Stadtstreicher WEIHNACHTSSPEZIAL 2019

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WEIHNACHTSSPEZIAL 2019

Schmeckt auch den Amerikanern Mühlenbäcker Einert bäckt etwa 2000 Stollen pro Jahr - Butter muss drauf

Fotos: Ralph Kunz, shutterstock.com

Text: Ramona Bothe-Christl,

S

tollen findet man auf dem Fußballplatz (unter den Schuhen der Spieler), im Bergwerk (als unterirdischer Gang oder Grubenbau), in der Literatur (beim

Aufbau des Meistergesangs) und als Verb sogar in der Lederindustrie (Leder nach dem Gerben und Trocknen weich und geschmeidig machen). Aber wenn man gerade jetzt, wenn die Tage wieder kürzer SEITE 20

werden, die Laubbäume kahl ohne Blätter stehen und die Nadelbäume ihren Lichterschmuck erhalten, das Wort Stollen sagt, bleibt nur ein Gedanke: Der an den weiß bezuckerten, brotförmigen Kuchen mit Rosinen, Mandeln und oben auf viel Butter unter dem Zucker - mhm! Für eine bessere Unterscheidbarkeit von oben genannten Namensvettern sorgt der Zusatz Christ oder Weihnacht. Und seine Zeit ist jetzt gekommen. Auch für Michael Einert. In seiner Mühlenbäckerei in Adelsberg, die 2020 ihr 100. Jubiläum begeht, beginnt die Stollen-Backsaison Mitte Oktober. „Wenn die ersten Bestellungen da sind, fange ich an“, so der 49-jährige Meister. Etwa 2000 Stollen entstehen in seiner Backstube, die auf dem Gelände der alten Mühle seiner Familie steht. 1900 entstand sie. Großvater und Vater waren Müller und erweiterten die Mühle später um eine Bäckerei. Während die alte Mühle längst abgebaut ist, wurde der Verkaufsraum gerade umgebaut und wird in diesen Tagen neu eröffnet. Der Weihnachtsstollen des Jahrgangs 2019/2020 wird also in einer schmucken neuen Umgebung an die Frau oder den Mann gebracht. Doch bevor es so weit ist, gibt es jede Menge Arbeit. „Der Stollen ist ein aufwändiges Backwerk“, weiß Michael Einert. Auch seine Familie hat ein ganz eigenes Rezept. „Für jeden Bäcker ist der Stollen neben dem Brot das Vorzeigeprodukt“, sagt er. Aber auch eins, auf das er immer eine große Vorfreude fühlt. „Vor allem der Duft, wenn man ihn aus dem Ofen zieht“, schwärmt der schlanke Mann. Begonnen wird der langwierige Backvorgang mit dem Temperieren des Butterschmalzes. Denn das muss Zimmertemperatur haben, damit es gut verknetet werden kann. Die süßen und bitteren Mandeln müssen heiß gebrüht werden. „So werden sie feucht und weich und entziehen dem Teig beim Backen nicht die Feuchtigkeit“, erklärt der Handwerker. Der Hefevorteig muss hergestellt werden und mindestens eine Stunde ruhen. Der fertige Teig mit allen Zutaten muss zwei Stunden gehen. Dann wird er in Form „gewirkt“, wie der Fachmann sagt.


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