser klaren Rechtslage tauchen immer wieder Verständnisfragen auf. Im Mitgliederbereich von www. suedwesttextil.de gibt es das Infoblatt zum Download.


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20 neue Fachkräfte in Berufen mit Zukunft

Gatex-Vorsitzender Volker Steidel (links) verabschiedete gemeinsam mit Gatex-Geschäftsführer Peter Haas (hinten 2. v. r.), Ausbildungsleiter Matthias Rentschler (rechts), Ausbilder Uwe Rummler (vorne r.) und Ausbilder Henrik Piewatz (vorne 2. v. r.) insgesamt 20 Gatex-Absolventen ins Berufsleben. Fotos: Gatex

Baden-Württembergs Textilindustrie freut sich über 20 besonders leistungswillige neue Fachkräfte: Sie haben zusätzlich zu ihrer Ausbildung in Betrieb und Berufsschule auch noch die überbetrieblichen Schulungen in der Gatex in Bad Säckingen am Hochrhein absolviert und wurden am 19. Juli mit dem Gatex-Zertifikat verabschiedet. Die Textilindustrie als Zulieferer der Automobil-, Luftfahrt, Medizin- und Bauindustrie und mit innovativen Konzepten für nachhaltige Bekleidung sieht sich längst als Hightech-Branche mit Fachkräftebedarf. „Der Südwesten ist Weltmarktführer in vielen textilen Produkten, aber diesen Vorsprung können wir nur durch mehr Ausbildung, gute Fachkräfte und zusätzliche Talente halten“, be-

tonte der Gatex-Vorsitzende Volker Steidel bei der Abschlussfeier für die Absolventen am Donnerstag in Bad Säckingen. Vor den Augen ihrer Ausbilder, Berufsschullehrer, Vertretern von Verbänden und IHK sowie Gästen aus der Politik wurden die Azubis ins Berufsleben verabschiedet. Die besonders Erfolgreichen unter ihnen wurden zusätzlich mit dem Gatex-Zertifikat ausgezeichnet. Die Sonderprüfung des Ausbildungszentrums der Textilindustrie wurde eingeführt, um die überdurchschnittliche Qualifikation der Gatex-Absolventen zu unterstreichen und ihnen damit einen Vorteil auf dem Arbeitsmarkt zu verschaffen. Die Theorie-Prüfung umfasst je nach Ausbildungsberuf die Fächer

Fachrechnen, Fachkunde und Bindungslehre. Zum Bestehen müssen mindestens 50 Punkte erreicht werden. Mit durchschnittlich 64 von 100 möglichen Punkten bestätigten die jungen Berufseinsteiger auch in diesem Jahr ihr Können.

„Damit haben sie ihren Lebenslauf verbessert“, erklärte Gatex-Vorsitzender Steidel, im Hauptberuf geschäftsführender Gesellschafter der Lauffenmühle in Lauchringen. Mit 95 Punkten das beste Ergebnis erzielte Alicia Merkel von der Global Safety Textiles GmbH in Maulburg. Im Gatex-Technikum werden an modernen Textilmaschinen die Berufe Produktionsmechaniker Textil, Textillaborant und Produktveredler Textil berufsbegleitend ausgebildet. „Nur hier erhalten die Auszubildenden einen Einblick in alle Bereiche der textilen Wertschöpfungskette. Dadurch gewinnen sie ein breiteres Fachwissen und viel praktische Übung, also mehr Ausbildung als ein einzelner Betrieb leisten kann“, so Gatex-Geschäftsführer Peter Haas, der auch den Verband der BadenWürttembergischen Textil- und Bekleidungsindustrie Südwesttextil leitet. Er hat sich zum Ziel gesetzt, die Aus- und Weiterbildung für den Textilsektor in den nächsten Jahren zu stärken und zusätzliche Angebote zu machen. www.die-gatex.de

Die Gatex-Zertifikat-Absolventen Produktionsmechaniker – Textil Fachrichtung Spinnerei Patrick Mielek, Otto-Garne (Dietenheim) Ivan Plachevski, Gruschwitz (Leutkirch) Produktionsmechaniker – Textil Fachrichtung Weberei Alicia Merkel, Global Safety Textiles (Maulburg) Oskar Szumiec, Global Safety Textiles (Maulburg) Salih Biber, Global Safety Textiles (Maulburg) Gianluca Narra, Global Safety Textiles (Maulburg) Antonino Cuppuleri, Global Safety Textiles (Maulburg) Produktveredler – Textil Michael Schwarz, Otto-Garne (Dietenheim) Louisa Nagel, Gütermann (Gutach-Breisgau) Johann Suppes, Textilveredlung an der Wiese (Lörrach) Textillaboranten Alisa Redzeposka, KBC (Lörrach) Maschinen- und Anlagenführer – Spinnerei Christopher Stumpf, Gruschwitz (Leutkirch) Celebi Yarata, Ettlin (Ettlingen) Maschinen- und Anlagenführer – Veredlung Marc Müller, Lauffenmühle (Lauchringen) Mirco Wilhelm, Lauffenmühle (Lauchringen)

Die Jahrgangsbesten (v.l.n.r.): Alicia Merkel, Oskar Szumiec, Patrick Mielek


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Bildung + Soziales

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Bildung in Deutschland 2018 Nationaler Bildungsbericht: Die Nachfrage nach Bildung nimmt weiter zu „Bildung in Deutschland“ ist ein indikatorengestützter Bericht, der im Rahmen des Bildungsmonitorings das deutsche Bildungswesen abbildet und von der frühkindlichen Bildung bis zur Weiterbildung reicht. Er wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Kultusministerkonferenz (KMK) alle zwei Jahre veröffentlicht. Aktuell stellt der Bericht vor allem fest, dass die Nachfrage nach Bildung weiter zunimmt – 2016 waren es 17,1 Mio. Menschen im Bildungssystem. Allerdings besteht bereits jetzt in vielen Bildungsbereichen auf der Angebotsseite ein erheblicher bzw. sich abzeichnender Personalmangel. Durch die Zuwanderung der Jahre 2015 und 2016, den Geburtenanstieg 2016 und den früheren Bildungsbeginn kleiner Kinder sowie den Trend zur Höherqualifizierung werden die Teilnahmezahlen weiter steigen. Auf diese demografische Herausforderung habe man bislang trotz aller Hinweise in der Bildungsberichterstattung nicht ausreichend reagiert. Besonders deutlich ist dies in der frühkindlichen Bildung. Bis 2025 werde der Bedarf an Plätzen auf 350 000 zusätzlich wachsen und bei weiteren qualitativen Verbesserungen der Bedarf an frühpä-

Foto: iStock.com/Wavebreakmedia

dagogischen Fachkräften auf bis zu 300 000 steigen. Im Schulbereich hat sich der Anteil der Seiteneinsteiger – ohne Lehramtsstudium – in den letzten 19 Jahren verdreifacht. In den Hochschulen ist trotz steigender Zahlen die Betreuungsrelation gleichgeblieben, anstatt sich zu verbessern. Inhaltlich bestehen Herausforderungen darin, dass junge Menschen mit Migrationshintergrund nach wie vor bei den Schulleistungen und Schulabschlüssen schlechter abschneiden als ihre Altersgenossen ohne Migrationshintergrund; hier haben sich bislang keine deutlichen Fortschritte ergeben. Im Bereich der beruflichen Bildung betrachtet der Bericht die Passungsproblematik zwischen

Nachfrage und Angebot, vor allem regionaler Art, als eine große Herausforderung. Im Bereich der Weiterbildung sieht der Bildungsbericht Handlungsbedarf trotz eines konstatierten gleichbleibenden Weiterbildungsniveaus und der hohen Qualifizierung des betrieblichen Weiterbildungspersonals. Bedauerlicherweise unterstützt er die betriebsferne Sichtweise, die betriebliche Weiterbildung müsse von der Politik erst systematisiert, institutionalisiert und professionalisiert werden. Den ausführlichen Bericht gibt es unter www.bildungsbericht.de. Fragen an: Dipl.-Ökonomin Christine Schneider Tel.: +49 711 21050-25 schneider@suedwesttextil.de

Learn Textile! – die Lernplattform für die Textilbranche Learn Textile! – hinter diesem Namen verbirgt sich eine digitale Lernplattform für die Textil- und Bekleidungsbranche, entwickelt und aufgebaut im Rahmen eines Forschungsvorhabens unter Leitung der DITF. Weitere Partner im Projekt waren der Gesamtverband textil+mode, Südwesttextil, die AFBW, die Hochschule Niederrhein und der Virtuelle Campus Rheinland-Pfalz. Die Plattform bietet Lernmaterialien in Form von Kursmodulen und Übungen für die Themenfelder „Hochleistungsfasern und Einsatzgebiete“, „Digitale Bekleidungsentwicklung“ und „Textile Grundlagen“. Angesprochen sind unterschiedliche Zielgruppen vom Auszubildenden über Studierende bis hin zu Beschäftigten in der Textilbranche und in angrenzenden Branchen. Der inhaltliche Umfang der Plattform stellt zurzeit ein Alleinstellungsmerkmal dar. Zuvor existierten nur rudimentäre Einzellösungen, die das Spektrum von Learn Textile! bei weitem nicht abdecken. Um möglichst schnell eine ausreichende Menge an Lerninhalten verfügbar zu machen, wurde die Plattform als offene Lösung konzipiert. Auch andere Institutionen, wie z. B. Hochschulen oder andere Bildungsträger haben die Möglichkeit, Lernmaterialien zu textil- und bekleidungsspezifischen Fragestellungen auf der Lernplattform anzubieten. Die Lernplattform wurde nun an das Wissensportal der deutschen Textil- und Modeindustrie „Virtuelles Bildungsnetzwerk der Textil- und Bekleidungsindustrie (ViBiNet)“ angegliedert. Damit stehen die Inhalte Studierenden, Mitarbeitern der Textil- und Bekleidungsindustrie sowie Branchenfremden kostenlos zur Verfügung. Über www.vibinet.de wird man zur Plattform LearnTextile! geführt und erfährt was zu tun ist, um mit den Kursen loslegen zu können. Für weitere Fragen steht Südwesttextil (schneider@suedwesttextil.de) gerne zur Verfügung.

BIBB-Online-Befragung zur Zukunft der Büromanagementausbildung Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) prüft aktuell den Weiterentwicklungsbedarf des 2014 neu geschaffenen dreijährigen Ausbildungsberufs „Kaufmann/ Kauffrau für Büromanagement“. Der Beruf ist mit insgesamt rund 72 000 Auszubildenden derzeit der ausbildungsstärkste duale Ausbildungsberuf. Die BIBB-Evaluation soll Erkenntnisse darüber liefern, ob die zunächst zur Erprobung eingeführten Regelungen ab 2020 in Dauerrecht überführt werden können und welche Änderungen gegebenenfalls zuvor umgesetzt werden sollten. Um eine möglichst breite Beteiligung der Ausbildungs- und Prüfungspraxis zu gewährleisten, hat das BIBB eine Online-Befragung gestartet. Die Umfrage ist ab sofort unter https://uzbonn.de/KfBM abrufbar und endet am 31. August 2018. Ziel der im Auftrag des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) und des Bundesministeriums des Innern, für Bau und Heimat (BMI) durchgeführten Evaluation ist es, vor allem die gestreckte Abschlussprüfung, die Ausbildungsinhalte sowie die damals neu geschaffenen Wahl- und Zusatzqualifikationen zu überprüfen. Die Online-Befragung richtet sich daher an Ausbildungsverantwortliche in Betrieben und Behörden, an Berufsschullehrerinnen und -lehrer, an Auszubildende, an verantwortliche Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in den Kammern sowie an Prüfungsausschussmitglieder aus den Bereichen Industrie und Handel, Handwerk und Öffentlicher Dienst. Die breite Beteiligung soll gewährleisten, dass möglichst viele Erfahrungen und Hinweise aus der Ausbildungs- und Prüfungspraxis in die Evaluation einfließen. Mit einer Veröffentlichung der Untersuchungsergebnisse durch das BIBB ist zu Beginn des Jahres 2019 zu rechnen.


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Dualis und Mindestlohn? Mehr Flexibilität erreicht DHBW-Vorbereitungsstudium kann auch im Unternehmen durchgeführt werden Die übliche Praxis, mit angehenden Studierenden der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) betriebliche Vorbereitungszeiten vor Beginn des DHBW-Studiums zu vereinbaren, wurde mit Inkrafttreten des Mindestlohngesetzes (MiLoG) in 2015 erheblich erschwert. Es bestand das Risiko, dass solche Vorbereitungszeiten mindestlohnpflichtig sind. Die intensiven Bemühungen der Arbeitgeber Baden-Württemberg haben dazu geführt, dass durch eine Konkretisierung von § 9 der Immatrikulationssatzung der DHBW für Bachelorstudiengänge nunmehr explizit die Möglichkeit aufgenommen wurde, ein Vorbereitungsstudium mit theoretischen und praxisorientierten Studieninhalten von bis zu zwei Monaten auch im Unternehmen durchzuführen. Das Vorbereitungsstudium kann an der Hochschule oder beim Dualen Partner durchgeführt werden und theoretische sowie praktische Inhalte beinhalten. Die praxisorientierten Studieninhalte im Vorbereitungsstudium werden vom Unternehmen definiert und von diesem vermittelt. Für den theoretischen Inhalt des Vorberei-

Foto: iStock.com/filmfoto

tungsstudiums ist insbesondere eine Teilnahme an der ab 1. August 2018 verfügbaren Online-Mathevorbereitung und weiteren studienbereichsspezifischen Angeboten der DHBW-Studienvorbereitung empfehlenswert. Bei der Online-Mathevorbereitung absolvieren die Teilnehmenden einen Eingangstest und erhalten abhängig von dessen Ergebnis eine Lernempfehlung und das zugehörige Übungsmaterial, um passgenau eventuell vorhandene Lücken im mathematischen Wissen zu schließen. Weitere Informationen finden sich unter: www. studienstart.dhbw.de Das Vorbereitungsstudium sollte mindestens vier Wochen betragen und darf zwei Monate nicht übersteigen.

Die Immatrikulation zum Vorbereitungsstudium erfordert eine Vereinbarung zwischen dem Unternehmen und dem Teilnehmer des Dualen Vorbereitungsstudiums. Im Mitgliederbereich von www.suedwesttextil.de findet sich eine durch die Arbeitgeber BadenWürttemberg in Abstimmung mit der DHBW erarbeitete beispielhafte Mustervereinbarung, in welcher auch die praxisorientierten Studieninhalte festgehalten werden. Die Teilnehmer des Dualen Vorbereitungsstudiums werden nach Vorlage der Vereinbarung durch die DHBW-Standorte für den Zeitraum der Vorbereitungsstudien befristet immatrikuliert. Ein Muster der Immatrikulationsbescheinigung findet sich ebenfalls im Mitgliederbereich. Die DHBW hat eine standortübergreifende Kontaktstelle zur Beantwortung von Fragen zur Immatrikulation zum Vorbereitungsstudium eingerichtet: Dr. Eva Mroczek Projektmanagerin Projekt DuVo Tel.: +49 (0)621 4105 – 1311 eva.mroczek@dhbw-mannheim.de

Christine Schneider

Handlungshilfe für Ausbildungsberuf im E-Commerce Ab dem 1. August 2018 wird es den neuen dualen Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau im E-Commerce geben. Das Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) hat hierfür nun ein kleines Informationspaket geschnürt. Die Digitalisierung stellt die Unternehmen der Textil- und Modeindustrie vor weitreichende Herausforderungen und krempelt damit auch die berufliche Erstausbildung um. Der neue Beruf ist vor allem für Hersteller und Produzenten von Bedeutung, die ihre Angebote online vertreiben. Durch E-Commerce entstehen neue Tätigkeitsfelder, neue wertschöpfungsstufenüberschreitende Prozesse und Geschäftsmodelle mit eigenen Arbeitsweisen Foto: iStock.com/William_Potter und Vorgängen. Für diese sind eigene, umfassende Ausbildungsinhalte notwendig. Gerade für Unternehmen, die bisher wenig oder gar nicht ausbilden, da bislang ein entsprechender Beruf fehlte, ist der Ausbildungsberuf Kaufmann/-frau im E-Commerce ein Gewinn. Zudem bietet die duale Berufsausbildung eine Alternative für Unternehmen, die in der Vergangenheit Studienabbrecher oder junge akademische Quereinsteiger an die betrieblichen Anforderungen heranführen mussten. Auf der Webseite der Ausbildungskampagne GoTextile! werden in Kürze der Ausbildungsberuf vorgestellt und die Unternehmen aufgelistet, die den/die Kaufmann/-frau im E-Commerce ausbilden.

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Checklisten für Schülerbetriebspraktikum Das Schülerbetriebspraktikum ist eines der wichtigsten Instrumente der Berufsorientierung. Es bietet Schülern eine gute Möglichkeit, erste Erfahrungen in der Arbeitswelt zu sammeln und ihre beruflichen Vorstellungen zu konkretisieren. Damit ein Praktikum tatsächlich seinen Nutzen entfaltet, haben Bundesagentur für Arbeit und SCHULEWIRTSCHAFT Deutschland gemeinsam die Handreichung „Checklisten Schülerbetriebspraktikum“ herausgebracht.

Diese finden Sie zum Download unter www.suedwesttextil.de.

Seminare Bildungswerk Seminarangebot der Akademie für Personal- und Organisationsentwicklung im Bildungswerk der Baden-Württembergischen Wirtschaft in Kooperation mit Südwesttextil.

Arbeitsrecht für die betriebliche Praxis – Modul 1 12. September 2018, Haus Gutach-Bleibach Gesprächstraining für Führungskräfte 19. September 2018, Haus Reutlingen Basisseminar: Führen und Kommunikation 26. September 2018, Haus Gutach-Bleibach www.biwe-akademie.de

Die Handlungshilfe finden Sie unter www.suedwesttextil.de.


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Recht + Steuern

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„100 %“, „rein“, „ganz“ – oder halt was anderes EuGH lässt bei Kennzeichnung reiner Textilerzeugnisse eine kumulative Verwendung zu Überraschend fiel die am 5. Juli verkündete Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Kennzeichnungspflicht so genannter reiner Textilerzeugnisse aus. Hierbei handelt es sich um Textilien, die ausschließlich aus einer Faser, entsprechend des Anhangs I der europäischen Textilkennzeichnungsverordnung (TextilKVO), bestehen. Nur diese dürfen gemäß Art. 7 Abs. 1 TextilKVO den Zusatz „100 %“, „rein“ oder „ganz“ („ganz“ eher in anderen Sprachen, z. B. im Französischen „tout laine“, gebräuchlich) auf dem Etikett oder der Kennzeichnung tragen. Bislang war umstritten, ob die Verwendung dieser Zusätze für reine Textilerzeugnisse zwingend oder lediglich optional ist. Diese Frage hat das LG Köln dem EuGH zur Vorabentscheidung vorgelegt (vgl. LG Köln, EuGH-Vorlage vom 18. Mai 2017 – Az.: 31 O 58/16). Hierauf hat der Europäische Gerichtshof nun zunächst klargestellt, dass eine allgemeine Verpflichtung bestehe, sämtliche Textilerzeugnisse, d. h. auch reine Textilerzeugnisse, zur Angabe ihrer Faserzusammensetzung zu kennzeichnen bzw. zu etikettieren. Diese Aussage verwundert nicht. Bemerkenswert erscheint jedoch bereits die Rechtsgrundlage, die der EuGH für die Kennzeichnungspflicht heranzieht. Hierfür werden nicht etwa die spezielleren Vorschriften der Art. 7 oder 9 TextilKVO bemüht. Vielmehr wird ein-

zig auf Art. 4 und 14 TextilKVO in Zusammenschau mit dem zehnten Erwägungsgrund der TextilKVO abgestellt, wonach Textilerzeug-

Faser angegeben werden muss, soll bei reinen Textilerzeugnissen keine Verpflichtung bestehen, diese mit zusätzlichen Angaben zu versehen.

Foto: iStock.com/thumb

nisse zur Angabe der Faserzusammensetzung etikettiert bzw. gekennzeichnet werden müssen, bevor sie auf dem Markt bereitgestellt werden. Auf die Vorlagefrage antwortet der EuGH, dass Art. 7 Abs. 1 TextilKVO dahingehend zu verstehen sei, dass keine Verpflichtung zur Verwendung einer der drei explizit aufgeführten Zusätze „100 %“, „rein“ oder „ganz“ besteht. Die Verwendung des Begriffs „dürfen“ in Art. 7 Abs. 1 TextilKVO zeige, dass die Verwendung der Zusätze keine Verpflichtung darstellt, sondern rein freiwillig ist. Anders als bei sog. Multifaser-Textilerzeugnissen, deren Zusammensetzung grds. in Prozent für jede enthaltene

Weit überraschender erscheint jedoch, dass der EuGH noch über die eigentlichen Vorlagefragen hinaus ausführt, dass die kombinierte oder auch doppelte Verwendung der Zusätze, beispielsweise „100% reine Jute“, zulässig sei. Und der EuGH geht noch weiter. Selbst die Verwendung anderer, ähnlicher Zusätze sei zulässig, wenn diese klarstellen sollen, dass das Erzeugnis ausschließlich aus einer Faser besteht. Bei den in der TextilKVO aufgeführten Zusätzen handele es sich lediglich um Beispiele, die auf dem Etikett oder in der Kennzeichnung angegeben werden dürfen. Die Kennzeichnung bzw. Etikettierung mit „ausschließlich“ oder „nur“ erscheint damit möglich. Am langen

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/ Von Zollverfahren und Präferenzen – Basics im textilen Außenhandel

13. September 2018, Filharmonie Filderstadt

Ende heißt dies, dass die Auslegung des EuGH nicht nur für reine Textilerzeugnisse im eigentlichen Sinne, sondern auch entsprechend für Komponenten von Mehrkomponenten-Textilerzeugnissen gilt, soweit diese ausschließlich aus einer Faser bestehen. Die Entscheidung fiel zusammenfassend unerwartet aus. Bislang wurde eine kumulative Verwendung der Zusätze als unzulässig betrachtet, da hierdurch bei Verbrauchern der unzutreffende Eindruck erweckt werden könnte, es handele sich um eine besondere Faser. Zudem wendet sich der Gerichtshof nun gegen die seit der Zeit der bis 2012 gültigen Textilkennzeichnungsrichtlinie etablierte Auslegungspraxis, dass reine Textilerzeugnisse abschließend entweder mit der Angabe „100%“ oder alternativ mit einem der Zusätze „rein“ oder „ganz“ versehen sein müssen. Der Entscheidung des EuGH kommt innerhalb der EU weitreichende Bindungswirkung zu. Zwar sind hierdurch formalrechtlich nur das LAG Köln sowie nachfolgende Instanzen gebunden. Faktisch werden jedoch sämtliche mitgliedsstaatlichen Gerichte und Behörden der Auslegung des EuGH folgen. Für die Praxis bedeutet dies: Mit der Entscheidung des EuGH ist künftig auch die Faserbezeichnung ohne jeglichen Zusatz, z. B. „Polyester“ möglich. Ob hierzu geraten werden kann, ist jedoch fraglich, da viele Verbraucher wohl weiterhin die Kennzeichnung reiner Textilerzeugnisse mit dem Zusatz „100%“ erwarten werden. Im Online-Handel (auch hier ist die Faserzusammensetzung gemäß Art. 16 Abs. 1 letzter Halbsatz TextilKVO verpflichtend anzugeben) ergibt sich jedoch tendenziell eine größere Formulierungsfreiheit. Künftig kann nicht nur in der werbenden Beschreibung, sondern auch bei der Fasergehaltsangabe auf den Zusatz „100%“ verzichtet oder auf andere – ähnliche – Zusätze zurückgegriffen werden. Fragen an: Robert Marx

Jetzt anmelden unter www.suedwesttextil.de/veranstaltungen, roedder@suedwesttextil.de oder +49 711 21050 - 23

Tel.: +49 711 21050-19 marx@suedwesttextil.de


AUGUST / SEPTEMBER 2018 I NR. 115

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Recht + Steuern

„Arbeitsrecht Basics“: Die A-bis-Z-Schulung

Südwesttextil-Webinar

Theoretisches Wissen an praktischen Rechtsfällen angewendet und geübt Auch in diesem Jahr schulten die Juristen von Südwesttextil wieder an zwei Tagen Ende Juni in der Filharmonie in Filderstadt interessierte Mitarbeiter aus allen Bereichen des Personalwesens und erörterten gemeinsam mit den Teilnehmern die relevanten Herausforderungen der täglichen Personalarbeit. Die Basis für ein weitreichendes Verständnis schafften die Referenten im ersten Seminar mit einem Überblick über die maßgeblichen Grundsätze des Arbeitsrechts, wie beispielsweise das Rangverhältnis unterschiedlicher Rechtsquellen, das Günstigkeitsprinzip und den Gleichbehandlungsgrundsatz. Hierauf aufbauend wurden Fallstricke rund um den Bereich der Einstellung und des Zustandekommens des Arbeitsverhältnisses (Fragerecht des Arbeitgebers, Schwerbehinderung, besonderer Kündigungsschutz) anhand zahlreicher Beispiele erläutert, um dann im Rahmen der Durchführung des Arbeitsverhältnisses vom Weisungsrecht des Arbeitgebers über Urlaub und Arbeitszeit das Grundwissen des Arbeitsrechts zu vermitteln.

Das theoretische Wissen zu den Themen Abmahnung, Kündigung und andere Beendigungsmöglich-

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Betriebsalltag der Teilnehmer zu einer lebhaften Arbeitsatmosphäre bei. Die angeregten Gespräche Foto: iStock.com/DenisKot

Die Bundesregierung hat am 13. Juni entschieden, die Brückenteilzeit als Gesetz in den Bundestag einzubringen. Diese beinhaltet für Arbeitnehmer die Möglichkeit, für 1 bis 5 Jahre befristet in Teilzeit zu gehen, und enthält einen erleichterten Weg der Durchsetzung einer Erhöhung der Arbeitszeit. Dazu haben wir Ihnen zum aktuellem Status ein Webinar erstellt, das über die geplanten Neuregelungen informiert. Derzeit versuchen wir von Arbeitgeberseite, noch größtmöglichen Einfluss auf den Gesetzesentwurf zu nehmen und insbesondere die Beweislastumkehr bei der Verlängerung der Arbeitszeit abzuschwächen sowie die Möglichkeiten zur Ablehnung der neuen befristeten Teilzeit zu erleichtern. Das Webinar können Sie im Mitgliederbereich von www.suedwesttextil.de unter Rubrik Webinare jederzeit abrufen.

Alexandra Schulte erklärte anschaulich kniffeliges Arbeitsrecht. Foto: Südwesttextil

keiten sowie die betriebliche Mitbestimmung und Grundzüge des Betriebsübergangs wurde dann anhand vieler praktischer Fälle und mit der notwendigen Portion Humor im zweiten Teil des Seminars umgesetzt und geübt. Aus den Bereichen Abmahnung und dem Umgang mit sog. „Low Performern“ trugen die anschaulichen Beispiele aus dem

wurden während der Mittagspause eifrig fortgesetzt, so dass neben einem reinen Wissensgewinn auch neue persönliche Kontakte untereinander geknüpft wurden. Eine rundum gelungene Veranstaltung, fanden Referenten und Teilnehmer und freuen sich auf ein Wiedersehen im kommenden Sommer. Alexandra Schulte

Teilzeit: 3-Jahres-Grenze des BAG gekippt

Foto: iStock.com/AndreyPopov

Nach § 14 Abs. 2 S. 2 Teilzeitbefristungsgesetz (TzBfG) ist eine sachgrundlose Befristung nicht zulässig, wenn mit demselben Arbeitgeber bereits zuvor ein befristetes oder unbefristetes Arbeitsverhältnis bestanden hat (sog. Vorbeschäftigungsverbot).

Dieses Vorbeschäftigungsverbot wurde bisher in zeitlicher Hinsicht vom Bundesarbeitsgericht (BAG) in seiner Rechtsprechung auf einen Zeitraum von drei Jahren begrenzt. Nach Ablauf von drei Jahren konnte daher ein neues, sachgrundlos befristetes Arbeitsverhältnis für maximal zwei Jahre geschlossen werden. Diese Rechtsprechung hat nun das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) als Hüterin der Verfassung mit Verweis auf das Grundgesetz gekippt. Nach Ansicht der Richter ist die Möglichkeit einer sachgrundlosen Befristung auf die erstmalige Begründung eines Arbeitsverhältnisses beschränkt. Eine erneute sachgrundlose Befristung – gleich mit welchem zeitlichen Abstand – sei daher grundsätzlich verboten. Die Rechtsprechung des BAG sei mit dem Grundgesetz nicht ver-

einbar und übergehe den erkennbaren Willen des Gesetzgebers, der sich bewusst gegen eine zeitliche Grenze des Vorbeschäftigungsverbots entschieden hat. Hierdurch wollen die Richter insbesondere das unbefristete Arbeitsverhältnis als Regelbeschäftigungsform stärken, die strukturell unterlegenen Beschäftigten schützen und den Sozialstaat kräftigen. Es handelt sich zwar nicht um ein generelles Verbot der sachgrundlosen Befristung bei nochmaliger Einstellung, jedoch dürften die Ausnahmen des Verbots handverlesen sein. Eine Ausnahme lässt das BVerfG nur zu, „soweit eine Gefahr der Kettenbefristung in Ausnutzung der strukturellen Unterlegenheit der Beschäftigten nicht besteht und das Verbot der sachgrundlosen Befristung nicht erforderlich ist, um das unbefristete Arbeitsverhältnis als

Regelbeschäftigungsform zu erhalten“. Derzeit kann nur gemutmaßt werden, wie eine unschädliche Vorbeschäftigung ausgesehen haben könnte, in Betracht kommen lange zurückliegende völlig anders geartete Beschäftigungen, oder Beschäftigungen von äußerst kurzer Dauer. Denkbar wären auch Nebenbeschäftigungen während der Schul- und Studienzeit, oder eine vorherige Beschäftigung von Personen, die sich später beruflich völlig neu orientiert haben. Gewissheit kann hier jedoch wiederum nur eine Konkretisierung durch die Rechtsprechung des BAG liefern.

Fragen an: Alexandra Schulte Tel.: +49 711 21050-15 schulte@suedwesttextil.de


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Innovationsförderung: Kennen Sie die DBU? an werden Sie von der zuständigen Referentin bzw. dem Referenten fachlich unterstützt. Teilweise werden im Bearbeitungsprozess noch externe Gutachter hinzugezogen. Üblicherweise dauert die Bearbeitung vom Einreichen der Skizze bis zur Entscheidung etwa drei bis acht Monate. Und natürlich kann man mich auch anrufen und mir die Projektidee schildern.

Die Arbeitsbereiche von Dr. Maximilian Hempel sind Ressourceneffizienz, Nachhaltige Chemie und Innovationsmanagement. Foto: DBU

Dieser Mann hat was zu verteilen – Fördergelder für gute Ideen: Dr. Maximilian Hempel, seit 2002 Leiter des Referats Umweltchemie sowie seit 2016 Leiter der Projektgruppe „Ressourceneffizienz“ der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU) und darüber hinaus Vorstandsmitglied der Fachgruppe Nachhaltige Chemie der Gesellschaft Deutscher Chemiker und Mitglied im wissenschaftlichen Beirat „Umwelt“ der Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung, besuchte Ende Mai zu einem Kennenlerngespräch die Geschäftsstelle von Südwesttextil. In diesem Kurzinterview möchten wir unseren Mitgliedern die Vorteile einer engeren Zusammenarbeit mit dem Innovationsmanager und der Institution DBU aufzeigen. Wer bzw. was ist die Deutsche Bundesstiftung Umwelt? Die Deutsche Bundesstiftung Umwelt (DBU) fördert innovative, modellhafte und lösungsorientierte Vorhaben zum Schutz der Umwelt. Dies geschieht unter besonderer Berücksichtigung der mittelständischen Wirtschaft. Geförderte Projekte sollen nachhaltige Effekte in der Praxis erzielen, Impulse geben und eine Multiplikatorwirkung entfalten. Wir wollen damit zur Lösung aktueller Umweltprobleme beitragen, die insbesondere aus nicht nachhaltigen Wirtschafts- und Lebensweisen unserer Gesellschaft resultieren. Welche Fördermöglichkeiten gibt es bei der DBU für Unternehmen

der Textil- und Bekleidungsindustrie? Gerade innovative mittelständische Unternehmen finden gute Förderbedingungen bei uns. Wenn wir den Lebensweg von Textilien von der Fertigung über den Vertrieb und die Nutzung bis hin zur Entsorgung betrachten, gibt es an vielen Stellen Möglichkeiten, etwas besser zu machen: effizienter produzieren, Gefahrstoffe ersetzen, Abfall- oder Nebenprodukte nutzen, langlebigere Produkte gestalten. Die Projektideen können dabei verschiedene Ansätze verfolgen: beispielsweise Färbeprozesse, die weniger Abwasser produzieren; Herstellungsverfahren, die mit weniger Ressourcen und Energie auskommen; Digitalisierung und neue Geschäftsmodelle bieten ganz neue Möglichkeiten der Zusammenarbeit in der Lieferkette. Wie kompliziert ist das Bewerbungsverfahren und wie groß sind die Chancen eine Förderung zu bekommen? Zunächst wird eine Projektskizze über das Online-Portal eingereicht. Sie sollte kurz und knapp sein und auf wenigen Seiten die Projektidee sowie den Lösungsansatz zusammenfassen. Besonderen Wert legen wir darauf, dass das Projekt modellhaft und innovativ ist. Kleine und mittlere Unternehmen (KMU) können allein oder in Kooperation, z. B. mit Forschungseinrichtungen oder Verbänden eine Förderung beantragen. Bei positiver Bewertung der Skizze werden Sie zur Antragstellung aufgefordert. Von Beginn

Welche Vorteile ergeben sich für die Unternehmen aus der Förderung und wie kommen die Partner zusammen? Die DBU beteiligt sich an den Projektkosten, bei mittelständischen Unternehmen meist mit 50 Prozent der Gesamtkosten, inklusive Personal, Sach- und Reisekosten. Hochschulen werden zu 100 Prozent gefördert. Neben der finanziellen Unterstützung erfährt der Projektträger auch während der Durchführung des Projekts weiterhin fachliche Unterstützung durch die DBU. Wenn möglich, wird das Projekt auf Konferenzen und Messen präsentiert. So gibt es zahlreiche Möglichkeiten zum Netzwerken und ggf. Weiterentwicklungsmöglichkeiten für das Projekt, auch nach der Zusammenarbeit mit der DBU. Gibt es schon erfolgreiche Beispielprojekte, die im Bereich Textil durchgeführt wurden? Die DBU fördert derzeit das Gemeinschaftsprojekt der Trans-Textil GmbH mit der Firma CHT Germany GmbH und dem Sächsischen Textilforschungsinstitut e.V.. Dessen Ziel ist es, die Herstellung wasserdichter, atmungsaktiver Schutztextilien etwa für Feuerwehrleute und Polizisten ohne Lösemittel zu ermöglichen. Das Zentrum für Umweltforschung und nachhaltige Technologien der Universität Bremen hat in Kooperation mit dem Bundesverband der Deutschen SportartikelIndustrie und mit Förderung der DBU untersucht, ob schmutzabweisende, wasserdichte und atmungsaktive Kleidung auch ohne Fluorpolymere auskommen können. Die Firma Tailorlux aus Münster bringt eine verdeckte Markierung bei Biobaumwolle bereits in

der Mühle an. Mit einem einfachen Handgerät kann damit während des gesamten Produktionsverlaufs die Herkunft überprüft werden. So können Plagiate vermieden und die gesamte Lieferkette kontrolliert werden. In einem DBU-geförderten Projekt mit VAUDE geht es um das Verwerten von Abfällen zu höherwertigen Produkten, also Upcycling. Es zielt darauf ab, den Wert von Textilien und Materialien so lange wie möglich zu erhalten und etwa Alttextilien nicht „nur noch“ zu Putzlappen aufzubereiten oder zu verbrennen. Kürzlich abgeschlossen wurde das Projekt des Forschungsinstituts für Textil und Bekleidung der Hochschule Niederrhein und der Multi-Plot Europe GmbH. Die beiden entwickelten mit Unterstützung der DBU ein Digitaldrucksystem mit Pigmenttinten. Mit Hilfe einer energiesparenden Trockner-Fixiereinheit werden gegenüber dem sonst üblichen Reaktivdruck mehr als 60 Prozent Energie eingespart. Was wünschen Sie sich für die künftige Zusammenarbeit? Ich wünsche mir innovative Projektideen, die die Umwelt entlasten und den Mittelstand im Bereich der Textil- und Bekleidungsbranche nachhaltig stärken. Simone Diebold

Kontakt Dr. Maximilian Hempel Telefon: +49 541 9633-311 Fax: +49 541 9633-193 E-Mail: m.hempel@dbu.de Deutsche Bundesstiftung Umwelt An der Bornau 2 49090 Osnabrück


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AFBW tagte in Fischerwerken – Vorstand wiedergewählt Christoph Larsén-Mattes, Inhaber der Mattes & Ammann GmbH und Co. KG aus Tieringen-Meßstetten wurde am 12. Juli 2018 erneut als Vorstandsvorsitzender des landesweiten Netzwerkes Allianz faserbasierter Werkstoffe Baden-Württemberg e.V. (AFBW) gewählt. Damit ist die Kontinuität bei der AFBW gesichert. Christoph Larsén-Mattes betont: „Die AFBW ist eines der leistungsstärksten Netzwerke in Baden-Württemberg. Der gesamte Vorstand und ich sind stolz auf die Erfolge, die für den Mittelstand in Baden-Württemberg in den letzten achten Jahren erreicht werden konnten.“ Schon seit der Gründung des landesweiten Netzwerkes AFBW unterstützt der Unternehmer LarsénMattes das Netzwerk. Neu im Vorstand der AFBW ist Dr. Bernhard Hettich von der CHT Germany GmbH. Seit 17 Jahren ist Dr. Hettich in der Geschäftsführung des Tübinger Unternehmens beschäftigt und freut sich nun, seine Expertise in den Bereichen F&E, Einkauf, Produktion und Technik in die AFBW einbringen zu können. Ebenfalls wiedergewählt wurden: Prof. Dr.-Ing. Heinrich Planck, Geschäftsführer PolyMedics In-

Unternehmer Christoph Larsén-Mattes: „Die AFBW ist eines der leistungsstärksten Netzwerke in Baden-Württemberg. Ich und der gesamte Vorstand sind stolz auf die Erfolge, die für den Mittelstand in Baden-Württemberg in den letzten achten Jahren erreicht werden konnten.“ Foto: AFBW

novations GmbH, Prof. Dr. Stefan Mecheels, Leiter Hohenstein Group, Prof. Dr. Götz T. Gresser, Vorstand DITF Denkendorf - Leiter Institut für Textil- und Verfahrenstechnik, Peter Haas, Hauptgeschäftsführer Südwesttextil e.V., Dr. Dietmar Völkle, Head of Innovation Diehl Aviation und Senator E.h. Wolfgang Wolf, Geschäftsführendes Vorstandsmitglied Landesverband der BadenWürttembergischen Industrie e.V.. Damit präsentiert sich die AFBW

AFBW-Wertstoffbörse – ein neuer Fiber Push Service

Foto: iStock.com/GRAZVYDAS

Wir leben in Zeiten von Ressourcenknappheit. Themen wie Nachhaltigkeit und Recycling sind nun wichtiger denn je. Einen Schritt in die richtige Richtung möchte die AFBW mit ihrer Wertstoffbörse gehen. Die AFBWWertstoffbörse gibt Ihnen die Chance, Wertstoffe, die Sie eigentlich entsorgen würden, anzubieten. Oder Wertstoffe zu finden, die andere Unternehmen gerne abgeben würden. Sie soll als „Handels“-Plattform dienen, nach dem einfachen Prinzip: Biete – Suche. Die AFBW-Wertstoffbörse finden Sie unter www.afbw.eu/de/index/ wertstoffboerse.html.

auch für die nächste Geschäftsperiode mit einem namenhaften und versierten Vorstand. „Südwesttextil ist wesentlicher Träger der AFBW, deshalb freuen wir uns über das Engagement und die Kontinuität des Vorstandsgremiums“, erklärte Südwesttextil-Hauptgeschäftsführer Peter Haas. Prof. Michael Buchmeiser, Vorstand DITF und Leiter des Institutes für Textilchemie und Chemiefasern verlässt den Vorstand der AFBW.

Der Vorstand dankt ihm für seinen Einsatz, viele gute Ideen und die Unterstützung in den letzten sieben Jahren. Die Vorstände, aber auch die teilnehmenden Gäste und Mitglieder waren begeistert vom Besuch bei der Fischergroup in Waldachtal. Die Firma Fischer ist eines der Unternehmen, die Baden- Württembergisches Unternehmertum weltbekannt gemacht haben und die AFBW freute sich, dass die achte ordentliche Mitgliederversammlung des landessweiten Netzwerkes in diesem Unternehmen stattfinden konnte. „Es gibt wohl wenige Firmen, die uns durch unser ganzes Leben begleiten. Die Fischerwerke gehören dazu. Als Kinder spielen wir mit der wunderbaren Fischer-Technik. Im Privatbereich befestigen wir mit den weltbekannten Fischer-Dübeln alles Mögliche an unseren Wänden und im Alltag betreten wir Gebäude, die mit Fischer Befestigungssystemen ausgestattet sind. Darüber hinaus treiben die Fischerwerke Innovationen im automotiven Bereich und in der Automation voran“, so AFBWNetzwerkmanagerin Ulrike Möller. www.afbw.eu

Fundgrube: Die FKT-Online-Forschungs-Datenbank! Das von Südwesttextil mitgetragene „Forschungskuratorium Textil“ (FKT) hat nun eine neue Fundgrube für Ingenieure und Entwickler aus dem Mittelstand fertiggestellt: die Online-Forschungs-Datenbank. Hier kann man für eigene Entwicklungsvorhaben nach öffentlich zugänglichen Ergebnissen aus der „vorwettbewerblichen Forschung“ suchen. Die neue Datenbank im Mitgliederbereich von www.textilforschung.de enthält Beschreibungen 3 200 konkreter Projekte der vom Bundeswirtschaftsministerium getragenen Industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF). Zum Wissensschatz, der eine Übersicht der durch die Industrie initiierten Forschungsaktivitäten von 15 Textilinstituten zwischen Bremen, Denkendorf und Dresden gibt, gehören auch 4 500 Abstracts. Sie betreffen ungezählte Projekte, die auch vom Bundesforschungsministerium unterstützt wurden. Die textilnahen Ergebnisse von ZIMTransfervorhaben und landesgeförderten Themen gehören ebenso zum Datenbestand wie DFG- und EU-Förderresultate. Sämtliche Datenbankinformationen werden mit Angaben u. a. zu den Forschungsakteuren und der Laufzeit angereichert. Über eine Google-artige Suche nach selbst gewählten Schlagwörtern lassen sich zu einem Thema die vielfältigsten Forschungsansätze finden. Mitgliedsunternehmen von Südwesttextil haben selbstverständlich kostenlosen Zugang zum Datenbestand. Das erforderliche Passwort kann beim FKT (https://goo.gl/fBEZCg) angefordert werden.


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Technik + Umwelt

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Globale Farbstoffversorgung in der Krise Die Nachrichten aus Asien verheißen mal wieder nichts Gutes. Aus Umweltgründen gab es eine neue Welle von Firmenschließungen im Chemiesektor in China und Indien, die die globale Farbstoffversorgung erschüttert. Alternative Kapazitäten, vor allem für die Synthese der Farbstoffe bzw. der dafür benötigten Rohstoffe, stehen nicht zur Verfügung. Der aktuelle weltweite Verbrauch an Farbstoffen kann momentan nicht mengendeckend nachproduziert werden. Die Preise befinden sich im Höhenflug und die Belieferung der textilen Wertschöpfungskette ist ungewiss. Die textilen Farbstofflieferanten sprechen von einer noch nie dagewesenen Situation. So ist bereits auch der europäische Automobilverband (ACEA) durch die Textiler von der Entwicklung in Kenntnis gesetzt worden, denn durchschnittlich befinden sich 23 Kilogramm Textilien in einem Automobil – nicht wenige davon mit hochlichtechten, anthrachinoiden Farbstoffen gefärbt. Bei diesen Spezialrohstoffen ist die Not mitunter am größten, denn der Rohstoff Anthrachinon ist sehr knapp. Ziel ist es daher, sollte die Entwicklung andauern, vor allem drohende Produktionsstillstände in der Automobilindustrie zu vermeiden. Dieser Sektor steht beispielhaft für alle textilen Sektoren mit ihren verbundenen Wertschöpfungsketten, die auf hunderte von verschiedenen

Spezialfarbstoffen angewiesen sind. Angeheizt wird die aktuelle Preisentwicklung vor allem durch einen Mangel an spezifisch für die Farbstoffproduktion benötigten Rohstoffen und Zwischenprodukten und hier steckt die Verbindung zum Thema REACH, dem neuen Chemikalienrecht in Europa. Die aktuelle Verschärfung der Farbstoffkrise von 2013 geht einher mit der finalen REACH-Registrierfrist am 31. Mai 2018. Über Jahre verschärfte REACH die Lage zunächst im Falle der Farbstoffproduktion in Europa. Es waren die unbezahlbar teuren REACH-Registrierkosten, die für tausende Farbstoffe und Zwischenprodukte fällig gewesen wären, die im letzten Jahrzehnt den Chemiesektor aus Europa nahezu ganz in die Verlagerung nach Asien gedrängt hat. Einher ging dies auch mit der Steigerung der globalen Umweltverschmutzung in China und Indien. So wurden saubere EUProduktionen durch Produktionen in Asien ersetzt, die aufgrund der ausufernden Umweltverschmutzung nun per Regierungsdekret aus Peking und Neu-Delhi geschlossen werden. Diese ganze Entwicklung hat nun dazu geführt, dass Europa, wie in vielen anderen Sektoren auch, in Sachen Farbstoffe weitgehend von Asien und vor allem von China abhängig ist. Eine große Wiederansiedelung dieser Industrie in der EU

ist aufgrund des REACH-Systems und dessen Kosten so gut wie ausgeschlossen. Auch das dazu nötige Farbstoff-Know-how ist weitestgehend aus der EU verschwunden. Aktuell verschärft REACH die Lage für die Textiler in Europa noch zusätzlich: Mit dem Ende der REACH-Registrierfrist am 31. Mai 2018 ist es zu einer großen Marktmonopolisierung bei REACHregistrierten Farbstoffen im EUMarkt gekommen, die die Preise zudem weiter in die Höhe treibt. Ein weiteres Problem: Durch die REACH-Registrierung gibt es einen massenhaften Wegfall von nicht registrierten Spezialrohstoffen, darunter wiederum viele Spezialfarbstoffe, denn nicht mal die Hälfte der erwarteten Stoffregistrierungen wurden aufgrund der hohen Kosten in der EU vorgenommen! Damit gilt für diese Stoffe ab 1. Juni „No Data-No Market“, sprich diese Stoffe dürfen nicht mehr in der EU produziert oder importiert werden. Die Auswirkungen dieser alle EU-Industriesektoren betreffenden „Rohstoffschonkost“ wird man dann sehen, wenn die noch vorhandenen Lagerbestände dieser Stoffe verbraucht sind. Stefan Thumm

Den kompletten Artikel gibt es zum Lesen unter www.suedwesttextil. de/nachrichten/reach-kongressbruessel

Erleichterung für den Arbeitsalltag: sensorische Handschuhe Obwohl die Automatisierung fortschreitet, werden in Lagern immer noch viele Waren von Hand bewegt. Selbst bei leichten Waren unter 12 Kilogramm verursacht diese körperliche Belastung bei den Lagerarbeitern nach längerer Zeit Beschwerden wie zum Beispiel chronische Rückenschmerzen. Im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojektes „SensHand“ entwickelten die Deutschen Institute für Textil- und Faserforschung Denkendorf (DITF) mit ihren Forschungspartnern einen sensorischen Handschuh, der Lageristen beim Heben von Lasten unterstützt. Der Lagerist trägt den sensorischen Handschuh wie einen normalen Arbeitshandschuh. Während er die Waren verlädt, registrieren die Druck- und Biegesensoren im Handschuh Foto: DITF die Belastung und steuern aufgrund dieser Messdaten den Systemkran. Bei einem schwereren Karton gibt der Kran mehr Hebeunterstützung als bei einem leichten Karton. Da die Software des Lastkrans automatisch über die Sensoren in den HandschuhFingern gesteuert wird, muss der Lagerist nicht zusätzlich die Hebehilfe bedienen, sondern kann mit beiden Händen zupacken.

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Termine Innovation Day 2018 Der Innovation Day ist seit über zwölf Jahren fixer Bestandteil der Swiss Textiles Veranstaltungsagenda. Am 23. August berichten im schweizerischen Dübendorf Referentinnen und Referenten aus dem textilen und textilnahen Umfeld über ihre Innovationstätigkeiten und -erfolge, präsentieren Trends und schaffen dadurch neue Impulse. Profitieren auch Sie von dieser Plattform! Weitere Infos und Anmeldung unter www.swisstextiles.ch. 57. Internationale Fasertagung Dornbirn Der Dornbirn-GFC 2018, Innovationsplattform für die globale Faser-, Textil-, Nonwovens-, Ausrüstungsund Maschinenbaubranche, präsentiert vom 12. bis 14. September über 100 hochqualitative Vorträge aus der akademischen Forschung und der Industrie. Nachhaltige Innovationen sind das Leitmotiv des Kongresses. Mehr unter www. dornbirn-gfc.com. Gatex – Workshop Grundlage Maschentechnik Am 25. und 26.September veranstaltet die Gatex in Bad Säckingen den Workshop Maschentechnik. Er richtet sich an Mitarbeiter in den kaufmännischen Abteilungen von Textil- und Bekleidungsunternehmen und des Bekleidungseinzelhandels. Die Teilnehmer erhalten einen Einblick in die Grundlagen der Stricktechnik und der Maschenware und lernen deren Qualität besser zu beurteilen. Praktische Übungen und viele Beispiele runden das theoretische Wissen ab. Mehr unter www.die-gatex.de. Forum Gesundheitsindustrie Baden-Württemberg 2018 Am 27. September ist es wieder so weit: Die BIOPRO BadenWürttemberg GmbH lädt zum zentralen baden-württembergischen Netzwerktreffen für die Gesundheitsindustrie (Medizintechnik, Biotechnologie und Pharmazeutische Industrie) nach Konstanz ein. Ein vielseitiges Konferenzprogramm zu Trends, neuen Technologien und spannenden Forschungs-/ und Entwicklungsprojekten erwartet Sie. Mehr unter www.bio-pro.de.


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Textiles Schadstoffmanagement bewegt die Branche Der Thementag REACH, DETOX & Co. von Südwesttextil und Hohenstein war ausgebucht Dass das Thema REACH & Co die Textilbranche äußerst bewegt, zeigte sich am 4. Juli beim „Thementag – Textiles Schadstoffmanagement im Zeitalter von REACH, DETOX & Co.“ in Hohenstein. Zu dem von Südwesttextil und der AFBW in Kooperation mit dem Forschungsinstitut veranstalteten, voll ausgebuchten Seminar, kamen über 120 Textiler aus dem gesamten Bundesgebiet. Eine gute Nachricht für alle, die nicht dabei sein konnten: Aufgrund der hohen Nachfrage wird am 20. September in Nürnberg eine REACH, DETOX & Co.-Folgeveranstaltung des VTB stattfinden. (Mehr unter www.hohenstein.de.) Nicht nur in Brüssel dreht sich das Karussell immer schneller, sondern vor allem nationale und internationale Initiativen, wie das deutsche Bündnis für Textilien, allen voran Greenepeace-DETOX & Co. beschäftigen die Branche. In diesem vielschichtigen „Aktivitäten-Dschungel“ den Überblick zu behalten, ist für alle Beteiligten schwierig. Deshalb widmete sich die Veranstaltung mit vielen Hintergrundinformationen, Updates und Hilfestellungen all diesen Themen. Der Stoffrechts-, Textilchemieund Textilveredlungsexperte von Südwesttextil und der AFBW, Stefan Thumm, der für die fachliche Begleitung wichtiger europäischer REACH-Gesetzgebungsverfahren vom deutschen und europäischen Gesamtverband t+m bzw. Euratex nominiert ist, beleuchtete sie gemeinsam mit den Experten der Hohenstein-Group. Ausgehend von den Haupttreibern REACH und DETOX nahm Thumm gleich zu Beginn die über 120 Textillabels, die sich mit der Schadstoffthematik beschäftigten, ins Visier und filterte die maßgebenden Standards im textilen Schadstoffmanagement heraus. Er zeichnete aus seiner Erfahrung mit den EU-Behörden, NGO‘s etc. verschiedene textile Weltbilder, die in Einklang gebracht werden müssen, denn sonst entstünden Fehlentwicklungen, die niemanden nutzen würden. So Ordnung ins System bringend, zeigte der Experte an fünf konkreten Top-ThemenBeispielen, von explodierenden

Prüf- und Zertifizierungs-Kosten, über nicht erfüllbare gesetzliche Vorgaben bis hin zur mangelnden Rechtsicherheit, was die Textiler

tages gab Stefan Thumm eine Übersicht sehr gravierender Gesetzgebungsverfahren. Nicht nur Textiler, sondern auch insbesondere

den. Restriktion alleine helfen nicht weiter und das REACH-System hat in vielen Bereichen bereits mächtig Schlagseite. Weiter berichtete er

Ein volles Auditorium verfolgte interessiert den Ausführungen von Stefan Thumm. Foto: Hohenstein

bewegt und wie die Verbandsarbeit die Lösungsfindungen zu einzelnen Problemen vorantreibt. Über das REACH-Schnellrestriktionsverfahren für CMRStoffe auf körpernahen Textilen berichteten detailliert in einem gemeinsamen Vortrag SüdwesttextilExperte Thumm und Dr. Christof Madinger, COO der HohensteinGroup. Beide waren in Brüssel an vorderster Front maßgebend an dem Verfahren beteiligt, das sich mittlerweile über drei Jahre erstreckt. Dem Auditorium wurde vor Augen geführt, dass dieses Gesetzgebungsverfahren, ohne die fachlich-wissenschaftsbasierende Mitwirkung von einigen wenigen textilen Experten, in einem kompletten Desaster für die EU als auch für die Branche geendet wäre. Die jetzige Gesetzesvorlage ist deutlich verbessert, die Grenzwerte sind machbar, und viele textile Schutzfunktionen, wie z. B. beim Flammschutz, sowie das Textilrecycling konnten erhalten werden. Michael Möller von Hohenstein zeigte in seinem Vortrag, wie sich das Ökotex-System den Herausforderungen stellt und wie es den Textilern durch ein erweitertes Portfolio, z. B. „Made in Green“, helfen kann, die gesetzlichen Anforderungen zu erfüllen und den weiteren Anforderungen am Markt gerecht zu werden. Zum Abschluss des Themen-

die zuliefernde Textilchemie stehe unter hohem Druck, so der Experte, der aus dem Auditorium heraus mehrfach vom Stoffrechtsexperten Andreas Bayer (Leiter der Produktsicherheit des Textilhilfsmittelherstellers CHT) in seinen Aussagen unterstützt und bekräftigt wurde. An vielen textilen REACHund EU-Gesetzgebungsthemen, wie Sevilla-Prozess, Formaldehyd, PFC, Antimon/Flammschutz, Titandioxid, Farbstoffe, Biozide, Silikonchemie bis hin zu Mikroplastik und dem Ask-Reach-Projekt arbeitet Thumm gemeinsam mit den Kollegen den textilen Verbänden intensiv als REACH-Themenpilot des Gesamtverbands t+m sowie in Kooperation mit weiteren Experten aus der Textilchemie und anderen Industriebranchen, um die europäische Stoffrechts-Gesetzgebung wieder auf eine wissenschaftsbasierende Ebene zurückzubringen. Klar benannte Thumm u. a. am Beispiel PFC, was derzeit wo machbar ist und was eben nicht. Er zeigte die vielen Verbandsaktivitäten auf, um eine Alternativstoffforschung voranzutreiben, für die der Textilchemiker nachdrücklich warb. Gezielte REACH-Forschungsförderung sei dafür notwendig, denn nur durch Forschung und technischen Fortschritt könnten REACH-Kollateralschäden für die Umwelt, den Verbraucher, aber vor allem die Textilindustrie eingedämmt wer-

über die negativen Entwicklungen, wo es beim REACH-REFIT-Kongress am 11. Juni in Brüssel von vielen Seiten zu einem Showdown der REACH-Kritik kam. Darüber hinaus zeigte er die Gefahren, der für 2019 geplanten ECHA-Beschränkung für sensibilisierende, reizende und ätzende Stoffe in körpernahen Textilien auf. In diesem Verfahren kann, bei dem sich derzeit abzeichnenden Fundamental-Ansatz der Umweltbehörden in Frankreich und Schweden, vieles unter die Räder kommen, u. a. auch die textilen Schadstofflabels. Zum Schluss richtete er daher einen Appell an alle Teilnehmer für ein stärkeres „Miteinander“. „Wir müssen alle gemeinsam prioritär auf wissenschaftlicher Basis an wirklichen Lösungen arbeiten, aber auch nicht Probleme verstärken wo keine sind.“ Dies nutze dann allen, so Thumm. Wissenschaftsexperte Dr. Jan Beringer aus dem Hause Hohenstein moderierte eloquent durch die Veranstaltung. Eine gelungene Tagung für alle Beteiligten.

Fragen an: Dipl.-Ing.(FH) Stefan Thumm Tel.: +49 151 281 090 45 umwelt@suedwesttextil.de


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Zu guter Letzt

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Unterstützen Sie die Nähwerkstatt Zauberfaden! Die kreativ-integrative Nähwerkstatt in Schorndorf beschäftigt Menschen aus Krisen- und Kriegsgebieten An fünf Tagen die Woche surren die Nähmaschinen im Zauberfaden, um kultige Taschen, Matchsäcke und Accessoires zu fertigen. Die gemeinnützige Organisation finanziert sich einerseits durch die Unterstützung der Stadt Schorndorf und die Christian Bürkert Stiftung gGmbH sowie durch Spenden. Andererseits vertreibt der Zauberfaden unter eigenem Namen die genannten Artikel und beschäftigt die geflüchteten Menschen vor allem durch Auftragsproduktion. Zu den festen Kunden gehört Kübler. Der Workwearhersteller aus Plüderhausen lässt Arbeitsschürzen beim Zauberfaden nähen. Für den Firmenchef Thomas Kübler, auch Vorstandsmitglied bei Südwesttextil, ist soziales Engagement ein ganz persönliches Anliegen. Er und sein Unternehmen fördern seit Jahren verschiedene Projekte in der Region. Mit der Idee, geflüchtete Menschen in einer Nähwerkstatt sowohl Arbeit zu bieten als auch die Integration zu erleichtern, stießen die Initiatoren bei Kübler sofort auf offene Ohren. „Die ähnliche Ausrichtung ermöglicht uns, die Werkstatt außer über Aufträge auch mit Restposten an Stoffen und Maschinen und unserem Know-how zu unterstützen“, erklärt Thomas Kübler. Sükriye Döker, Mitbegründerin und Geschäftsführerin des Zauberfadens „ist froh, dass renommierte Markenhersteller das Projekt fördern“. Sie weiß aber auch, dass diese hohe Erwartungen an Präzision und Pünktlichkeit stellen. Zum Glück hat sie unter den rund 60 ehrenamtlichen Mitarbeitern drei absolute Textilprofis an ihrer Seite. Gerhard Leuker war

Der Workwearhersteller Kübler aus Plüderhausen gehört zum festen Kundenstamm und lässt Arbeitsschürzen beim Zauberfaden nähen. Die Produktpalette ist jedoch vielseitig und wird kontinuierlich weiterentwickelt Fotos: Kübler

viele Jahre Produktionsleiter bei einem Miederwarenhersteller und half vor drei Jahren, die für 16 bis 20 Schneider und Schneiderinnen ausgelegte Werkstatt einzurichten. Nach wie vor kümmert er sich schwerpunktmäßig um die Organisationsabläufe und den Einkauf. Beate Grünthaler, gelernte Textiltechnikerin, war fast zwei Jahrzehnte lang in Asien mit der Qualitätsüberwachung der Auftragsfertigung führender deutscher Modemarken betraut. Sie bringt ihr Fachwissen in die Zuschnitte ein und leitet die Mitarbeiter bei den praktischen Näharbeiten an. Sissy Lamm, Modedesignerin, unterstützt den Zauberfaden im Bereich Design und Zuschnitt sowie durch

Wirtschaftszitat

»Die Linkspartei hat mit Hilfe der DPA in die Welt gesetzt: Jeder sechste Haushalt könne sich keine Urlaubsreise leisten. Dieselbe Statistik zeigt, dass die Zahl der Betroffenen auf einen historischen Tiefstand gesunken ist. Die echte Neuigkeit liegt darin, dass sich immer mehr Deutsche Urlaubsreisen leisten können – freilich um den Preis, dass sie zwischen den Urlauben arbeiten.« „Urlaubstheater“ von Dietrich Creutzburg in FAZ.NET, 19. Juli 2018

Nähkurse. Einige Mitarbeiter haben in ihren Heimatländern schon Erfahrung in der textilen Fertigung gesammelt, ebenso einige Frauen durch Näharbeiten im häuslichen Bereich. Andere hingegen sind früher als Uhrenmacher oder Maurer tätig gewesen. „Wir versuchen jeden nach seinen Talenten und Vorkenntnissen zu fördern“, erklärt Zauberfaden-Chefin Döker. Drei Mitarbeiter konnten bereits erfolgreich in feste Arbeitsverhältnisse vermittelt werden. Über die Bereitstellung von Arbeitsplätzen hinaus leistet der Zauberfaden mit seinen Ehrenamtlichen außergewöhnliche Integrationsarbeit. Dabei ist Deutsch lernen das A und O. Jeden Tag kommen mehrere

Lehrkräfte in die Werkstatt, um den Nähern und Näherinnen flankierend zu den staatlich geförderten Sprachkursen Deutsch beizubringen. Die Beschäftigten werden täglich zwei Stunden einzeln unterrichtet. Das Miteinander in der Werkstatt sorgt außerdem für Sprachpraxis. Das Konzept des Zauberfadens geht für die Macher auf. Doch man brauche natürlich Zeit und Partnerunternehmen wie Kübler, die das Projekt durch ihre Aufträge und Spenden am Leben erhielten. „Die Kapazitäten der Nähwerkstatt sind noch nicht erschöpft und neue Aufträge willkommen“, wirbt Römer für den Zauberfaden. www.kuebler.eu

Impressum © Alle Rechte vorbehalten. Keine Vervielfältigung ohne schriftliche Genehmigung des Herausgebers. Verband der Südwestdeutschen Textil- und Bekleidungsindustrie Südwesttextil e. V. Kernerstraße 59 70182 Stuttgart

Präsident Bodo Th. Bölzle

Telefon Telefax Internet

Verantwortlich für Inhalt und Layout Simone Diebold

+49 711 21050-0 +49 711 233718 www.suedwesttextil.de

Hauptgeschäftsführer Peter Haas

Der Bezug der Südwesttext ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.

Druck DCC Kästl e.K. Ostfildern-Kemnat Auflage 1 400 Exemplare Erscheinungsweise zweimonatlich


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