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KEIMFREI ABGEFÜLLT? Mikrobiologie MIKROBIOLOGISCHE VALIDIERUNG VON HYGIENISCHEN UND ASEPTISCHEN ABFÜLLANLAGEN MIT RESISTENZGEPRÜFTEN TESTORGANISMEN PETER MURANYI, JOACHIM WUNDERLICH
F
ür den Nachweis und die Quantifizierung der Entkeimungsleistung von aseptischen und hygienisch arbeitenden Abfüllanlagen werden mikrobiologische Validierungen unter Verwendung von ausgewählten Testorganismen durchgeführt. Praktische Erfahrungen haben allerdings gezeigt, dass die Mikroorganismen und deren Sporen massiven Resistenzschwankungen unterliegen, welche letztlich das Ergebnis einer Anlagenvalidierung verfälschen können. So begünstigen weniger resistente Sporen falsch-positive Ergebnisse, welche in der Praxis zu falschen Maschinen einstellungen und höheren Ausfallraten führen können. Die Ursachen für solche Schwankungen im Inaktivierungsverhalten sind häufig nicht bekannt oder schwer kontrollierbar. Die Verpackung hat in der Nahrungsund Genussmittelindustrie einen hohen Stellenwert, da sie chemische, physikalische und mikrobiologische Wechselwirkungen zwischen Umwelt und Füllgut unterbindet und auf diese Weise einen hohen Qualitäts- und Sicherheitsstandard über eine längere Zeitspanne gewährleistet. Für eine ausreichende mikrobiologische Stabilität des abgepackten Lebensmittels wird neben der Behandlung des eigentlichen Produktes, wie z.B. bei der Pasteurisation oder UHT-Erhitzung von Milch, auch die Verpackung bzw. der Packstoff
einem Entkeimungsprozess unterzogen. Ziel einer Packstoffentkeimung ist die zuverlässige Abtötung von pathogenen Mikroorganismen und Lebensmittelverderbern. Nur so kann eine hohe Produktqualität und die Sicherheit des Konsumenten über einen langen Zeitraum gewährleistet werden. Hygienische Abfüll- und Verpackungsanlagen Eine Hauptfunktion hygienisch bzw. aseptisch arbeitender Abfüllanlagen ist die Entkeimung bzw. Sterilisation des Verpackungsmaterials unmittelbar vor dessen Befüllung. Allgemein kann bei der Packstoffentkeimung zwischen zwei Verfahrensansätzen unterschieden werden: der Teilentkeimung zum einen und einer vollständigen Sterilisation im Rahmen der sogenannten aseptischen Abfüllung zum anderen. Bei der Teilentkeimung erfolgt nur eine partielle Reduktion der mikrobiologischen Belastung auf dem Packstoff, woraus eine verlängerte Haltbarkeit und ein verbesserter Hygienestatus der abgefüllten Produkte resultieren. In diesem Bereich gibt es keine klar definierten Anforderungen bezüglich der Testkeime und Reduktionsraten. Zum Einsatz kommen diverse physikalische Verfahren wie Bestrahlung (z. B. UV/IR-Strahlung) oder Heißluft, aber auch chemische Agenzien basierend auf Peressigsäure und Wasserstoffperoxid. Häufig kommen die Verfahren auch in Kombination zur Anwen-
dung. Die Teilentkeimung wird oft bei sauren Produkten mit pH-Werten unter 4,5 eingesetzt, bei denen ein Auskeimen bakterieller Sporen nicht mehr erwartet wird sowie bei Lebensmitteln mit begrenzter Haltbarkeit und Erzeugnissen, die in der Kühlkette vertrieben werden. Eine Sterilisation von Packstoffen hingegen führt definitionsgemäß zu einer Oberfläche, die frei von allen lebensfähigen Mikroorganismen ist, widerstandsfähige Endosporen eingeschlossen. Dies bildet die Grundlage der Aseptik, bei der sterile Produkte rekontaminationsfrei in sterile Packmittel abgefüllt werden. Sterile Einheiten können dabei nur entstehen, wenn neben Packstoff und Füllgut auch die produktführenden Maschinen- und Anlagenteile sowie der Abfüllbereich keimfrei und nach außen abgeschirmt sind. Die Notwendigkeit aseptischer Prozesse ist dann gegeben, wenn Nahrungsmittel mit hohem aw-Wert und einem pH-Wert über 4,5 ohne Kühlung für mehrere Monate haltbar sein sollen. Ist jedoch eine vollaseptische Verpackung erforderlich, so reduzieren sich die Verfahren im Wesentlichen auf Peressigsäure, Wasserstoffperoxid und Sattdampf. Die Wasserstoffperoxid- und Peressigsäure-Technologie sind dabei deutlich marktbeherrschend und dürften zusammen mehr als 95 % aller Anlagen ausmachen. Die verfahrenstechnische Applikation erfolgt dabei mittels Tauch- und Sprühverfahren sowie über die Dampfphase.
volume 40 | 06. 2016 ERNÄHRUNG | NUTRITION