April 2012

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Vun Land un Lüüd Landarbeiters

LÜTJENBURG h c s i r histo Präsentiert von:

Stadt Lütjenburg · Arbeitskreis Stadtarchiv

Das „Stadt–Cafe“ in der Niederstraße 14

(gt) Jeden Arbeitsdag, winterdags later, sommerdags fröher, sotoseggen bi Sünnenopgang, güng de Arbeit op de Gutsbedrieve in Holsteen los. All de Landarbeiters un Daglöhners müssen sik op den Bedriev infinnen un denn wöör de Arbeit för den Dag verdeelt. Dat makte de Inspekter, mitünner de Vagt. Wenn de Gutsbesitzer sülven keem, weer dat wat Besonneres un harr meist nix Godes to bedüden. Op dat Bild sitten de Lüüd as jeden Morrn op de Bank ünner de Bööme op den Hoff vun Foderkamp; dat hörte in de 1930er Johren to Wittenhuus, de Besitter weer een Graf vun PlatenHallermund. Winterstiet dreep man sik in de Borgstuuv. Un denn heet dat villicht: Dree Mann na dat Moor to’n Graven, twee na Schlag veer to Steen sammeln, un so wieter. De anner Lüüd op den Hoff, de Peerknechtens, de Schwienmajor, de Schweizers, de Stellmaker, de harrn jümmers ehr faste Tieden un ehr faste Arbeit. Un denn geef dat den Huushöller, de all de Schweizers mit Eten un Ünnerkunft versorgen dee. Un in’t Huus vele Fruuns un Deerns, de ok all ehr faste Arbeit harrn. Dat Bild vertellt, dat de Lüüd al recht mööd utsehen dot, as wenn se de Arbeit al achter sik hebbt.(Hüüt wöör en seggen, „hochmotiviert“ sehn se jüst nich ut). Dat süht wull blots so ut. De mehrsten hebbt al en düchdigen Weg to Foot trüchleggt, vele vun Blekendörp, en poor vun Sechendörp. (De Lütte mit dat Rad is de Jung von den Inspekter Jürgensen.) De Gutsarbeiters un Daglöhners harrn all en ruhige Oort. Wat se moken deen, dat deen se 14

sacht un sinnig, dat kunnst al an ehren langsamen Gang sehn. Un wenn se na de Arbeit bi’t Huus weren, denn seten se erstmol wedder op de Bank or in’t Huus, ehr de Arbeit op dat eegen lütte Gewees denn wietergüng. Allns güng sienen Gang, allns harr sienen Platz, dat Leven weer suer, man dat weer al jümmers so west, dat hörte wull so. Na de Oplösung vun de Gutsbezirke 1928 güng dat de lütten Lüüd op Dörp better. Nu hörte se de lütte Kaat, nu hörte se dat Land dorbi, un de mehrsten harrn nu ok noch fief Tünnen Land as ehr eegen vun de „Landgesellschaft“ köfft un kunnen dat över vele vele Johrn so suutje afbetohlen. Vele harrn nu ok en beten anbuut, en lütte Stall un en Schuppen, de mehrsten harrn en Koh un slachten winterdags en Swien (de Schink wöör meist verköfft, bröchte veel Geld). Un Höhner, Anten und Göös lepen ok üm dat Huus rüm. Un mit Kantüffeln, Gröönsaken, Aaft un Beeren ut den Goorn, dor weren se „Selbstversorger“, allens wöör inmakt, inkellert, allns wöör bruukt. De Landarbeiters un Daglöhners op dat Bild heten Meyer, Rönnfeld, Herbst, Geest, Lühr, Bock, Prehn, Schröder, Boller, Lübker, Kühl un so wieder. Dat weren Familjen, de al siet Generatschonen op den Hoff to Arbeit güngen, sotoseggen ole Landarbeiteradel. De Vadder weer al dor wesen, un de Söhns güngen jüst so wedder dorhen. Dat hett allens in de 50/60er Johren ophollen, as de Treckers un Maschinen de swore Arbeit makt hebbt un de Lüüd nich mehr brukt wurrn. - Anzeigensonderveröffentlichung -

Dort, wo früher einmal das „Nedderdoor” am Ende der Niederstraße gestanden haben soll, war in der Zeit von etwa 1900 bis 1950 das „Stadt-Cafe“, ein beliebter Treffpunkt in Lütjenburg. Hier konnte man Kaffee trinken, Torte essen, klöhnen, tanzen und auch übernachten. Bis 1914 hieß das Kaffeehaus „Cafe Hanssen, Hof-Conditorei und Bäckerei”. Wie kam es zu diesem vornehmen Titel? Lütjenburg besaß bis zum Ende des I. Weltkrieges zwar keinen Fürstenhof, aber trotzdem eine stattliche Anzahl an „Hoflieferanten“. Das verdankte die Stadt den Landgrafen von Hessen-Kassel und deren nahe gelegener Sommerresidenz Schloß Panker. Die fürstliche Familie empfing in den Sommermonaten und zur Jagdzeit Besuch aus allen Teilen Europas, was einer Reihe von Lütjenburger Geschäftsleuten und Handwerkern einen guten Verdienst brachte. Zu denen, die offiziell zu „Hoflieferanten“ ernannt worden sind und ein entsprechendes Dokument vom Landgrafen erhalten hatten, gehörte auch Carl-Friedrich (Fritz) Hanssen. Auch er ließ sich ein fürstliches Wappenschild anfertigen, das über der Eingangstüre und zwar direkt über dem Schriftzug „Hof-Conditorei” angebracht war. Das sog. „Patent”war damals eine hohe Auszeichnung und galt natürlich als besonders werbewirksam. Auf einem gut erhaltenen Foto steht der Conditormeister Hanssen in traditioneller Bäckerkleidung in der Eingangstüre – neben sich ein Werbeschild der Schokoladenfirma „Stollwerk“. Auf einer Bank vor der Conditorei sitzen einige Damen und Herren in sommerlicher Sonntagskleidung. Ein anderes Foto gibt einen Einblick vom Innern des Cafes –man sieht eine Vitrine mit kunstvollen Torten und eine Theke mit edlen Spirituosen. Wann das einstöckige – ursprünglich mit Krüppelwalmdach errichtete – Haus - Anzeigensonderveröffentlichung -

Conditormeister Carl Friedrich Hanssen vor seinem Café mit dem Wappenschild des Hoflieferanten Seiner Königlichen Hoheit des Landgrafen von Hessen.

Niederstraße Nr. 14 großzügig umgebaut wurde, ist bisher nicht überliefert. Offenbar waren die Einnahmen durch die Belieferung der umliegenden adligen Gutsherrschaften jedoch so gut, dass Conditormeister C.F. Hanssen das bestehende Backsteingebäude aufstocken konnte. Das Haus erhielt eine prachtvolle Fassade mit hohem Giebel und seitlich aufgestellten Prunkschalen. An der Hauswand wurde zusätzlich mit der Aufschrift geworben: „Privat‑Pension“ und „Logis für Fremde”. Nach dem I. Weltkrieg übernahm Carl Hanssen den Betrieb von seinem Vater. Einige Jahre war er erster Vorsitzender des „Wirtevereins“ Lütjenburg oder wie der Verein damals im Protokollbuch des Jahres 1928 offiziell hieß: „Deutscher Gastwirte Verband e.V., Ortsgruppe Lütjenburg und Umgebung”. In den oberen Räumen im 1.Stock war das „Stadt‑Cafe” mit Diele eingerichtet.

Zur Straße hin konnte man auf einen breiten Balkon hinaustreten. Auf der Diele stand ein elektrisches Klavier, nach dem damals viel getanzt wurde. Die Schlachter der Ostholsteinischen Wurstfabrik von Hermann Tiedje von gegenüber sollen immer gern gesehene Gäste gewesen sein. Überhaupt feierte man gern und oft. So gab es damals – im Gegensatz zu heute – sechs große Säle; davon fassten die drei größten jeweils 300 bis 400 Personen: „Stadt Hamburg“ (Niederstraße), „Stadt Kiel” (Markt) und „Kaisersaal” (Oberstraße). Weitere Säle, in denen etwa 60-100 Gäste Platz hatten, gab es in den Gaststätten „Kossautal„, „Landhaus” und „Zur Linde“. Dr Sigurd Zillmann Wer weitere Hinweise auch zu anderen Themen geben oder Fotobelege beisteuern kann, melde sich bitte im Stadtarchiv. (Dr. Sigurd Zillmann, Tel. 04381/7319) (Verantwortlich für den Inhalt: Stadtarchiv Lütjenburg)

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