Guide Magazin 612 – 3. Ausgabe

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PORTR ÄT

Pure Lust am Handwerk Denis Laci ist einer, der gern über Fäden redet. Aus dem Nähkästchen plaudert er hingegen nicht so gern. Umso erfrischender, wenn er es dennoch tut. TEXT: SIBYLLE JUNG FOTO GR AFIE: DANIEL AMMANN

Die meisten starten ihre Schneiderkarriere mit dem Wunsch, etwas Eigenes zu nähen. Bei Denis Laci war es anders. «Ich hatte Lust auf eine Nähmaschine.» Gedacht, gekauft. «Das gute Modell» fand einen Platz in Denis’ Wohnung. Das Erste, was er nähte, war ein Kissen mit Hotelverschluss («ein Geschenk»). Das war 2016. Heute lässt er sich zum Bekleidungsgestalter EFZ im Couture-Lehratelier des Gewerblichen Berufsund Weiterbildungszentrums St.Gallen (GBS) ausbilden. Denis ist im zweiten Lehrjahr. Wenn Denis erzählt, wie er Hosen, Jupes, Blusen und Kleider kreiert, näht und verarbeitet, möchte man am liebsten sofort etwas in Auftrag geben. Der junge Mann hat seine Leidenschaft gefunden, so viel ist klar. Dass es die zweite Ausbildung ist (er lernte erst Bäcker-Konditor), ist sympathisch. Schon allein deshalb, weil er unprätentiös und poetisch gleichermassen über das spricht, was ihn anspornt: das Handwerk. «Ich mag das Handwerk. Ich bin angetan vom Resultat. Der ganze Prozess fasziniert mich.» Für den Bäckerberuf schlief er viel zu gern aus. Denis wechselte deshalb in die Gastronomie, arbeitete bei Juri im Perronnord («geile Beiz, authentischer Chef»), im Bio-Laden Ultimo Bacio («schönes Geschäft»), im Seeger («cooler Garten») und in der Focacceria («tolles Team»), las – mittlerweile vom Nähvirus angesteckt –

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Bücher zum Thema («Ich verstand kein Wort»), besuchte Nähkurse («Ich hatte Bock auf einen Kurs») und absolvierte ein Praktikum bei Akris («Unglaublich, wie viel Detailarbeit nötig ist, bis etwas sitzt»). Der Prozess sei nachher einfach weitergegangen. Stickereien – bitte auch für Männer Wer sich im Alltag mit Mode beschäftigt, denkt bestimmt oft über die eigenen Klamotten nach. «Andere machen sich mehr Gedanken. Ich bin da einfach gestrickt.» Er möge es schlicht, habe wenig Ideen, wenn es um sich selbst gehe. Anders, wenn er ein Gegenüber hat. «Dann sind die Ideen da.» Was ihn an seiner Ausbildung immer noch überrascht: wie viele Überlegungen («Übertritt? Untertritt? Band? Im Nahtschatten genäht?»), Arbeitsschritte und Konzentration es braucht, bis ein Kleidungsstück fertig ist. Das Kleid macht den Menschen. Es ist die Haut für einen Körper, unterstreicht eine Persönlichkeit, hat die Kraft, etwas hervorzuheben oder zurückzunehmen. Dass er in einer Stadt wie St.Gallen wirken dürfe, wo grosse Textiler wie Jakob Schläpfer, Forster Rohner, Bischoff Textil oder Weltlabels wie Akris, die auf den grossen Bühnen der Welt und eben auch hier zu Hause wirken, «ist cool». Das Einzige, was ihm noch fehle, seien Stickereien für Männer.


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