Schweiz digital de

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DAS MAGAZIN ZUM ERSTEN SCHWEIZER DIGITALTAG

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21. NOVEMBER 2017

Schweiz 4.0 Die Digitalisierung verändert das Leben von uns allen. Die Schweiz steckt mitten in der vierten industriellen Revolution. Ist unser Land für die Zukunft gerüstet?

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DEN PULS DER ZEIT BESCHLEUNIGEN. DER BMW i VISION DYNAMICS.


Editorial

S

ie haben ein Magazin vor sich, in dem es – aus verschiedensten Perspek­ tiven – um Digitalisierung geht. Gemäss Wikipedia bezeich­ net der Begriff Digitalisierung «allgemein die Veränderungen von Prozessen, Objekten und Ereignissen, die bei einer zu­ nehmenden Nutzung digitaler Geräte erfolgt. Im weiteren (und heute meist üblichen) Sinn steht der Begriff insgesamt für den Wandel hin zu digitalen Prozes­ sen mittels Informations- und Kommunikationstechnik.» Der Wirtschaftsstandort Schweiz ist heute in vielerlei Hinsicht Weltklasse. Diverse Studien belegen, dass unser Land weltweit top ist bei Inno­ vation, Unternehmertum, Kom­ petitivität. Dem Land geht es also gut. Und davon profitieren wir, die Bürgerinnen und Bür­ ger, in diesem Land. Wir riskieren jedoch, diese Toppositionen zu verlieren, wenn es uns nicht gelingt, beim Thema Digitalisierung eben­ falls Weltklasse zu werden. Heute sind wir dies nicht. Drei Beispiele aus einer aktu­ ellen Studie des IMD Lausanne: Wir haben im internationalen Vergleich generell deutlich

­ eniger Frauen mit Hochschul­ w abschlüssen. Dann ist es in der Schweiz weiterhin viel zu kompliziert, ein Unternehmen zu gründen. Und drittens sind wir schlecht beim Thema «E-Partizipation», also dem Ein­ satz von Online-Services für eine einfachere Kommunikation zwi­ schen Bürgern und Behörden. Aus diesem Grund lancierte ich vor bald drei Jahren die Initiative digitalswitzerland. Mittlerweile sind 90 der gröss­ ten Unternehmen und wichtigs­ ten Institutionen der Schweiz Mitglied. Digitalswitzerland ist – selbstredend – bei weitem nicht die einzige Bemühung dies­ bezüglich. Einzigartig ist jedoch der Schulterschluss der grossen Unternehmen einerseits mit Institutionen wie ETH, EPFL, Uni Zürich und dem Wirt­ schaftsdachverband economie­ suisse andererseits. Wir arbeiten – alle zusam­ men und industrieübergreifend – hart daran, digital besser zu werden bei Themen wie For­ schung und Bildung, Infrastruk­ tur und Daten, Regulierung, Cybersecurity, digitale Öko­ systeme oder gesellschaftliche Aufklärung und Akzeptanz.

Foto: Gian Marco Castelberg

Geschätzte Leserin Geschätzter Leser

Am kommenden Dienstag findet der Digitaltag Schweiz statt. Der erste seiner Art in Europa. Mit Bundespräsidentin Doris Leuthard sowie den beiden Bundesräten Johann SchneiderAmmann und Alain Berset engagieren sich verdankens­ werterweise gleich drei Regie­ rungsmitglieder an diesem einzigartigen Tag. Die Schweiz ist seit je eine Willensnation. Die Schweiz zu einem führenden, digitalen Standort in Europa zu machen wiederum ist eine Willens­ leistung aller. Auf den nächsten Seiten finden Sie spannende, teils gar spektakuläre Beispiele von Menschen und Unterneh­ men, die diese Willensleistung bereits erbracht haben. Und selbstverständlich finden Sie das Programm des Digital­ tages Schweiz am 21. November (Seite 54), zu dem wir von digitalswitzerland Sie herzlich einladen möchten. www.digitaltag.swiss

Marc Walder Initiant digitalswitzerland CEO Ringier AG

www.digitaltag.swiss  3


Mehr Mut! Das fordert Doris Leuthard von der Schweiz.

  Impressum Das Extra zum ersten Schweizer Digitaltag erscheint als Beilage im SonntagsBlick, der Schweizer Illustrierten, der Handelszeitung sowie in Il Caffè und Le Temps. Verlag und Redaktion: Ringier AG, Brühlstrasse 5, 4800 Zofingen Redaktionsleitung: Fabian Zürcher (Brand Studio) Produktion: Alice Massen (Brand Studio) Gestaltung: Claude Sturzenegger, Zuni Halpern, Dominique Signer Bildredaktion: Christof Kalt Vermarktung: Admeira AG Leiter Content- und MarketingPartnerschaften: Thomas Passen Managing Director Publishing: Beniamino Esposito Druck: Swissprinters AG, 4800 Zofingen Bekanntgabe von namhaften Beteiligungen der Ringier AG gemäss Art. 322 Abs. 2 StGB: cash zweiplus ag, DeinDeal AG, Energy Schweiz Holding AG, Energy Bern AG, Energy Zürich AG, Geschenkidee.ch GmbH, Infront Ringier Sports & Entertainment Switzerland AG, JobCloud AG, JRP Ringier Kunstverlag AG, MSF Moon and Stars Festivals SA, Ringier Africa AG, Ringier Axel Springer Media AG, Ringier Digital AG, Ringier Digital Ventures AG, SMD Schweizer Mediendatenbank AG, The Classical Company AG, Ticketcorner Holding AG, Ringier France SA (Frankreich), Geschenkidee D&A GmbH (Deutschland), Ringier (Nederland) B.V. (Holland), Ringier Pacific Limited (Hongkong), Ringier China (China), Ringier Vietnam Company Limited (Vietnam), IM Ringier Co., Ltd. (Myanmar)

Titel: Getty Images; Montage: Brand Studio; Foto: Gian Marco Castelberg/13 Photo, F. Scott Schafer/Contour by Getty Images, Thibault Camus/AP/Keystone, ABB, Microsoft, Shutterstock

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80 Mehr Schweiz Wie hiesige Unternehmen die Welt verändern.

Inhaltsverzeichnis Seite 18

Seite 36

Wahnsinn statt Genie

Timeline-Hedonismus

Warum sich die Tech-Freaks im Silicon Valley mit LSD und jungem Blut aufputschen.

Wie sich die sozialen Medien auf unser Leben auswirken und wann sie zur digitalen Überforderung führen.

Seite 20 Alles neu für Autobauer BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer über die Chancen und Gefahren der Elektromobilität und warum er nicht an das Aussterben des Verbrennungsmotors glaubt.

Seite 28 Robi der Knecht Bauer Marc Binder lässt seine Kühe von Robotern melken. Und kommt so der Natur näher.

Seite 40 Im Tal, wo Gold und Bitcoins fliessen Das «Crypto Valley» in Zug entwickelt sich zum Big Player in der internationalen Blockchain-Szene.


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Mehr Liebe? BeziehungsExpertin Caroline Fux über das Online-Dating.

Mehr Grips Wann wird uns künstliche Intelligenz überflügeln?

32 Mehr Mensch Die Auswirkungen der Digitalisierung auf die Arbeitswelt.

Seite 44 Er kommt nicht in die Kantine

ABBs YuMi übernimmt nicht nur langweilige Arbeiten im Büro, der zweiarmige Roboter dirigierte bereits eine Verdi-Oper – mit Gefühl.

Seite 53 Made in Switzerland

Wie sich die Idee digitalswitzerland zu einer landesweiten Bewegung entwickelte.

Seite 54 Die Zukunft ist am 21. 11. Was es am ersten Schweizer Digitaltag alles zu entdecken gibt. Das ganze Programm auf www.digitaltag.swiss

Seite 62

56 Mehr Macht Die Ziele von Facebook, Google & Co.

Seite 88

Arzt mit vier Armen

Sicher durchs Netz

Im Triemlispital steht Roboter «DaVinci» am OP-Tisch. Der eigentliche Arzt sitzt zwei Meter entfernt vom Patienten.

Wie Sie Ihre Daten schützen und wo Sicherheitslücken lauern.

Seite 70 Wenn der Pöstler nicht mehr klingelt Welche digitalen Möglichkeiten die Schweizerische Post bereits heute bietet und wie diese unseren Alltag erleichtern.

Seite 92 Denken hilft! Philosoph Ludwig Hasler über die Auswirkungen der Digitalisierung auf Mensch und Gesellschaft.

Seite 100 Sprachführer KI, VR, LTE, NFC – die wichtigsten digitalen Begriffe auf einen Blick.

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«Wir sollten in der Schweiz offener für Neues werden» Von Sermin Faki und Fabian Zürcher

Sie fährt Tesla und ist nie offline: Bundespräsidentin Doris Leuthard über die Zukunft der Schweiz und ihr Leben im digitalen Zeitalter. Frau Leuthard, wir führen dieses Interview schriftlich. Das ist ziemlich altmodisch – warum nicht per Skype oder Facetime? Das liegt an meiner sehr vollen Agenda als Bundespräsidentin. Auch ein Interview über Skype oder Facetime würde ja einen gemeinsamen Gesprächstermin erfordern.

Was ist eigentlich diese Digitalisierung? Früher haben die Leute ihre Zeitung am Bahnhofskiosk gekauft, heute lesen sie sie in einer App auf dem Smartphone oder Tablet. Wir setzen digitale Technologien ein, um physische Produkte durch elektronische Produkte zu ersetzen und Abläufe neu zu gestalten. Sei es beim Bund – etwa um den Bürgern fürs Einholen von Bescheinigungen den Gang zum Amt zu ersparen. Sei es in der Industrie – wo zum Beispiel dreidimen­ sionale Drucker die Fertigung von Flugzeug­ bestandteilen in viel kürzerer Zeit ermögli­ chen. Oder in der Dienstleistungsbranche – welche nun den Kunden oft rund um die Uhr bedienen kann. Kurz: Die Digitalisie­ rung verändert von Grund auf die Art, wie wir leben, lernen und arbeiten. Deshalb hat der Bundesrat eine Strategie zu dieser Thematik entwickelt und Gesellschaft, Wirtschaft, Wissenschaft und Forschung

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Zukunftsblick: Bundespräsidentin Doris Leuthard mit VR-Brille an der Olma 2017.

sowie die Politik dazu eingeladen, sich mit Anregungen, Fragen und Projekten in die Diskussionen einzubringen oder auch Sorgen auszudrücken. Risiken und Chancen sollten wir offen ansprechen. Jeder Wandel bringt Gewinner und Verlierer. Da muss man aufeinander zugehen.

Stichwort Chancen: Wie ist die Schweiz für die vierte industrielle Revolution aufgestellt? Die Schweiz hält seit Jahren eine Top-Posi­ tion in internationalen Rankings zur Wettbewerbs- und Innovationskraft. Wir haben exzellente Unternehmen. Mit unseren ETHs und Universitäten spielen wir ebenfalls in der Top-Liga mit. Mit unserem Berufsbil­

dungssystem verfügen wir über ein sehr leistungsfähiges Instrument, um junge Menschen auf die Wirtschaft vorzubereiten und in den Arbeitsmarkt zu integrieren. Es geht also primär darum, die Möglichkei­ ten des technischen Fortschritts zu erken­ nen, Leute zu schulen und weiterzubilden sowie Geschäftsmodelle rechtzeitig zu hinterfragen und neu zu denken. Wir sollten in der Schweiz etwas mutiger und offener für Neues werden, zum Beispiel was die Nutzung von Daten angeht. Die Amerikaner sind hier zupackender und machen so viel Geld, obschon sie beispielsweise weniger gute Telekom-Netze haben. Zudem steht uns der Föderalismus manchmal im Weg. Nicht jede Gemeinde oder jeder Kanton braucht immer eigene IT-Lösungen, auch nicht jedes Amt beim Bund. Wir müssen mehr gemeinsame Plattformen entwickeln.

Wann ist Ihr täglicher erster Kontakt zur digitalen Welt? Wann Ihr letzter? Morgens um 6 Uhr lese ich die News auf meinem Smartphone – für die vertiefenden Analysen lese ich die Zeitung aber immer noch gerne auf Papier. Wenn abends Zeit bleibt, lasse ich das Handy auch mal beiseite und schaue lieber fern, aber auch das oft zeitversetzt, also nicht linear.


Sie haben Ihren Warmwasser-Boiler verkleinert. Sicher noch nicht das Nonplusultra beim Thema Energiesparen. Smart Houses können viel mehr: Ist das ein Thema für Sie als Energieministerin – auch privat? Smart Home steht für mehr Wohn- und Lebensqualität, Sicherheit und eine effizientere Energienutzung. Das sind verlockende Perspektiven, für den Einzelnen ebenso wie aus volkswirtschaftlicher Sicht. Ältere Menschen können von vernetzten Geräten und automatisierten Abläufen im häuslichen Umfeld enorm profitieren, weil sie ihnen länger ein selbständiges Leben ermöglichen. Energietechnisch macht es keinen Sinn, ein Wohnhaus den ganzen Tag voll zu heizen, wenn seine Bewohner alle ausserhalb arbeiten. Eine Abwaschmaschine kann auch nachts laufen. So können Spitzen im Stromverbrauch geglättet werden. Energie­ effizienz ist zentral für unsere Energiestra­ tegie 2050. Ich mache auch privat mit.

Das Internet der Dinge ist auch in aller Munde: Was würde Ihr Kühlschrank immer vorrätig haben?

Fotos: Marc Wetli, Gian Ehrenzeller/Keystone

Käse, Trockenfleisch, Joghurt und Prosecco.

«Ein Bügelroboter wäre praktisch.» Bundes­präsidentin Doris Leuthard.

Digitalisierung heisst auch Robotik. Welche Tätigkeiten würden Sie gern an eine Maschine delegieren? Die Schweiz mischt bei der Robotik vorne mit – zum Nutzen von uns allen. Es ist zum Beispiel weitaus ungefährlicher und sinnvoller, Minen durch Roboter entschärfen zu lassen. Ein Bügel- oder Abwasch­ roboter wäre ebenso praktisch. Im Arbeitsalltag sollte die Diskussion aber nicht auf

ein Entweder-oder hinauslaufen. Statt­ dessen ist zu fragen, wo und wie uns Roboter in Zukunft am besten unterstützen können, damit wir uns auf das Kreative konzentrieren können sowie auf Tätigkeiten, bei welchen unabhängiges Denken, Menschenverstand und Kontakte zentral sind – zum Beispiel bei der Pflege von kranken und älteren Menschen oder auch in der Bildung.

Zum Thema künstliche Intelligenz: Wann haben wir die erste digitale Bundespräsidentin? Gott sei Dank gar nicht! Damit künst­liche Intelligenz funktioniert und Roboter menschenähnlich reagieren können, müssen sie laufend trainiert werden. Selbst dann dürfte es schwierig werden, auf Unvorher­gesehenes zu reagieren. Das aber müssen Sie als Bundespräsidentin ständig tun. Auch wenn künstliche Intelligenz sicher noch gewaltige Fortschritte machen wird: Menschen brauchen Menschen – und das Volk braucht menschliche Kontakte zur Politik!

Wann stellen Sie Ihr Smartphone aus? Als Bundespräsidentin bin ich immer im Dienst. Daher kann und will ich mich nie total von der Aussenwelt abschotten. Auf irgendeinem Kanal bin ich stets erreichbar.

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Wer hat Angst vor ihr? Von Fabian Zürcher

Was kann künstliche Intelligenz heute? Was wird sie können? Wir sind neugierig, fürchten uns aber auch.

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ir sind umgeben davon: Siri säuselt aus dem iPhone, der GMail-Account analysiert E-Mails und schlägt Antworten vor, und unsere Autos könnten schon viel mehr, als sie auf der Strasse dürfen. Die Sprach­ erkennungssoftware Siri und ihre MicrosoftSchwester Cortana sind noch nicht besonders schlau (siehe Interview nächste Seite). Aber sie verbessern sich – mittels maschinellen Lernens. Ein Vergleich: Unser EnglischLehrer brachte uns die Grundkenntnisse bei, im Austauschjahr perfektionierten wir diese durch Gespräche. Siri und Cortana überlegen sich noch, was sie in die Koffer packen sollen. Was künstliche Intelligenz (KI) kann, ist beeindruckend und gleichzeitig sehr praktisch. Aber sie ist den Menschen nicht ganz geheuer.

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Eine deutsche Studie der digitalen Marketing-Agentur Syzygy aus dem Jahr 2017 zeigt: Bei 52 Prozent der Menschen weckt KI Interesse, bei 16,5 Prozent Hoffnung – bei über 57 Prozent allerdings Skepsis, bei 45,1 Prozent Misstrauen. Es folgen Besorg­nis (36,9 Prozent), Bedrohung (15,8 Prozent) und sogar Angst (9,1 Prozent). Die grösste Sorge betreffend KI gilt dem Arbeitsplatz. Dass im Zuge der Digitali­ sierung Arbeitsplätze wegfallen, ist Fakt. Simple Büroarbeiten und ein Grossteil von körperlichen Arbeiten werden in Zukunft von Robotern durchgeführt. Doch es werden auch neue Stellen geschaffen: 270 000 sollen es alleine in der Schweiz bis im Jahr 2025 sein. Überall dort, wo es Kreativität und Sozialkompetenz braucht.

Aber 16,4 Prozent fürchten sich davor, dass KI die Kontrolle übernimmt – wie in den Hollywood-Klassikern «Terminator» (1984) und «Matrix» (1999). Ist diese Angst begründet? Darüber entbrannt ist auch schon ein Streit im Tech-Olymp. Tesla-Chef Elon Musk warnte: «Ich habe Zugang zur modernsten KI. Und ich glaube, die Leute sollten besorgt darüber sein.» FacebookGründer Mark Zuckerberg entgegnete: «Wer gegen KI argumentiert, argumentiert gegen sicherere Autos und gegen bessere Diagnosen für Kranke. Ich sehe einfach nicht, wie das jemand guten Gewissens tun kann.» Wer hat recht? Bereits heute verfügt KI über einen IQ von 47 Punkten (ein Mensch erreicht im Schnitt 100 Punkte). Experten gehen davon aus, dass bis 2050 die Intelli-


genz der Maschine diejenige des Menschen übertrifft. KI hat dann die sogenannte technologische Singularität erreicht. Aber laufen deswegen bald Killer-Roboter durch die Strassen? Der Satz, dass wir mehr herstellen, als wir uns vorstellen können, stammt vom Philosophen Günther Anders (1902–1992). Elon Musk fordert klare Regeln. Es müsse definiert werden, mit welchen Datensätzen eine KI gefüttert werden darf. Die Zukunft muss in unseren Händen bleiben – auch wenn wir irgendwann nicht mehr die Schlausten auf dem Planeten sind. Was tun? Das Paradebeispiel ist das autonome Fahren mit folgender ethischer Frage: «Sie fahren in einem autonomen Auto. Das Auto umrundet eine Kurve und erkennt einen Fussgängerstreifen mit fünf Kindern

darauf. Es bremst, doch die Fahrbahn ist unerwartet rutschig, was den Bremsweg deutlich verlängert. Das Auto macht Berechnungen: Wenn es weiter bremst, wird es die Kinder mit Sicherheit töten. Der einzige Weg, die Kinder zu retten, besteht darin, das Auto mit Ihnen an Bord von der Klippe in den sicheren Tod zu lenken.» Kann man solche Entscheidungen einer Maschine überlassen? Natürlich nicht. Die Frage ist auch falsch: Autonome Autos lernen nicht, zu entscheiden wie ein Mensch. Sie lernen, aus von Menschen getroffenen Entscheidungen Regeln abzuleiten. Auch wenn man Elon Musks Bedenken bezüglich AI teilt: In rund 90 Prozent der Auto-Unfälle ist der Mensch die Ursache. Das spricht dann für Mark Zuckerbergs Sicht der Dinge.

Fotos: Microsoft, Ralph Crane/The LIFE Picture Collection/Getty Images, Mercedes, Gregory Bull/AP/Keystone, Google (2),Seth Wenig/AP/Keystone, VCG via Getty Images

Das Gesicht hinter der Stimme: So stellt sich Microsoft seine Sprachapplikation Cortana vor.

∆1967 MacHack VI

Zum ersten Mal gewinnt ein Schach­ computer. MacHack VI schaffte das gegen einen Amateur an der Meister­ schaft in Massachusetts.

∆1970 Shakey

Shakey war der erste mobile Roboter, der mit künstlicher Intelligenz gesteuert wurde. Er brauchte für zwei Meter eine geschlagene Stunde.

∆1987 VaMoRs

Das erste autonome Auto war ein 5-Ton­ nen-Mercedes-Kleinlaster, welcher mit Lenkrad, Drosselklappe und Bremsen von einem Computer ferngesteuert wurde.

∆1998 Furby

Das Spielzeug-Tiergemisch aus Hund, Maus und Eule erkannte, was der Nutzer machte, und reagierte darauf: mit Geräuschen, Gesten und Gesprächen.


Die Spracherkennungs-App war ein Durchbruch. Mittels künstlicher Intelligenz verbessert sich die Spracherkennung stetig. Siri folgte 2011.

∆2011 Watson

IBMs Rechner gewann bei der QuizShow «Jeopardy» gegen die besten aller Zeiten. Heute wird Watson etwa in der Onkologie eingesetzt.

∆2014 Google-Car

Google präsentierte sein selbstfahrendes Auto Firefly. Fünf Jahre lang hatte der Tech-Konzern daran gearbeitet. Rund 70 Prototypen kurvten herum.

∆2016 AlphaGo

Im März 2016 schlug die neue Software AlphaGo den Star Lee Sedol mit 3:0 im Brettspiel Go. Experten prognostizierten diesen Sieg erst in zehn Jahren.

Interview: Fabian Zürcher

Silicon Valley? VedeggioTal! Im Tessin bringt Jürgen Schmidhuber Maschinen das Denken bei. Er gilt als Vater der modernen künstlichen Intelligenz. Maschinen besiegten uns erst im Schach, dann bei Jeopardy! und letztes Jahr im hochkomplexen asiatischen Brettspiel Go. Sind wir überhaupt noch die Intelligentesten auf der Welt? Ja. Zwar können schon einfache Taschenrechner längst besser multiplizieren als wir. Aber Multiplizieren, Schach und Go sind Inselbegabungen. Fussball ist zum Beispiel unglaublich viel schwieriger, weil da alles zusammenkommt: rasche Mustererkennung in der richtigen Welt, die viel komplexer ist als Brettspiele, feinmotorische Abstimmung komplizierter Bewegungsabläufe in partiell beobachtbarer Umgebung, etc. Kein Roboter

Fotos: Claudio Bader / 13 Photo

∆2008 Google Voice

«Matrix & Terminator sind gleich doof!»


kann derzeit auch nur annähernd mit guten menschlichen Fussballspielern mithalten. Obwohl das nicht auf Dauer so bleiben wird.

Ab wann sind wir nicht mehr die Krone der Schöpfung? Was fehlt noch dazu? Aus menschlicher Sicht wird es spätestens dann so weit sein, wenn künstliche Intelligen­ zen (KI) den Menschen in all dem über­treffen, das ihm wichtig erscheint, und wenn die wichtigsten Entscheidungsträger im Sonnen­ system KI sind. Das wird meines Erachtens in ein paar Jahrzehnten der Fall sein.

Und dann? Werden wir versklavt wie in «Matrix»? Natürlich nicht, denn Menschen geben mise­ rable Sklaven ab für KI, die sich flott viel geeignetere Robotersklaven bauen können. «Matrix» hatte zwar für damalige Verhältnisse eine tolle Grafik und der Hauptdarsteller einen feinen schwarzen Mantel. Aber der Plot war lächerlich: da leben KI in der Tat von vielleicht 30 Watt pro Menschenhirn. Das Koh­ lekraftwerk, das nötig ist, um den Menschen am Leben zu halten, erzeugt viel mehr Ener­ gie. Nein, viel eher muss man sich als Mensch vor anderen Menschen ängstigen, die einem ähnlicher sind als KI und die unsere Zivilisa­ tion ganz ohne KI durch Wasserstoffbomben auslöschen können.

Noch sind wir überlegen: Jürgen Schmidhuber mit Roboter.

Hinter KI steckt der Mensch. Und der Mensch ist nicht vollkommen, er hat beispielsweise Angst vor Fremdem. So wurde der Microsoft-Chatbot Tay in kürzester Zeit zum rassistischen und sexistischen Monster. Ist das keine Gefahr? Mir wurde zu meinem Leidwesen gesagt, dass Microsofts Tay auf unserem im Voralpen­ land entwickelten «deep learning»-Verfahren LSTM beruht. Tay wurde missbraucht von Leuten, die herausfanden, dass man ihm Unsinn beibringen kann. Microsoft hat Tays Lernfunktion dann auch prompt abgeschaltet. Aber leider verwendet auch das Militär LSTM, um z. B. Drohnen zu steuern. KI ist wie Feuer: man kann damit das Leben erleichtern, aber auch Unheil stiften.

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Künstliche Intelligenz ist wie Feuer, man kann damit das Leben erleichtern, aber auch Unheil stiften.»

Können Maschinen Kreativität und Empathie lernen? Ja. Meine formelle Theorie des Spasses er­ laubt es, künstliche Neugierde und Kreati­ vität zu implementieren, um rudimentäre künstliche Wissenschaftler und Künstler zu bauen. Und unsere lernenden Agenten ver­ halten sich schon seit langem so, als hätten sie Gefühle. Sie versuchen, Belohnungs­ signale zu maximieren und lernen beispiels­ weise, negative Signale von Schmerzsen­ soren, z. B., wenn man an Hindernissen anstösst oder Hungersensoren – wenn die Batterie leer wird – zu vermeiden. Wer bei­ spielsweise einem lernenden Roboter stän­ dig eine reinhaut, flösst ihm Angst ein und motiviert ihn, sich beim nächsten Mal hinterm Vorhang zu verstecken. Emotion ist im Prinzip ganz rational erklärbar.

Wie lernt künstliche Intelligenz? Ein klein wenig wie ein Hirn. Ihr Hirn hat an die 100 Milliarden Neuronen, jedes mit durch­ schnittlich 10 000 anderen Neuronen verbun­ den. Einige sind Eingabeneuronen, die den Rest mit Daten füttern (Gehör, Sicht, Tastsinn, Schmerz, Hunger). Andere sind Ausgabe­ neuronen, die Muskeln bewegen. Die meis­ ten Neuronen befinden sich dazwischen, wo das Denken stattfindet. Alle lernen, indem sie die Verbindungsstärken ändern, die bestim­ men, wie stark Neuronen einander beein­

phones. Was ist das für ein Gefühl? Das ist lustig. Wo immer ich hinreise, ist ein Teil von uns schon da.

Wie schlau sind Siri, Cortana und Alexa?

«Im Tessin hängen geblieben.» Professor Jürgen Schmidhuber forscht seit über 20 Jahren am IDSIA (Istituto Dalle Molle di Studi sull’Intelligenza Artificiale).

flussen. Dasselbe gilt für unsere künstlichen rückgekoppelten neuronalen Netzwerke, die besser als frühere Methoden lernen, Sprache oder Handschrift oder Videos zu erkennen, Schmerzen zu minimieren, Lust zu maxi­ mieren, simulierte Autos zu fahren usw. Der Lernalgorithmus selbst ist sehr kurz – viel­ leicht fünf Zeilen lang. Aber er schafft unter Umständen ein riesiges Netzwerk mit Milli­ arden von Verbindungen.

Ihr lernendes LSTM (Long Short Term Memory) steckt in 3 Milliarden Smart-

Foto: Claudio Bader/13 Photo

∆Zur Person Professor Jürgen Schmidhuber ist wissen­ schaftlicher Direktor des Schweizer KI Labors IDSIA (USI & SUPSI), erhielt zahlreiche inter­ nationale Preise und wird oft als Vater der mo­ dernen KI bezeichnet. Die tiefen neuronalen Netzwerke (Deep Learning, LSTM) seiner Forschungsgruppen an der TU München und am IDSIA revolutionierten das maschinelle Lernen, stecken nun in drei Milliarden Smart­

phones und werden jeden Tag milliarden­fach genutzt, z. B. in Facebooks automatischer Übersetzung, Googles Spracherkennung, Apples iPhone, usw. Sie waren die weltweit Ersten, die übermenschliche visuelle Mustererkennungsresultate erzielten, wichtig u. a. zur Krebsfrüherkennung. Er ist Mitgründer und Chief Scientist der Firma NNAISENSE, die die erste praktische Allzweck-KI erschaffen will.

Noch ein bisschen doof. Aber teilweise schon ganz amüsant, und mit der Zeit werden sie schlauer. Denn sie lernen ständig was dazu. Und ja, ganz viele dieser populären Agenten verwenden hierzu unser LSTM aus dem Voralpenland.

Ist KI die wichtigste Erfindung in der Menschheit? Ackerbau, Schrift und Drucken waren auch wichtig. Ohne diese Erfindungen keine KI. Aber wahre KI wird das grosse Thema dieses Jahrtausends werden, und die letzte bedeu­ tende Entwicklung der Menschheit. KI selbst wird zum Motor des Fortschritts.

Was verändert KI? Alles. Alle 5 Jahre wird das Rechnen 10-mal billiger. Hält der Trend an, werden kleine Rechner bald so viel rechnen können wie ein menschliches Gehirn, 50 Jahre später wie alle 10 Milliarden Hirne zusammen. Die dazu pas­ sende, selbst lernende Software hinkt nicht weit hinterher. Alles wird sich ändern. Viele KI werden nicht nur sklavisch Menschen­ befehle befolgen, sondern neugierig sich selbst Ziele setzen und die Welt erforschen, wie sie es in kleinem Massstab schon in mei­ nem Labor tun. Da der weitgehend lebens­ feindliche, doch höchst roboterfreundliche Weltraum weit mehr Ressourcen bietet als der dünne Biosphärefilm der Erde, werden viele KI auswandern, und der grösste Teil der sich ausbreitenden KI-Ökologie wird nach anfänglicher Faszination am biologi­ schen Leben weitgehend das Interesse am Menschen verlieren, mittels selbstreplizieren­ der Roboterfabriken innerhalb von wenigen Jahrhunderttausenden die gesamte Milch­


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KI werden auswandern und innerhalb von wenigen Jahrtausenden die gesamte Milchstrasse besiedeln und umgestalten.»

strasse besiedeln und umgestalten, und schliesslich innerhalb von Jahrmilliarden auch den Rest des erreichbaren Universums, im Zaum gehalten nur von der beschränkten Lichtgeschwindigkeit. KI reisen gern per Funk von Sendern zu Empfängern, deren erstmalige Errichtung allerdings Zeit kostet.

Davon sind wir doch noch etwas entfernt. Auf welche Veränderung freuen Sie sich am meisten? Wie ich schon als Bub sagte: Darauf, dass ich in Rente gehen kann, während KI lernen, alle Probleme zu lösen, die ich selbst nicht lösen kann.

Mögen Sie «Terminator» oder «Matrix» lieber? «Terminator» und «Matrix» sind ungefähr gleich doof. Abgesehen davon hinken Science-Fiction-Filme gewöhnlich Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte hinter der SF-Literatur hinterher. Beispiel: Schon im Jahre 1816 beschrieb E. T. A. Hoffmann im Roman «Der Sandmann» Schwierigkeiten mit einer schönen Humanoiden. Er unterschied dabei zwischen männlichen und weiblichen Androiden: der Automat, die Automate.

1995 gab es diese Stelle: Direktor des Schweizer KI-Labors IDSIA in Lugano. Damals kannte das kaum einer, KI war noch kein Thema, und erst dachte ich, nach ein paar Jahren bin ich wieder weg. Doch mit meinem CoDirektor Luca Maria Gambardella, Pionier der Schwarm­intelligenz, konnte ich das Institut rasch vergrössern, und schon 1997 wurden wir vom amerikanischen «Business Week Magazine» unter den Top 10 KI Labs der Welt geführt. Und das war erst der Anfang. Heute, 20 Jahre später, durchdringt unsere KI die moderne Welt. Weil es so gut lief, bin ich hängen geblieben.

Foto: Claudio Bader/13 Photo

Das Silicon Valley gilt als DAS TechMekka. Sie aber forschen im Tessin.

«Emotion ist im Prinzip ganz rational erklärbar.» Jürgen Schmidhuber.

Ihre liebste menschliche Eigenschaft?

Der Einfallsreichtum und die Erfindungskraft mancher Maschinen.

Der Einfallsreichtum und die Erfindungskraft mancher Menschen.

Sind wir intelligent, weil wir künstliche Intelligenz entwickeln können? Oder nicht so intelligent, weil sich Intelligenz künstlich entwickeln lässt?

Ihre liebste maschinelle Eigenschaft?

Gute Frage. Beides trifft in gewissem Sinne zu.

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So schreibt Von Claudia Mascherin

Ob Wetter- oder Spielbericht: Text-Bots spucken Kurznachrichten in Sekundenbruchteilen aus. Der Leser erkennt kaum einen Unterschied zu Meldungen von Redaktoren. Ins Feuilleton schafft es die künstliche Intelligenz aber noch nicht.

Heute zeitweise Regen und überwiegend bewölkt bei Höchstwerten um 8 Grad Heute Morgen muss zeitweise mit Regen gerechnet werden bei Temperaturen um 5 Grad. Tagsüber ist es meist stark bewölkt oder bedeckt, die Höchstwerte liegen bei etwa 8 Grad. Dazu bleibt es aber weitgehend trocken. Überwiegend weht heute mässiger Wind mit frischen Böen aus nördlicher Richtung. In den Abendstunden fällt bei etwa 8 Grad zeitweise Regen. In der Nacht kann es bei wechselnder bis starker ­Bewölkung besonders in der zweiten Nachthälfte zeitweise Regen geben, die Tiefstwerte liegen bei 7 Grad. Morgen wird es den Tag über wechselhaft, und zeitweise fällt Regen bei Höchstwerten von 8 Grad.

E

r kommt nie zu spät, muckt nicht auf, stellt keine Forderungen und ist erst noch der Schnellste im Team. Ein Roboterjournalist ist ein äusserst vorbildlicher Mitarbeiter. Entsprechend hält er vermehrt Einzug in Nachrichtenagenturen und Onlineredaktionen. Wer jetzt an einen Blechmann denkt, der am Schreibtisch sitzt und seine Kollegen mit: «Einen.Guten.Morgen.» begrüsst, liegt natürlich falsch. Ein Roboterjournalist ist nichts anderes als eine Software, die aus vorhandenen Daten Texte generiert. Wetterberichte gehören dabei zu den leichtesten Aufgaben. Das Repertoire der Text-Roboter geht inzwischen jedoch über das Abfüllen von Lückentexten hinaus. «Jeder Text kann anders sein, und die Software kann einen persönlichen Schreibstil entwickeln», sagt Philipp Renger, Marketing- und PRManager bei AX Semantics. Die Firma mit Sitz in Stuttgart gehört zu den Anbietern von solchen TextRobotern. Diese schreiben Polizeimeldungen, PromiNews oder Fussball­ berichte. Allerdings kann jeder Roboter nur so viel, wie der Mensch ihm beigebracht hat. Ein Jour-


ein Roboter nalist füttert ihn mit einem Urtext und zeigt ihm Muster, Variablen und Zusammenhänge auf: austauschbare Ad­jektive, Verben, Formulierungen. Je mehr man ihm beibringt, umso selbständiger kann er auch stilistisch wertvolle Texte schreiben. Die Frage ist immer, ob sich der Trainings­ aufwand lohnt. Denn es gibt Gren­ zen: Ein Roboterjournalist kann nur lernen, was standardisierbar ist. Rennt beispielsweise ein Flitzer übers Fussballfeld, muss dies von Hand nachgetragen werden. Und ein Roboter kann nicht abwägen und er­ klären. Oder eine Pointe einfügen. Renger: «Einen Hintergrundartikel über die politischen Geschehnisse im Land kann der Text-Roboter nicht liefern. Die Ergebnisse am Wahl­ sonntag liefert er dafür in Rekord­ geschwindigkeit.» Und wie siehts mit der Fehler­ quote aus? Auch hier hängt der Roboter von der Hand ab, die ihn füttert. Die Qualität der Daten ist entscheidend. «Wo Müll rein­ kommt, geht auch Müll raus.» Wenn das Zusammenspiel von Redaktor und Roboter aber stimmt, geht die Maschine als Mensch durch. Als staubtro­ ckener Mensch.

Fussball: VfB Uplengen gegen SuS Strackholt. Ein 2:3-Ergebnis für die Gäste Ostfrieslandliga: SuS Strackholt vs. VfB Uplengen, 27.05.2017 16.00 Uhr. Am 34. Spieltag der Ostfrieslandliga empfing der SuS Strackholt den VfB Uplengen. Der Match endete mit 2:3 für VfB Uplengen. In der 39. Minute ging der SuS Strackholt in Führung. Malte Sandersfeld schoss in der 61. Minute zum 1:1. In der 67. Minute folgte das 1:2 durch Carsten Gündel für VfB Uplengen. In der 77. fiel ein weiteres Tor durch Marco Zimmermann. Dies war der Treffer zum 2:2. Marko Terviel vollendete in der 88. Minute per Elfmeter das 2:3. Das Team von Trainer Juergen Zimmermann steht mit 24 Punkten auf Position 17 in der Tabelle. Die Mannschaft von Trainer Dieke Hausmann hat nun 60 auf dem Konto.


Horror-Trips im Silicon Valley Von Claudia Mascherin

Sie gelten als Genies – die Techfreaks des Silicon Valleys. Womit sie sich zu Höchst­ leistungen antreiben, liegt jedoch eher bei Wahnsinn statt Genie. Auf diese Idee muss man erst mal kommen: Zum Zmorge gibts neben Kaffee und Tee ein Fitzelchen LSD. Die Mikrodosis von zehn Mikrogramm (ein Zehntel der normalen Dosis) reicht noch nicht für einen Trip, soll aber die Fantasie anregen und die Produktivität steigern. Wird LSD alle drei bis vier Tage eingenommen, berichten Programmierer und Kreative von neuen Denkansätzen und mehr Ausdauer beim Lösen technischer Probleme.

Foto: Drew Angerer/AFP

EINE PRISE LSD

Scharf auf junges Blut: Trump-Berater und Paypal-Gründer Peter Thiel (50) lässt sich das Blut fitter und junger Spender in die Venen spritzen um den Alterungsprozess zu verlangsamen.

EXTREM-FASTEN

BLUT-SPRITZEN

GRATIS-GRILLENRIEGEL

Marathon laufen war gestern. Im Mekka der amerikanischen Hightech-Branche experimentieren jetzt viele mit Extrem-Fasten. Bis zu einer Woche verzichten sie aufs Essen. Gesundheitliche Vor- bzw. in diesem Fall auch Nachteile oder der Gewichtsverlust sind zweitrangig. Das sei keine Diät, sondern Biohacking – der Körper als ultimative Umprogrammier-Herausforderung. Den Nerds geht es um Leistungssteigerung. Beim Fasten wandelt die Leber Fett in Ketonkörper um. Diese Energielieferanten gelten als besonders sauberes und effizientes Gehirnfutter.

Zum Biohacking gehört auch die Suche nach ewiger Jugend. Silicon-Valley-Grössen wie Paypal-Gründer und Trump-Berater Peter Thiel lassen sich deswegen das Blut junger Erwachsener in die Venen spritzen. Das Vampirismus-Geschäft basiert auf einer teilweise erfolgreichen Versuchsreihe mit Mäusen. Zwar ist die Behandlung am Menschen umstritten – Jesse Karmazin, Gründer des Start-ups mit dem sinnigen Namen Ambrosia, ist aber schon jetzt ein erfolgreicher Blutsauger. Für die Verjüngungskur mit 1,5 Litern Blutplasma verlangt er 8000 Dollar.

Insekten erobern die Mägen der internationalen Hightech-Sekte: in Kekse gebacken, als Chips oder handliche Powerriegel. Dumm ist das nicht. Die Welternährungs­ organisation FAO ruft schon lange zum Verzehr von Insekten auf. Sie enthalten viel Eiweiss, gesunde Fettsäuren und Mineralien. Dass es in den Pausenräumen im Silicon Valley vermehrt knuspert, hat aber noch einen anderen Grund. Die Insektensnacks sind für die besten Köpfe der Welt oft kostenlos. Über die Techies wollen die Hersteller ihre Produkte mehrheitsfähig machen.

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«... dann gibt es keine Staus und Unfälle mehr»

Interview: Peter Hossli

BMW-Vorstand Peter Schwarzenbauer über die Vermietung von Autos im Minutentakt und die grösste Herausforderung in der Geschichte der Autoindustrie. Herr Schwarzenbauer, was haben Sie gegen das amerikanische Action-Kino? Warum soll ich etwas dagegen haben?

BMW baut immer mehr Elektromobile. Deren Motoren machen keinen Lärm, bei Verfolgungsjagden explodieren sie nicht. Bei Actionfilmen entsteht schon heute das meiste durch künstliche Intelligenz am Computer.

Ein «Fast and Furious»-Film mit einem Elektro-BMW scheint schwer vorstellbar. Autos können in Filmen künftig noch schneller rasen. Ein Elektromotor kann potenziell rascher beschleunigen als ein Verbrenner.

Die grosse Mehrzahl neu fabrizierter Autos wird von Benzin und Diesel betrieben. Wann haben E-Autos die Mehrheit? Das ist die 100-Milliarden-Dollar-Frage. Es hängt von der Akzeptanz der Technologie ab, den Reichweiten der Batterien, der Infrastruktur und den Preisen. Aus diesen Elementen ergibt sich schliesslich der berühmte Tipping-Point.

Was ist Ihre persönliche Prognose? Schwer vorherzusagen, aber bis 2025 wird der

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Anteil an elektrifizierten Fahrzeugen wahr­­scheinlich zwischen 15 und 25 Prozent liegen.

Die Industrie in Süddeutschland ist seit Jahrzehnten auf den Verbrennungsmotor ausgerichtet. Wie soll diese Umwälzung gelingen? Wir legen nicht einfach den Schalter um. Der Veränderungsprozess dauert Jahre. Der wichtigste Schritt ist, dass wir auf der gleichen Produktionsstrasse sowohl Autos mit Elektro- wie auch Verbrennungsmotoren fertigen können. Entscheidend ist, dass man rasch reagieren kann und flexibel bleibt.

Der US-Autobauer Tesla setzte immer auf Elektromobilität und muss keine 100-jährige Technologie abstossen. Wie gross ist die Gefahr, dass er schneller in der Zukunft ankommt als BMW? Firmen wie Tesla nehmen wir ernst. Es ist beeindruckend, was sie für die Elektromo­ bilität getan haben. Allerdings ist in den nächsten Jahren ein enormer Investitionsbedarf nötig, nicht nur für die Elektromobilität, sondern für autonomes Fahren, künstliche Intelligenz, die Digitalisierung. Es ist die grösste Herausforderung in der Geschichte der Autoindustrie. BMW kann das mit


In Kooperation mit BMW

eigenen Mitteln stemmen. Andere sind heute noch nicht profitabel oder haben nicht die Mittel für diese Investitionen.

Nicht Google und Apple. Deren Kassen sind prall gefüllt. Was, wenn einer dieser Konzerne zum Autobauer wird? Ob die Techfirmen im Silicon Valley Autos bauen wollen, wird sich zeigen. Dass sie Technologien entwickeln möchten, die autonomes Fahren ermöglichen, da bin ich mir sicher. Sie wollen, dass alle ihre Technologie benutzen. Ob aber alle zu Autobauern werden, bezweifle ich.

«BMW lernt gerade, eine Techfirma zu werden.» Vorstandsmitglied Peter Schwarzenbauer.

Also keine Gefahr aus dem Silicon Valley? BMW lernt gerade, eine Techfirma zu werden. Das bedingt, dass wir vieles schneller machen. Die Techfirmen im Silicon Valley wiederum müssen lernen, Autos zu bauen – das ist noch viel komplexer.

Techfirmen wollen die Auto- und Maschinenbauer von ihrer Software abhängig machen. Wie wehren Sie sich gegen diese trojanischen Pferde? Kunden müssen sich zwei Fragen stellen. Erstens, bei wem sind ihre persönlichen Daten sicher? Wir optimieren mit Daten die Mobilität, die anderen verdienen damit Geld. Zweitens, wem trauen Sie es eher zu, ein sicheres Roboterauto zu bauen? Demjenigen, der das erste Auto überhaupt baut? Oder jemandem, der seit über 100 Jahren beweist, er kann sichere Maschinen bauen.

Junge Menschen sind mit Apple und Google gross geworden. Sie vertrauen diesen Firmen.

Fotos: Tim Wegner/laif, BMW

Unterschätzen Sie den Premium-Anspruch nicht. Nicht alle wollen im gleichen viereckigen Kasten fahren. Menschen sind bereit, für etwas Besseres und Angenehmeres einen höheren Preis zu bezahlen.

Wissen Sie, wie gross mein Auto ist? Dafür kenne ich Sie zu wenig.

Es steckt in meiner Tasche: die App von Uber. Damit kann ich in jeder richtigen Stadt der Welt ein Auto fahren. Uber

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In Kooperation mit BMW

widerlegt das Premium-Argument. Warum gibt es Uber Lux? Wenn Sie nur von A nach B fahren wollen, können Sie immer mit Uber X fahren. Trotzdem hat Uber Lux einen Anteil von 15 Prozent. Es ist ein Trug­schluss zu glauben, Ihre Mobilität liege auf Ihrem iPhone. So lange wir nicht beamen können, muss da draussen irgendwann ein Auto erscheinen, dass Sie fährt.

Wie besitzen wir künftig Autos? Es wird einen Unterschied geben zwischen der Stadt und ländlichen Gegenden. Auf dem Land fahren Menschen eigene Autos. In Städten wird Mobilität verfügbar sein wie Wasser und das Internet. Da wird es in den nächsten Jahren eine weitere Verschiebung geben vom Besitz zum Nutzen. Der SharingGedanke wird immer interessanter für uns.

Wie meinen Sie das? Früher kaufte man das Auto bar beim Händler. Dann kam Leasing und der Markt explodierte, vor allem im Premium-Segment. Plötzlich leistet man sich durch die monat­ liche Rate etwas Besseres. Verkaufen wir künftig Premiumautos im Minutentakt, wird der Markt viel grösser sein als heute.

Weil sich jeder einen BMW der 7er-Reihe leisten kann?

gibt es jährlich 30 000 Verkehrstote. Mit autonomen Fahrzeugen wird sich das laut Studien auf ca. 5000 reduzieren. Das ist ja um einiges weniger als wir heute haben.

Wer haftet, wenn das selbstfahrende Auto den Unfall verursacht? Peter Schwarzenbauer (58), ist Vorstandsmitglied der BMW AG und zuständig für MINI, RollsRoyce, BMW Motorrad, Kunden­ erlebnis und Digital Business Innovation der BMW Group.

Meter zu fahren und dann zu warten, können Sie diese Zeit besser nutzen. Wollen Sie dann am Wochenende das Fahrerlebnis geniessen, können Sie das tun.

Sie nehmen nicht den Lenker weg? Den Lenker lassen wir bewusst drin. Bei unseren voll autonomen Fahrzeugen wird es die Möglichkeit geben, am Wochenende einen schönen Ausflug zu machen. Der Kunde soll weiterhin entscheiden, ob er selber fahren oder sich fahren lassen will.

Es ist schwer vorstellbar, dass auf der gleichen Strasse autonome und selbst gesteuerte Autos verkehren.

Nicht täglich, aber vielleicht zweimal im Monat kauft man sich per Handy nach dem Theaterbesuch eine Fahrt mit dem 7er-BMW.

Es ist nicht möglich, gleichzeitig dumme und intelligente Autos im Stadtverkehr zu haben. Städte werden vielleicht Bereiche definieren müssen, wo Sie nur autonom fahren dürfen.

Damit steigern Sie den Umsatz?

Bis 2021 sind Städte noch nicht so weit.

Leasen Sie ein Auto, zahlen Sie eine monat­ liche Rate für die Nutzung. Im Moment kriegen wir sagen wir mal 790 Franken im Monat für ein Auto. Wenn ich das gleiche Auto den ganzen Tag im Minutentakt vermiete, hole ich viel mehr heraus.

Die Einführungsphase wird Jahre dauern. Aber es wird bis dann Städte geben, die ganze Viertel haben werden für autonomes Fahren.

BMW will bis 2021 selbstfahrende Autos in Serie herstellen. Geht da nicht die Freude am Autofahren verloren?

Nötig ist eine schrittweise Annäherung. Jugendliche gehen mit diesen Themen anders um als wir, sie wachsen digital auf und haben mehr Vertrauen in Technologie.

Wenn Sie in Zürich im Stau stehen, haben Sie keine Freude. Sie kommt zurück, wenn Sie am Wochenende in die Berge fahren. Beim autonomen Fahren organisieren wir die tote Zeit neu. Statt ständig ein paar

22  www.digitaltag.swiss

Es geht ja nicht nur um die Technologie, sondern um die Psychologie der Kunden. Sie müssen dafür bereit sein.

Was passiert, wenn ein Roboterauto erstmals einen Menschen totfährt? Jeder Unfall ist einer zu viel. In den USA

Finanziell lässt sich das lösen. Wir könnten beispielsweise bei jeder Fahrt ein paar Cents in einen Fonds geben. Passiert etwas, wird das über diesen Fonds geregelt.

Wer wird bei der technologischen Entwicklung die Führung haben, die Europäer oder die Amerikaner? Im Silicon Valley habe ich diesen neuen Begriff «frenemy» gelernt , die Verbindung aus friend und enemy, Freund und Feind. Wir sind Kunde von Google, machen Werbung bei Google. Es gibt Bereiche, da haben wir gleiche Interessen. Beide wollen das 5G-Netz dramatisch ausbauen. Denn ohne 5G kann man nicht autonom fahren. Steigt Google in die Mobilität ein, werden wir dort aber auch zu Wettbewerbern.

Viele Menschen haben Angst vor der Digitalisierung. Heute arbeiten 125 000 Personen für BMW. Werden es im Zuge der Veränderung mehr oder weniger sein? Das kann ich nicht sagen. Die Geschichte zeigt aber, dass jede Veränderung immer mehr Stellen geschaffen als gekostet hat.

Seit über 40 Jahren höre ich am Radio Staunachrichten. Wann endlich lösen Sie das grösste Problem der Mobilität? Wenn in Städten alle Autos autonom fahren. Dann gibt es keine Staus und Unfälle mehr.

Was noch Jahre dauert. Es gibt Technologien, die einiges verbessern würden. Dreissig Prozent des Verkehrsaufkommens in der Stadt ist Parkplatzsuche. Würden Autofahrer ParkplatzmanagementLösungen und Services, wie etwa unseren Dienst ParkNow nutzen, könnten wir das Verkehrsaufkommen schon um dreissig Prozent senken. Eine intelligentere Schaltung der Ampeln könnte Staus und CO2-Ausstoss weiter vermindern.


Erleben Sie den Digitaltag bei der SBB. Seien Sie am 21. November 2017 unser Gast im Digitalwagen sowie in den Bahnhöfen Zürich, Genf, Lugano und Chur und helfen Sie mit, die Mobilität der Zukunft zu gestalten. www.digitaltag.swiss/sbb


Mit Vollgas in Mit Vollgas die Zukunft in die Zukunft D

as Auto im Wandel der Zeit: Vom Tem­ pomat bis zu den ersten Bremsassisten­ ten dauerte es 30 Jahre. Heute schreitet die Entwicklung fast schon im Monatsrhythmus voran. Immer mehr Assistenzsysteme hel­ fen dem Fahrer in den verschiedensten Situ­

2007

2005

Intelligent vernetzt Die digitale Zukunft beginnt so richtig mit der Vernetzung von Fahrer, Fahrzeug und Umwelt. 2004 stellt BMW ConnectedDrive vor. Das Schlüsselwort heisst Informationen: Sensoren liefern sie, Kommunikation verteilt sie, Intelligenz verarbeitet sie. Je mehr der Fahrer delegiert, desto sicherer und komfortabler ist er unterwegs. Als erster Hersteller beginnt BMW, Informations-, Kommunikations- und Assistenzsysteme zu vernetzen.

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ationen. Die Vernetzung per ConnectedDrive sorgt für Sicherheit, Entspannung und Kom­ fort. Elektrische Antriebe ergänzen konven­ tionelle Motoren und bieten eine Alternative für die Mobilität von morgen. Bald werden wir unser Auto nur dann selbst steuern,

Googeln am Steuer Als Pionier bietet BMW die Google-Branchensuche im Fahrzeug an. Damit können erstmals lokale Informationen direkt aus dem Internet abgefragt werden. Ergebnisse werden per Knopfdruck ins Navi übernommen. Standort und Zielort erkennt das System selbständig und zeigt Resultate im Umkreis mit Adresse, Telefon und Entfernung.

2010

5-Stufen-Plan BMW erkennt früh, dass sich Fahrzeuge und Technik in den nächsten zehn Jahren stärker verändern werden als in den letzten 30 Jahren. Man arbeitet deshalb an Standards, Plattformen und einem Backend für die Zukunft des automatisierten Fahrens. Dafür definiert man die fünf Levels des automatisierten Fahrens. ­Level 2 (Stand heute) steht dabei für Fahrer assistenzsysteme als Vorstufe zum automatisierten Fahren. ­Level 5 soll ab Mitte 2020 erreicht werden: Das Auto fährt autonom, und die Passagiere sitzen ohne Fahraufgabe im Fahrzeug. Science-Fiction? Wohl nicht mehr lange.

wenn wir es wollen. Doch das ist erst der An­ fang. Auf unserem Zeitstrahl lässt sich der digitale Weg von BMW Schritt für Schritt nachvollziehen. Inklusive eines Ausblicks, wohin die digitale und elektronische Reise in der auto­mobilen Zukunft geht.

2010

Smarte Kontrolle Das Auto wird ferngesteuert: Mit der My BMW Remote App lassen sich Funktionen von ausserhalb des Fahrzeugs ausführen – ohne dass man sich in der Nähe befinden muss. Die 2010 für iOS erhältliche App ermöglicht ferngesteuertes Verund Entriegeln, Klimakontrolle oder die Möglichkeit, den Standort des Autos zu suchen. Ab 2012 für Android.

2011

Kopf hoch! Als erster europäischer Hersteller hat BMW das in der Luftfahrt seit Jahrzehnten eingesetzte Head-up-Display auf Grossserien adaptiert. Bereits seit 2004 ist das Assistenzsystem als Teil von BMW ConnectedDrive in der BMW-5er-Reihe erhältlich. 2011 wird es zum BMW-Allgemeingut: Weiterentwickelt und optimiert, arbeitet das Head-up-Display optional in fast allen Baureihen. Angezeigt werden Tempolimiten, Routen oder Warnsignale.


In Kooperation mit BMW

Zukunft der E-Mobilität? Der BMW i Vision Dynamics soll 600 km Reichweite und über 200km/h Spitzengeschwindigkeit bieten.

2012

Clever urban Auf dem ITS World Congress in Wien zeigt BMW 2012 die Mög­ lichkeiten einer intelli­ genten Vernetzung im urbanen Raum. BMW ConnectedDrive er­ möglicht Innovationen, die das Miteinander im Stadtverkehr sicherer, effizienter und kom­ fortabler machen. Am BMW-Stand sind Appund fahrzeuggebun­ dene Routing-Funktio­ nen, Sicherheitssyste­ me sowie Lösungen für Mobilität auf zwei Rädern zu sehen.

2015 2013

Der kleine Innovative Mit dem i3 bricht für BMW ein neues Zeit­ alter an. Der stylische kleine E-BMW ist nach­ haltig produziert und steckt voller innovativer Technologie, mit der er den Alltag meistert. Er vereint Fahrdyna­mik mit Nachhaltigkeit, futuristisches Design mit Konnektivität und einem urbanen Lebens­ gefühl. Wie der 2014 lancierte E-Sportwagen i8 bildet der i3 die Basis für die weitere Digitalisierung.

2015

Schöne Geste Die Entwicklung der Assistenzsysteme schreitet in hohem Tempo voran. Die neue BMW-7er-Reihe setzt 2015 neue Massstäbe. Unter anderem mit Innovationen wie der BMW-Gestiksteuerung, Touch Command, der Querverkehrswarnung, Lenk- und Spurfüh­ rungsassistenten, aktivem Seitenkolli­ sionsschutz, ­Surround View mit 3D-Ansicht und ferngesteuertem Parkieren.

Automatisch parkieren An der Consumer Elec­ tronic Show in Las Vegas präsentiert BMW die neusten technischen Errungenschaften: höchste Flexibilität bei der Buchung von digi­ talen Services mit dem BMW ConnectedDrive Store, 360-Grad-Kolli­ sionsvermeidung und vollautomatisiertes Parkieren in Parkhäu­ sern sowie neue An­ sichten mit den Naviga­ tionskarten des Kar­ tendienstes «Here».

2015

Laden per Uhr Mit der BMW i Remote App erreicht der Aus­ tausch zwischen Fahrer, Fahrzeug und Umwelt 2015 ein neues Niveau. Mit der App können bestimmte Funktionen (Batteriestatus, Lade­ vorgang) von BMW-iModellen aus der Ferne kontrolliert und gesteu­ ert werden – eine Welt­ premiere. Innovativ: Die BMW i Remote App ist auf der damals neuen Apple Watch enthalten. www.digitaltag.swiss  25


In Kooperation mit BMW

2018

Blick in die Zukunft In Las Vegas stellt BMW das Cockpit der Zukunft vor. Im Concept Car BMW i Vision Future ­Interaction sieht man hochauflösende Displays, die sich situationsbedingt anpassen, Funktionssteuerung per Gestik und das neue AirTouch, das Hand­ bewegungen auch in der Tiefe per Sensor ­erkennbar macht – als Weltpre­miere. Greif­ barer war die Zukunft selten.

Fotos: BMW

2016

Digitaler Lifestyle Assistenzsysteme beschränken sich nicht auf Sicherheit. Ab 2018 wird der Sprachassistent Amazon Alexa vollumfänglich in alle BMWund MINI-Modelle integriert. Die Integration des Sprachservice ermöglicht eine Vielfalt an Services, Entertainment oder Shopping-Möglichkeiten – ganz simpel via Sprachinteraktion.

2018

2017

Roboter und Helfer Nicht nur im Auto, auch bei der Produktion hat die Zukunft begonnen: Bereits 2013 hat die BMW Group den ersten Leichtbauroboter – ­intern «Miss Charlotte» genannt – neben den Mitarbeitern am Band im US-Werk Spartanburg eingesetzt. Heute tragen einige Mitarbeiter Exoskelette, welche zum Beispiel die Bewegung der Oberarme verstärken. Sie werden von 60 Leichtbaurobotern bei der Fahrzeug­ pro­­duktion unterstützt.

26  www.digitaltag.swiss

Vernünftige Offensive Auf dem Feld der Elektrifizierung geht BMW ab 2018 noch stärker in die Offensive. Der offene BMW i8 etwa kommt mit gesteigerter Reichweite und Batterien-Kapazität. Bis im Jahr 2025 sollen 25 Modelle einen elektrifizierten Antrieb haben, davon zwölf sogar rein elektrisch. Der Bestseller BMW X3 wird schon bald als eines dieser zwölf Modelle rein elektrisch erhältlich sein. Auch das Gran Coupé Concept BMW i Vision Dynamics mit 600 km Reichweite wird in Serie kommen.

2030

2021

Next, please! Der iNext wird die Mobilität bei BMW auf eine neue Stufe hieven. Erstmals ist eine Teilung der Verantwortung für die Fahrzeugsteuerung ­z wischen Fahrer und Fahrzeug möglich. Der Fahrer kann sich auf Autobahnen über einen längeren Zeitraum mit Nebentätigkeiten beschäftigen (Eyes off). Er muss aber weiterhin in der Lage sein, die Fahraufgabe innerhalb einiger Sekunden wieder zu übernehmen.

Vorwärts in die Zukunft Die Realisierung autonom fahrender Fahrzeuge ist in den Jahren zwischen 2020 und 2030 denkbar. Während ­dieses Jahrzehnts dürfte BMW erste Pilotprojekte mit autonomen Fahrzeugen umsetzen. In diesen Level5-Fahr­zeugen sind weder Lenkrad noch Pe­dalerie notwendig. Mit dem Concept BMW Vision Next 100 zeigte BMW bereits 2016, wie ein solches Fahrzeug aussehen könnte. Die zeitliche Umsetzung hängt jedoch auch von externen Faktoren wie der ­Gesetzgebung ab.

2050

Mühelos und individuell Experten schätzen, dass 2050 in Europa mehr als 75 % aller Menschen in Städten leben werden. Zu hohes Verkehrsaufkommen oder mangelnde Parkmöglichkeiten sind nur wenige Beispiele für Mobilitätsbarrieren, die es im urbanen Siedlungsraum zu lösen gilt. Deshalb denkt die BMW Group Mobilität weit über das Produkt hinaus und ergänzt ihr Angebot mit Technologien, Services und Dienstleistungen. Die Vision für die Zukunft lautet, dass die Mobilität mit der BMW Group völlig mühelos, stets verfügbar und individuell anpassbar ist.


Er fährt grüne Klasse

Von Kaye Anthon

I

n fünf bis spätestens zehn Jahren werden in sämtlichen urbanen Überbauungen Ladestationen für Elektroautos stehen», so die Prognose von pom+-CEO Dr. Peter Staub. Er muss es wissen: Der ImmobilienEntwickler beschäftigt sich mit der Zukunft der Immobilienbranche – Staub entwickelt für Kunden wie Roche und UBS Bauten der Zukunft: Vernetzte Gebäude, energiesparende Gebäude, nachhaltige Gebäude. Die Immobilien- und die Autobranche ent­wickeln sich Hand in Hand: Die heimische Ladestation ist ein Beispiel. Unser Mo­bi­litätskonzept ändert sich – wir wählen

Fotos: Thomas Buchwalder (2)

Wie sind wir künftig unter­ wegs? BMW und SBB wollen das mit der ETH heraus­ finden und beobachten 150 Testfahrer. Dr. Peter Staub ist einer davon. Individual- oder öffentlichen Verkehr, wie es gerade am besten passt. Dr. Staub lebt das künftige Modell schon heute: Dank dem Green-Class-Abo der SBB

Individuell zum Bahnhof, mit dem ÖV ins Büro: Das SBB-Green-Class-Abo überzeugt Dr. Peter Staub.

und BMW steht bei ihm in der Einfahrt seines Einfamilienhauses in Windisch AG ein i3 in Protonic Blue – inklusive schnittiger Ladestation. Damit fährt der CEO in der Regel jeden Morgen zum Bahnhof Brugg, stellt den Elektrowagen auf einen SBB-Parkplatz und reist mit dem Zug 1. Klasse nach Zürich. Von dort gehts zu Fuss oder mit dem Tram in den Technopark, wo Staub vor 20 Jahren seine Firma, das ETH-Spin-Off pom+, gründete. «Eine ideale Kombination», schwärmt Staub. «Das Auto macht Spass: Fahrgefühl, Ausstattung und Beschleunigung stimmen – und im Zug kann ich am Laptop arbeiten.» Die SBB Green-Class-Kombi überzeugt: «Selbst bei strömendem Regen komme ich trockenen Fusses ins Büro.» Aber nicht nur die trockenen Reisewege interessieren Staub, sondern auch die Effizienz: So nehmen die Staubs in die Familienferien ins Tessin den Zug, in der Sonnenstube der Schweiz kommt dann ein Mobility-Auto zum Einsatz – «aber leider nicht immer ein BMW», so Staub augenzwinkernd. Und schon gar nicht immer ein Elektrowagen. Schritt für Schritt vorwärts ist hier das Motto: «Die Digitalisierung hat mehr Vorteile als Nachteile», ist Staub überzeugt. Modelle wie das SBB-Green-Class-Abo können beispielsweise der Shared Economy einen weiteren Schub verleihen. «Mich interessiert alles, was mit Digitalisierung und Innovation zu tun hat», so Staub. Die intrinsische Motivation an Innovation habe ihn auch angetrieben, als er nach dem Studium an der ETH die Firma pom+ (der Name setzt sich aus Projekt- und Objekt­ management plus Mehrwert für den Kunden und die Umwelt zusammen) gegründet habe, erklärt Staub. «Und Nachhaltigkeit haben wir bewiesen, als wir vom Zwei-MannBetrieb bis zur heutigen Grösse mit 70 Mitarbeitenden in der ganzen Schweiz wuchsen – ohne einen fremden Rappen.» pom+ betreibt an der Europaallee das www.lab100.ch mit SBB Immobilien und Swiss Life Lab. Am Digitaltag können Interessierte in Virtual- und AugmentedReality-Welten eintauchen.

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Schlauer als der Bauer Von Gabi Schwegler

Die Digitalisierung macht vor der Landwirtschaft nicht Halt: Der Zürcher Oberländer Bauer Marc Binder (43) lässt seine 64 Kühe von einem Roboter melken.

D

ie schwarz-weiss gefleckte Holstein-Kuh drängt ungestüm durchs Gatter, die Nase bald im Kessel mit Maispellets, die Klauen links und rechts der Abflussrinne positioniert. Der Melkroboter erkennt sie sofort: «59 Evelin». Aufgrund ihrer bisherigen Milcherträge erwartet er von Evelin 12,2 Liter Milch an diesem Vormittag. Evelin ist eine von 64 Milchkühen auf dem Hof von Marc Binder (43) etwas ausserhalb des Zürcher Oberländer Ortes Illnau. Und Binder ist einer jener Schweizer Bauern, bei denen digitale Lösungen selbst­ verständlich zum Alltag gehören. So wie der Melk­roboter, der gerade die Zitzen von Evelin reinigt und dann mithilfe einer Kamera die vier Milchschläuche anhängt. Schon lassen sich auf dem Kontrolldisplay die Milchmenge und der Milchfluss pro Zitze ablesen. Evelin käut gemütlich wieder, während hinten «28 Circus» schon ihren Kopf durch

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Grosse Zeitersparnis dank digitalem ­Gehilfen: Mit dem Melk- und Futterschieberoboter spart Bauer Binder pro Tag acht Stunden Arbeit.

die Plastiklamellen streckt. Hochbetrieb am Melk­roboter, der 24 Stunden «arbeitet». «Das klingt jetzt etwas komisch», sagt Binder, «aber mit dem Roboter kommen wir der Natur des Tieres viel näher.» Statt sich an die fixen Melkzeiten des Bauers halten zu müssen, entscheiden Binders Kühe selber, wann sie sich melken lassen wollen. «Ein Kalb auf der Weide geht auch drei bis vier Mal zur Mut-


Fotos: Martin Guggisberg

«Mit dem Roboter kommen wir der ­Natur des Tieres viel näher.» Bauer Marc Binder.


Passgenau: Mit Laser und Kamera positioniert der Roboter die Milchschläuche.

Simultan: Knapp fünf Minuten dauert das gleichzeitige Melken der vier Zitzen.

ter, um zu trinken.» Und Binder selbst spart dank des Roboters vier Stunden Arbeit. Die tief stehende Herbstsonne scheint durch den seitig offenen Laufstall, in der Halle ist ein Piepen zu hören: Das ist der Futterschieberoboter, der zu programmier­ten Zeiten das Heu-Gras-Gemisch näher an die Futterrinne der Kühe heranschiebt. Diesen Gehilfen hat sich Binder erst letzten Frühling angeschafft – nachdem er ausgerechnet hatte, zu welchem Stundenlohn er selber täglich die 2,5 Tonnen Heu schaufelte. Vier Stunden Arbeit à je 7.50 Franken. «Nebst dem, dass es eine körperlich sehr belastende Arbeit ist, ging diese Rechnung überhaupt nicht mehr auf», sagt Binder. Deshalb hat er sich für die Investition von 18 000 Franken für den Roboter entschieden. Ein weiterer Vorteil sei, dass die Kühe den ganzen Tag über Zugang zu Futter hätten, «vor allem auch die rang­niederen Tiere, die bei punktuellen Fütterungen meist zu kurz kommen».

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Selbst ist das Vieh: Binders 64 Milchkühe entscheiden selbst, wann sie zum Melken kommen wollen.

Ältere Bauern oder Städter würden immer wieder einen Spruch reissen, fragten, ob er nicht mehr arbeiten möge und auf der faulen Haut liege. «Es ist natürlich überhaupt nicht so, dass ich wegen der Roboter nichts mehr zu tun habe», sagt Binder. «Aber ich nutze die gewonnenen Stunden für die Tierpflege und Unterhaltsarbeiten und kann Feld- und Stallarbeit zeitlich viel flexibler einteilen.» Von seiner Kontrollzentrale aus, einem Büro mit Festbank und Fliegenfallen, überwacht er seine Herde. Er scrollt durch Tabellen mit gelb, grün und rot markierten Kühen. «Mit einem Mausklick weiss ich, welche Kuh zum Beispiel bald besamt werden soll oder welche schon lange nicht mehr am Melkroboter war», sagt Binder. Zudem helfen ihm die direkt aus der Milch entnommenen Binder prüft das Display am Melkroboter: Die direkt aus der Milch entnommenen Laborwerte helfen ihm, allfällige Krankheiten bei seinen Tieren frühzeitig zu erkennen.

Laborwerte, allfällige Krankheiten früh zu erkennen. Und für ihn, der den Hof in einer Gemeinschaft mit einem anderen Bauern führt, gibt es noch «ein grosses Plus», wie er sagt. «Diese digitalen Lösungen erleichtern das Standardisieren von Arbeitsabläufen und damit eine solche Zusammenarbeit.» Vor Binder liegt der Stier-Katalog, den er stets sorgfältig studiert. Selbst dabei denkt er an den Melkroboter: Er besamt seine Milchkühe mit Sperma von Stieren, deren Stammbaum weit auseinanderliegende Zitzen verspricht. Sind sie zu nahe beisammen, hat der Robotergreifarm Mühe, die Schläuche zu platzieren. Nebenan geht langsam das Metalltor auf, Evelin trottet zurück in den Laufstall. Das Display zeigt 12,1 Liter Milch an.


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Das

D

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Probabilità di automazione per ramo economico Amministrazione pubblica, settore sanitario e sociale

17%

Informazione e comunicazione

19%

Altri servizi Servizi finanziari e assicurativi Servizi da parte di indipendenti, servizi scientifici e tecnici

22%

61%

13%

68% 23%

22% 29%

Commercio, traffico e gestione dei magazzini Costruzioni/edilizia Fondi e abitazioni Agricoltura ed economia forestale Quota di impiegati con possibilità di automazione

55% 37%

32%

Imprese artigianali

35%

23%

47%

44% 22%

49% 51% 60%

32%

23%

28%

21%

28% 25%

76% alta

16% 12%

media

bassa

Fonte: Ufficio federale di statistica, Frey e Osborne (2013), Deloitte Foto: Getty Images/Science Source

er kaufmännische Angestellte ist so etwas wie der personifizierte Schweizer Arbeitnehmer: gut ausgebildet, zuverlässig, das Gesicht eines Landes, welches sich in den vergangenen 200 Jahren vom Bauernstaat zum Industriestandort und von dort zur Dienstleistungsgesellschaft weiterentwickelt hat. Und einem KV-Stift mit Ehrgeiz zur Weiterbildung standen sogar die Teppichetagen einheimischer Unternehmen offen. Ein KV-Absolvent im Bereich Rechnungswesen, Informatik, Kundenbetreuung oder im Personalwesen konnte jedenfalls noch kurz vor der Jahrtausendwende in gutem Glauben davon aus­ gehen, dank seiner soliden Ausbildung in seinem Berufsleben keine Probleme auf dem Arbeitsmarkt zu bekommen. Dann bricht die Digitalisierung wie ein Tsunami über die Welt herein und löst das aus, was der österreichische Ökonom Joseph Schumpeter schon Mitte des 20. Jahrhunderts als Kollateralschaden eines jeden technologischen Wandels identifiziert hat: «die schöpferische Zerstörung» von Dagewese-

Bürokräfte ohne höhere Ausbildung geraten am stärksten unter Druck: 31 000 dieser Jobs gibt es zurzeit in der Schweiz. 97 Prozent fallen laut Unternehmensberater Deloitte der Digi­­ta­lisierung zum Opfer. Auch in der Land- und Forstwirtschaft fallen 71 Prozent der Jobs weg. Gleichzeitig entstehen dank der Digitalisierung bis ins Jahr 2025 bis zu 270 000 neue Stellen – vor allem in hochqualifizierten Berufen. Dort verhelfen die neuen Techno­logien zu mehr Effizienz. Laufende Weiterbildung wird in unserem Berufsleben immer wichtiger.

12%


Menschliche wird wichtiger Von René Lüchinger

Einfache Arbeiten können von Robotern über­nommen werden. Kreativität und Sozialkompetenz werden deshalb wichtiger. Also das, was uns zu Menschen macht.

nem, die Altes vernichtet und Neues entstehen lässt. Mittendrin in diesem Taifun: der kaufmännische Angestellte, mit jährlich rund 10 000 Lehranfängern noch immer die beliebteste Stifti in der Schweiz. Wegen der Digitalisierung: «Bis zu 100 000 KVJobs gefährdet», titelte der «Tages-­ Anzeiger» im vergangenen Jahr. Ist der kaufmännische Angestellte in Zeiten der digitalen Automatisierung und Robotisierung eine bedrohte Berufs­ gattung, gar vom Aussterben bedroht? Ähnlich wie möglicherweise der Tramchauffeur oder Lokomotivführer, der selbstfahrenden Vehikeln zum Opfer fallen könnte, oder der Pöstler, der vielleicht bald einmal Pakete verteilenden Drohnen wird Platz machen müssen? Unbestritten ist: Zahlreiche Arbeiten im Büro, wo kaufmännische Angestellte im Einsatz sind, lassen sich dank Digitali­ sierung maschinell erledigen. Sekretariats­ arbeiten etwa oder im Finanzbereich, wo Finanz­roboter standardisierte Finanzbera-

tungen übernehmen können. Angesichts solcher Entwicklungen gab der Kaufmännische Verband Schweiz bei der Hochschule für Wirtschaft in Zürich (HWZ) die Studie «Digitalisierung und die Zukunft kaufmännischer Berufsbilder» in Auftrag. Darin heisst es: «Die Digitalisierung wird im kommenden Jahrzehnt über die Automatisierung von Arbeitsabläufen hinausgehen. Dies aufgrund der Entwicklung im Bereich der humanoiden Robotisierung. Einerseits

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werden Maschinen immer menschlicher, andererseits integrieren Menschen Maschinen auch immer mehr in ihr alltägliches Sein und Arbeiten.» Das Berufsbild des kaufmännischen Angestellten wird jedoch nicht nur von der Maschine bedrängt, sondern auch von neuen Berufsbildern mit spezifisch digitalen Kenntnissen. Von den Mediamatikern etwa, einer Ausbildung, die Know-how in Informatik, Marketing, Multimedia, Projektmanagement und Administration bündelt. Oder den Fachkräften der Informations- und Kommunikationstechnologien (ITC), darunter Software-, Datenbank- oder Netzwerkspezialisten. Hat der gängige KV-Abgänger gegen solche digitalen Newcomer auf dem Arbeitsmarkt überhaupt noch eine Chance? Glaubt man den HWZExperten: Er hat sie durchaus. Ein Finanzroboter kann zwar ein Standardportfolio entwickeln – die Verbindung zum Kunden muss jedoch noch immer ein vertrauenswürdiger Mensch her­ stellen. Ein Mediamatiker verfügt zwar über ein breites digital-technologisches Rüstzeug – für den Erfolg in der realen Welt braucht es aber auch in Zukunft die menschlichste aller Eigenschaften: die Sozialkompetenz. So geben die HWZ-Studienautoren gegenwärtigen und zukünftigen KVlern einen klaren Ratschlag, wie sie sich auch in der digitalen Welt behaupten können: «Zur Abgrenzung gegenüber Absolventen anderer Berufsausbildungen sollten KV-Absolventen sich insbesondere durch koordinierende Schnittstellenfunktionen verbunden mit einer klaren Kundenorientierung im Sinne eines ‹übersetzenden Entrepreneurs› profilieren. Interdisziplinäres Denken wie auch Bedienungskompetenzen bezüglich digitaler Tools (nicht Programmierer) gewinnen aufgrund der Koordinationsaufgaben weiter an Bedeutung.»

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Foto: Getty Images/E+

Das fertige Haus bereits virtuell vor Augen: Aug­ mented Reality wird das Berufs­leben verändern.

So sieht Ihr Job in Zukunft aus E

s entstehen neue Berufe, bestehende Jobs verändern sich. Etwa auf dem Bau: Ein Büezer erhält den Hinweis, dass in einer Röhre der Druck steigt. Während er hineinschaut, erhält er Live-Infor­­ ­ma­tionen, was zu tun ist. Der Architekt sieht das Gebäude in der Landschaft, bevor es gebaut wird. Mit Hilfe einer Brille werden ihm alle relevanten Informationen angezeigt – ist die geplante Höhe an dieser Stelle umsetzbar? – und natürlich kann sich der Auftraggeber gleich auf einen virtuellen Rundgang begeben. Möglich macht das Augmented Reality (AR) – sie reichert die Umgebung mit zusätzlichen Informationen an. Einsatzmöglichkeiten gibt es auch in der Medizin. Ein Patient liegt mit Verdacht auf einen Herzinfarkt in der Am­bulanz. Die Informationen des Herz­ ­mo­nitors erscheinen in der Brille des Sanitäters und werden zusammen mit Kamerabildern ans Spital übermittelt, wo sich ein Spezialist live einschaltet und den Sanitäter bei der Behandlung unterstützen kann. Oder ein Heizungstechniker muss nicht mehr zu uns nach Hause

kommen, er kann Anweisungen geben, die wir auf der Brille eingeblendet sehen. Brauchen wir bei all diesen Möglichkeiten überhaupt noch einen Arbeitsplatz? «Klar kann ich im Zug oder sogar in der Badi arbeiten, aber das Büro bleibt wichtig. Es geht dabei um Zugehörig­ keitsgefühl, soziale Kontakte und die In­ frastruktur. Vielleicht werden wir einfach nicht mehr so oft im Büro sitzen. Es wird primär zur Begegnungszone, was auch neue Anforderungen an die Unternehmenskultur und die Führungskräfte stellt», erklärt John Rice, Innovation Manager bei Swisscom. Schon heute könnten 50 Prozent der Schweizer Beschäftigten mobil und ortsungebunden arbeiten, 28 Prozent arbeiten im Home-Office, von den übrigen 72 Prozent möchte das ein Drittel. Ein weiterer Trend ist die Selbständigkeit. 25 Prozent sind hierzulande Freelancer, Tendenz steigend. Mehr Flexibilität im Job ist gefragt. Sowohl was Arbeitsplatz, Arbeitszeiten und den Geist betrifft. Lebenslange Weiterbildung wird wichtig für die persönliche Jobsicherheit.


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#FOMO #YOLO #FOJI #MOMO Von Sven Ruoss

Die Jugend liebt Social-Media-Plattformen. Whatsapp, Instagram, Facebook, Snapchat und Youtube sind die fünf Lieblingsapps auf dem Smartphone für die Digital Natives in der Schweiz.

S

ie sitzen gemütlich vor dem TV und entspannen sich nach einem anstrengenden Tag. Zumindest so lange, bis das Smartphone neben Ihnen vibriert. Eine Whatsapp-Nachricht von einem Kollegen, der Ihnen ein Bild vom Pizzaessen schickt, an das Sie auch eingeladen gewesen wären. Dem Facebook-Feed entnehmen Sie, wie viele Ihrer Freunde gerade den Rolling Stones im Letzigrund zujubeln. Und plötzlich fühlt sich der Abend auf dem Sofa nicht mehr so entspannend an. Wäre Pizzaessen mit den Kollegen oder das Konzert nicht doch die bessere Wahl gewesen?

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Sicherlich kennen Sie dieses Gefühl, das FOMO (Abkürzung für fear of missing out) genannt wird, auch. Die Angst, etwas zu verpassen, begleitet uns schon immer. Diese Angst hat sich jedoch in den letzten Jahren durch das Aufkommen der sozialen Medien und der mobilen Kommunikationsmittel verstärkt. Durch Social Media erhalten wir einen schnelleren und tieferen Einblick in das Leben unserer Freunde und Bekannten. Durch ständige Status-Updates auf Facebook, Instagram, Snapchat und Co. ist man konstant auf dem Laufenden. Es gibt immer mehr Selbstdarsteller, welche ihr Leben on-

Foto: Jeff Vinnick/Getty Images for Free The Children

Die Nummer 1: Sängerin Selena Gomez hat 128 Millionen Follower auf Instagram.

line bunter und interessanter darstellen lassen. Der Timeline-Hedonismus lebt. Keine Chance lässt man sich im Hier und Jetzt entgehen, um Spass zu haben, denn man lebt ja nur einmal. Oder kurz: YOLO (Ab­ kürzung für you only live once). FOMO und YOLO sind wie Brüder. YOLO ist der spassige Selbst­darsteller, FOMO der zaudernde Streber, der bezüglich Freizeitmanagement alles richtig machen will. Und dann gibt es noch die ängstliche einsame Katze namens FOJI (Abkürzung für fear of joining in). Diese Personen wissen nicht, welche Inhalte sie auf Social-Media publizieren


sollen. Sie haben Angst, dass sie keine Follower finden oder ihre Inhalte niemand liked. Durch FOMO und YOLO wird es immer schwieriger, den Moment zu geniessen. Überspitzt zusammengefasst: Viele warten nur noch ständig auf das nächste grosse Erlebnis, um es dann über die eigenen SocialMedia-Kanäle den Freunden unter die Nase zu reiben. Doch was kann man gegen FOMO tun? Einfach das Smartphone weglegen und das digitale Leben seiner Freunde nicht mehr mitverfolgen? Das hilft leider nicht weiter. Denn gar nicht zu wissen, was passiert, ist schlimmer als die Angst, etwas zu verpassen.

Die Sorge, etwas zu verpassen, weil die anderen nicht mehr teilen, wird MOMO (Abkürzung für mystery of missing out) genannt. Wenn die eigenen Social-MediaFreunde nichts mehr posten, steigt die Nervosität. Die Fantasie geht dann mit uns durch. Haben die Freunde gerade die Zeit ihres Lebens, sodass sie sogar vergessen, dies online festzuhalten? Und das ohne mich? Eine gute Alternative ist das demonstrative Fröhnen von JOMO (Abkürzung für joy of missing out). Dabei geht es um das bewusste Verpassen. Es einfach mal geniessen, sich rauszuhalten. JOMO ist der Gegentrend

zu FOMO und wirkt teilweise wie ein Hilfeschrei in Zeiten digitaler Überforderung. Man geniesst den gemütlichen Abend alleine auf dem Sofa. Und wenn man will, kann man noch ein Bild der eigenen Trainerhose auf dem Sofa fotografieren und mit dem Hashtag «JOMO» auf Instagram stellen.

Zum Autor: Sven Ruoss ist Head of Product & Business Development bei der Blick-Gruppe & Studienleiter CAS Social Media Management an der Hochschule für Wirtschaft Zürich (HWZ).

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Werden Textilien in Zukunft medizinische Check-ups vornehmen? Erfinden Sie mit uns die Zukunft Ihres Unternehmens. Die Digitalisierung bietet faszinierende Möglichkeiten für die Zukunft. Wir helfen Ihnen, Chancen und Risiken auszuloten und Ihr Unternehmen zum Gewinner von morgen zu machen. www.swisscom.ch/zukunft Willkommen im Land der Möglichkeiten.


08:00

Ich werde im richtigen Moment sanft geweckt, indem in meinem Smart Home die Rollläden langsam hochfahren und aus dem Lautsprecher Naturmusik erklingt. Ich stehe auf, laufe ins Bad und erblicke im Spiegel meine Tagesagenda, das aktuelle Wetter und die wichtigsten Nachrichten. Während dem Zähneputzen zeigt mir ein SmileyGesicht im Spiegel per «Daumen hoch», dass Tempo und Druck des Putzens optimal sind.

08:30

Kleider-Chaos? Kein ­Problem, mein smarter Kleiderschrank schlägt mir drei Outfits vor, ­welche zu Tagesplan und Wetter passen. Ich entscheide mich, habe Hunger. ­Frühstück!

08:45

Der Tisch-Ofen hat einen Bagel und ein Spiegelei vorbereitet, die Kaffeemaschine füllt bereits den Reisebecher. Ich ­packe meinen Rucksack und gehe aus dem Haus.

09:00

Ich winke das nächste freie autonome Taxi her. Während der Fahrt findet die erste Videokonferenz statt: Ich sitze mit drei holographischen Menschen im Auto und bespreche unser nächstes Projekt. Ich vergesse fast, dass die Menschen um mich herum gar nicht physisch da sind.

09:10

Im Büro angekommen geht die Arbeit nahtlos

weiter. Das Smart Office erkennt mich beim Eingang, öffnet die Türe und fragt, ob ich auch heute Lust auf einen Vanilla Latte habe. Logisch!

tausche sie aus. Fertig! Ich hole einen Kollegen dazu, welcher heute von zu Hause aus arbeitet – auch er trägt die AR/VRBrille und packt mit an.

09:20

12:00

Mir wird der nächste freie Arbeitsplatz – passend

Mittagszeit! Mein Smart Assistant meldet sich

steht bereit, als eine Kollegin aus unserem Genfer Büro anruft und Hilfe bei der Datenanalyse braucht. Ich ziehe meine AR/VRBrille an und schalte sie auf transparente Sicht: Nun sehe ich nicht nur die digital eingeblendeten Infos, die ich benötige,

Ein Tag im Jahr

2027

Schlauer Schrank, holographische Gspänli, vorgewärmtes Bett: Arijana Walcott, Vice President of Consumer Innovation bei Swisscom im Silicon Valley, wagt einen Ausblick.

zu den abgespeicherten Präferenzen – zugewiesen. Mein Vanilla Latte steht neben der Tastatur bereit, der Bildschirm ist schon an. Das Smartphone lege ich in die Dockingstation, und schon geht es los. Ich studiere mit meiner AR (Augmented Reality)/VR (Virtual Reality)-Brille ein geplantes neues Gebäude und bewege mich in den Räumlichkeiten. Was mir nicht passt, wird passend gemacht: Ich verschiebe Teile oder

auf dem Smartphone. Es herrschen optimale Wetter- und Luftbedingungen für eine Jogging­runde. Er schlägt mir eine Route vor und erstellt eine Playlist: perfekt passend zu Laune und Lauftempo. Auf dem Rückweg bestellt er mein Lieblingsgericht in der Kantine. Es steht bereit, wenn ich komme.

13:15

Geduscht und gegessen: Satt setze ich mich wieder an den Arbeitsplatz. Der tägliche Espresso

sondern auch die reale Welt um mich herum. Ich erkläre der Kollegin, wo der Fehler lag.

17:00

Genug gearbeitet: Zeit für Freunde und Familie. Der Smart Assistant e­ rinnert mich an den Robotics-Schulwettbewerb meines Sohns und fragt mich, ob er bereits ein autonomes Taxi bestellen soll. Im Taxi arbeite ich weiter, bis ich die EventLocation erreicht habe. Ich trage meine AR/VR-

Brille, der Smart Assistant führt mich über den Campus zur Halle, in der der Wettbewerb statt­ findet. Unter den knapp 200 Menschen finde ich meinen Sohn nicht, der Smart Assistant hingegen schon: Auf Nachfrage zeigt er mit einem Pfeil den exakten Standort. Mein Sohn zeigt mir voller Stolz, was er und sein KI-Freund (KI=künst­liche Intelligenz) gebaut haben: einen süssen ­Roboter, der mit ihm Fussball spielen kann.

19:00

Wir gehen nach Hause. Vor der Türe stehen die Esswaren bereit, welche der smarte Kühlschrank für uns am Morgen für unser Znacht bestellt hat. Wir entscheiden uns, vor dem Essen noch eine Runde «Murder Mystery» zu spielen. In VR selbstverständlich, zusammen mit meinem Bruder, welcher in Los Angeles lebt.

22:00

Wann genau es Zeit ist, das vorgewärmte Bett aufzusuchen, sagt mir mein Smart Assistant. Denn er weiss nicht nur, wie es meinem Körper gerade geht, sondern auch, wie mein Kalender am nächsten Tag aussieht. Und wie viel Ruhezeit ich einplanen sollte.

00:00

Während ich im Bett liege und schlafe, sammelt mein Smart Assistant fleissig Daten, damit er mir am Morgen sagen kann, wie geruhsam ­meine Nacht tatsächlich war und wo mein Optimierungspotenzial liegt.

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New Kids on the Blockchain Von Marc Badertscher

Bitcoin, Blockchain & Co: Zug mausert sich mit seinem «Crypto Valley» zu einem Hotspot in der Welt der neuen digitalen Währungen.

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besteht darin, dass diese neuen Projekte viel früher zu sehr viel Geld kommen als über klassische Risiko-Investoren und einem späteren Börsengang. Alleine 2017 erhielten diese Projekte zusammen über zwei Milliarden Franken. Dieses Geld muss irgendwo verwaltet werden, um die Entwicklung der BlockchainProjekte längerfristig zu gewährleisten. Die Schweiz mit ihrem Stiftungsrecht und der allge­meinen Rechtssicherheit eignet sich dafür bestens. Vor allem die Behörden in Zug haben den Trend früh erfasst und sind den ersten Projekten mit Rat zur Seite gestanden. Heute besuchen Bundesräte das «Crypto Valley» und fragen, wie man helfen könne. Zum grossen Durchbruch kam es 2014, als sich die Macher der Ethereum-Blockchain für Zug entschieden und dort eine Stiftung gründeten, welche die Entwicklung der zweitgrössten Blockchain vorantreibt und die Gelder verwaltet. Das hatte Signalwirkung. Von da an liessen sich nach und nach neue Projekte in der Region nieder, inzwischen monatlich, fast wöchentlich. Die einen entwickeln eine neue MessengerApp, die andern eine Plattform für das Management der neuen digitalen Assets, die dritten eine Vermarktungsplattform für

Crypto Valley Zug Bitcoin Suisse und Monetas waren unter den ersten Firmen der Branche, die sich in Zug ansiedelten. Inzwischen sind rund 30 Firmen aus dem Blockchain-Bereich im Kanton ansässig.

Kartengrundlage: Swisstopo; Grafik: BILANZ / Brand Studio

L

ange Zeit hat vor allem hierzulande kaum jemand bemerkt, wie sich die Region um Zug neu und digital zu positionieren begann: als sogenanntes «Crypto Valley». Es war ein Aufbruch. Kern der Botschaft war, dass die Region offen ist für alles Neue, was irgendwie mit den neuen digitalen Crypto-Währungen wie Bitcoin und Ether und der zugrundeliegenden Blockchain-Technologie zu tun hat. Inzwischen ist das «Crypto Valley» ein internationaler Brand geworden. Alle wichtigeren News-Portale zu Bitcoin und Blockchain berichten weltweit regelmässig darüber, was rund um den Zugersee und bis in die Region um Zürich geschieht. Und sie tun dies aus gutem Grund. Dutzende von Firmen und Projekten aus der neuen Blockchain-Welt haben sich in und um Zug niedergelassen (siehe Grafik). Der Hauptgrund, weshalb sie begonnen haben, nach Zug zu kommen, sind die Finanzen. Denn anders als tradi­tionelle Start-ups finanzieren sich diese Projekte über sogenannte Initial Coin Offerings (ICO). Das ist eine neue Art von Börsengang, bei der die Investoren im Gegenzug für ihr Engagement neue digitale Währungen erhalten. Und einer der entscheidenden Unterschiede


Uster NetMon

Uster Cryptocash

Produkte und Dienstleistungen zur Bekämpfung/Abwehr von Cyberkriminalität

Dienstleistungen im Bereich von Krypto- währungen (z.B. KYC-Support)

Bahnhof Alte Spinnerei

Baar

A4

Mount10

InfoGuard

Anbieter von Informationssicherheits- und innovativen Netzwerklösungen

Crypto

Lösungen für Informationssicherheit und Crypto-Sicherheitsarchitektur

Hochsichere Aufbewahrung von physischen sowie elektronischen Informationen

Baare

rstras

se

Steinhausen

Xapo

Inwil

Bitcoin Wallet, Speicherverwaltung und Bitcoin Debit Card

Lorzen

Bitcoin Suisse

Finanzdienstleister für Bitcoin und Cryptowährungen (inklusive Handels- plattform, ATMs)

Herti

Monetas

Transaktionsplattform für Vermögenswerte von Smartphone zu Smartphone

Bitfinitum

Firma für BlockchainTechnologie

Bahnhof

ShapeShift

Instant-Transaktionsplattform für Bitcoins und andere Kryptowährungen

Blockchain Source

Zug

Recruiting- und Veranstaltungsorganisation für Crypto Finance (Bitcoin, Blockchain)

Sapphire Innovation

Cloud-basierte Lösungen zur WorkingCapital-Optimierung und Cashflow-Prognose

Tezos

Eine neue Blockchain und App-Plattform. Die künftigen Apps sollen dank einfacher Programmiersprache sicherer sein.

Patria Digitalis

Cloud Services mit Fokus auf digitaler Selbstbestimmung, offenen Internetstandards

Zu g e rs e e

Energy Web Stiftung

Melonport

Plattform für Fondsmanager, auf der Portfolios mit digitalen Assets gehandelt werden. Kosten und Eintrittshürden sind niedriger als in der klassischen Fondswelt.

Förderung von Blockchain-Protokollen für den Energiesektor. Smart-Grid-Management und autonomer Strombezug von intelligenten Geräten sind die Stichworte.

iProtus

Entwicklung von Software, Bitcoin- und Blockchain-Lösungen

Walchwil

Golem

Cloud-Computing für alle. Nicht benötigte CPU-Leistung kann selbst beim Desktoprechner gegen Entgelt zur Verfügung gestellt werden. Das Versprechen: günstiger als etwa Amazon.

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So funktioniert

Blockchain

Person A möchte Person B Geld überweisen

Die Transaktion erscheint als Datenblock im Netz Der Datenblock ist für alle BlockchainTeilnehmer einsehbar

Die Teilnehmer prüfen die Richtigkeit des Blocks

Das Geld von A wird an Person B überwiesen Der Datenblock wird der Blockchain zugefügt

Filme und andere Medienprodukte, die vier­ ten wollen den Handel mit Energie verein­ fachen. Immer geht es darum, die neuen Möglichkeiten der Blockchain-Technologie zu nutzen. Meistens heisst das, Produzent und Konsument einander näherzubringen und zu versuchen, durch die Technologie obsolet werdende Mittelmänner auszuschal­ ten: seien dies Banken, Medienvermark­ tungs­orga­­ni­sationen, Energiedienstleister oder Social-Media-Konzerne wie Facebook. Einige Teams konzentrieren sich auch auf den Aufbau der nötigen Infrastruktur dieser neuen Peer-to-peer-Wirtschaft und entwickeln Protokolle für die Entschädigung von Dienstleistung und Lösungen für das Management von Online-Identitäten. Doch: Noch ist alles in der Experimentierphase.

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Und einige dieser Projekte dürften letztlich nicht zum Fliegen kommen. Dennoch hat sich in und um Zug ein beachtliches Öko­ system gebildet. Inzwischen finden regel­ mässig internationale Branchenkonferen­ zen statt. Und neue Verbände treten auf den Plan. Zu nennen ist etwa die «Crypto Valley Association», aber auch der Verband für das Management von digitalen Assets, MAMA. Auch die Anwaltsbranche hat sich spe­ zialisiert. Besonders hervorzuheben ist dabei die Kanzlei MME, die ihre Kapazitäten massiv ausgebaut hat und zahlreiche Pro­ jekte bei ihren ICO betreut, damit diese ge­ setzeskonform stattfinden. Zug ist auch Sitz von Bitcoin Suisse. Die noch junge Firma beschäftigt bereits über 20 Leute und ist im Brokerage von Kryptowährungen

tätig. Das Umsatzvolumen beträgt mo­ natlich Hunderte von Millionen Franken. Viele der grossen ICO liefen teilweise über Bitcoin Suisse. Trotz aller Euphorie wird sich das «Crypto Valley» erst noch beweisen müssen. Die Konkurrenz schläft nicht. Singapur unter­ nimmt etwa grosse Anstrengungen, ebenfalls zu einem Hub zu werden. Zudem ist die Zahl von neu geschaffenen Arbeitsplätzen in Zug nicht gigantisch. Noch immer steht die Verwaltung der Gelder, manchmal auch die Leitung der neuen Start-ups, im Vorder­ grund. Die eigentliche Entwicklung der Apps der neuen Software geschieht meist irgendwo auf der Welt. Berlin ist etwa ein Hotspot, und natürlich auch der Namensgeber des Zuger Branding-Erfolgs: das Silicon Valley.


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Ihr neuer Kollege Von Max Fischer

YuMi ist der erste sensible Roboter, der mit Menschen Hand in Hand zusammenarbeitet.

W

as wir können, kann YuMi oft noch viel besser. Beispielsweise monotone, langwierige Routinearbeiten. Vor zwei Jahren wurde der zweiarmige Roboter – nach zehn Jahren Entwicklungszeit – vom global führenden Technologiekonzern ABB «geboren». Speziell entwickelt für die Montage von Kleinteilen in der Elektroindustrie, etwa in Uhren, Tablets oder Handys. YuMi – von «you and me» – arbeitet mit seinen beiden Roboterarmen so genau, dass er sogar einen Faden durch ein Nadelöhr führen kann. YuMi ist die perfekte Ergänzung zum Menschen. Er wird nie müde, ihm ist bei der Arbeit nie langweilig, er ist nie krank, und er macht nie Fehler. Und der Kleine wirkt auch noch sympathisch. Was wir aus Science-Fiction-Filmen kannten, wird jetzt Wirklichkeit: Ohne weitere Schutzmassnahmen kann YuMi am gleichen Arbeitsplatz mit einem menschlichen Kollegen Hand in Hand zusammen an der gleichen Aufgabe arbeiten. Kollaborativer Roboter heisst das in der Fachsprache. Wenn anspruchsvollere Feinmechanik oder kör-

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Der perfekte Kollege: YuMi übernimmt monotone und langwierige Routinearbeiten.

Lernfähig, unfehlbar und überaus viel­ seitig: In ABBs YuMi stecken zehn Jahre Entwicklungsarbeit.

Keine Berührungsängste: Angela Merkel begutachtet ABB-CEO Ulrich Spiesshofers (2. v. l.) fleissigen Arbeiter.


In Kooperation mit ABB

perliche Berührung nötig sind, kann der Mensch die Aufgabe übernehmen. Diese Zusammenarbeit führt – unterstützt durch das Digitalangebot ABB Ability – zu einer Beschleunigung des Arbeitsprozesses, macht die Produkte besser und somit auch die Arbeitsplätze sicherer – und spannender. Für eintönige Arbeiten gibt es schliesslich YuMi. Und Fakt ist, dass Länder mit der heute höchsten Dichte an Industrierobotern wie Deutschland, Japan oder Südkorea die niedrigsten Arbeitslosenzahlen haben. «Die neue Arbeitswelt verlangt mehr Wissen und vor allem mehr Kreativität, grössere Flexibilität und den Willen zum Wandel», sagt ABB-CEO Ulrich Spiesshofer. Die vierte industrielle Revolution wird traditionelle Arbeitsverhältnisse und Arbeitszeit­modelle auf den Kopf stellen. Dafür müssen wir uns rüsten, nicht nur technisch, ist Spiesshofer überzeugt: «Wir werden in Zukunft drei bis vier Mal im Leben einen völlig neuen Job erhalten. Diese Entwicklung muss in der Bildungspolitik berücksichtigt werden», so der ABB-Chef. Für den ETH-Robotik-Professor Roland Siegwart ist klar: «Die Automatisierung erhöht den Lebensstandard. Die Tätigkeit in Minen, einige Kilometer unter Tag, ist keine menschenwürdige Arbeit. Diese sollten Roboter übernehmen.» Roboter wie YuMi. Auch wenn dieser durch-

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Fotos: Laura Lezza/Getty Images, Jeff Kravitz/Getty Images

Maestro YuMi: Der Roboter dirigiert in Pisa das Lucca Philharmonic Orchestra um Startenor Andrea Bocelli.

Roboter & Diva: Lady Gaga singt für David Bowie, ABB-Robotertechnik lässt ihr E-Piano tanzen.

aus menschenähnliche Züge zu haben scheint. Denn: So wie wir verschiedene Strategien haben, um uns weiterzuentwickeln, bleibt auch YuMi nicht stehen. Er setzt auf maschinelles Lernen. Wie ein kleines Kind kann man den lernwilligen Roboter an die Hand nehmen und ihm Schritt für Schritt die gewünschten Abläufe zeigen – schon führt er diese fehlerfrei aus. YuMi dirigierte diesen Herbst im Teatro Verdi in Pisa den Sänger Andrea Bocelli und das Lucca Philharmonic Orchestra. Gekonnt und einfühlsam leitete er den Startenor

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durch Verdis bekannte «Rigoletto»-Arie «La Donna e Mobile». Um das zu lernen, brauchte YuMi gerade einmal 17 Stunden. Maestro Andrea Colombini, Dirigent des Philharmonie-Orchesters Lucca, bereitete YuMi auf die Veranstaltung vor – und war begeistert von seiner ausgereiften Technologie. «Das Zusammenspiel von Ellbogen, Unterarm und Handgelenk des Roboters verlief reibungslos. Auch die wiederholten und anspruchsvollen Versuche zur Aufteilung von Auftakt und Taktanfang meisterte er dank seiner Flexibilität mit Bravour», sagte er. Die feine Gestik eines Dirigenten wurde vollständig reproduziert – auf einem Niveau, das er zuvor für unmöglich gehalten hatte. Und nicht nur YuMi ist gemacht für die grosse Bühne. Als Superstar Lady Gaga 2016 an den Grammys in Los Angeles dem kurz zuvor verstorbenen Pop-Chamäleon David Bowie Tribut zollte, tanzte das Piano mit. Auch in diesem steckte ABB-Technik – die Roboter sind quasi YuMis Geschwister. Mensch und Maschine spielen heute Hand in Hand.

Steht YuMi bald ∆hinterm Tresen? Mit YuMi hat ABB eine neue Generation von Robotern ein­ geführt, die einige Branchen erstmals über den Einsatz von Robotern nachdenken lässt. An der Expo in Mailand hat YuMi in einem Supermarkt der Zukunft Obst an Besucher verteilt. Es kamen rund 1000 Anfragen von Interessenten. Rund 500 davon aus Indus­ trien, die zuvor nicht an den Einsatz von Robotern gedacht hatten, etwa von der Nah­ rungsmittelindustrie. Viel­ leicht erleben wir YuMi bald als Gehilfen in der Bäckerei.


In Kooperation mit ABB

Wenn der Motor um Hilfe smst Von Max Fischer

Mit Fitness­trackern über­prüfen viele Menschen Blutdruck, Puls, Schlaf, Kalorienverbrauch und zählen Schritte. Jetzt gibt es das erste «Fitnessband» für Indus­triemotoren.

E

s ist ein Meilenstein in der Geschichte der Motorenwartung. Bis jetzt waren Überwachung und Unterhalt extrem aufwendig und teuer. Das ist Geschichte: Der von ABB entwickelte «smarte Sensor» liefert unter anderem Informationen zu Vibration, Temperatur oder Überlastung. Die gesammelten Daten werden von Algorithmen verarbeitet – sie bieten einen detaillierten Einblick in die Gesundheit des Motors. Die Daten werden drahtlos in eine cloudbasierte ABB-Ability-Anwendung hochgeladen. Mit ABB Ability bietet das Unternehmen eine konzernübergreifende Plattform und über 180 digitale Lösungen an. In der Anwendung werden die Daten analysiert und in Feedback umgewandelt. Bei Grün zeigt die Ampel «alles okay» an. Gelb bedeutet, dass es ein Problem gibt, die Wartung aber bis zum nächsten Service warten kann. Und Rot

Wie kann ich helfen? Ein Service-Techniker checkt die Nachricht des «smarten Motors».

heisst, dass ein kritisches Problem unmittelbar Massnahmen erfordert. Diese Informationen können von Smartphones, Tablets und Desktop-PCs aus abgerufen werden. Wenn es ganz brenzlig ist, schickt der automatische Sensor einen

Das Sprachrohr der Maschine: Der intelligente ABB-Sensor auf dem Industriemotor.

Alarm zum Techniker. Die innovative Lösung in Taschenformat kann in alten und neuen Motoren angebaut werden, sie ist auch nicht auf ABB-Maschinen beschränkt – über das Internet der Dinge ist die Vernetzung möglich. Diese neue Ära der Ferndiagnose bringt riesige Vorteile: Die Energieeffizienz wird um bis zu zehn Prozent verbessert, die Lebensdauer eines Motors gar um bis zu 30 Prozent verlängert. Und ungeplante Ausfallzeiten können um bis zu 70 Prozent verringert werden. Dank der enormen Einsparungen wird die Investition in weniger als einem Jahr amortisiert. Diese neue Technologie verwandelt einfache Motoren in smarte Motoren. Und diese werden zum wichtigen Element der vierten industriellen Revolution. Denn: Sie reden mit uns – auf ihre Weise.

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Schlauer wohnen Von Max Fischer

Digitale Assistenten revolutionieren die eigenen vier Wände: Wohnen wird bequemer, komfortabler und erst noch umweltschonender.

M

it Knopfdruck die richtige Atmosphäre: Smart-Home-Lösungen zaubern je nach Bedarf das passende Licht zum Arbeiten oder zum Kuscheln vor dem TV. Der Clou: Das System spricht dank Amazons Sprach­assistentin Alexa. Es versteht nicht nur «Alle Lichter einschalten». Es antwortet sogar mit «Okay. Alle Lampen sind eingeschaltet». Und es reagiert auch auf Fragen wie «Sind die Lichter noch an?». Ein Komfort-Schalter bietet Funktionen, wie sie bisher in dieser Art nicht verfügbar waren: Er schaltet auf Wunsch das Licht unabhängig ein und aus, sobald er eine Bewegung registriert. Wie lange und in welcher Stärke dieses leuchtet, ist frei wählbar. Und geht eine Person erneut durch den Flur oder ins Badezimmer, startet die Timer-Einstellung wieder von vorne. Das ist praktisch und sicher. Um den Komfort weiter zu steigern, schliesst die Astro-Funktion die Jalousien automatisch bei Sonnenuntergang und öffnet sie bei Sonnenaufgang oder wann immer gewünscht.

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Warner

Vernetzte Rauchmelder melden akustisch Gefahr.

Beleuchtung

Das Licht reagiert auf Sprache und Bewegung.

Das Bad wird zum Spa, die Küche zur Kommunikationszentrale. Vorspeise und Hauptgericht sind exakt dann fertig, wenn der Bewohner aus der Dusche steigt. Es gibt auch keinen Grund, das Haus wohlig warm zu heizen, wenn niemand zu Hause ist. Mit dem Digitalangebot ABB Ability können die Bewoh-

ner ihr Heizprofil nach ihrer täglichen Routine definieren – und dies in­di­vi­duell für jeden Raum. Das freut Portemonnaie und Umwelt: Jedes Grad weniger spart sechs Prozent Energie. Das Haus der Zukunft funktioniert zudem völlig autark. Es bezieht keinen externen Strom, es stellt den Pfuus mit Sonnenenergie und Erdwärme selbst her.


In Kooperation mit ABB

Energie

Das autarke Haus bezieht allen Strom aus Solarenergie und Erdwärme.

Storen-Sensor

Fotos: Thinkstock, ABB

Die Jalousien öffnen und schliessen sich bei Sonnenaufund untergang.

Temperatur

Das individuelle Heizprofil spart Energie.

Und es ist so sicher wie Fort Knox: Vernetzte Rauchmelder warnen akustisch. Die Videokommunikation zeigt, wer an der Türe läutet. Besonders praktisch: Alles können die Bewohner auch von unterwegs, aus dem Büro oder den Ferien per Smartphone oder Tablet regeln. «Home sweet home» mit dem Smart Home!

Video

Wer steht vor der Tür? Kommuni­ kation via Video sorgt für Sicherheit.

Eigenheim im Taschenformat: Das Smart Home wird bequem per Tablet kontrolliert und bedient.

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Fotos: Jean Revillard/Rezo, ABB

In Kooperation mit ABB

Geschenke des Himmels

Himmlische Pionierleistung: Die Solar Impulse fliegt über San Francisco.

Von Max Fischer

Pioniergeist macht das Unmögliche möglich: Die Weltumrundung von Solar Impulse führt zu revolutionären Innovationen im Bereich der E-Mobilität.

N

ur mit Sonnenenergie flogen Bertrand Piccard und André Borschberg Tag und Nacht einmal rund um die Welt. Aber wie war das Ganze eigentlich möglich? Vor und während der Mission geht ABB richtungsweisende Wege. Das Zauberwort: Mikronetze. Diese autonomen Stromnetze werden mit Solar- oder Windkraft betrieben – und sie verfügen über eine Notstromversorgung mit Batterien. Innerhalb von Sekunden können sie ihre Energiequellen wechseln. Solar Impulse ist ein solch fliegendes Mikronetz. «In den nächsten Jahren werden Mikronetze das Leben von Millionen Menschen verändern», ist ABB-CEO Ulrich Spiesshofer

überzeugt. Sie machen Industriefirmen in Regionen ohne Stromversorgung möglich. Oder sie verhelfen – optimiert durch das Digitalangebot ABB Ability – Gemeinden zu Elektrizität, die nicht ans Stromnetz an­geschlossen sind. Aus dem Bereich der E-Mobilität gibt es noch über weitere Innovationen zu berichten, etwa das Blitz-Ladesystem. Dieses wird jetzt für Elektrobusse eingesetzt. Für Power sorgt es schon Ende dieses Jahres im TosaElektrobus der Line 23 der Genfer Verkehrsbetriebe. Die schnellste Ladetechnologie der Welt benötigt weniger als eine Sekunde, um den Bus mit der Ladestation zu verlinken.

E-Tiger im Tank: Auf der Genfer Flughafenlinie wird die schnell­ s­te Ladetechnologie eingesetzt, bei Ladesäulen ist ABB Marktführer.

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Danach – während die Fahrgäste aus- und einsteigen – wird der Bus 15 Sekunden lang mit 600 Kilowatt geladen. Zum Vergleich: So viel Energie braucht es, um gleichzeitig 10 000 Glühlampen mit 60 Watt zum Leuchten zu bringen. Total 13 Schnellladestationen sind entlang der Vorortslinie an herkömmlichen Haltestellen montiert. Das System verwandelt Städte in Zentren mit weniger Lärm, Staus und Luftverschmutzung. Im Vergleich zu den jetzigen Diesel­ fahrzeugen werden in Genf jährlich bis zu 1000 Tonnen Kohlendioxid weniger erzeugt. Noch weiter fortgeschritten ist die SchnellladeInfrastruktur bei den PKW: Fast 200 Stationen hat ABB dem deutschen Energieanbieter EnBW für den Ausbau des Lade­säulen-Netzes auf deutschen Autobahnen geliefert. Weltweit ist der Technologie­konzern mit mehr als 6000 installierten Ladesystemen Marktführer. Gut 100 Jahre nachdem die frühere BBC die SBB elektrifiziert hatte, hat die heutige ABB im Bereich der E-Mobilität in der vierten industriellen Revolution die Nase vorn.


Intelligente Fertigung, dank des ABB AbilityTM Smart Sensor.

— Entsteht hier und jetzt: Die Zukunft industrieller Fertigung.

Entdecken Sie, wie ABB und die Schweiz ein neues Zeitalter digitaler Innovation vorantreiben: abb.com/ch Let’s write the future. Together.


Wir sind

Kanton GraubĂźnden Chantun Grischun Cantone dei Grigioni

LeRĂŠseau.ch


50% 65%

der Einkünfte sind durch verändertes Konsumverhalten in Gefahr. der Kinder werden Jobs ausüben, die es heute noch nicht gibt.

Die Zeit, die wir täglich vor einem elektronischen Gerät verbringen

8 Stunden 48 min

6%

11%

tragen einen Fitness-Tracker

90%

benutzen eine Smartwatch

haben ein Smartphone

31%

sehen auf einem Smart-TV fern

digitalswitzerland

Eine Bewegung I

nnert zweier Jahre von null auf hundert, das ist gewaltig: 2015 starteten Corine Mauch, Stadtpräsidentin von Zürich und Ruedi Noser, Zürcher Ständerat, auf Initia­ tive von Marc Walder, CEO der Ringier AG, gemeinsam mit einem guten Dutzend Fir­ menchefs grosser Schweizer Unternehmen die Initiative digitalZurich2025. In Zürich geboren, verbreitete sich die Bewegung als digitalswitzerland rasant über die ganze Schweiz – mit einem kräftigen Standbein auch in der Romandie. 90 renommierte Unternehmen und Institutionen aus der Wissenschaft sind heute Teil von digital­ switzerland, das auch mit der Politik wiede­ rum eng verbunden ist.

∆Dr. Christian Wenger

Partner Wenger & Vieli, Mitgründer und Präsident von digitalswitzerland

Wofür stehen wir?

1. Wir streben die besten politischen Rah­ menbedingungen für unsere Land und unsere Bürger in der digitalen Welt an. 2. Wir setzen uns dafür ein, dass die Men­ schen in der Schweiz eine Aus- und Weiterbildung bekommen, die ihnen sehr gute berufliche Chancen in der digitalen Revolution eröffnet. Wir wollen die besten Talente in der Schweiz hochklassig ausbilden und die besten Talente in die Schweiz holen. 3. Wir fördern Start-ups. Die Schweiz wird das Mekka für digitale Jungunternehmen. 4. Wir unterstützen die Unternehmen – auch KMU – in ihren digitalen Kompetenzen. 5. Wir zeigen der Öffentlichkeit, was Digi­ talisierung konkret heisst und welche Chancen sich für jeden Einzelnen und für die Schweiz als Ganzes ergeben, wenn man diese zu nutzen weiss. Die Schweiz hat beste Voraussetzungen dafür.

Innerhalb dieser Bereiche haben wir 25 Projekte identifiziert, die wir bei digital­ switzerland selber umsetzen oder finanziell unterstützen. Dazu gehören der Digitaltag, der digitale Aktionsplan von Wirtschaft, Verwal­ tung und Politik, die Entwicklung von educa­ tiondigital.ch, einer Plattform für die Aus- und Weiterbildung in digitalen Berufen, sowie ein Programm für die beschleunigte Entwicklung von jungen Unternehmen. Wir alle leben und arbeiten mitten im digitalen Umbruch und sind damit Zeugen einer historischen Epoche. Wir sind aber gefordert, eine lebenswerte digitale Gesellschaft zu entwickeln, in der alle Menschen ihren Platz finden. Unterlassen wir dies, steuern wir ungehemmt auf eine Zwei­ klassengesellschaft der Gewinner und Verlie­ rer zu. Die digitale Transformation verlangt von uns allen Solidarität und die Bereitschaft, uns immer wieder anzupassen und weiterzu­ entwickeln. Dafür setzen wir uns ein.

Die Schwerpunktthemen von digitalswitzerland Politische Rahmenbedingungen ∆ Schaffung eines nachhaltigen rechtlichen und regulatorischen Umfelds

Bildung & Talente ∆ S teigerung von Umfang und Qualität der digitalen Bildung ∆ Förderung von Talenten

Start-upFörderung ∆ Finanzierung und Förderung von Innovation und Wirtschaft

UnternehmensFörderung ∆ Branchenübergreifende Pionier-Projekte ∆ Leuchtturm-Konferenzen

Öffentlicher Dialog ∆ Schärfung des öffentlichen Bewusstseins

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Die Highlights am Digitaltag ­ rleben Sie am 21. November, welche E Chancen die Digitalisierung bietet. Am ersten Schweizer Digitaltag präsen­ tieren landesweit 40 Unternehmen und Institutionen ihre Visionen. Bern

Chur

Bahnhof Wankdorf 8:00 bis 18:00 Uhr Wer den Hauptsitz der Post besuchen möchte, muss nicht zu Fuss gehen. Das autonom fahrende SmartShuttle von Postauto, sonst in Sion, bringt Besucher vom Bahnhof Wankdorf zum Postgebäude.

Gürtelstrasse 14 8:00 bis 20:00 Uhr Graubündens verschlungene Talschaften erschweren die wirtschaft­ liche Entwicklung. Doch die Digi­talisierung lässt die Distanzen verschwinden und die Täler näher zusammenrücken. Wie genau, das präsentiert der Kanton in Chur an der Gürtelstrasse 14.

RUAG 9:00 bis 20:00 Uhr Dass der Industrie- und Rüstungskonzern Ruag seine Türen öffnet, kommt selten vor. Zu sehen bekommen Besucher etwa, wie Ruag die Spezialisten in der Abwehr von Cyberattacken schult. Schweizerische Post 8:15 bis 17:00 Uhr Besuchen Sie den Hauptsitz der Schweizerischen Post – zum Meet and Greet mit Drohnen und Robotern. Der gelbe Riese zeigt den Besuchern, wie solche Ideen ent­ wickelt werden. An verschiedenen Marktständen gibt es zudem zehnminütige Präsentationen zu den neuen Technologien.

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Genf Bahnhof Genf Cornavin 6:32 bis 20:35 Uhr Zwischen Genf und St. Gallen verkehrt ein speziell von den SBB eingerichteter Zugwagen. Im ein­ maligen Digitalwagen reisen prominente Gäste aus Politik und Wirtschaft. Es gibt natürlich aber auch noch freie Plätze für am Thema Digitalisierung Interessierte. Präsentiert werden etwa künftige Formen der Zusammenarbeit.

Härkingen SO Paket- und Briefzentrum 8:00 bis 17:00 Uhr Der Online-Handel hat bei der

Genf Cornavin: 6:00 bis 20:00 Uhr

Was bewirkt die Digitalisierung in der Luft? Am Bahnhof Genf Cornavin stellt die Swiss neue Technologien vor, die besonders in den C-Series-Flugzeugen zum Einsatz kommen.

Post eine regelrechte Paket-Flut ausgelöst. Doch wie meistert sie das Sortieren und Verteilen? Einblick erhalten Besucher in den Paketzentren Härkingen SO, Daillens VD und Zürich-Mülligen.

Kloten, Flughafen 9:00 bis 19:00 Uhr Die Flughafen Zürich AG und Swiss bieten einen einmaligen Blick hinter die Kulissen der Luftfahrt-Industrie. So erfahren interessierte Besucher etwa, wie sich Crew-Mitglieder vor dem Abflug jeweils vorbereiten, wobei ihnen das digitale FlyPad hilft und wie es in der neuen Boing 777300 ER aussieht – Virtual Reality Brillen machen es möglich.

Nidau BE Aarbergstrasse 5 9:00 bis 17:00 Uhr Schon mal vom Darknet gehört? Dem Bereich im Internet, den man nicht einfach via Google finden kann? Wo auch illegale Ware gehandelt wird? Die Berner Fachhochschule zeigt, was dort alles abläuft.

St. Gallen Swisscom Shop 10:00 bis 18:00 Uhr Hier erhalten Interessierte einen Crashkurs zur Smartphone-Nutzung. Gleiche Kurse gibt es auch in den Swisscom-Shops in Baden, Basel, Bern, Genf, Lausanne, Luzern, Neuenburg, Winterthur und Zürich.


Lugano 9:00 bis 18:00 Uhr

Die Credit Suisse lädt auf eine Reise durch die digitale Welt des Geldes ein. Dazu gibt es für Besucher einen Parcours mit verschiedenen Posten – von Virtual-RealityBrillen über Einkaufen mit dem Smartphone bis zur Bekanntschaft mit einem Roboter. Dasselbe Programm findet auch in CS-Filialen in Basel, Bern, Genf, Winterthur und in einem Pop-up Store im Bahnhof Zürich statt.

Zürich HB: 8:00 bis 20:00 Uhr

Zwar finden am Digitaltag schweizweit Veranstaltungen statt. Die grosse Halle des Bahnhofs Zürich bildet jedoch das Herzstück. Hier sind zahlreiche Unternehmen vertreten, welche ihre digitalen Projekte präsentieren. Weitere Knotenpunkte bilden die Bahnhöfe Genf, Lugano und Chur.

Zürich, Hauptbahnhof 8:30 bis 19:30 Uhr Dank moderner Technik der nächsten Erkältung trotzen? Wie das gehen soll, zeigt die Migros etwa mit ihrer Gesundheitsplattform iMpuls. 9:30 bis 18:30 Uhr Bereits einmal in die virtuelle Realität eingetaucht? Die Blick-Gruppe und Valora zeigen Ihnen, wie Sie Videos neu erleben können. Schauen Sie in den Blick-Newsroom, nehmen Sie in einem Kampfjet Platz oder spielen Sie mit Belinda Bencic Tennis.

13:00 bis 19:30 Uhr Wir werden immer älter. Auch dank neuer Technologien. Das hat grosse Auswirkungen auf Beruf, Familie und Gesellschaft. Der Lebensversicherer Swiss Life präsentiert 44 realistische Szenarien für die Zukunft. 8:30 bis 19:30 Uhr Erleben Sie eine von den SBB veranstaltete Tour durch den Hauptbahnhof – und zwar mit Hilfe von Augmented Reality. Auf spielerische Art erleben Sie so einen Einblick in die Zukunft der Mobilität.

8:30 bis 19:30 Uhr Vielleicht haben Sie schon von der Digitalwährung Bitcoin und der dahinter stehenden Technologie namens Blockchain gehört. Das Beratungsunternehmen EY zeigt, wie diese Blockchain funktioniert – und was sich mit diesem Prinzip noch machen lässt. 8:30 bis 19:30 Uhr Elektronische Patientendossiers, Rezepte aufs Smartphone, Gesundheitschips unter der Haut – das sind nur die ersten Wegbereiter bei der

Fotos: Cemil Erkoc, Thomas Lüthi/HEG, mauritius images/Dino Fracchia/Alamy

Digitalisierung der Gesundheitsbranche. Das Beratungsunternehmen PwC führt ein öffentliches Brainstorming durch. Ideen sind gefragt. 8:30 bis 19:30 Uhr Den Computer allein mit Gedanken steuern: Klingt nach Science-Fiction, ist aber möglich. Die Zürcher Hochschule der Künste und die ETH zeigen in einem Videospiel, wie das geht. 8:30 bis 19:30 Uhr Die Digitalisierung hat die Medienlandschaft mächtig umgepflügt. SRF, sowie BILANZ, BLICK, Handelszeitung und Schweizer Illustrierte zeigen, wie sie mit dem Wandel in der Branche umgehen. 8:30 bis 19:30 Uhr Weihnachten steht kurz vor der Tür. Backen Sie deshalb schon jetzt Guetsli – mit dem 3D-Drucker! Am Swisscom-Stand können Sie eigene Guetsliformen entwerfen und diese gleich noch drucken lassen. 12:30 bis 17:45 Viktor Giacobbo steigt in den digi­talen Boxring. In der Rolle als Digitalisierungs-Kritiker bietet er je einen 15-minütigen verbalen Schlagabtausch mit den CEOs von Post (Susanne Ruoff), Ringier (Marc Walder), SBB (Andreas Meyer) und Swisscom (Urs Schaeppi).

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Freund Von Peter Hossli

Unser Leben wollen sie verbessern und gleichzeitig die Herrschaft über die Welt erlangen. Sind Facebook, Google und Amazon ein Fluch oder ein Segen?

Amazon Gemäss der aktuellen «Forbes»Liste ist er der reichste Mensch auf Erden (90,6 Mrd. Dollar): Jeff Bezos (53), Gründer Amazon.

Z

wei Milliarden Menschen tummeln sich auf Facebook. Zu wenig für Facebook-Chef Mark Zuckerberg (33). Er will alle Erdenbürger auf der so­zialen Plattform vereinen. Näher zusammenrücken sollen sie, Gruppen bilden und einander helfen, das Leben zu meistern. «Nur gemeinsam» liessen sich Chancen künftig packen und Probleme lösen. Er meint: gemeinsam auf Facebook. Zuckerberg ist nicht der einzige Milliardär auf Mission. Amazon-Chef Jeff Bezos (53) vereinfacht digitales und reales Shoppen. Die Google-Gründer Sergey Brin (44) und Larry Page (44) tragen weltweites Wissen weiter. Was die Konzerne aus dem Silicon Valley verheissen, kostet oft nichts, hat aber einen Preis. Nicht Dollar und Franken nehmen sie ein, sondern

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das Gold der Gegenwart: persönliche Daten. Durch jeden Klick, jede Suche und jeden Like offenbaren wir uns. Algorithmen von Google und Facebook verarbeiten die Daten und erkennen, wer was wann wo warum mag. Werber können gezielt Inserate schalten. Träger weisser Socken sehen nie digitale Werbung für bunte Socken. Konservative erhalten nur Nachrichten konservativer Politiker. Reich und mächtig geworden sind die kalifornischen Datenschürfer. Nachahmer haben geringe Chancen – wie einst die Goldgräber der zweiten Welle, die im Goldrausch erfroren.

Siebzig Prozent des digitalen Werbekuchens heimsen Facebook und Google ein. Der Duopol sicherte sich letztes Jahr 89 Prozent des Wachstums bei digitaler Werbung. Konzerne im Silicon Valley würden die Medien und somit einen Pfeiler der Demokratie bedrohen, warnt der Chef des US-Verlegerverbands News Media Alliance, David Chavern. «Sie greifen unsere Fähigkeit an, echte News zu produ­ zieren», sagt er zu «Bild». Sein Appell: «Das muss aufhören!» Eine zahnlose Parole. Fünf TechKonzerne scheinen uneinholbar Apple, Google, Amazon, Facebook und Microsoft sind an der Börse wertvoller als die dreissig grössten deutschen Konzerne, ihre Forschungsabteilungen tonangebend, die Kassen voll. Aufkeimende Konkurrenten und gute


oder Feind? Facebook Ist überzeugt, dass Facebook zur Lösung der grossen Probleme der Menschheit beiträgt: Mark Zuckerberg (33), Gründer Facebook.

und Roboter, um kluge Assistenten zu entwickeln. Sie sollen Stimmen verstehen, steuern Autos, pflegen Kranke, füllen leere Kühlschränke auf. Laut rufen die Chefs alter Industrien nach neuen Regeln. Gesetzgeber sind gefordert. Schränken sie das Recht der Stärkeren zu sehr ein, binden sie zwar die US-Übermacht zurück, hemmen aber den Fortschritt. Die Lenker der Tech-Riesen pfeifen auf neue Gebote. Sie sehen sich als gute Könige in Demokratien voller Bettler. Mit ihren Milliarden beeinflussen sie Politik und Gesellschaft. Ihre Software bestimmt, wie Kinder lernen, Staaten funktionieren. Zuckerberg werden Ambitionen auf das Weisse Haus nachgesagt. Wobei er dann nur noch Präsident der USA und nicht mehr der Welt wäre.

Google, 1998 in Kalifornien gegründet, eröffnete 2004 in der Schweiz ein erstes Büro. In Zürich unterhält der Konzern mittlerweile das grösste Forschungs- und Entwicklungszentrum ausserhalb der USA. Zoogler heissen intern die über 2200 ­Zürcher Google-Mitarbeiter aus 75 Nationen. Sie tüfteln an der Video-Plattform Youtube, entwickeln Gmail weiter sowie Maps für Europa, den Nahen Osten und Afrika. 2016 gab Google bekannt, bis im Jahr 2021 den Personalbestand in Zürich auf 5000 Personen zu erhöhen. Aber auch Apple lässt sich in Zürich nieder: Im Kreis 5 wurde ein ganzes Stockwerk gemietet. Wofür? Geheim. Alles deutet aber auf den Bereich Computer Vision hin – also darauf, dass Computer und Geräte ihre Umgebung wahrnehmen können. Apple übernahm kürzlich ein Robotik-Team der ETH und kaufte vor zwei Jahren die Zürcher VR-Firma Faceshift. Und auch Facebook baut aus – bzw. die Tochter Oculus. ­Nirgendwo ausserhalb des Stammlandes USA stellt die Firma mehr Spezialisten für Computer Vision ein als in Zürich. Die ETH hat im Bereich Computer Vision die grösste Dichte an Professoren. Das ist für die Tech-Giganten Gold wert. Und für Zürich.

Fotos: Mackenzie Stroh/Contour by Getty Images, F. Scott Schafer/Contour by Getty Images

Ideen kaufen sie sofort auf. «Lächerlich, wer glaubt, Facebook, Google und Apple seien 2075 nicht mehr da», sagt Apple-Co-Gründer Steve Wozniak (67). «Sie haben so viel Geld, sie können in alles investieren.» Jede Branche fallen sie an. Ins Visier nähmen sie bald das Gesundheitswesen, so Analysten der Bank HSBC. Google wie Apple und Microsoft versuchen, ihre Betriebssysteme zu Standards der Autoindustrie, des Maschinenbaus und der Energiegewinnung zu machen. Von innen höhlen sie alte Industriezweige aus wie trojanische Pferde. Um die Zukunft zanken sie sich untereinander. Zwei Bereiche geraten in den Fokus: Bei der virtuellen Realität liegt Apple vorne; bei künstlicher Intelligenz führen Google, Facebook und Amazon. Alle vernetzen Rechner

∆Silicon Zürich


00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000011111111100000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000011111111111111111111100000000000000000000000000000 00000000000000000000000000011111111111111111111111111100000000000000000000000000 00000000000000000000000011111111111111111111111111111111100000000000000000000000 00000000000000000000001111111111111111111111111111111111111000000000000000000000 00000000000000000000111111111111111111111111111111111111111110000000000000000000 00000000000000000001111111111111111111111111111111111111111111000000000000000000 00000000000000000111111111111111111000111000111111111111111111110000000000000000 00000000000000001111111111111111111000111000111111111111111111111000000000000000 00000000000000011111111111111111111000111000111111111111111111111100000000000000 00000000000000011111111111111000000000000000000001111111111111111100000000000000 00000000000000111111111111111000000000000000000000011111111111111110000000000000 00000000000000111111111111111111100000111111100000011111111111111110000000000000 00000000000001111111111111111111100000111111110000011111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000111111100000011111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000000000000001111111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000000000000000011111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000111111100000001111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000111111111000000111111111111111000000000000 00000000000001111111111111111111100000111111111000000111111111111111000000000000 00000000000000111111111111111111100000111111110000000111111111111110000000000000 00000000000000111111111111111000000000000000000000001111111111111110000000000000 00000000000000011111111111111000000000000000000000111111111111111100000000000000 00000000000000011111111111111111111000111000111111111111111111111100000000000000 00000000000000001111111111111111111000111000111111111111111111111000000000000000 00000000000000000111111111111111111000111000111111111111111111110000000000000000 00000000000000000001111111111111111111111111111111111111111111000000000000000000 00000000000000000000111111111111111111111111111111111111111110000000000000000000 00000000000000000000001111111111111111111111111111111111111000000000000000000000 00000000000000000000000011111111111111111111111111111111100000000000000000000000 00000000000000000000000000011111111111111111111111111100000000000000000000000000 00000000000000000000000000000011111111111111111111100000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000001111111000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000 00000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000000

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Kantönligeist beim E-Voting Von Olalla Piñero Trigo

Es kommt zwar langsam, aber es kommt. Der Bundesrat will die elektronische Stimmabgabe bis 2019 in zwei Drittel der Kantone einführen.

D

as E-Voting gewinnt in der Schweiz an Bedeutung: Genf, Bern, Luzern, BaselStadt, Aargau, St. Gallen und Neuenburg bieten den Stimmbürgern diese Alternative bei gewissen Abstimmungen bereits an. Dabei haben Auslandschweizer Priorität. Die elektronische Stimmabgabe soll sich neben der Wahl an der Urne und der brief­ lichen Abstimmung als dritter ordentlicher Kanal etablieren. Die Frage nach dem E-Voting wurde zum ersten Mal 1998 aufgeworfen. Bund und Kantone lancierten im Jahr 2000 die Arbeitsgruppe «Vorprojekt Vote électronique». In diesem Rahmen wurden die Pioniere Genf, Neuenburg und Zürich – Test-Kantone des E-Votings in der Schweiz – mit Finanzierungen in Höhe von 80 Prozent unterstützt. 14 Kantone haben seit 2004 rund 200 Versuche durchgeführt. Das Ergebnis: Über 60 Prozent der Stimmberechtigten, die den elektronischen Stimmkanal nutzen konnten, haben sich für dieses Abstimmungsverfahren entschieden. Also beschlossen die Bundesbehörden, das System schrittweise auszudehnen. Der Bundesrat strebt an, dass zwei Drittel der Kantone es 2019 anlässlich der eidgenössischen Wahlen einsetzen. Allerdings gibt es in der föderalistischen Schweiz grosse Unterschiede in Bezug auf die elektronische Stimmabgabe. Der Bundesrat legt

Heute

Abstimmung zwar den gesetzlichen Rahmen für die Ausübung der politischen Rechte fest, die Durchführung und das Abstimmungsverfahren obliegen jedoch den Kantonen. Deshalb gibt es Vorreiter wie Genf, Neuenburg und Zürich, während Kantone wie Waadt, Jura und Wallis eher hinterherhinken. Zurzeit sind zwei Systeme im Einsatz: CHVote, das vom Kanton Genf entwickelt wurde, und das E-Voting-System der Post. Beide Systemanbieter liefern sich einen gnadenlosen Kampf bei dem Versuch, jeden neuen Partner von den Vorzügen ihres jeweiligen Systems zu überzeugen. Während sich die Kantone Bern, Luzern, Aargau und St. Gallen für CHVote entschieden haben, hat Basel-Stadt Anfang 2017 das System des gelben Riesen eingeführt und schliesst sich damit Neuenburg und Freiburg an. Einige Kantone sind eher zurückhaltend und haben

Angst vor Sicherheitslücken und Hackern. Der dritte Bericht des Bundesrates fordert für 2018 eine hundertprozentige Rück­ verfolgbarkeit dieser Systeme, um sicher­ zustellen, dass die Stimmabgaben korrekt aufgezeichnet und gespeichert wurden. E-Voting hat allerdings auch zahlreiche Vorteile: Es ist wesentlich weniger zeitaufwendig und könnte zu einer höheren Wahlbeteiligung beitragen. Zudem wäre E-Voting bedeutend billiger, da Porto gespart werden könnte und es weniger Personal erfordert, um die Stimmen auszuzählen. Auch die Bürger sind von der Schnelligkeit und Bequemlichkeit angetan und scheinen bereit für den Schritt in die E-Voting-Zukunft: Eine 2016 vom Zentrum für Demokratie in Aarau (ZDA) durchgeführte Erhebung zeigt, dass mehr als zwei Drittel der Befragten die elektronische Stimmabgabe befürworten.

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Gadgets, die die W Von Lorenz Keller

Die digitale Welt dreht sich rasend schnell. Vor dem iPhone waren Smartphones ein Rand­ phänomen – und das ist erst zehn Jahre her. Wir zeigen, welche Erfindungen wegweisend waren.

1968 Moderner Röhrenfernseher: Sony Trinitron Sony verhalf dem Farbfernsehen zum Durchbruch. Denn der Trinit­ ron hatte erstmals nur eine Röhre, war kompakt und günstig.

1977

1979

1982

Spielkonsole:Atari 2600

Portabler Kassettenplayer: Sony Walkman

Massen-Computer: Commodore 64

Die Konsole löste den ersten VideospielBoom aus. Prägend bis heute.

1986 Pager für die Masse: Motorola Bravo Der Motorola Bravo war ein Bestseller und der erste Pager fürs breite Publikum. Er konnte fünf Messages mit je 24 Zeichen speichern.

1996

Unterwegs über Kopfhörer Musik geniessen, das war eine Revolu­ tion in einer Zeit, in der Vinyl den Markt dominierte. Sony verkaufte 200 Millionen Stück – der Walk­ man wurde zum Synonym für alle portablen Musikplayer.

1998

Touchscreen-Handheld: Palm Pilot Touchscreen (monochrom) und Apps wie Kalen­ der oder Adress­ buch: Die Personal Digital Assistants (PDAs) sind die Grossväter des Smartphones. Palm verkaufte Millionen.

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Der Commodore ist der meistverkaufte PC. Und war für viele Nicht-Profis der Einstieg in die Computerwelt.

1989 Portable Konsole: Nintendo Game Boy 200 Millionen Game Boys verkaufte Nintendo. Plötz­ lich spielte jedermann – jederzeit und überall.

2001

2004

E-Mobil: Segway

Der sich selber ausbalan­ cierende Roller ist zum Symbol für die Elektromo­ bilität geworden.

Erster MP3Player: Diamond Rio PMP300

Der erste erfolgreiche MP3-Player mit 32 MB Speicher und einem Kar­ tenslot kam auch gleich mit dem ersten OnlineStore für Musik.

Portables Navi: TomTom Go Das erste All-in-one-GPSNavi war kein Luxusgut mehr. Navigation wurde plötzlich für jedermann erschwinglich.


elt veränderten 1970

1972

Taschenrechner: Canon Pocketronic Calculator

Digital-Uhr: Hamilton Pulsar

1983

1984

Mobiltelefon: Motorola Dynatac 8000x

PC mit Maus und grafischer Oberfläche: Apple Macintosh

Der Canon kostete umgerechnet auf heutige Verhältnisse mehr als 2000 Franken Fünf Jahre später sank der Preis für Taschenrechner auf unter 100 Franken.

Das erste echte Mobiltelefon wog 800 Gramm und kostete um­gerechnet auf heutige Ver­ hältnisse rund 10 000 Franken.

Die erste Digital-Uhr mit LEDs stand für die futuristische Zukunft und war im 007-Film «Live and Let Die» zu sehen.

Apple konnte zwar den PC-Markt nicht wirklich erobern, Innovationen wie die Maus oder die Benutzeroberfläche wurden aber schnell von allen kopiert.

1994 Game-Konsole: Sony Playstation Seit über 20 Jahren dominiert Sony den Konsolen-Markt – auch für Erwachsene.

2007

2008

2010

Smartphone: iPhone

Erstes AndroidPhone: HTC Dream

Tablet für die Masse: Apple iPad

Das iPhone mit seinen Apps und der Touchscreen-Bedienung war nicht das erste smarte Telefon, veränderte und dominierte aber die ganze Branche.

Das Dream basierte als ers­ tes Gerät auf Android. Die grosse Neuerung: Notifikatio­ nen und die Integration der Google-Dienste.

2012

2016

Consumer-Drohne: DJI Phantom 1

VR-Brille: Oculus Rift

Drohnen verändern Fotografie, Video und Film. Mit der Phantom-Reihe von DJI etablierten sich Fluggeräte, die auch für Laien finanzier- und steuerbar sind.

Auch beim Tablet war Apple nicht Pionier, aber der erste Hersteller, der es richtig machte. Das iPad dominiert bis heute den Markt.

Die Oculus Rift steht am Anfang des Virtual-RealityBooms – ursprüng­ lich finanziert durch Crowdfunding.

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Der Arzt, dem die Männer vertrauen Von Gabi Schwegler

Im Zürcher Stadtspital Triemli gehört ein digitaler Gehilfe zum festen Inventar im OP. Das Gelingen eines Eingriffs hängt aber noch immer vom Chirurgen ab, sagt Chefarzt Michael Müntener. 62  www.digitaltag.swiss


∆Zur Person

Der Zürcher Michael Müntener (47) ist seit fünf Jahren Chefarzt der Klinik für Urologie des Stadtspitals Triemli. Er studierte an der Universität Zürich Medizin, arbeitete anschliessend im Spital Limmattal, forschte in Baltimore (USA) und war dann fünf Jahre in der Urologie des Universitätsspitals Zürich tätig. Die roboterassistierte Chirurgie gehört zu seinen Schwerpunkten.

«Die Patienten haben den Anspruch, mit der moderns­­ten Technik operiert zu werden». Chef­arzt Michael Müntener.

E

s ist eine Art Marionettenspiel 2.0: Mit den Händen steuert Michael Müntener, Chefarzt der Klinik für Urologie am Stadtspital Triemli, die Operationsinstrumente im Körperinnern des Patienten, mit den Füssen reguliert er Kamera und Licht. Operiert er, sitzt er an einer Konsole, blickt in die zwei Kameralinsen. Zwei Meter von ihm entfernt liegt der Patient auf dem Operationstisch, darüber die vier krakenhaften Arme des «Da Vinci»-Roboters, welche die Bewegungen von Müntener in zehn Mal kleinere Dimensionen übersetzen. Was kompliziert klingt, «ist nicht schwieriger als Autofahren», sagt Chefarzt Müntener. «Die Steue-

rung der Instrumente ist so einfach gestaltet, damit sich der Chirurg komplett auf die eigent­liche Operation konzentrieren kann.» Im Stadtspital unterhalb des Uetlibergs werden urologische Schlüssellochoperationen fast ausschliesslich roboterunterstützt durchgeführt. Das sind minimalinvasive Eingriffe, bei denen die Operationsinstrumente und eine Kamera durch wenige kleine Löcher in der Bauchdecke eingeführt werden. Besonders geeignet ist diese Art von Operation bei Entfernungen von Tumoren an Prostata, Nieren oder Blasen. «Da Vinci» arbeitet allerdings nicht autonom, sondern wird von einem Chirurgen gesteuert. «Die-

ser bleibt mit seinem Wissen und seiner Erfahrung der entscheidendste Faktor für das Gelingen eines Eingriffs», so Müntener. «Da Vinci» ist also genau genommen kein Roboter, sondern ein hochentwickeltes chirurgisches Instrument. Doch weil die korrekte Bezeichnung «Telemanipulator» zu kompliziert ist, bleibt «Da Vinci» im Volksmund ein Roboter. «Allein dieses Wort hat grossen Einfluss auf Wahrnehmung durch die Patienten», sagt Müntener in seinem Eckbüro, unter ihm die Stadt im Herbst­regen. «Roboter gelten als etwas Neues, und Neues gilt als besser. Das ist in vielen Köpfen tief verankert.» Die Zahl der Prostatakrebs-Operationen sank im Triemli, solange kein «Da Vinci» im OP stand. «Ohne diese Maschine kann man in der Schweiz keine operative Urologie mehr betreiben», sagt Michael Müntener. «Die Patienten haben den Anspruch, mit der modernsten Technik operiert zu werden.» Eine Studie des renommierten Fachmagazins «Lancet» stellte 2016 den Nutzen von

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«Da Vinci» aber in Frage: Es resultierte kein Unterschied zwischen offen operierten Patienten und solchen, die mit «Da Vinci» operiert wurden – sowohl in Bezug auf die Krebs­heilung als auch bezüglich Erhalt der Kontinenz. Von «Rückschlag für Roboter im Operationssaal» war in der Folge zu lesen. Dabei seien wichtige Ergebnisse aus der gleichen Studie unterschlagen worden, sagt Müntener: Bei den robotergestützten Operationen war der Blutverlust drei Mal geringer, die Patienten hatten nach dem Eingriff deutlich weniger Schmerzen und waren nur halb so lange im Spital. Trotzdem glaubt der Urologe nicht, dass Roboter den Chirurgen einst komplett ersetzen. «Das Ziel sollte sein, aus beiden Welten das Beste zu nehmen: das Wissen und die Erfahrung des Menschen und die Präzision und Rechenleistung der Maschine.»

«Da Vinci» in Aktion: Der Chirurg steuert von seiner Konsole aus die Operationsinstrumente und die Kamera im Körperinnern des Patienten.

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Chip im Körper, Herz aus dem 3D-Drucker E

s sind zwei Adjektive, wonach die Forschung lechzt: lang und gesund. So gründete Google 2013 etwa das Biotechnologieunternehmen Calico, das gemäss Website «den Alterungsprozess, eines der grössten Mysterien des Lebens, entschlüsseln will». Calico will Methoden entwickeln, die helfen, die Biologie zu verstehen, und ermöglichen, dass Menschen länger und gesünder leben. Ein Wunsch, welcher der Internetgigant mit anderen Unternehmen und Wissenschaftlern teilt. So sieht die Gesundheitsvorsorge der Zukunft aus – vier Beispiele:

Wearables und Chips Fitnessarmbänder und smarte Uhren – sogenannte Wearables – gehören bereits heute zur Standardausrüstung vieler. Wir vermessen uns selber, um dem vitalen Wunsch-Ich immer näher zu kommen. In den USA wurden bereits elektronische Pflaster getestet, welche die Körperfunk­ tionen messen und die Daten kabellos übertragen. Den Forschern gelang es, mit diesem intelligenten Pflaster Werte wie die Hauttemperatur, die Herzfrequenz und den Sauerstoffgehalt im Blut zu ermitteln. Die Weiterentwicklung davon sind medizi­ nische Mikrochips, die unter die Haut implantiert werden und Körperfunktionen und Aktivitäten aufzeichnen.

Fotos: Jürg Waldmeier

Belohnungen für Versicherte Leben Menschen gesünder, sinken die Gesundheitskosten. Es erstaunt deshalb nicht, dass Krankenversicherungen in der Gesundheitsförderung vorne mit dabei sind. Die Versicherung CSS belohnt zum Beispiel jene Versicherten, die pro Tag mindestens 10 000 Schritte gehen, mit 40 Rappen pro Tag. So lassen sich in einem Monat 12.40 Franken an Prämien sparen. Oder Nutzer der Helsana+-App können Pluspunkte sam-

meln, indem sie etwa regelmässig schwimmen, Ernährungskurse besuchen oder sich im Sportverein engagieren. Die gesammelten Punkte können sie gegen Bargeld (bis zu 300 Franken pro Jahr) tauschen oder von Rabatten bei Partnerangeboten profitieren.

Intelligente Linsen Es war ein aufsehenerregendes Joint Venture: Google und Alcon, eine Tochtergesellschaft von Novartis, begannen 2014 an intelligenten Kontaktlinsen zu forschen. NovartisCEO Joe Jimenez sagte damals, er hoffe, dass die Linsen in fünf Jahren auf dem Markt seien. Geforscht wird an autofokussierenden Linsen für Menschen mit Alters- oder Weitsichtigkeit und an Linsen, die bei Diabe­ tikern in der Tränenflüssigkeit den Blut­ zuckerspiegel messen. Die Werte sollen dann kabellos an ein mobiles Gerät übermittelt werden. Ende letzten Jahres gaben die beiden Unternehmen bekannt, dass sich die Tests an Menschen aufgrund der komplexen Technologie verzögern würden. Es wird aber weiterhin an der «smart lens», die einen wichtigen Meilenstein in der Augenheilkunde markieren würde, gearbeitet.

Organe aus dem 3D-Drucker Sie ermöglichen die Erstellung von Implantaten wie Hüftprothesen. Mit fortschreitender Entwicklung des 3D-Druckers gewinnt das Drucken von Organen und Stamm­zellen an Bedeutung – was den Mangel an Spenderorganen lösen würde. Funktionsfähige Leberzellen wurden schon gedruckt, einem Patienten in Wales wurde ein Kiefer aus dem 3D-Drucker implantiert. Bis ganze gedruckte Organe, die auf eine Versorgung mit Blutgefässen und Nerven angewiesen sind, implantiert werden können, ist es aber noch ein weiter Weg. Optimisten gehen von etwa zehn Jahren aus.

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It’s a Match! Von Caroline Fux

Online-Dating mauserte sich innert weniger Jahre vom Mauerblümchen zum Platzhirsch. Caroline Fux, Psychologin und Blick-Sexberaterin, erklärt den Reiz von Tinder – und was in Sachen Dating auf uns zukommen könnte.

H

ier treffen sich die, die sonst niemanden abbekommen – das war lange das Image von Online-Dating. Entsprechend mochte lange kaum jemand zugeben, sein Herzblatt (oder Sexdate) im Netz kennen gelernt zu haben. Heute gibt es kaum mehr Singles, die Online-Dating nicht mindestens ernsthaft in Betracht ziehen und das auch erzählen. Die Fragen zum Thema Liebe und Internet, die ich in der Sexberatung des Blicks bearbeite, sind zahlreicher geworden. Am meisten Bauchweh macht Männern und Frauen die Unverbindlichkeit, die zum Online-Dating zu gehören scheint. Beflügelnd enge Kontakte werden schnell geknüpft, aber auch rasch wieder gekappt. Und das tut weh. Tinder gilt in Sachen Dating nicht nur als das aktuelle Wunderkind, sondern auch als Paradebeispiel für virtuelle Oberflächlichkeit. Statt auf lange Fragebögen setzt die App auf Bilder und knappe Steckbriefe. Wer einem nicht zusagt, wird nach links weggewischt. Wer gefällt, erhält ein Swipe nach rechts und damit ein Like. Chatten kann man mit der betreffenden Person nur, wenn diese einen auch geliked hat. Ein geniales Prinzip.

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Beim einen oder anderen Liierten keimt angesichts der Tinderei ab und zu sogar etwas Neid auf. Wo sonst kann man gefahrlos und bequem wie ein Kaiser mit einem Fingerzeig über das (amouröse) Schicksal von so vielen Personen bestimmen? Tinder macht aber nicht nur Spass, es ist auch gnadenlos. Ein falsches Hobby, eine generische Pose oder ein doofes T-Shirt reichen für einen Swipe nach links und damit für ein «Und tschüss». Bei allem Erfolg hat Tinder dem salonfähig gewordenen OnlineDating aber auch wieder einen Image­schaden eingebrockt: Zu viel Fleischbeschau, zu wenig Persönlichkeit. Dagegen lässt sich nicht viel einwenden. Aber letztlich macht der Tinder’sche Gefühlscocktail aus Aufregung, Hoffnung, Lust, Macht und Sehnsucht genau das Erfolgsrezept aus. Tinder bietet einen Kick wie kein anderes Portal. Und bei allem Respekt vor inneren Werten: Selbst der schönste «Match», wie der passende Partner auf Tinderisch heisst, mit toller prozentualer Übereinstimmung hinterlässt einen schalen Geschmack, wenn man mit dem Äusseren des Gegenübers nichts anfangen kann.

Es dürfte nicht einfach sein, ein DatingKonzept zu schaffen, dass Tinder in Sachen Reiz Paroli bieten kann. Technikaffine Menschen schwören, dass bald jener Anbieter die Nase vorn hat, der den besten Algorithmus bietet, also die Profile der Datingwilligen am geschicktesten zusammenführt. Ich als Psychologin bleibe diesbezüglich skeptisch. Zwar mag ich datenbasierte Arbeit, ich glaube als Sozialwissenschaftlerin an die


∆Caroline Fux

Die Zugerin ist seit fünf Jahren die Blick-Sexberaterin. Caroline Fux (36) hat Psycho­logie studiert und hängt nun einen Master in Sexologie an.

Statistik und bin als kritische Nutzerin beeindruckt, wie genau heute elektronische Angebote schon auf den Kunden zugeschnitten werden können. Ich sehe jedoch auch,

Die spanische «Smart Doll» Ava ist «sexuell intelligent»: Sie reagiert anders auf intime Berührungen, wenn zuvor die Hand massiert wurde. Kommt der Mann schnell, kommt sie das nächste Mal auch früher. Sie kann stöhnen und einen Höhepunkt simulieren. Es scheint einen Markt dafür zu geben: 52 Prozent der deutschen Männer können sich Sex mit einem Roboter vorstellen – 68 Prozent der Frauen würden das als Betrug empfinden.

Fotos: Getty Images, Maurice Haas

Jetzt kommen die ∆Sex-Roboter

wie wenig Menschen oft bereit sind, mathematischen Wahrscheinlichkeiten, sprich der Vernunft, zu folgen. Gerade beim Dating. Es geht bei der Partnersuche auch um eine gewisse Romantik. Für die einen besteht sie aus dem Jagen, für die anderen aus dem Erobertwerden, wieder andere folgen einem anderen Code. Hauptsache, es bleibt Platz für Sehnsüchte und Fantasien. Singles, die mit der Partnersuche nicht zurecht kommen, rate ich, ihren Fokus wieder aufs handfeste und nicht aufs digitale Leben zu legen. Meiner Erfahrung nach sind jene Personen auf dem Datingmarkt besonders erfolgreich, die eine erfüllte Realität jenseits von Smartphone leben. Denn digitales Flirten macht nur dann wirklich Spass, wenn man nach dem Ausloggen nicht in eine Leere fällt. Zudem bin ich überzeugt, dass gerade Digital Natives spüren, wenn jemand virtuell top, aber im echten Leben eher ein Flop ist. Punkten werden in Zukunft jene Plattformen, die zum Flirten animieren, aber gleichzeitig Unterhaltung bieten. Denn die grosse Liebe kann man nicht einfach programmieren, sie bleibt etwas Unberechenbares.

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In Kooperation mit der Schweizerischen Post

«Die Post muss und will die Zukunft mitgestalten» «Neues zu wagen, braucht mehr Mut, als in alten Mustern zu verharren», schreibt die Post-Konzernleiterin Susanne Ruoff.

W

ir leben in einer Zeit, in der sich die Welt in hohem Tempo verändert. Neue Entwicklungen wecken jedoch oft auch Un­ sicherheiten und können dazu führen, dass wir Vertrautes nicht loslassen wollen. Die Post kennt dies seit jeher: Als seinerzeit die Postkutsche vom Postauto abgelöst wurde, gab es heftige Diskussionen. Oder können Sie sich noch an die Debatten erinnern, die der erste Bancomat in der Schweiz vor knapp 50 Jahren auslöste? Heute können wir darü­ ber nur noch schmunzeln. Die digitale Revolution ist jedoch umfas­ sender als alles, was wir bislang kannten. Sie durchdringt sämtliche Lebensbereiche. Wir lesen Nachrichten online, lassen uns das Flugticket aufs Smartphone schicken und erwarten, dass wir weltweit mit elek­ tronischen Zahlungsmitteln einkaufen können. Wenn sich aber Gewohnheiten oder Dinge ändern, die uns bis anhin ein Gefühl von Heimat, Tradition oder Sicher­ heit vermittelten, können wir uns mit einem Mal schwer mit Neuem tun. Auch wenn jedem klar ist, dass sich das Rad der Zeit nicht zurückdrehen lässt. Die Postkutschen sind jedenfalls nur noch auf Nostalgiefahrten unterwegs. In

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Sitten ist mittlerweile als weltweit beachte­ tes Projekt ein selbstfahrender Shuttlebus im Einsatz. Und die unzähligen Bancoma­ ten? Auch sie sind schon bald wieder über­ holt: Wir tätigen unsere Bankgeschäfte zu­ nehmend im Internet oder zahlen mit Twint. Bei all den technologischen Entwick­ lungen darf nicht vergessen werden: Die Digitalisierung ist nicht «einfach so» aus heiterem Himmel, über die globale Welt hereingebrochen: Das Smartphone und viele andere neue Technologien haben unseren Alltag und unser Konsumverhalten konti­ nuierlich auf den Kopf gestellt. Sie bieten uns neue Services und Produkte an, die wir uns vor ein paar Jahren nicht mal hätten vorstellen können, die aber heute längst selbstverständlich sind und unser Leben ver­ einfachen. Würden wir diese Angebote sonst in immer grösserem Masse nachfragen? Die Schweizerische Post steht seit jeher für Zuverlässigkeit, Sicherheit und für Beständigkeit. Sie ist ein Stück Schweiz. Zu­ gleich ist die Post im höchsten Masse der tech­ nologischen Revolution ausgesetzt. E-Mails verdrängen Briefe, Online-Shopping führt zu einer Zunahme des Paketvolumens, neue, globale Mitbewerber drängen in den Markt.

Es sind viele Herausforderungen, auf welche die Post Antworten finden muss. Sie tut dies entlang der veränderten Bedürfnisse ihrer Kundinnen und Kunden. Diese sollen die digitalen Produkte der Post individuell, un­abhängig und einfach nutzten können. Beispielsweise indem sie rund um die Uhr Pakete an einem My Post 24-Automaten ab­ holen können oder aber mit dem Service «Meine Sendungen» Lieferungen an einen alternativen Zustellort weiterleiten. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass sich unser Kerngeschäft – der Transport von Per­ sonen, Gütern und Informationen – weiter verändern wird. Auch hier muss die Post aktiv sein und neue Möglichkeiten ausloten. Deshalb testen wir Drohnen für Speziallie­ ferungen, zum Beispiel zwischen Spitälern. Oder wir machen mit dem erwähnten SmartShuttle in Sitten deutlich, dass die Post auch in Zukunft eine aktive Rolle in der Ge­ staltung und Entwicklung des Schweizer Mobilitätsmarktes spielen will. Die Post ist zudem als Übermittlerin von vertraulichen Informationen unbestritten. Deshalb ist sie dazu prädestiniert, diese Rolle auch in der digitalen Welt zu übernehmen. So zum Beispiel mit unserer digitalen Lö­ sung für das E-Voting, welche es Stimmbür­ gerinnen und Stimmbürgern einfacher macht, an Wahlen oder Abstimmungen teil­ zunehmen. Oder auch im Bereich E-Health: Dort bietet die Post als führende Anbieterin mit einem modularen System individuali­


Foto: Die Schweizerische Post AG

Seit September 2012 Konzernleiterin der Schweizerischen Post: Susanne Ruoff (59).

sierbare Lösungen im Gesundheitswesen. Aber nicht alles, was technisch machbar ist, muss von einem Unternehmen wie der Schweizerischen Post auch gemacht werden. Wir pflegen keine technischen Spielereien, sondern wollen dort stark sein, wo es den Kundinnen und Kunden den grössten Nutzen bringt. Daran arbeiten wir Tag für Tag. Deswegen bin ich besonders stolz, dass wir dieses Jahr den «Digital Transformation

Award» gewonnen haben. Der Preis ist auch ein Kompliment an unsere 62 000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die die technologische Transformation unserer Angebote und unseres Unternehmens gemeinsam anpacken. Als verantwortungsvolle Arbeitgeberin unterstützen wir sie auf ihrem beruflichen Weg: mit zukunftsorientierten Aus- und Weiterbildungsprogrammen. Dies liegt uns sehr am Herzen.

Wir wissen alle: Neues zu wagen, braucht mehr Mut, als in alten Mustern zu verharren. Neues zu testen, Projekte anzuschieben – ob alleine oder mit starken Kooperationspartnern – liegt in der DNA der Post. Das wird so bleiben. Deshalb darf die Post den technologischen Entwicklungen nicht träge hinterherhinken, sondern muss vorne mit dabei sein. Oder um es noch deutlicher zu sagen: Die Post muss und will die Zukunft mitgestalten.

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Hier geht die Post ab Die Welt der Post ist hinter und vor den Kulissen digital und modern. Mit Robotern, Drohnen, selbstfahrenden Bussen und Online-Plattformen geht sie mit ihren Kundinnen und Kunden in die Zukunft.

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Sie sind 23 Kilo schwer, rollen auf sechs Rädern, sind mit neun Kameras ausge­ rüstet und mit drei Stundenkilometern unterwegs: die Lieferroboter, welche die Post als eines der ersten Unternehmen in Europa für Sendungen in einer lokalen Umgebung testet. Nach dem erfolgrei­ chen Pilotversuch mit Jelmoli im Zentrum von Zürich wird die Testreihe in Zusam­ menarbeit mit ausgewählten Partnern an diversen Standorten fortgesetzt. Die Kunden erhalten kurz vor Ankunft des Liefer­roboters einen Link per SMS, mit dem sich das Transportfach öffnen lässt. www.post.ch/lieferroboter

Fotos: Die Schweizerische Post AG, Keystone/Peter Klaunzer

∆Lieferroboter


In Kooperation mit der Schweizerischen Post

∆Drohnen

Spezialsendungen, die im Stau hängen bleiben? Dank Drohnen könnte das bald der Vergangenheit angehören. Die Postdrohnen transportieren zwischen zwei Spitälern schnell und sicher prioritäre Sendungen wie Laborproben. Sie fliegen mit fast 40 Stundenkilometern eine vor­defi­nierte Route entlang und landen dank Infrarotsignal punktgenau. www.post.ch/drohnen

∆Paketzentren Täglich werden in den drei Paketzentren in Härkingen SO, Frauenfeld und Daillens VD rund 450 000 Pakete auf Förderbändern sortiert und in die Zustellgebiete weitertransportiert. Ohne digitale Technolo­gien lies­se sich dieses klassische Geschäft längst nicht mehr ­bewältigen. Seit 1999 sind die heutigen Paketzentren in Betrieb und ermöglichen die Sortierung der Pakete für die einzelnen Botentouren. www.post.ch/paketzentrum

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∆Smart Button

Das «Internet der Dinge» gehört zu den wichtigsten Begriffen des digitalen Zeitalters. Dabei geht es darum, dass Alltagsgegenstände untereinander ­vernetzt sind und via Internet kommuni­ zieren – ganz ohne das Zutun von Menschen. Ein erster Schritt in diese Richtung ist der Smart Button der Post: Ein Knopfdruck genügt, und die vordefinierte Bestellung wird direkt ausgelöst und von der Post geliefert – seien es Bestellungen von Verbrauchsartikeln in einem Spital, Störungsbehebungen an Kaffeemaschinen oder, wie aktuell in einem Pilotprojekt getestet wird, die rasche Nachlieferung von Mineralwasser. www.post.ch/service-on-demand

∆Briefzentren ∆YellowCube

Es ist ein gigantischer Würfel, und er ermöglicht, was sich viele Online- und Distanzhändler wünschen: die Auslagerung aller logistischen Leistungen – von der Abholung und Lagerung über die Verpackung und den Versand bis hin zum Retourenmanagement. Im YellowCube in Oftringen AG, nur zehn Kilometer vom Paketzentrum in Härkingen SO entfernt, wird die Ware in stapelbaren Behältern gelagert und von Robotern innert weniger Sekunden zu den Mitarbeitern gebracht, die sich um das Kommissionieren der Pakete kümmern. www.post.ch/yellowcube

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Ein Briefzentrum der Post ist ein Hochleistungsbetrieb mit modernster Technik. Die Anlagen für die Briefverarbeitung in den drei Briefzentren gehören zu den modernsten der Welt. Ein Besuch lohnt sich. Ob beim Wareneingang, in der Sortierung, Kommis­ sionierung oder beim Waren­ ausgang: In jedem Bereich der Prozess­kette setzt die Post die neuesten Technolo­ gien ein. Täglich sorgen die Mitarbeitenden dafür, dass über 18 Millionen Sendungen ihre Empfänger erreichen und die hohe Zustellqualität der Schweizerischen Post eine Selbstverständlichkeit bleibt.


In Kooperation mit der Schweizerischen Post

∆E-Voting

Das elektronische Abstimmen und Wählen ist die logische Konsequenz einer immer digitaleren Gesellschaft. Die Post leistet mit ihrer E-Voting-Lösung einen wichtigen Beitrag zu einer lebendigen, modernen Demokratie, schliesslich gehört der Transport von vertraulichen Informationen seit jeher zum postalischen Kerngeschäft. Um die Stimmzettel auch digital sicher weiterzuleiten, werden hoch entwickelte Verschlüsselungstechnologien verwendet. Vorteil: orts- und zeitunabhängige Stimmabgabe. Die Zeiten von falsch ausgefüllten Zetteln und vergessenen Unterschriften sind vorbei. www.post.ch/e-voting

∆Smart Shuttle

Fotos: Die Schweizerische Post AG , Keystone/Sedrik Nemeth, Keystone/Lukas Lehmann

Die selbstfahrenden SmartShuttles von PostAuto sind weltbekannt. Schliesslich sind es die ersten automatisierten Busse im ÖV überhaupt. Zwei davon sind seit Juni 2016 in der Walliser Hauptstadt Sitten u­ nterwegs. Jeder, der will, kann einsteigen. Bisher haben das über 30 000 Personen getan, weitere 30 000 an Fachmessen und Events im In- und Ausland. Jetzt wird der Test in Sitten sogar noch ausgedehnt: Die Shuttles fahren neu bis zum Bahnhof. Und die Pendlerinnen und Pendler werden erleben, wie das selbstgesteuerte Postauto eine Ampel kreuzt, ohne dass der Begleiter je aufs Gas oder die Bremse drückt. www.postauto.ch/smartshuttle

∆E-Health

Mit einer modularen «E-Health-Plattform» verzahnt die Post die Behandlungs- und Logistikprozesse miteinander, indem sie den sicheren Austausch von elektronischen Patientendaten zwischen Patienten, Spitälern, Ärzten, Spitex, Seniorenzentren, Apotheken und weiteren Partnern im Gesundheitswesen e­ rmöglicht. Das Postgeheimnis ist beim digitalen Übermitteln dieser sensiblen Informationen ebenso garantiert wie beim physischen Transport medizinischer Produkte. Mit ihrer E-HealthPlattform und den logistischen Lösungen trägt die Post dazu bei, Prozesse im Gesundheitswesen effektiv und effizient zu gestalten und zusätzlich Kosten zu sparen. www.post.ch/e-health

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Digitale Post – immer dort, wo Sie sind D

as Last-minute-Geschenk für die Schwiegermutter wird am Vormittag nach Hause geliefert, Sie haben aber eine wichtige Sitzung im Büro? Sie sind im Ausland unterwegs und würden nach dem Souvenirkauf gerne Ihren Kontostand überprüfen, haben aber keinen Zugang zu einem Computer? Sie wollen einkaufen gehen, müssen aber noch auf den Unbekannten warten, der Ihre Schallplatten online ersteigert hat? Alles kein Problem. Dank der digitalen Angebote und Dienstleistungen der Post lassen sich unabhängig vom Zeitplan des Pöstlers oder den Öffnungszeiten der Filialen Briefe und Pakete verschicken und empfangen sowie Bankgeschäfte erledigen. «Indem wir immer wieder durch die Kundenbrille schauen, erkennen wir, was unsere Kundinnen und Kunden von uns erwarten, und können entsprechend darauf reagieren», sagt Konzernleiterin Susanne Ruoff. Digitale Angebote ergänzen fixe Öffnungszeiten und Standorte: Die Zukunft für die Post-Kunden ist individuell, bequem

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und unabhängig. Etwa dank der Möglichkeit, Pakete individuell zu steuern – selbst wenn die Sendung schon unterwegs ist. Oder mit dem Angebot My Post 24, das rund um die Uhr zur Verfügung steht. Oder mit PickPostStellen, die den flexiblen Versand und Empfang von Postsendungen ermöglichen. Der digitale Wandel macht auch vor den Finanzgeschäften nicht Halt: Die Mobile Banking App von PostFinance war die erste in der Schweiz, die es Kundinnen und Kunden ermöglichte, ihre Bankgeschäfte auch von unterwegs zu erledigen. Diesem Pioniergeist und der Innovationslust bleibt PostFinance treu: So gründete sie im Sommer 2014 die Tochterfirma Twint, welche das digitale Portemonnaie der Schweiz entwickelt und auf den Markt gebracht hat. Und die gute alte Briefmarke? In der digitalen Gegenwart können mit WebStamp auf Wunsch sogar Videobotschaften übermittelt werden. Das Zwischenmenschliche kommt also auch in der digitalen Post nicht zu kurz.

∆PickPost

Über 2400 PickPost-Stellen in der ganzen Schweiz bieten den flexiblen Versand und Empfang von Paketen und eingeschrie­ benen Briefen an. Sie haben längere Öffnungszeiten und sind untergebracht an einfach erreichbaren Orten wie bei Detailhändlern, Tankstellen oder Bahn­ höfen. Kundinnen und Kunden können die gewünschte PickPost-Stelle bei der Bestellung angeben und werden nach Ankunft der Sendung benachrichtigt – und haben dann 7 Tage Zeit für die Abholung. www.post.ch/pickpost

Fotos: Die Schweizerische Post AG

Individuell, unabhängig und einfach: Genau so sollen Kundinnen und Kunden die digitalen Dienstleis­­t­ungen der Schweizerischen Post nutzen können.


In Kooperation mit der Schweizerischen Post

∆My Post 24

Dieser Zugangspunkt ist rund um die Uhr, an sieben Tagen pro Woche für Kundinnen und Kunden da. Sie entscheiden, wann und wo Sie Ihre Pakete und eingeschriebenen Briefe abholen, aufgeben oder zurücksenden wollen. Ist Ihre Sendung an einem der 85 My-Post-24-Automaten eingetroffen, erhalten Sie eine Nachricht mit einem Code und holen sie dann ab, wann es für Sie passt. Die Fächer können ebenfalls als Schliessfach genutzt werden, um beispielsweise Produkte aus Online­ Auktionen zu übergeben. Dafür braucht es nur eine einmalige Registrierung unter www.post.ch/kundencenter. Infos: www.post.ch/mypost24

∆Twint in der Zustellung

Zusammen mit anderen grossen Finanzinstituten bietet PostFinance mit Twint das digitale Portemonnaie der Schweiz an. Dieses ermöglicht Geld­überweisungen in Echtzeit von Smartphone zu Smartphone, schnelles Bezahlen in Online-Shops und kontaktloses Bezahlen an der Kasse. Wer Mitglied der Twint-Community ist, kann ausserdem Nachnahmen und Taxen einfach und schnell per Scan des QR-Codes an der Haustür beim Postboten bezahlen. www.twint.ch

Selbst gestaltete Brief­∆marken – sogar bewegt

∆Meine Sendungen

Komplett ortsungebunden ist das Angebot «Meine Sendungen» – eine Art Spiegel der immer mobileren und individuellen Gesellschaft. Noch während ein Paket unterwegs ist, können die Kundinnen und Kunden online via Kundencenter auf der Website der Post bestimmen, wann, wo und wie sie ihr Päckli erhalten möchten. Sie können einen Wunschtag wählen, eine Abend- oder Frühzustellung oder die Umleitung an eine andere Adresse. Ausserdem wird der Zustellzeitpunkt per SMS vorangekündigt, sodass sich die Kundinnen und Kunden perfekt auf den Empfang einstellen können. www.post.ch/meinesendungen

Eine Briefmarke ist längst nicht mehr nur ein vorbedrucktes Stück Papier. Online können Post-Kundinnen und -Kunden ihre ganz persönlichen Briefmarken gestalten – sei es mit einem Foto vom neugeborenen Baby, mit einem Geburtstagskuchen oder dem Lieblingsbild von der Australien-Reise. Das ist aber noch nicht alles. Neu kann man sogar eine Videobotschaft mit WebStamp verknüpfen: Video aufnehmen, hochladen und zusammen mit der gewünschten Versandart als Etikette oder direkt auf dem Briefumschlag ausdrucken. Neben dem effektiven Frankatur­wert fallen für den Kunden keine weiteren Kosten an. www.post.ch/webstamp

Digitales und ∆mobiles Banking Für PostFinance war früh klar, dass Finanzdienstleistungen genauso mobil genutzt werden wie andere Angebote. Deshalb lancierte sie bereits im Herbst 2010 eine kostenlose App für das Smartphone – vor allen anderen Finanzinstituten in der Schweiz. Heute nutzen mehr als eine Million Kundinnen und Kunden diese App und haben jederzeit den Überblick über Saldo und Bewegungen auf ihrem Konto. Darüber hinaus können sie einfach Geld an eine Mobilnummer überweisen, Guthaben von Drittanbietern (Netflix, Apple, Google, Spotify, Playstation, Xbox etc.) kaufen und Rechnungen dank dem Scan von Einzahlungsscheinen sekundenschnell bezahlen. www.postfinance.ch

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Fintech sorgt für Goldgräberstimmung Von Michael Heim

Foto: Shutterstock; Montage: Brand Studio

Einst waren sie nur die Helfer. Programmierer und Tüftler, die Banken­ software schrieben. Heute ist alles anders.

S

ie darbten und fristeten ein Dasein am Rande der Finanzindustrie: Leute wie Christian Vetsch oder Daniel Eckstein von der Zürcher Abrantix kannte niemand, obwohl sie Geräte entwarfen und Standards prägten, mit

Der Bulle geht App: Fintech erobert die Finanzbranche.

denen heute noch gearbeitet wird. Damals interessierten sich nur Informatiker für EDV und Bankensysteme. Heute ist alles vollkommen anders. Seit zwei Jahren ist von Fintech die Rede – Finanz-Technologie. Und wo Investoren früher gar nicht hinhörten, fliesst heute Geld in Start-ups. Es herrscht Goldgräberstimmung wie im Dot-Com-Boom der späten Neunzigerjahre. Und wie damals ist auch in der Fintech-Szene schwer absehbar, was Gold und was Blei ist.

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Die von der Swisscom regelmässig publizierte Schweizer Fintech-Karte ist unübersichtlich geworden: 211 Firmen in neun Kategorien, die meisten davon Neugründungen. Alte Hasen wie Abrantix werden als «Incumbents» (etablierte Player) am Rande aufgeführt. Es tönt banal, aber das Internet hat vieles verändert. Waren  Software-Entwickler früher nur Zulieferer, haben sich die Vorzeichen nun bisweilen ins Gegenteil verkehrt. Nichts zeigt das besser als der einst als langweilig verschriene Zahlungs­ verkehr. Während Jahrzehnten hat sich das Geschäft mit Kreditkarten kaum verändert. Von den Banken kontrolliert, war es hoch lukrativ. Den ersten Fintech-Moment hatte die Branche, als es den Ausdruck gar noch nicht gab: Das Zahlungssystem Paypal, 2002 von Ebay erworben und später an die Börse gebracht, löste erstmals aus, was heute «Disruption» genannt würde. Mit Paypal konnten plötzlich Menschen auf der ganzen Welt Geld überweisen. Und dies gratis und sekundenschnell, mehr als eine E-Mail-Adresse war nicht nötig. Internationale Banküberweisungen kos­ teten damals noch viel Geld. Mittlerweile hat Paypal 200 Millionen Kunden, die – dank Handy-App – damit auch in den Läden bezahlen können. Wohin die Reise gehen kann, zeigt China. Fast eine Milliarde Nutzer verzeichnet «Wechat», das einst nicht mehr war als ein Kommunikationsmittel. Heute nutzen die Chinesen die App, um Geld


zu überweisen, Reisen zu buchen oder auch um Tische in Restaurants zu reser­ vieren. Gleich mehrere Branchen wurden damit auf den Kopf gestellt. Davon ist die Schweiz noch weit entfernt. Oder anders gesagt: Das Potenzial für disrup­ tive Entwicklungen ist gross. Gerade in der Banken- und Versicherungsbranche buhlen viele Anbieter um die Gunst der Nutzer. Fast monatlich spriessen neue Robo-Banken aus dem Boden, welche die vollautomatische Vermögensverwaltung anpreisen. Apps wollen das Zahlen, Anlegen und Preisver­ gleichen vereinfachen. Und rund um die Bitcoin-Technologie der Blockchain ist im Raum Zug ein regelrechter Entwickler-Hub entstanden. Dabei ist die Spreu oft nur mühsam vom Weizen zu unterscheiden. Ein schönes Beispiel ist das Peer-to-PeerLending – die Kreditvermittlung ohne Ban­

ken. Während das Postfinance-Joint-Venture von Lendico bisher kaum Abschlüsse zu verbuchen hat, konnte Loanboox bereits für mehrere Milliarden Franken Darlehen vermitteln. Der Unterschied: Bei Loanboox werben Gemeinden und Kantone um Inves­ toren. Und: Bei Loanboox investieren auch Banken. Der Angreifer wird zum Partner der Industrie. Inzwischen sind die grossen Anbieter aufgewacht. Grossbanken wie die UBS in­ vestieren viel Geld in eigene Fintech-Anwen­ dungen, um Kunden nicht an innovative Start-ups zu verlieren. Versicherer machen sich mit Trockenübungen fit oder greifen die Konkurrenz im Ausland mit OnlineAblegern an. Mit «Inkubatoren» und «Acce­ leratoren» wie dem Zürcher «F10» suchen die grossen Anbieter von gestern den Kon­ takt zu den Brains von morgen.

Für einen weiteren Schub dürfte nicht zuletzt die Europäische Union sorgen. Mit ihrer Direktive «PSD2» will sie die Banken zwingen, Schnittstellen zu öffnen. Jedes Fintech kann seine Apps und Systeme dann direkt an Bankkonten knüpfen, um Belas­ tungen und Gutschriften auszulösen und Kontostände auszuwerten. Drittanbieter können dann die Schnittstellen zu den Kunden besetzen, die heute noch unter der Kontrolle der Banken sind. Noch ist offen, ab wann entsprechende Regeln auch für Banken in der Schweiz gelten. Aufgrund der starken Integration in den europäischen Zahlungsverkehr dürften diese sich aber kaum entziehen können. Und so arbeiten hinter den Kulissen alle Banken bereits daran, sich auf die neue Konkurrenz vorzubereiten. Woher auch immer sie kommen mag.

Miete

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Ein Star zum Anklicken Von René Haenig

Narzissmus? Sucht nach Selbst­darstellung? Nicht immer. DJ Tanja La Croix nutzt Social Media, um ihren Fans näherzukommen – und um ihre Authentizität zu wahren.

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ie ist eine der gefragtesten Schweizer DJs: Tanja La Croix, 35. Das ehemalige Model legt in den angesagtesten Clubs von Ibiza und Mallora, Moskau und Monaco, Beirut und Dubai auf. 2004 startet die St. Gallerin ihre internationale Musikkarriere, sorgt seit 13 Jahren an den Turntables dafür, dass ihr Publikum in den Clubs hemmungslos abtanzt. Ihre Fans verteilen sich rund um den Globus – und sind doch immer dabei, egal, wo Tanja gerade auflegt. Ob via Facebook oder Instagram, Snapchat oder Twitter, die DJ-Lady lässt ihre Community an ihrem aufregenden Leben teilhaben. Und wer sie gerade nicht live erleben kann, hört Tanjas Sound auf ihrem Spotify-, Soundcloud- oder Youtube-Kanal. «Social Media erlaubt mir eine intensivere Bindung zu meinen Fans», sagt Tanja La Croix. «Immer authentisch sein» lautet dabei ihr Motto. Und das beinhaltet für die Musikerin, sich frühmorgens nach dem Aufwachen auch mal ungeschminkt zu zeigen. Angefangen hat sie mit einem Profil bei Facebook. «Das muss 2008 gewesen sein», erinnert sie sich. Nach einem Gig in Istanbul hatte ihr der Veranstalter von der Social-Media-Plattform erzählt. Zurück in der Schweiz legt sie sich einen Account an.

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Und stösst schnell an die Grenzen. «Ich hatte so viele Freundschaftsanfragen von Fans, dass bald nichts mehr ging», erinnert sich Tanja. Vom privaten Profil wechselt sie zur FanSeite, die heute mehr als 112 000 Personen abonniert haben. «Eine Dimension, die ich mir beim Start nie hätte vorstellen können.» Auf ihrem Instagram-Profil hat die Schweizer DJ-Lady fast 55 000 Abonnenten. Egal ob sie Fotos oder Videos postet, Tanja agiert sowohl spontan als auch strategisch bei der Auswahl ihrer Beiträge. So plant sie ihre Facebook-Radioshows und Influencer-Postings ganz klar voraus, Studio-Fotos beim Produzieren neuer Tracks dagegen schiesst und postet sie spontan. Auch wenn sie, wie kürzlich geschehen, sich eine einwöchige Auszeit für gemeinsame Ferien mit ihrer Mutter Yvonne nimmt, kündigt sie das ihrer Fangemeinde an. Ein paar Urlaubsfotos gabs dann aber trotzdem: Tanja mit Mama am Strand von Protaras, Zypern. Tanja auf der Luftmatratze und Tanjas Rücken voller Sonnencreme mit aufgemaltem Herz. «Ich instruiere meine Mama über meine Ideen und sie macht die besten Fotos für Instagram», sagt der Star lachend. Videos produziert Tanja La Croix zu einem Grossteil zu Hause in Wallisellen. In

Mega-Party am Wochenende? Jeder Moment wird für die Fans auf Social Media festgehalten.

einer Ecke ihres Wohnzimmers hat sie ihr DJ-Pult stehen. Dazu einen Selfiestick samt eingebautem Stativ – und schon kanns losgehen mit der Filmerei. Wobei sie nicht nur ihr Smartphone nutzt, sondern auch eine


Fotos: Joseph Khakshouri/Schweizer Illustrierte, instagram/tanjalacroix, Facebook/djtanjalacroix

«Das Geheimnis ist das Licht»: Tanja La Croix weiss, wie das perfekte Selfie entsteht:

1775 Likes für sexy Rückenansichten: «Auf Ferienfotos gibt es am meisten Resonanz.»

Sony-Spiegelreflex-Kamera sowie eine kleine Go-Pro. Am Laptop schneidet sie die Clips anschliessend, ehe sie sie auf Facebook oder Youtube hochlädt. Das Equipement hat sie stets auch auf ihren Trips dabei.

Wer Star ist, zeigt auch Herz: Tanja mit Fussballer Breel Embolo am Charity Cup.

«Nur mit dem iPhone filmen und foto­ grafieren reicht mir bei meinem hohen Qualitätsanspruch nicht», begründet sie diesen Aufwand. «Das wichtigste bei Selfies», so habe sie es zumindest gelernt, «ist das Licht». Da sie ein sehr visueller Mensch sei, achte sie deshalb immer darauf, dass Fotos von ihr unter idealen Lichtverhält­nissen entstehen. «Das habe ich natürlich auch aus meiner Modelkarriere übernommen», sagt sie lachend. Gibt es

Grenzen bei dem, was Tanja La Croix zeigt? «Klar, ich würde beispielsweise alles, was mit Krankheiten und Spitalbesuchen oder allzu privaten Dingen in Bezug auf meine Familie zu tun hat, niemals posten.» Und bei was erhält eine international erfolgreiche DJ die meiste Resonanz auf den sozialen Medien? «Auf Bilder in der Natur, beim Wandern und natürlich auf Reisen.» Hinterm DJ-Pult wollen sie die Fans dann wohl doch lieber live sehen – und hören.

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Der Mann hinter «Mask»: Tej Tadi (36), Gründer und CEO von Mindmaze.

Das Schweizer Einhorn von Leo DiCaprio


Von Gabi Schwegler

Fotos: Gian Marco Castelberg/13 Photo, Kirk McKoy/Contour by Getty Images

Mindmaze ist das erfolgreichste Schweizer Start-up mit einem Marktwert von über einer Milliarde Dollar – sogar Leonardo DiCaprio stieg ein. Wir zeigen drei Schweizer Unternehmen, die die Welt verändern.

Vertrauensbeweis: Oscar-Preisträger DiCaprio stieg bei den Lausannern ein.

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er Klub der Einhörner gehört zu den exklusivsten der Welt. Das ist aber keine geheime Versammlung von Fabelwesen, sondern der Kreis der vielversprechendsten Start-ups. Es sind jene nicht börsenkotierten Jungunternehmen, die einen Marktwert von mindestens einer Milliarde Dollar haben. Weltweit gibt es gemäss dem US-Unternehmen CB Insights derzeit 217 Einhörner, zwei davon kommen aus dem Schweizer «Health Valley» am Genfersee. ADC Therapeutics gehört seit Ende Oktober dazu, Mindmaze bereits seit Anfang 2016. Damals kaufte die indische Hinduja-Gruppe für eine Milliarde Dollar knapp ein Drittel des Unternehmens. Alles Begann mit der Doktorarbeit von Tej Tadi (36) an der EPF Lausanne. «Ich

arbeitete an der Schnittstelle zwischen Neurowissenschaft und der menschlichen Fortbewegung», sagt Tadi, Gründer und CEO von Mindmaze. «Von da war es ein natürlicher Schritt, nach Wegen zu suchen, wie Schlaganfallpatienten in der Rehabili­ tation geholfen werden kann.» So entstand die interaktive 3D-Therapiemethode Mindmotion. Das System spiegelt die Bewegungen der Patienten in Echtzeit und ermöglicht ihnen so, ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern. Zehn Jahre arbeiteten Tadi, der selber aus einer Ärzte­ familie kommt, und sein Team an dieser Techno­logie. «Die strengen Anforderungen des Gesundheitswesens zwangen uns, die ab­solut beste Verknüpfung von Virtual und

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Smarter

Grosse Pläne: Tej Tadi möchte das ultimative Hirn-MaschineInterface entwickeln.

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Fotos: Gian Marco Castelberg/13 Photo, Kristian Skeie/Sophia Genetics

Augmented Reality, Maschinenlernen und Neurowissenschaften anzustreben.» Und dieses Wissen brachte Mindmaze zum zweiten Durchbruch: Mask. Eine Technologie, die den Körper mit einem digitalen Avatar synchronisiert. Die Maske nimmt Gesichtsausdrücke wahr und bildet sie in Echtzeit ab. «Das schafft ein fundamental neues Erleben von Inhalten», sagt Tadi. «Das ist nicht nur für das Gesundheitswesen interessant, sondern etwa auch für die Unterhaltungs-, Sport- oder Game-Industrie.» Mask ist so überzeugend, dass Hollywoodstar Leonardo DiCaprio (42) diesen Herbst bei Mindmaze als Investor und Berater einstieg. «Wir freuen uns riesig über diesen Vertrauensbeweis. Er beflügelt unseren Einstieg in die Unterhaltungs­ branche zusätzlich.» Und Tadi will, wie es sich für einen findigen Unternehmer und passionierten Wissenschaftler gehört, weiter Grenzen verschieben: «Unsere Vision ist es, das ultimative Hirn-Maschine-Interface zu schaffen, eine Art MindOS. Wir wollen Computer so weit bringen, dass sie das menschliche Hirn unmittelbar entziffern und übersetzen können.» – Die magische Reise des ersten Schweizer Einhorns durch die digitale Welt geht weiter.

«Dank Sophia werden alle klüger»: CEO Jurgi Camblong (39).


als Tesla

Von Lausanne aus revolutioniert Sophia Genetics das Gesundheitswesen. Die künstliche Intelligenz vernetzt Spitäler auf der ganzen Welt und ermöglicht so effizientere Diagnosen.

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ie Tür zur Revolution der Gesundheitsvorsorge steht weit offen: Was Anfang des 20. Jahrhunderts die Antibiotika waren, ist heute die DNA-Sequenzierung – also die Zerlegung des menschlichen Genoms. Mit dieser Methode lassen sich Erbkrankheiten untersuchen und Veränderungen in den Genen nachvollziehen. «Die wichtigste Entwicklung seit über 100 Jahren», sagt Jurgi Camblong (39), der 2011 zusammen mit zwei anderen Forschern in Lausanne das Start-up Sophia Genetics gründete. Vor zehn Jahren kostete eine DNASequenzierung noch 100 000 Franken, heute lässt sich das für weniger als 1000 Franken machen. Die immer effizientere Nutzung dieser Technologie führt vor allem zu einem: mehr Daten. Und genau da betritt Sophia Genetics das Spielfeld. «Die Entschlüsselung des Genoms war der erste Schritt. Nun geht es darum, die gewonnenen Datenberge zu verarbeiten und vernetzen», sagt der Molekularbiologe Camblong. Es sind Schlagwörter wie die Demokratisierung der Medizin oder die Schaffung von kollektivem Wissen, welche die mittlerweile 140 Mitarbeitenden antreiben. «Alle sollen Zugang haben zu diesem System, sodass Daten aus Mexiko einem Patienten in Nigeria helfen können.» Die künstliche Intelligenz Sophia – das griechische Wort für «Weisheit» – ist eine Analyseplattform, die bereits von 360 Spitälern in 55 Ländern mit anonymisierten Patientendaten gespeist wird. Noch wird Sophia hauptsächlich in der Onkologie angewendet, weil mit der DNA-Sequenzierung tumorbedingte Mutationen im Erbgut

am effizientesten entdeckt und attackiert werden können. Die DNA wird nach der Entnahme mit einem standardisierten Verfahren auf Veränderungen hin untersucht, und diese genomischen Profile werden in Sophia erfasst – bis dato sind es 140 000 Patientenprofile. Mit dem Abgleich in der Datenbank können Diagnosen schneller und präziser gestellt werden. «Dieses Netzwerk ist die erste Säule», sagt Jurgi Camblong, der aus dem französischen Baskenland kommt und in Lausanne, Genf und Oxford studierte. «In einem nächsten Schritt wollen wir wissen, welche Behandlung die Patienten erhalten und wie erfolgreich diese ist.» In der «Technology Review 2017» des renommierten Massachusetts Institute Of Technology wurde Sophia Genetics als «Evangelist von datengetriebener Medizin» beschrieben und auf Platz 30 der «50 Smartest Companies» gewählt – sogar noch vor Tesla. «Es zählt nicht der Umsatz, sondern die Art und Weise, wie wir wachsen. Dank Sophia werden alle klüger», sagt Camblong. Obwohl Sophia Genetics seinen Hauptsitz in Lausanne hat, kommen nur drei der 60 Millionen des Gesamtbudgets von hiesigen Investoren. «Das ist in der Schweiz keine Frage des Geldes, sondern der Mentalität», sagt CEO Camblong. Da gebe es noch einiges aufzuholen. «Denn private und öffentliche Investoren können nur gewinnen: Zum einen sind Start-upTechnologien anfangs noch günstig zu haben, und es tut jedem Unternehmen gut, die eigene Praxis mit frischen Startup-Ideen zu hinterfragen.»

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Die Wissensfinder In grossen Unternehmen gibt es enorm viel Know-how, von dem niemand eine Ahnung hat. Die Software des Start-ups Starmind macht dieses Wissen nutzbar.

Foto: Starmind

Die Väter des Superhirns Starmind: Marc Vontobel (33, l.) und Pascal Kaufmann (39).

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ie lernten sich im Labor für künst­ liche Intelligenz der Universität Zürich kennen: Der Wirtschaftsinformatiker Marc Vontobel (33) und der Neurowissenschaftler Pascal Kaufmann (39) arbeiteten im Team des mittlerweile emeritierten Professors Rolf Pfeifer an humanoiden Robotern. «Uns war schnell klar, dass wir uns niemals alles Wissen aneignen könnten, das für die Entwicklung dieses Roboters nötig war», sagt Marc Vontobel. «Wir wären 70 geworden, bis wir die erste Schraube in den Roboter gedreht hätten.» So entstand die Idee für Starmind – eine Software, die mithilfe künstlicher Intelligenz Wissensträger inner-

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halb von grossen Organisationen vernetzt. «In grossen Unternehmen liegt enorm viel Wissen in den Köpfen von Mitarbeitern brach, weil Firmen nicht darauf zugreifen können», sagt Marc Von­tobel. «Starmind macht dieses Wissen sichtbar, zugänglich und nutzbar.» Seiner Mutter erkläre er Starmind so: Man schreibe eine Art E-Mail mit einer Frage, ohne einen Empfänger eingeben zu müssen. Starmind erkenne, worum es in der Frage geht, und wisse, wer innerhalb der Organisation ein Experte für das Thema ist und die Antwort geben kann. «Nicht der Fragesteller, sondern die Frage findet die

richtige Person. Das ist eine enorme Zeit­ ersparnis», sagt Vontobel. Mittlerweile wird Starmind bereits in 70 Ländern genutzt, unter anderem von Grossunternehmen wie Nestlé, Swisscom, SwissRe oder Six Group. Wird Starmind in einer Firma implementiert, ist es noch eine Art Babyhirn. Im Sinne von «Trial and Error» probiert Starmind am Anfang viel aus: Wenn jemand nicht antworten kann, fragt es, wer sonst eine Antwort haben könnte. «So lernt die künstliche Intelligenz die Mitarbeitenden kennen und weiss, welche Expertisen und Interessen sie haben», sagt Vontobel. «Schon nach zwei bis drei Mo­ naten haben wir ein voll funktionierendes Erwachsenenhirn.» Aktuell findet Starmind auf 94 von 100 Fragen die richtige Antwort. «Selbstverständlich wollen wir eine 100-prozentige Lösungsrate erreichen», sagt Vontobel. Daran werde in Zürich, «dem Herzen von Starmind», intensiv getüftelt. Weitere Büros hat Starmind in Frankfurt und New York. Und die beiden Gründer denken bereits weiter: Die künstliche Intelligenz soll bald Projektteams zusammenstellen, deren Mitglieder sich bestmöglich ergänzen. Und das sei noch längst nicht das Ende, ist sich Marc Vontobel sicher. «Das Potenzial für unsere Technologie, die ursprünglich aus totalem Eigennutz entstand, ist riesig.» Für den Digitaltag am 21. November hat Starmind ein eigenes Netzwerk erstellt. Laden Sie im Vorfeld im App Store von Apple oder Android die Starmind-App herunter und scannen Sie am Stand im Hauptbahnhof Zürich den Code. Danach haben Sie Zugriff aufs Netzwerk und können dem grossen Hirn Fragen stellen.


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Das programmierende Klassenzimmer Von Petar Marjanovic

Während man vielerorts noch mitten in der Umsetzung des Lehrplans 21 steckt, sind Primarschüler in Zumikon ZH bereits in der digitalen Zukunft angekommen.

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ie werden Digital Natives, in der digita­ len Welt Geborene, genannt. Eine Be­ zeichnung, die diese Primarschüler wenig interessiert. Das Digitale ist für sie normal. Moderne Technik? Alltag. Seit sie denken können. «Ich darf immer mit dem Handy spielen», sagt Matthias (12), als er mit seinen Kollegen über die Digitalisierung spricht. Im Schulhaus der Primarschule in Zumikon ZH geht es jedoch keineswegs um Handy-Games. Es ist Unterricht, bei dem es etwas zu lernen gibt, auch wenn die Lektion den Titel «Tüfteln und Erfinden» trägt. «Wir basteln hier einen Bürstenroboter», erklärt Sechstklässlerin Liselotte (12). Ihre Aufgabe sei es, mit Kleben, Basteln und eben Tüfteln einen Roboter zu bauen, der auf einem Spielfeld viele Punkte sammelt. Und: «Er muss auch schön aussehen!», betont sie. Was nach Spass aussehe, sei es auch, sagt Lehrerin Bettina Waldvogel (49). Dafür müssten die jungen Tüftler zuvor jedoch ­einiges leisten: «Die Schülerinnen und Schü­ ler lernen etwa, was ein QR-Code ist, oder wie man einen 3D-Scanner bedient.» Mit

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dem Bürstenroboter gehe es nun um Kompetenzen wie Feinmotorik und Kreativität, welche es in der digitalen Welt eben auch brauche. Mit Bettina Waldvogel profitieren die Schüler von einer Expertin. Sie beschäftigt sich als Dozentin und Forscherin mit der Medien- und Informatikausbildung. Ihr Schulleiter Philipp Apafi (57) schätzt das: «Die Digitalisierung ist eine Herausforderung für die Schulen. Frau Waldvogel ist für uns ein grosser Glücksfall!» Wie komplex diese neuen Unterrichts­ themen sein können, zeigt der Unterricht im Schulgebäude nebenan. Dort lernen die Viertbis Sechstklässler die schwere Kost der Algo­ rithmik – bei der selbst manch ETH-Infor­ matikstudent ins Schwitzen kommt. Ihre Aufgabe ist es, mit der Programmiersprache XLogo geometrische Formen zu zeichnen. Teenager wie Anna (11) und Felicia (11) hacken den kryptischen Code ohne jegliche Mühe in die Tastatur. «Wir dürfen die Flagge von Frankreich zeichnen», sagt Felicia. Das gehe einfach mit Befehlen wie setpc 12, pu

Setzt sich für die frühzeitige Vermittlung digitaler Kompetenzen ein: Bettina Waldvogel.

oder rt 90. Alles Abkürzungen aus dem Eng­ lischen, die einer symbolischen Schildkröte auf dem Bildschirm sagen, was sie zu tun hat. Hier sieht man das Potenzial der digitalen Wirtschaft: «Jeder Schüler findet einen eige­ nen Ansatz für die Programmieraufgaben»,


Je früher, desto besser: Grundverständnisse der digitalen Welt werden in Zumikon ZH bereits Primarschülern vermittelt.

Spass mit Lerneffekt: Aus Bürsten, Wolle und ein paar Drähten entstehen Roboter.

Digital Natives am Werk: Sechstklässler lernen die Programmiersprache XLogo.

erklärt Lehrerin Livia Gmür. Schüler, die normalerweise mit Rechnen Mühe hätten, würden bei solchen Aufgaben oftmals neu aufleben und mit Kreativität Programmieraufgaben lösen. Während sie das sagt, ruft Matthias (10) aus dem hinteren Teil des

Schulzimmers: «Welchen Code hat die Farbe Grün?» Die Antwort kommt direkt: «Willst du Italien malen? Dunkelgrün hat die Ziffer 11!», antwortet Emir (12). Lehrerin Gmür lacht: «Das hätte ich jetzt nachschauen müssen!» Die digitalen Ureinwohner nicht.

Mit dem Lehrplan 21 harmonisieren 21 deutsch- und mehrsprachige Kantone ihren Lehrplan. Künftig haben Schüler ­einer Schulstufe kantonsübergreifend das gleiche Bildungsniveau – vom Kindergarten bis in die neunte Klasse. Neu am Lehrplan ist, dass der Bildungsauftrag an die Schulen durch zu erlernende Kompetenzen der Schüler beschrieben wird. Das Modul Medien und Informatik erhält mehr Gewicht. Wann und von wem, legen die Kantone fest. Das Modul ermöglicht fächerübergreifenden Unterricht. Schüler lösen mit Computern, Tablets und Smartphones Matheaufgaben, schreiben Aufsätze und programmieren. Gleichzeitig lernen sie die Grundkonzepte der Informatik, wie die automatisierte Verarbeitung, Speicherung und Übermittlung von Informationen. Dabei ist nicht nur die Vermittlung von Wissen und Methoden, sondern ebenso das selbständige Entdecken von Lösungsansätzen wichtig. Im kommenden Schuljahr werden neun Kantone den Lehrplan 21 einführen.

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Fotos: Siggi Bucher

21 setzt ∆aufLehrplan Informatik


Haben Sie Ihre Daten im Gri Von Chantal Imfeld-Matyassy

Wer soll Ihre Inhalte sehen? Wie surft man sicherer? Was sind Passwort-No-Gos? Eine kleine Gebrauchsanweisung für den Umgang mit Ihren Daten.

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chnell noch das neuste Bild der Toch­ ter auf Instagram hochladen, einen Beitrag in der Chronik eines FacebookFreundes hinterlassen, ein paar WhatsappNachrichten verschicken, einen kurzen Facetime-Call mit der Freundin machen, die neue Uhr im Online-Shop bestellen und via Online-Suchmaschine ein schönes Restaurant für ein gemütliches Abend­ essen suchen. Erkennen Sie sich wieder? Die digitale Welt ist für viele von uns schon so selbstverständlich geworden, dass wir teilweise nicht mehr merken, wie breit die digitale Fussspur ist, die wir hinterlas­ sen. Wir geben Daten und Informationen preis, welche wir – würden wir nochmals darüber nachdenken – im realen Leben niemals derart offenlegen würden. Oder würden Sie frühmorgens im Pyjama auf einen öffentlichen Platz stehen und laut­ hals allen erzählen, was Sie gerade gefrüh­ stückt haben? Wohl kaum! Deshalb hier eine kleine Gebrauchsanweisung für den Umgang mit Ihren Daten:

Sie bestimmen In erster Linie sollten Sie sich bewusst sein, dass Ihre Daten Ihnen gehören. Sie alleine

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bestimmen, wem Sie diese zugänglich machen und wer sie verwenden darf. Übernehmen Sie die Verantwortung für Ihre Daten und informieren Sie sich darüber, was in der digitalen Welt mit Ihren Daten geschehen kann.

Umgang mit sozialen Medien Posten Sie regelmässig Beiträge und Bil­ der in den sozialen Medien? Seien Sie sich bewusst, dass alles, was Sie posten, öffent­ lich werden kann. Das Bild Ihrer kleinen Tochter auf Facebook kann je nach Einstel­ lungen Ihres Accounts ohne Probleme von einem Freund eines Freundes kopiert, vervielfältigt und weitergeleitet werden, ohne dass Sie es merken. Oder Ihre unan­ gebrachten Kommentare (Sie waren wü­ tend) zu einem Beitrag oder einem Bild können Ihnen zugeordnet und gegen Sie verwendet werden. Prüfen Sie deshalb die Einstellungen Ihrer Social Media Accounts sorgfältig. Und bevor Sie etwas veröffent­ lichen: Denken Sie darüber nach, wer den Beitrag, das Bild oder Ihren Kommentar sehen wird und ob Sie dies wirklich wol­ len. Posten Sie nach dem Motto: Weniger ist mehr!

Surfen im Internet Wenn Sie regelmässig im Internet surfen, kennen Sie die Situation. Plötzlich werden Sie beim erneuten Besuch einer Webseite mit Namen begrüsst, oder Sie erhalten Werbung, welche den von Ihnen zuvor in der Suchmaschine eingegebenen Such­ begriffen entspricht. Auch beim Surfen im Internet hinterlassen Sie mehr Spuren, als Ihnen wahrscheinlich bewusst ist. Im Hintergrund übermittelt Ihr Computer nämlich zahlreiche Daten. Öffnen Sie eine Webseite, dann erfährt der Server dieser Webseite Ihre IP-Adresse. Eine IP-Adresse ist – ähnlich wie Ihre Wohnadresse in der realen Welt – die Adresse Ihres Geräts (Computer, Handy, etc.) im Com­puternetz. So wird Ihr Gerät im Netz erreichbar und kann wiedererkannt werden. Die IP-Adresse wird von Ihrem Internet­


ff?

«Posten Sie nach dem Motto: Weniger ist mehr.»

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Foto: Shutterstock, Getty Images; Montage: Brand Studio

«Benutzen Sie für jedes E-Mail-Konto und jeden Account ein eigenes Passwort.»

anbieter Ihrem Router zugewiesen, dies erlaubt Rückschlüsse auf den Wohnort. Es kann zwar nicht genau festgestellt werden, in welcher Strasse Sie wohnen, aber alle Webseiten, welche Sie besuchen, erfahren Ihr ungefähres Wohngebiet und können daraus gewisse Rückschlüsse ziehen. Neben Ihrer IP-Adresse überträgt Ihr Computer beispielsweise ebenfalls Informationen zum Betriebs­ system, der Bildschirmauflösung, Ihren Browser-Plug-ins (eine optionale SoftwareErweiterung) und den installierten Schriftarten. Mittels sogenannter Cookies werden Sie auf den Webseiten wiedererkannt. Cookies sind kurze Textdateien, die auf Ihrem Gerät gespeichert werden und der Analyse der Nutzung einer Website oder einer mobilen Applikation dienen. So kann ein detailliertes Bild über Ihre Surfgewohn­ heiten erstellt werden. Um zu verhindern, dass Ihre Surfgewohnheiten ausgewertet werden, sollten Sie die Menge der übertragenen Informationen reduzieren. Löschen Sie daher am besten regelmässig die Browserdaten, stel-


len Sie Ihren Browser so ein, dass Cookies generell abgelehnt werden, und surfen Sie anonym, indem Sie beispielsweise Ihre IP-Adresse mithilfe eines Anonymisierungsprogramms ändern. Wollen Sie noch mehr Diskretion, können Sie auf weniger populäre Internetdienste ausweichen. Es gibt Suchmaschinen, welche nach eigenen Angaben keine Nutzerinformationen speichern. Grundsätzlich gilt auch hier: Geben Sie nur so viele Daten an wie nötig.

Umgang mit Passwörtern und Login-Daten Getreu nach dem Motto «Einer für alle – alle für einen» benutzen Sie für Onlinebanking, iCloud, Facebook und all Ihre E-MailKonten dasselbe Passwort? Damit Sie die Zugangsdaten nicht vergessen, haben Sie sie fein säuberlich auf ein paar Zettelchen geschrieben, wovon Sie eines unter die Schreibtischunterlage im Büro gelegt haben, eins im Portemonnaie mittragen und eins Ihrem besten Freund gegeben haben? Herzliche Gratulation – Sie haben alles in die Wege geleitet, dass Ihre Zugangsdaten in die Hände einer unbefugten Person gelangen können und sich diese so Zugang zu Ihrem privaten digitalen Leben verschaffen kann. Benutzen Sie in Ihrem eigenen Interesse für jedes Konto, jeden Social Account ein separates Passwort. Ersetzen Sie die Zettelchen – Sie verlieren sie sowieso – durch einen Passwort-Manager, der Ihnen nicht nur bei der Verwaltung der verschiedenen Passwörter hilft, sondern auch sichere Logins generiert.

Schützen Sie Ihre Geräte Schützen Sie auch Ihre Geräte, mit denen Sie sich in der digitalen Welt bewegen, vor unbefugten Zugriffen oder Datenverlust. Wehren Sie Mal- und Spyware auf Ihrem Computer, Laptop oder Tablet ab. Solche

schützen Sie ∆IhreSoDaten Computer: Virenschutz und regelmäs­ sige Updates sind Pflicht. Ein Backup schützt vor Datenverlust. Vorsicht bei der Installation von Programmen aus unbekannten Quellen und natürlich bei verdächtigen E-Mails. Mobiltelefon: Das Handy mit einem Passwort oder Fingerabdruck sichern. Für den Mobil-Account die Zwei-FaktorAuthentifizierung einschalten. Keine dubiosen Apps installieren und nur ­Programme aus dem offiziellen Store. Accounts und Login: Zumindest für die wichtigen Internet-Dienste jeweils ein separates und einmaliges Passwort nutzen. Ein Passwort-Manager hilft bei der Verwaltung und generiert sichere Logins. Eventuell eine zweite E-Mail­ Adresse für weniger wichtige Accounts erstellen, das verhindert Spam. Im Internet surfen: Regelmässig die Browserdaten löschen und am besten im «privaten Modus» oder «inkognito» surfen. Eventuell alternative Suchma­ schine zu Google nutzen. Soziale Medien: Gehen Sie davon aus, dass alles, was Sie posten, öffentlich werden kann. Daher: Möglichst wenige private Daten angeben. Lorenz Keller

Schadsoftware kann grossen Schaden anrichten und Sie ausspionieren. Benutzen Sie deshalb ein Antivirenprogramm und aktualisieren Sie die installierten Programme in regelmässigen Abständen. Um sich vor einem Datenverlust zu schützen, sollten Sie regelmässige Backups auf externe Festplatten erstellen. Seien Sie vorsichtig bei der Installation von Programmen, deren Quellen oder Hersteller Sie nicht kennen, und öffnen Sie keine verdächtigen E-Mails. Dasselbe gilt auch für Ihr Handy. Alle Handys können von Schadprogrammen befallen werden, sodass Ihre persönlichen Daten ausspioniert, verändert oder gelöscht und Funktionen Ihres Handys gestört oder blockiert werden können. Installieren oder aktivieren Sie deshalb auch auf Ihrem Handy ein Antiviren­ programm. Laden Sie nur Applikationen herunter, welche vertrauenswürdig sind, und installieren Sie nur offizielle Programme. Sichern Sie Ihr Handy gegen unbefugten Zugriff mit einem (separaten) Passwort, mittels Fingerabdrucksensoren oder Iris-Erkennung und schalten Sie für die mobilen Accounts die 2-FaktorAuthentifizierung ein. Dies bedeutet zwar, dass Sie nebst Ihrem Passwort auch noch einen PIN eingeben müssen, so können Sie aber sicher sein, dass kein Unbefugter auf Ihre persönlichen Daten auf Ihrem Handy zugreifen kann. Mehr zum Thema finden Sie auf einschlägigen Seiten – natürlich im Internet! Zur Autorin: Chantal Imfeld-Matyassy ist Datenschutzverantwortliche der Ringier AG.

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Fotos: Philippe Rossier

«Ich fürchte, sehr viele Leute nutzen nicht ­einmal eine ­Milliarde ihrer 87 Milliarden ­Hirnzellen.» Philosoph und ­Publizist Ludwig Hasler.

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«Wir machen uns zu Passagieren statt Piloten» Von Gabi Schwegler

Menschen streben mit digitalen Lösungen nach Perfektion, das Glück aber finden sie in der eigenen Unzulänglichkeit – und in einem Glas Whiskey. Das zumindest sagt der Philosoph und Publizist Ludwig Hasler (73), der auf eine neue Symbiose zwischen Mensch und Maschine hofft.

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Wenn wir eine humane Welt wollen, müssen wir die durch Maschinen gewonnene Zeit mit spezifisch menschlichen Tätigkeiten füllen.»

Weltweit werden digitale Lösungen gesucht, die uns das Leben erleichtern sollen. Dennoch fühlen sich immer mehr Menschen unter Druck. Was läuft falsch, Herr Hasler? Wir haben ein paar Probleme mit der Moderne. Die Gesellschaft lebte davon, dass es stets besser ging, immer mehr gab, alles immer lustiger wurde. In meiner Generation ging es tatsächlich immer aufwärts. Jetzt aber merken wir, dass wir anstossen. Dieses Jahr haben wir beispielsweise in Barcelona, Dubrov­ nik oder Venedig gemerkt, dass es so mit dem Tourismus nicht mehr weiter­ geht. Es ist vermasst, verbilligt, gewisser­ massen demokratisiert, und jetzt wer­den wir sauer. Das ist die Dialektik des Fortschritts.

Gerade bei der digitalen Gesundheit unterwerfen wir uns einer Art Selbst­ kontrolle. Es gibt Apps für genug Schlaf, das Zählen der Schritte, die Anzahl Kalorien. Wieso tun wir das? Der Mensch ist die personifizierte Zweideutigkeit. Wir wollen immer perfekter werden, und das können wir mit digitalen Hilfsmitteln immer besser. Das würde in der Konsequenz bedeuten, dass wir uns zur perfekt funktionierenden Maschine umbauen, Stichwort Transhumanismus. Gleich­ zeitig wissen wir aber, dass uns das nie glücklich machen wird.

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Was macht uns glücklich? Unsere Unzulänglichkeit. Glücklich macht uns nicht, wenn wir gesundes Wasser trinken, sondern einen Whiskey. Der Mensch aber ist ein zusammengesetztes Wesen, das dauernd in der Spannung zwischen Geist und Animalischem zerrissen wird.

Kann unser Hirn mit der Schnelligkeit des neuen digitalen Alltags umgehen? Ein Menschenhirn ist zu viel mehr fähig, als wir es nutzen. Wir haben 87 Milliarden Hirnzellen. Ich fürchte, sehr viele Leute brauchen nicht eine Milliarde ihrer Zellen. Dabei wäre das Hirn bereit, die turbulen­ testen Dinge mitzumachen.

  Zur Person Der Luzerner Ludwig Hasler (73), studierter Physiker und promovierter Philosoph, lehrte Philosophie an den Universitäten Bern und Zürich, war in Chefredaktionen tätig («St. Galler Tagblatt», «Weltwoche»). Seit 2001 wirkt er als Publizist und Hochschuldo­ zent, schreibt Kolumnen und E­ ssays, publi­ ziert Bücher. «Die Zeit» schrieb über ihn, er sei der wohl erfolgreichste Vortrags­ reisende der Schweiz. Hasler mischt sich auch praktisch ein, etwa in der Begleitgrup­ pe «Digita­lisierung» von Economiesuisse.

Aber dann machen wir doch komplett das Verkehrte: Ich habe unzählige Apps, um mein Hirn zu entlasten. Ein Strang des digitalen Wandels neigt dazu, eine Welt zu bauen, in der der Mensch nur ein Passivmitglied ist. Es stellt sich die Frage: Sind wir künftig nur noch Haustiere der Algorithmen, die im Silicon Valley bewirtschaftet werden? Oder sind wir noch Meisterinnen in diesem Haus? Tendenziell machen wir uns eher zu Passagieren statt Piloten des digitalen Wandels. Es gibt aber durchaus Bereiche, in denen das Sinn macht.

Zum Beispiel? Der Paradefall ist die Mobilität. Selbstfah­ rende Autos machen den Verkehr sehr viel rationaler, sicherer und ökonomischer. Der Störfall Mensch muss vom Lenkrad und vom Gaspedal weg. Dann rauscht der Verkehr absolut sicher und vernünftig. Aber die Frage ist, wie das auf anderen Gebieten funktioniert. Etwa da, wo wir mit 150 000 Gesundheitsapps und ChipImplantaten einen Smartbody schaffen wollen. Wir werden von Welteroberern zu Buchhaltern von unseren eigenen Körperzuständen.

Sie schrieben einmal, die Technologie halte die Welt im Innersten zusammen. Wie meinen Sie das? Die Digitalisierung ist kein Zauber. Sie ist nur die technische Vernetzung von


«Die Digitalisierung ist kein Zauber»: Ludwig Hasler in seinem Haus in Zollikon ZH.

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Der Störfall Mensch muss vom Lenkrad und vom Gaspedal weg. Dann rauscht der Verkehr absolut sicher und vernünftig.»

allem mit allem. Es entsteht so was wie ein Nervensystem zwischen Dingen, Menschen und Unternehmen. Wir haben eine Welt konstruiert, in der vieles so komplex ist, dass wir rechnen lassen müssen. Denken Sie nur an den Bahnhof Zürich Stadelhofen zur Stosszeit. Dass da kein Chaos ausbricht, liegt nur an blitzschnellen Computern. Die digitale Vernetzung ist eine Art Partitur unseres Lebens im 21. Jahrhundert. Wie wir sie spielen, ist unsere Sache. Setzen wir uns mit Bier an den Strand, haben ein bedingungs­loses Grundeinkommen und sind Passivmit­ glieder dieses ganzen Theaters? Das sind für mich Akte der Kapitulation.

Was wäre der Gegenentwurf dazu? Meine Hoffnung ist, dass eine bis anhin unbekannte Symbiose zwischen Mensch und Maschine entsteht. Dass wir die Maschinen in unseren Dienst stellen können, ohne ihnen unterlegen zu sein. Nehmen wir einen Schreiner. Er pro­ grammiert heute hauptsächlich ausführende Geräte, ist ein praktischer Infor­ matiker. Die Schreiner sagen aber, es wäre das Schlimmste, wenn man sie in Zukunft nur noch zu Programmierern ausbilden würde. Denn sie sind den Maschinen einzig mit ihrer traditionellen Hand­werkerausbildung überlegen. Mit ihrem Wissen über Holz füttern sie die ­Maschinen. Das wäre ein Leit­bild für verschiedene Berufe.

Künstliche Intelligenz zeigt aber, dass Maschinen lernen werden. Was dann? Richtig ist zweifellos, dass wir es nicht mehr mit einfältigen Industrierobotern zu tun haben. Die Maschinen lernen, regulieren und steuern sich selber. Ihr Lernen ist für mich aber nur eine Integration von neuen Signalen in die bisherige Funktionsweise. Und da kommt der grosse Unterschied: Der Roboter wird nicht

geboren, hat keine Mutter, keine Biologie. Weil der Mensch dauernd Ungereimtheiten produziert, sucht er immer nach neuen Ansätzen und Lösungen.

Ist das der Treiber für Innovation? Genau. Im Kern ist es das Wissen um die eigene Endlichkeit. Diese Konstellation ist Bedingung für Innovation, Kreativität, Animation und Inspiration.

Wie können wir das nutzen?

  Kurz gefragt Was ist Ihre schönste analoge Erinnerung? Das Flirten. Welche Erfindung halten Sie für überflüssig? Den Rollkoffer. Welchen neuen Begriff verstehen Sie nicht? Slack. Auf welche Innovation warten Sie? Auf bedeutendere Wirtschafts-Apps, die nicht nur Service bieten, sondern produktiv sind. Wovor haben Sie Angst? Vor transhumanistischen Tendenzen. Wer ist der klügste Denker, die klügste Denkerin? Robert J. Gordon, der skeptische Ökonom.

Nehmen wir die Pflege. Künftig kommt ein Pfleger zusammen mit einem Roboter ins Krankenzimmer. Der Roboter bettet die Patientin um, macht das Bett frisch, räumt das Zimmer auf, macht die Intimwäsche. Und statt dass wir nun fragen, wofür es den Pfleger noch braucht, gibt es nur eine Erkenntnis: Endlich kann er das machen, wofür er bisher keine Zeit gehabt hatte. Die Zuwendung, das Gespräch.

Gerade im Gesundheitswesen explo­ dieren die Kosten. Roboter wären ein willkommenes Mittel, um Geld zu sparen. Das darf nicht sein. Wenn wir eine humane Welt wollen, müssen wir die gewonnene Zeit mit spezifisch mensch­ lichen Tätigkeiten füllen. Wir sind an einem absolut perfekten Zeitpunkt, um die Wirtschaft so zu revolutionieren, dass wir uns künftig mit dem Wichtigsten beschäftigen können.

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Von Andrea Cattani

Früher wollten Buben Fussball-Spieler werden. Heute wollen sie Fussball-Gamer werden. Luca Boller ist einer von ihnen.

A

m Ende ist es ein schneller Konter, der die Meisterschaft entscheidet: Mit einem Steilpass wird Dimitri Oberlin losgeschickt, der anschliessend alleine vor dem Luzerner Torhüter auftaucht und den Ball eiskalt in der unteren Ecke versenkt. Der FC Basel gewinnt die Partie mit 4:2 und ist Schweizer Meister. Oder genauer: Luca Boller ist Schweizer Meister. Der 23-Jährige aus Fehraltorf ZH hat im Oktober an der Spielzeugmesse Suisse Toy in Bern seinen Titel verteidigt. «Lubo», wie Boller in der Szene genannt wird, gehört zu der aufstrebenden Zunft der eSportler. Seinen Triumph hat er sich nicht auf dem Rasen, sondern an der Playstation erspielt. Noch vor wenigen Jahren wurden Leute wie Luca Boller belächelt. Aber hinter dem Erfolg steckt harte Arbeit: Stehen Turniere an, spielt er das beliebte Game der FifaReihe sechs bis sieben Stunden am Tag. «Das ist meine Trainingseinheit», erklärt er. Seit Sommer steht er beim FC Basel unter Vertrag. Der Klub, der im «richtigen» Fussball Titel um Titel hamstert, setzt mittlerweile auch auf die Karte eSport – und ist damit in bester Gesellschaft. Internationale Top-Vereine wie Paris Saint-Germain, Schalke 04 oder Besiktas Istanbul haben das Potenzial von eigenen Gamer-Teams ebenfalls für sich entdeckt. Im Fall von Boller und dem FCB profitieren beide Seiten. Der Klub erschliesst mit dem professionellen Play­ station-Spieler eine ganz neue Zielgruppe, die sonst eher wenig mit Fussball am Hut

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Auf dem Weg zum ∆Milliarden-Business Sechsstellige Transfersummen, Grundgehälter von 25 000 Euro, PreisgeldMillionäre. Allein am DOTA2-Event (ein Multiplayer Fantasy Action Game) «The International» werden 25 Millionen Dollar an Prämien ausgeschüttet – mehr als am Tennis Grand Slam US Open. Daniel Luther, eSport-Experte beim ESB Marketing Netzwerk und FC Basel, sagt: «Vereine, Ligen und Unternehmen kommen am eSport nicht vorbei, wenn sie mit der Zeit gehen wollen.» Letztes Jahr setzte die eSport-Branche 700 Millionen Euro um. 2018 soll die MilliardenSchallmauer geknackt werden.

hätten. Und «Lubo» kann dank des Enga­ gements seine Leidenschaft auf höchstem Niveau ausleben und hilft damit auch der hiesigen eSport-Szene. Im internationalen Vergleich hinkt die Schweiz noch hinterher. Die Preisgelder an den Turnieren reichen nicht aus, dass Spie-

ler wie Luca Boller davon leben könnten. Nebenbei arbeitet der Zürcher deshalb als Angestellter auf der Bank. Dass er es bis an die Spitze der Schweizer Fifa-Gamer geschafft hat, verdankt Luca in erster Linie seinem Vater. «Als ich etwa sechs Jahre alt war, liess er mich zum ersten Mal mitspielen. Von da an war ich angefressen, und meine Mutter musste ständig aufpassen, dass ich es auch in der Schule zu etwas brachte.» Heute bekommt Boller zu Hause volle Unterstützung für seine eSport-Karriere. Kein Wunder: Den digitalen Wettbewerben wird eine grosse Zukunft vorausgesagt. Weltweit schiessen Game-Turniere wie Pilze aus dem Boden. Zahlungskräftige Sponsoren entdecken die Szene für sich (siehe Box). Beim Treffen der 32 besten Fifa-Spieler der Welt in London ging es in diesem Sommer um ein Preisgeld von 200 000 Dollar. Und auch in der Schweiz tut sich einiges: Neben dem FC Basel haben Klubs wie Lausanne und St. Gallen ebenfalls eigene Zocker unter Vertrag. Und das Interesse an ihren Spielen steigt auch in der Bevölkerung. «Mittlerweile werde ich sogar schon für Fotos und Autogramme angesprochen», sagt Boller mit einem Lächeln. Er glaubt, dass die Nische eSports auch hier bald massentauglich sein wird. Und träumt davon, dass die Schweizer Meisterschaft der Fifa-Gamer irgendwann einmal im grossen St. Jakob-Park stattfinden wird. Dort, wo heute noch der echte Dimitri Oberlin dem Ball nachjagt.

Fotos: FC Basel 1893, Suzi Pratt/Getty Images

Der FC Basel ist auch E-Meister


Sechs bis sieben Stunden Training pro Tag: Luca «Lubo» Boller im St. Jakob-Park.


Verstehen Sie digital?

11. Disruption

Die technische Entwicklung schreitet rasant voran. Fast täglich kommen neue Fachausdrücke dazu. Die folgenden 20 Begriffe helfen Ihnen durch den digitalen Dschungel.

Fast jeder, der ein digitales Start-up führt, träumt von der Disruption. Heisst: Ein bestehendes Geschäftsmodell wird durch eine Innovation abgelöst oder sogar zerschlagen. Gelungen ist das etwa dem Fahrdienst Uber, der mit seiner App die TaxiBranche erschüttert hat.

1. Apps

12. E-Health

Von Bastian Heiniger

Noch sind die Mini-Programme der Schlüssel, um mit dem Handy das Internet zu nutzen. Egal ob für Browser, E-Mail, Online-Fahrplan oder soziale Medien – es gibt eine App für jedes Bedürfnis. Künftig könnten jedoch einige verschwinden, da Konzerne wie Facebook und Google an intelligenten Assistenten arbeiten, welche die Aufgaben von Apps übernehmen (siehe Punkt 6: Bot).

2. Augmented Reality (AR)

In der erweiterten Rea­ lität wird die reale Umgebung durch digitale Bilder überlagert und ergänzt. Möglich ist dies dank Smartphone oder Datenbrille. So kann ein Nutzer etwa sein Handy auf ein Gebäude richten und sieht auf dem Display zusätzliche Informationen dazu.

3. Big Data

In der digitalen Welt heisst es: Daten sind das neue Öl. Denn jeder hinterlässt bei fast allen Tätigkeiten eine Menge an Daten. Die Gesamtheit wird als Big Data bezeichnet. Unternehmen machen sich diese zunutze, um ihre Angebote gezielt auf die Kunden abzu­ stimmen.

4. Bitcoin

Bitcoin ist eine digitale Währung. Sie kennt weder Münzen noch Noten und existiert nur im In-

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ternet. Nützlich sind Bitcoins etwa als anonymes Zahlungsmittel – oder für die Spekulation. Wer selbst kaufen möchte, kann sich als App eine Bitcoin-Wallet herunterladen. Dieser dient als digitales Portemonnaie.

5. Blockchain

Die Blockchain ist quasi ein digitales Register, das Transaktionen zwischen einem Konsumenten und einem Lieferanten verzeichnet. Das Netzwerk speichert alle Informationen verschlüsselt in Datenblöcken, die chronologisch aneinandergehängt werden. Zur Anwendung kommt die Technologie etwa bei Bitcoins.

6. Bot

Bots sind digitale Roboter. Sprich: ein Com­ puterprogramm, welches bestimmte Aufgaben selbständig ausführen kann. Immer beliebter werden etwa sprachgesteuerte Bots. Über die Sprach­assistenten kann der Nutzer etwa Bestellungen aufgeben, sich den Wetterbericht vorlesen lassen oder sein Smart Home steuern.

7. Cloud

Die stets zunehmenden Datenmengen lassen sich kaum noch auf der Festplatte eines Geräts speichern. Deshalb lassen sich die Daten dank der Cloud ins Internet auslagern. Der Nutzer kann so von verschiedenen Geräten aus jederzeit auf seine

Daten zugreifen. Problematisch ist allerdings die Sicherheit, da das Internet angreifbar ist.

8. Coding

Coding steht neudeutsch für das Programmieren. Wer die verschiedenen Programmier-Sprachen beherrscht, kann selbst ein Computerprogramm erstellen. Eine Fähigkeit, die im digitalen Zeitalter immer wichtiger wird, um mit individueller Software Aufgaben zu lösen.

9. Cyber-Security

Je digitaler ein Unternehmen ist, desto höher die Gefahr, dass es angegriffen wird. Datendiebstahl, Spionage, Sabotage und Erpressung durch CyberAngriffe bedrohen alle Branchen, öffentliche Einrichtungen und kritische Infrastrukturen. Deshalb steigt die Nachfrage nach IT-Spezialisten, die den Cyber-Raum vor Attacken schützen.

10. Darknet

Im Internet gibt es Bereiche, die man über den Browser oder mit Google nicht findet. Das dunkle Netz ist quasi ein virtuelles Hinterzimmer für Eingeweihte. Dieses besteht nicht aus einem zentralen Server, sondern aus einem Netzwerk vieler Computer. Die Daten darin werden verschlüsselt, der Nutzer surft anonym. Weil oft illegale Geschäfte darüber abgewickelt werden, hat es einen schlechten Ruf.

E-Health dient als Sammelbegriff für alle digitalen Lösungen im Gesundheitsbereich. Schon jetzt können etwa Gesundheitsdaten via App direkt an den Arzt überliefert werden. Und der Nutzer wird benachrichtigt, wenn seine Werte plötzlich kritisch sind.

13. Fintech

Roboter übernehmen das Bankgeschäft. Zumindest im Fintech-Bereich, in dem Finanzdienstleis­ tungen mit Technologie gekoppelt werden. Und dadurch effizienter und günstiger sind.

14. Influencer

Ein Influencer ist quasi ein Star in den sozialen Medien. Können muss er nicht unbedingt etwas. Dank seiner Reichweite und Popularität ist er jedoch attraktiv für Unternehmen, die über ihn für ihre Produkte werben.

15. Internet der Dinge

Internet of Things (IoT) bedeutet, dass Gegenstände, Geräte und Maschinen mit dem Internet verbunden werden, um den Menschen zu unterstützen. Etwa wenn ein Kühlschrank erkennt, dass keine Milch mehr da ist und automatisch Nachschub bestellt.

16. KI

Der Computer soll mittels Künstlicher Intelligenz (KI) menschenähnlich

werden und eigenständig Probleme bearbeiten. Die Maschinen sollen lernen, ihre Umgebung wahrzunehmen, daraus Schlussfolgerungen zu ziehen und sich der realen Welt anzupassen.

17. Long Term Evolution (LTE)

LTE steht für die Mobilfunktechnologie der vierten Generation – bekannt als 4G. Sie ermöglicht schnelleres mobiles Surfen. Derzeit wird am Nachfolger 5G gearbeitet, der die Netzstabilität erhöhen und die Datenübertragung massiv beschleunigen soll. Die Rede ist von einer 100-mal höheren Datenrate und ­einer 1000-fach höheren Kapazität – bei 90 Prozent geringerem Stromverbrauch.

18. NFC (Near Field Communication)

Bezahlen Sie mit Ihrer Kreditkarte kontaktlos? Dann haben Sie die NFCTechnologie schon genutzt. Sie ermöglicht den Datenaustausch, wenn zwei Endgeräte höchstens 10 bis 20 cm von­ einander entfernt sind.

19. Smart Home

Die eigene Wohnung wird intelligent. Dank dem Internet der Dinge können immer mehr Gegenstände vernetzt und automatisch gesteuert werden – etwa Heizung, Fenster, Storen und Lampen.

20. Virtual Reality

Anders als bei der AR taucht der Nutzer hier völlig ein in eine virtuelle Realität. Möglich machen es VR-Brillen. Beliebt ist VR derzeit besonders für kurze Filme und VideoSpiele. Facebook oder auch Medien-Konzerne (wie Ringier mit seiner Blick-VR-App) arbeiten daran, VR in der breiten Masse durchzusetzen.


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Der erste Cyborg Von Claude Jean Sturzenegger

Er trägt einen Chip im Kopf, der ihn Farben hören lässt. Neil Harbisson ist laut Pass Brite. Und Cyborg.

F

orscher gehen davon aus, dass wir im Jahr 2022 Chips im Körper tragen werden. Das eröffnet ganz neue Möglichkeiten in der Diagnostik. Bei einem Notfall können so Symptome, Alter, Vorgeschichte und Auf­enthaltsort des Patienten von der künstlichen Intelligenz im Chip berücksichtigt werden – worauf die bestmögliche Behandlungsmethode vorgeschlagen wird. Einigen Menschen ist dies allerdings nicht früh genug. Und geht vor allem nicht weit genug. Einer von ihnen ist Neil Harbisson (33). Der in Barcelona auf­ gewachsene Brite ist der erste Mensch mit einer implantierten Antenne im Schädel. Und der erste staatlich anerkannte Cyborg. Die Geschichte der Mensch-Maschine Harbisson beginnt 2004: Damals liess er sich den «Eyeborg» – eine Antenne mit Sensor –

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einpflanzen. Das Gerät verwandelt Farben in Klänge. Denn sehen konnte er diese bisher nicht – Harbisson leidet an Achromatopsie, sieht die Welt nur in Schwarz-Weiss. Auf die Idee mit dem «Eyeborg» kommt er bei einem

Klein, aber mächtig: Etwa 50 000 Menschen tragen bereits Mikrochips im Körper.

Vortrag zum Thema Kybernetik. «Es war die grösste Veränderung in meinem Leben», sagt Harbisson. Technologie nicht als Werkzeug, sondern als Teil von sich zu sehen. Fünf Monate habe es gedauert, bis sich das Gehirn an den Fremdkörper gewöhnt habe. «Viele Leute nennen es ein Gerät oder sagen, ich trüge eine Antenne. Aber ich trage auch keine Nase oder ein Ohr – ich habe eine Nase und ich habe eine Antenne.» Die erste Farbe, die der Künstler hörte, war Rot. Der erste Besuch in Gaudis Park Güell in seiner Heimatstadt wurde zu einer Symphonie. Den «Eyeborg» hat Neil Harbisson seither nie mehr abgenommen. Auch nicht, als er 2004 seinen Pass erneuern wollte. Die britischen Behörden lehnten ein Passfoto mit einem elektronischen Gerät ab. Harbisson kämpfte für seinen «Eyeborg»


Fotos: Dan Wilton, Morten Watkins/Splash/Dukas, Adelboden Tourismus

Das digitale Time-out boomt

– und erhielt recht. Es war das erste Mal, dass ein Cyborg von einer Regierung anerkannt wurde. 2010 gründete er schliesslich die Cyborg Foundation, die sich nach seinen Angaben für die Cyborg-Rechte einsetzt. Neil Harbisson ist ein Extrem-Beispiel. Weltweit gibt es aber schätzungsweise 50 000 Menschen, die einen Mikrochip im Körper tragen. Mit diesem lässt sich etwa die Haustür öffnen, das Handy entsperren oder auch zahlen – allerdings erst in Bitcoins. Für Transhumanisten erst der Anfang. Sie glauben, dass der Mensch irgendwann seinen Körper mit all dessen Einschränkungen dank Technologie überwinden wird – und so die Evolution in Eigenregie vorantreiben sollte. Für Kritiker ist klar: Damit droht der Mensch zu verlieren, was ihn zum Menschen macht. Was auch immer das ist.

Immer erreichbar, immer auf Draht? Jetzt kommt die Gegen­bewegung zur SmartphoneGesellschaft.

D

er letzte Blick am Abend gilt dem Handy. Der erste am Morgen ebenfalls. 88-mal greifen wir laut Studien täglich zum Smartphone. Das hat Folgen. Die Medizin kennt mittlerweile den «Handy-Nacken», dazu kommen Einschlafprobleme, Kurzsichtigkeit und vor allem ein erhöhtes Risiko für Stress, Burn-out und Depression. Abschalten ohne ausschalten geht nicht mehr. Digital Detox heisst der Trend, der bezeichnenderweise seinen Ursprung im Silicon Valley fand. Teilnehmer der Smarphone-freien Camps berichten von einer «befreienden» Erfahrung. Mittlerweile ist auch das erste Schweizer Digital Detox Camp, durchgeführt im Engstligental, Geschichte. Auf dem Programm standen Wanderungen statt Fitnesstracker, Gespräche statt Chats und Umarmungen statt Likes. «Eine zeit­ gemässe Antwort auf Dichtestress und digitale Übersättigung», so Adelbodens Tourismusdirektor Urs Pfenninger. Die Branche wittert eine Marktlücke. Ob im Engadiner Luxushotel, beim Senn auf der Alp oder sogar spezielle Angebote

Handy-Abstinenz und viel Yoga: Digital Detox Camp in Adelboden.

für Kinder – Digital Detox ist für alle da. Aber bringts die digitale Radikalkur? Georg Bauer, Leiter der Abteilung Gesundheitsforschung und Betriebliches Gesundheitsmanagement am Institut für Epidemiologie, Biostatistik und Prävention der Universität Zürich, ist skeptisch: «Für Leute mit übermässigem Handy­ gebrauch ist es sicher gut, eine Zeit der Unabhängigkeit zu erfahren, andere Verhaltensweisen zu erproben, sich auf sich selbst zu besinnen. Allerdings besteht wie bei der Nulldiät eine Rückfallgefahr. Daher finde ich den langfristig ange­ legten, gezielten Umgang im Alltag wichtiger. Dieser ist auch ohne kompletten Ausstieg lernbar. Und erst er bringt gesundheitliche Vorteile.» Das Geheimnis liegt also in der Selbstdisziplinierung. Und kleinen Tricks. Etwa einen Wecker kaufen, damit das Smartphone nicht im Schlafzimmer liegt. Und eine Armbanduhr. Bewusste Smartphone-Pausen einlegen. Wem es zu schwerfällt, den inneren Handy-Hund zu überwinden: Es gibt natürlich auch Apps, die einem dabei helfen.

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Denken Sie die digitale Schweiz mit Von Stephan Sigrist

Erfolgreiche Digitalisierung braucht mehr als Technologie und das Feiern neuer Gadgets. Im Kern braucht sie uns, den Menschen. Auch hier in der Schweiz.

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matisieren von Prozessen im Alltag oder bei Unternehmen, neue Erlebnisse und Kommunikationsformen durch virtuelle Realitäten, das Vernetzen von Menschen in sozialen Netzwerken oder Maschinen im «Internet der Dinge» und die Möglichkeit, mit 3D-Druckern oder Software selbständig, im Kleinen, Dinge zu realisieren. Konkret bedeutet dies: Wir erhalten neue Möglichkeiten, unser Leben einfacher zu

∆Dr. Stephan Sigrist Der 42-jährige Zürcher ist Gründer und Leiter des Think Tank W.I.R.E. und beschäftigt sich mit den Folgen der Digi­talisierung in den Bereichen Life Sciences, Financial Services, Medien und Mobilität.

Foto und Grafik: W.I.R.E.

M

it dem Anbruch der digitalen Revolution und dem Versprechen einer disrup­tiven Umgestaltung aller Branchen ist das Thema Digitalisierung allgegenwärtig geworden. Rund um die Welt häufen sich Tagungen und Initiativen mit dem Ziel, diese Transformation greifbar zu machen. Start-up-Unternehmen liefern dazu konkrete Bestandteile der künftigen digitalen Wertschöpfungsketten. Allerdings können neue Produkte und Angebote keine vertiefte Diskussion darüber ersetzen, zu welchen wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Rahmenbedingungen die Digitalisierung führt oder noch wichtiger, welche Zukunft wünschbar ist. Hierfür braucht es eine differenzierte Auseinandersetzung. Die Grundlage der Digitalisierung liefern technologische Fortschritte, die es ermöglichen, Daten durch die Vermessung unseres Verhaltens oder unserer Infrastruktur zu generieren, diese mit Hilfe von künstlich intelligenten Algorithmen zu verarbeiten, sie in einer Cloud oder mittels der Blockchain zu speichern und in hoher Geschwindigkeit wie dem 5G-Netzwerk zu übermitteln. Das eigentliche Potenzial eröffnet sich aber nicht primär durch Technologie, sondern durch die Möglichkeiten, die sich für Organisationen und Individuen ergeben. Vier Anwendungsfelder stehen dabei im Zentrum: Das Auto-

gestalten und mit neuen Ideen selbst zu verwirklichen. Diese Veränderungen führen aber auch zu Herausforderungen: Auf­gaben, die wir bisher selbst gemacht haben, werden künftig durch Computer oder Roboter übernommen. Als Folge hat auch die Angst vor dem Verlust von Arbeitsplätzen zugenommen, welche mittlerweile einen wesentlichen Teil der Debatte prägt. Trotz des zweifelsohne grossen Poten­ zials der Digitalisierung tendieren wir heute dazu, die Geschwindigkeit der Veränderung zu überschätzen. Die Entwicklung künstlicher Intelligenz steckt noch in den Kinderschuhen und die Fähigkeit von Algorithmen, Entscheidungen in komplexen Alltagssituationen zu lösen, ist beschränkt. Wichtiger noch: Nicht alles, was technisch machbar wäre, ist auch tatsächlich wünschbar oder bringt einem Nutzer wirkliche Mehrwerte. So können uns automatisierte Informationssysteme zwar im Sekundentakt mit neuen Fakten überhäufen, ein menschliches Gehirn ist aber gar nicht in der Lage, daraus etwas Brauchbares abzuleiten. Schon heute nimmt die Überforderung durch zu viele Daten zu – und auch wenn es theoretisch möglich ist, sich von einem selbstgesteuerten Auto über den Gotthardpass chauffieren zu lassen, ist noch lange nicht klar, ob dies auch einem Bedürfnis der Menschen entspricht.


Digitalisierung verstehen und weiterdenken

W EI T ERFÜHRENDE KONSEQUENZEN Wir tschaf t

Gesellschaf t

Individuum

Vernetzen

Automatisieren

3,6 Millionen Schweizer waren im September aktiv auf Facebook. Bei den U19-Jährigen gegenüber Vorjahr 25 % weniger, bei den Ü40-Jährigen 17 % mehr. (Quelle: FacebookAdPlanner & IGEM-digiMonitor 2016 (WEMF)).

In Lugano testen zwei Spitäler autonome Drohnen. So sollen künftig Laborproben transportiert werden. Die Drohne fliegt knapp 40 km/h und kann 2 kg Gewicht laden.

A N W ENDUNGEN Virtualisieren

Realisieren

Neurowissenschaftler und Informatiker der ETH Lausanne testen VR-Anwendungen für die Behandlung von Ängsten. Patienten mit Platzangst können so kleine virtuelle Räume betreten, solche mit Höhenangst einen simulierten Turm besteigen.

Datengenese 90 % der digitalen Daten wurden in den letzten zwei Jahren erzeugt. Täglich ent­stehen durch E-Mails, Fotos, Internetsuchen, Smart Wearables etc. 2,5 Trillionen Bytes (ca. 1,5 Megabyte/sek.) für jeden Menschen der Erde. (Quelle: IBM).

Die ETH baut in Dübendorf das DFAB HOUSE, das fast nur durch digitale Entwicklungsund Fertigungsprozesse gebaut wird, wie 3D-Drucker und autonome Roboter.

Datenverarbeitung

Datenspeicherung

«Piz Daint» am Nationalen Rechenzentrum (CSCS) in Lugano ist der leistungsstärkste Computer ausserhalb Asiens. Seine theoretische Spitzenleistung liegt bei 25,3 PetaFLOPS – 23,3 Billiarden Rechenoperationen pro Sekunde.

Angesichts der grundlegenden Veränderungen, die unsere Wirtschaft, die Gesellschaft und das Leben von uns allen in den nächsten Jahren und Jahrzehnten prägen, wird die Auseinandersetzung mit der Digitalisierung unumgänglich. Anstatt unsere Zukunft als Schicksal eines techno­ logischen Tsunamis zu verstehen, der uns überrollt, gilt es, die Welt von morgen – die digitale Schweiz – aktiv zu gestalten. Hierzu braucht es mehr, als die Imitation der Erfolgsgeschichten aus dem Silicon Valley oder als der Fokus von «fast follower»- Strategien, bei denen Schweizer Unternehmen den Ideen der grossen Internetunternehmen nacheifern. Nicht aus falschem Stolz oder Schweizer Eigensinn, sondern weil nach­ haltige Innovation mehr umfasst als das Programmieren von Apps oder den Aufbau von neuen Internetplattformen, und weil

T ECHNOLOGIE

Die ETH forscht an Speicher­medien, die digitale Daten in künstlich hergestellter DNA verschlüsseln - sie sollen eine Langzeitspeicherung von über einer Million Jahren ermög­ lichen. Daten auf USB-Sticks haben eine Lebensdauer von 10 bis 20 Jahren.

die nächste Phase der Digitalisierung durch Innovation geprägt sein wird, müssen wir die Menschen – und die Gesellschaft – ins Zentrum rücken. Für die Schweiz eröffnen sich Chancen, sich im internationalen Wettbewerb der digitalen Wirtschaft zu differenzieren und ihre traditionellen Stärken ins 21. Jahrhundert zu übertragen. So wächst in einer digitalen Welt die Bedeutung von Kooperationen und Nähe zwischen Konzernen, KMU, Startups und Think Tanks, Hochschulen bis zu NGOs, die in der Schweiz bereits vorhanden ist. Der Aufbau von Innovationsnetzwerken oder «Ökosystemen», bei denen nicht Einzellösungen im Zentrum stehen, sondern vernetzte Dienstleistungen im Bereich der Gesundheitsversorgung, bei Finanzdienstleistungen, der Ernährung oder der Mobi­ lität, werden dabei zum Erfolgsfaktor. Der

Datenübermittlung Das mobile Breitbandnetz 5G erreicht Über­tragungsraten von bis zu 10 Gbit/sek. – zehn Mal schneller als Glasfaserkabel. Mobilfunk­anbieter in der Schweiz planen, das Netz ab 2020 aufzubauen.

Staat nimmt hier eine zentrale Rolle ein: Indem technologische Veränderungen früh erkannt und Rahmenbedingungen geschaffen werden, die neuen Ideen schnell Raum bieten, um sie zu testen. Gleichzeitig müssen aber die grundlegenden Fragen adressiert werden, nämlich, wie wir eine datenbasierte Marktwirtschaft aufbauen, in der die Menschen selbst entscheiden, wer Zugriff auf ihre Daten hat, wie wir damit umgehen, wenn wir frühzeitig über genetische Veranlagungen Bescheid wissen, oder wie wir ein Steuersystem gestalten, bei dem immer mehr Unternehmen nicht mehr an einzelnen Standorten lokalisiert, sondern virtuell arbeiten. Hier setzen die Aufgaben an, um die wir uns heute kümmern müssen. Dies betrifft Unternehmen genauso wie die Wissenschaft, die Politik und vor allem jede und jeden Einzelnen von uns.

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Foto: James Cheadle/Solent News/Dukas

Wissenschaftler simulieren im US-Bundesstaat Utah eine MarsExpedition. Ohne Reiseführer?

Mars-Guide gesucht!

Von Manuel P. Nappo

Welche Berufe sind in 30 Jahren gefragt? Noch kann diese Frage niemand beantworten. Aber probieren Sie es doch mal mit diesen acht Jobs! Digitaler Bestatter Tönt nach einem morbiden Scherz; aber digitale Bestatter sind in Zukunft notwen­ dig. Wer kümmert sich um Facebook-, Instagram- und Twitter-Profile von Verstorbenen? Was geschieht mit all den Bildern in den Clouds? Professionelle, die digitale Identitäten beerdigen, sind in 20 bis 30 Jahren nicht wegzudenken.

Hologram Retail Display Designer An alle Fans der Holografie: Vielleicht können Sie schon bald echte Hologramme in Ihrem Lieblings-Einkaufsladen bestau­ nen. Denn in Zukunft werden Retail-Stores mit Hilfe von Hologram Display Designern Kleidungsstücke nicht mehr als reines Objekt vor Ort ausstellen, sondern als Hologramm projizieren.

AI Voice Developer «Alexa, bestell mir eine Pizza Peperoni mit extra viel Mozzarella, bitte.» Geräte wie Alexa von Amazon sind nur der Anfang. Unternehmen werden zukünftig stärker

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auf künstliche Intelligenz setzen. Dafür braucht es Stimmen und Antworten, die zu den einzelnen Unternehmen passen. AI Voice Developer stellen sicher, dass persönliche Assistenten uns adäquate und brauchbare Antworten liefern.

Virtual Reality Editor Ob Games, Konferenzen oder Kinos: Virtual Reality erobert langsam, aber sicher unsere Gegenwart. Was für viele noch ein Spielzeug ist, wird für andere bald eine professionelle Tätigkeit: Ein Virtual Reality Editor wird zwingend benötigt – wer sonst kreiert schliesslich unseren virtuellen Ausflug in die Berge?

Martian Trip Advisor Im Jahr 2022 möchte Elon Musk auf dem Mars landen. Spätestens dann haben auch Sie die Möglichkeit, einen abenteuer­ lichen Ausflug ins All zu wagen. Da muss uns doch jemand zeigen, wo es die besten Selfie-Spots oder die heissesten Schlaf­ kapseln gibt. Verlassen Sie sich in diesem

Fall nur auf den Martian Trip Advisor – er weiss Bescheid auf dem Roten Planeten.

Nostalgologe «Ach, früher war alles besser.» Für Nostal­ giker, die wehmütig der Vergangenheit nachtrauern, soll bald der Nostalgologe zu Hilfe eilen. Dabei handelt es sich um Inte­ rior Designer, welche Räume und Einrich­ tungen aus den vergangenen Jahren nachstellen. Welcome to the digital past.

Influencer Detektiv Fake Followers und somit auch Fake Influencers? Nicht mit dem sogenannten Influencer Detektiv. Der Detektiv der Zukunft soll im Auftrag von Marken oder Social Networks Influencer-Profile aus­ spionieren und Abzocker entlarven.

Roboter-Anwalt Roboter erobern unsere Gesellschaft. Es ist also nur eine Frage der Zeit, bis sich unsere elektronischen Doubles zu lieben beginnen, in die Haare kriegen und im schlimmsten Fall scheiden lassen. Dafür braucht es geduldige Anwälte, welche die Ansichten und Wünsche der Roboter kennen und auch verstehen. Zum Autor: Manuel P. Nappo ist Leiter MAS Digital Business an der HWZ (Hochschule für Wirtschaft in Zürich).


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