Innenansichten

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Florian Knotz

Nationalsozialismus]“36 begründet; grundsätzlich ist die Rezeption angesichts der kritischen ökonomischen und finanziellen Situation im Jahre 1946 als überraschend gut zu bewerten. Die Ausstellungsmacher suchten innerhalb der Ausstellung immer wieder das Gespräch mit den BesucherInnen und initiierten schließlich eine Fragebogen-Aktion, mit welcher der pädagogische Wert der Ausstellung evaluiert werden sollte. Ziel war es zu erfahren, inwiefern der Besuch der Ausstellung bei registrierten NationalsozialistInnen Spuren hinterlassen hatte. Im Laufe dieser Aktion wurden 125.000 Einladungen und Fragebögen an ehemalige NSDAPMitglieder ausgeschickt, die den Hinweis enthielten, dass der Besuch der Ausstellung sowie das Ausfüllen der Fragebögen beim Entregistrierungsprozess vorteilhaft sein könnten.37 Besonders Matejka lag diese Aktion am Herzen; hier lässt sich sein Anliegen, mit dieser Ausstellung Volksbildung zu betreiben, gut erkennen. Der Aufbau der Ausstellung Im Erdgeschoß des Künstlerhauses befand sich die Hauptausstellung, im ersten Stock wurde parallel eine Ausstellung Bildender Kunst (167 Bilder in sieben Sälen) zum Thema Faschismus gezeigt, auf die allerdings im Rahmen dieses Textes nicht näher eingegangen wird. Die Ausstellung im Erdgeschoß fand in zwölf Sälen statt, die nach einer vorgegebenen Route im Uhrzeigersinn zu durchqueren waren. Die Säle I bis IV behandelten die repressive Herrschaft der Nationalsozialisten (Saal I: „Faschismus = Imperialismus + Chauvinismus gepaart mit Brutalität“; Saal II: „Recht siegt über Gewalt“; Saal III: „Faschismus ist Krieg – Faschismus ist Tod“; Saal IV: „Warner“). Saal V („Lüge, Verrat, Gewalt, die Stützpfeiler des Faschismus“) wurde bereits im Mai 1945 konzipiert38 und stellte zusammen mit Saal VII („Widerstand“, untergliedert in 1. „Formen des Widerstands“; 2. „Methoden des Widerstands“; 3. „Widerstand in Europa“; 4. „Widerstand in den KZ“; 5. „Widerstand in Österreich“) und Saal VIII („Weiheraum den im Kampf gegen den Faschismus gefallenen Österreichern gewidmet“) das Zentrum der Ausstellung dar. Saal VI („Judenverfolgung – Judenvernichtung“) thematisierte den Völkermord, Saal IX („Wiederaufbau ist Antifaschismus“) und Saal X („Wiederaufbau Österreichs“) beschäftigten sich mit dem Wiederaufbau. In den letzten beiden Sälen (Saal XI: „Weltgemeinschaft oder Untergang“; Saal XII: „Krieg der Zukunft – Selbstmord der Menschheit“) wurden die Schrecken des Zweiten Weltkrieges dargestellt und darauf aufbauend für eine internationale Zusammenarbeit plädiert. Auffallendes stilistisches Merkmal der Ausstellung war die „klassenkämpferische Agitationsgraphik der zwanziger Jahre“.39 Besonders Slama war ein talentierter Vertreter der „Megaphon-Ästhetik“40, die zum Ziel hatte, komplexe soziale und politische Themen polemisierend und „schlagend“ in Bilder zu fassen. Insgesamt wurden in der Ausstellung „Niemals vergessen!“ 204 Objekte ausgestellt. Der überwiegende Teil waren Wandtafeln, Fotocollagen, historische Karten, Plakate und statisti36 Ebd., 12f. 37 Vgl. ebd., 48ff. Kos führt aus, dass die Rücklaufquote der Fragebögen unklar ist. Nach Angaben Slamas nahmen 50.000 ‚Registrierte‘ die Einladung zur Ausstellung an. 38 Vgl. ebd., 11. 39 Ebd., 14. 40 Ebd.

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